Titel: | Der Kupferrubin und die verwandten Gattungen von Glas; von Paul Ebell. |
Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. CXXII., S. 497 |
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CXXII.
Der Kupferrubin und die verwandten Gattungen von
Glas; von Paul
Ebell.
Aus dem chemisch-technischen Laboratorium
des Collegium Carolinum zu
Braunschweig.
(Schluß von Seite 411 des vorhergehenden Heftes.)
Ebell, über den Kupferrubin und die verwandten Gattungen von
Glas.
III. Nachträgliche Bemerkungen über den
Goldrubin.
Die früheren Mittheilungen über diesen Gegenstand aus dem hiesigen LaboratoriumDieses Journal, 1871 Bd. CCI S. 117 ff. bedürfen einiger Berichtigungen und Ergänzungen, die sich bei Gelegenheit
der vorliegenden Untersuchung ergeben haben.
Es ist dort S. 129 einer mehrfach beobachteten Erscheinung beim Schmelzen des Glases
mit Gold gedacht, wonach dieses durch die ganze Masse des Glases schwarzgrau bis
schwarz, undurchsichtig getrübt erhalten wurde und nicht roth anlief. Es lag nahe,
diese Erscheinung als eine Ausscheidung von Gold im Zustande der höchsten
Zertheilung, so wie beim Fällen von Goldlösungen mit Quecksilberoxydulsalzen, als
schwarzen Niederschlag zu deuten. Auch entsprachen die in dieser Richtung
angestellten Versuche dieser Erklärung. Gleichnamige Erfahrungen mit dem Kupferglas
gaben indessen die entschiedensten Beweise, daß dieses Schwarzwerden weder dem
Gold- noch Kupfer-, sondern lediglich dem Bleigehalt des Glases
angehört, wovon später näheres.
Der Goldrubin der Glashütten wechselt in- der Farbe von Violett bis in's
Scharlachrothe; diese letztere Farbe ist die geschätztere. Bei den Schmelzungen im
Laboratorium erhielt man immer nur mehr oder weniger violettes Glas. Unter gewesen
Umständen nimmt das Goldglas noch eine dritte Farbe – nämlich ein schönes
lichtes Himmelblau an. Die Sammlung des hiesigen technischen Laboratoriums verdankt
der Güte des Hrn. Director Pohl eine schöne Probe dieses
himmelblauen Glases. Unter welchen Bedingungen sie entstanden, ob zufällig oder absichtlich erzeugt,
ist mir nicht bekannt.
Es scheint nach diesen Thatsachen, daß das Gold im Glase zweierlei Färbungen
hervorzubringen vermag, Roth und Blau, die entweder gleichzeitig als Mischfarbe im
violetten, oder einzeln im rothen und blauen Goldglas auftreten.
Durchgegangenes Goldglas erscheint dem bloßen Auge braunroth bis leberbraun im
zurückgeworfenen, im durchgehenden Lichte dagegen von schönem gedämpftem Blau. Bei
durchfallendem Lichte unter dem Mikroskop, auch bei 800facher Vergrößerung, ist in
dünnen Splittern weder die blaue Farbe zu erkennen, noch eine bestimmte
Ausscheidung; man sieht das Glas lediglich mit einer rauchartigen leichten
braunschwarzen Trübung, die sich nicht in Punkte auflöst. Dickere Stücke, starke
Fäden z.B., sehen dagegen blau aus, wie vor dem bloßen Auge, mit kaum
wahrzunehmender Trübung. Sehr verschieden ist das Bild im auffallenden Lichte unter
dem Mikroskop; die rauchähnliche Trübung tritt als ein Lichtnebel auf, bei
Lampenlicht rein gelb, bei Tageslicht etwas in's Röthliche gehend, aber ebensowenig
in Punkte auflösbar; das Glas selbst, d.h. die Grundmasse, zeigt keinerlei Farbe.
Die Ausscheidungen aus dem durchgegangenen Goldrubin sind daher zwar dichtgesäet
aber von außerordentlicher Feinheit, bedeutend feiner als die des leberigen
Kupferglases, etwa der schleierartigen Trübung des käuflichen Kupferrubin
entsprechend. Daß die himmelblaue Farbe des durchgegangenen Goldglases nur eine
Interferenzerscheinung ist, wie sie beim Durchgang des Lichtes zwischen den
zahllosen unendlich kleinen Theilchen des ausgeschiedenen Metalles nicht wohl
ausbleiben kann, – dafür liefert das Niederschlagen des Goldes auf seinen
Lösungen den Beweis. Denn die Flüssigkeit mit dem feinzertheilten gefällten Golde
erscheint im zurückgeworfenen Lichte ebenso braun und im durchgehenden Lichte ebenso
blau, wie das durchgegangene Goldglas.
Im durchgegangenen Goldglas von nicht zu rascher Erkaltung im Tiegel begegnet man
öfter rothbraunen opaken Adern, die sich stark von dem tief schwarzbraunen, mehr
durchsichtigen Glase abheben. Bei auffallendem Lichte unter dem Mikroskop erscheinen
sie als dichte, geschlossene, dem v. Pettenkofer'schen
Hämatinon sehr nahe kommende, mikroskopisch nicht auflösbare Trübung, während das
gewöhnliche leberige Goldglas in einem hellgelben leuchtenden Nebel sich darstellt.
Selbst bei einer Vergrößerung, bei welcher die Körner des Kupferhämatinon schon
auf's deutlichste sich scheiden, ist die Trübung des rothen Goldglases noch nicht
als getrennte Punkte unterscheidbar.
Bei absichtlich in die Länge gezogenem Erkalten des Goldglases im Feuer findet man
umfangreiche Stellen von der Farbe des Kupferaventurin nur weniger roth, etwa wie
blasses gelbes Wachs, die schon für das bloße Auge lose, nicht geschlossen getrübt
erscheinen. Solche Theile lösen sich schon bei schwächster Vergrößerung in sehr
deutliche, getrennte, blitzende hochgelbe Flitter auf (bei auffallendem Licht). Es
ist dies der Zustand des Goldglases, welcher dem Aventurin entspricht.
Beim Goldglas wiederholen sich sonach alle bei dem Kupferglas vorkommende
Erscheinungen: Löslichkeit des Goldes im Glase und zwar in farblosem und in
färbendem Zustande, Uebergang des ersteren Zustandes in letzteren durch
nachträgliches gelindes Erhitzen (Anlaufen), endlich dem Hämatinon und dem Aventurin
entsprechende Ausscheidungen bei langsamem Erkalten. Reichliche Lösung von
metallischem Golde findet nur bei sehr hohen Temperaturen statt; alsdann geht aber
das Gold nur als nichtfärbendes Molecül in das Glas ein. Daß das Gold aber auch als
färbendes Molecül unmittelbar vom Glase bei niederen Glühgraden aufgenommen wird,
beweisen die Purpurflecken, welche bei der Abnützung der Muffelvergoldung auf
Porzellan in der Glasur zurückzubleiben pflegen. – Was die Ausscheidungen
betrifft, so können diese selbstverständlich im Goldglase nie so charakteristisch
und ausgebildet auftreten wie im Kupferglase, weil das Gold überhaupt nur in so
geringen Mengen (Zehntausendtel) vom Glase gelöst wird, die im nicht durchgegangenen
eigentlichen Rubinglas, bei der erstaunlichen Färbekraft des Goldes, zwar eine
große, nach der Ausscheidung aber eine verhältnismäßig schwache Wirkung
hervorbringen.
Nach der Deutung von H. Rose
Berliner Akademie-Berichte, October 1847; ferner in Poggendorff's Annalen, 72 S. 556. sollte im Goldrubinglas vor dem Anlaufen kieselsaures Goldoxydul enthalten
sein. Dieses, so vermuthet er weiter, nur bei hohen Hitzgraden beständig, zersetze
sich bei niederen Temperaturen und bewirke das Anlaufen durch Freiwerden von
Goldoxydul. Diese Auslegung, ohnehin nicht experimentell gestützt und mit der
mikroskopischen Beobachtung nicht im Einklang, läßt den Unterschied vom roth
angelaufenen und durchgegangenen Goldrubin unerklärt. – Nach C. A. Seely soll schon Faraday
darauf hingewiesen haben, daß die Färbung des Goldrubinglases von metallischem Gold
herrühre. Es ist mir nicht gelungen, die betreffende Stelle aufzufinden, welche Seely
Artizan Bd. 29 S. 269 vom 1 Dec 1871. –
Daselbst heißt es: „Faraday made the first
approach to it (nämlich einer solution
of metals without a definite chemical action) by showing, that the colour of ruby glass is due
to metallic good“
selbst nicht näher bezeichnet.
IV. Schwarzanlaufende bleihaltige
Gläser.
Das Schwarzwerden von Stäben und Röhren aus bleihaltigem Glase vor der Gebläselampe
ist männiglich bekannt; übersehen wird dabei gewöhnlich, daß es ohne Unterschied der
Reaction der Flamme entsteht, nicht blos in der reducirenden, sondern auch in mit
Luft noch so übersetzten blauen Stichflammen. Das Schwarzwerden beschränkt sich auf
die Oberfläche oder auf sehr seichte Tiefen und verschwindet augenblicklich, wenn
man einen Salpeterkrystall auf dem glühenden Glase schmelzen läßt.
Im Jahre 1862 machte L. Elsner in der Berliner
Porzellanmanufactur die Beobachtung, daß auch beim Schmelzen von Flüssen für die
Porzellanmalerei Schwärzung eintritt. Die dazu übliche Mischung aus Mennige und
Quarzsand wurde in mehreren bedeckten Tiegeln im Verglühfeuer des Porzellanofens
eingesetzt. Nach der Brandausnahme fand sich in mehreren Tiegeln der Fluß im
gewöhnlichen Zustande eines wachsgelben durchsichtigen Glases; in anderen
pechschwarz wie Obsidian; in noch anderen roth von karneolartigem Ansehen; in noch
anderen endlich zeigten sich alle drei Zustände zugleich, an der Oberfläche
wachsgelbes durchsichtiges Glas, darunter karneolartiges und zu unterst
obsidianschwarzes. Der Procentische Bestand der Gläser, die sich auf 65 Proc.
Bleioxyd und 35 Proc. Kieselerde berechnet, war in allen drei Gläsern derselbe.
Bei den Schmelzungen von Goldrubin mit sehr bleihaltigem Glase erhielt M. Müller ebenfalls einen schwarzen, dem von Elsner beschriebenen sehr ähnlichen Fluß, wie bei dem
Abschnitt über die goldhaltigen Gläser erinnert worden.
Dieselbe Erscheinung wiederholt sich beim Schmelzen von Kupferrubin bei sehr
schwachem Zusatz von Kupferoxyd mehrmals (f. o.). Der Satz zum Glase war: 48 Sand,
60 Mennige, 12 Potasche und 8 Kalisalpeter. Dieser Satz, mit 0,04 Proc. Kupferoxyd
und 1 Proc. Zinn geschmolzen, gab zweimal (im Essenofen und im tragbaren Windofen)
schwarzes trübes Glas beim Abkühlen im Tiegel. In Wasser gegossen, erstarrten die
dünnsten Stücke farblos und liefen nachträglich erhitzt stark schwarz an. Auch beim
Ueberfangen wurde das Glas erst sehr hell und lief dann wieder dunkel an. –
Derselbe Satz, mit 0,25 Proc. Kupferoxyd und 0,75 Proc. Hammerschlag bei
Gelbrothglut geschmolzen, gab zwar ein durchsichtiges weingelbes Glas, aber es hatte
dies im hohen Grade die Eigenschaft, im Wasserstoffstrom geglüht, oberflächlich tief
schwarz anzulaufen.
Die doppelte Erfahrung mit dem Gold- und mit dem Kupferrubin, zusammengehalten
mit den weiteren in diesem Abschnitt aufgeführten Beobachtungen, führte auf die Vermuthung, daß
das Schwarzwerden weder mit dem Gold-, noch mit dem Kupfergehalt zu thun
habe, sondern eine mit dem Bleigehalt zusammenhängende Erscheinung sei. In der That
gab das Bleiglas obigen Satzes mit 1 Proc. Zinn, ohne Kupfer oder Gold, ein
vollkommen gleiches schwarzes, durch Abschrecken in Wasser farblos und durch
Nacherhitzen wieder schwarz anlaufendes Glas. Man kann auf diese Art das schwarze
Glas jederzeit willkürlich darstellen. Dagegen ist niemals schwarzes, sondern nur
gewöhnliches durchsichtiges, an der Oberfläche etwas gelb gefärbtes Glas erhalten
worden, wenn man ein bleifreies Glas, z.B. Spiegelglas mit Zinn, zusammenschmolz;
das Zinn fand sich dann als Regulus am Boden des Tiegels.
Bei dem schwarzen, in der beschriebenen Weise geschmolzenen Bleiglase findet man
mitunter eine dünne, nur am Tiegelrand etwas verdickte Schichte von wachsgelbem
klaren Glase. Das im glühenden Fluß in Wasser geschrenzte farblose Glas verwandelt
sich schon unter der sichtbaren Glühhitze rasch in tief schwarzes Glas – eine
Erscheinung, die ganz in der Art des Anlaufens vor sich geht. Das schwarze etwas
in's Graue gehende Glas ist in Schichten von 1/2 bis 1/3 Millim. noch völlig
undurchsichtig. – Nur sehr dünne Splitter erscheinen unter dem Mikroskop
einigermaßen durchsichtig, rauchbraun getrübt, die Trübung bei stärkster
Vergrößerung eben beginnende Granulation zeigend. Im auffallenden Lichte gibt das
Mikroskop ein gänzlich verschiedenes Bild; der rauchbraune Schleier erscheint als
leuchtender weißlicher Nebel, aber nicht erkennbar in Punkte gelöst.
Als man obiges mit Zinn geschmolzenes Bleiglas im geschlossenen Feuer langsam
erkalten ließ, fand sich sein Ansehen für das bloße Auge nicht geändert; es stellte
denselben glänzenden schwarzen Fluß dar, gewährte aber unter dem Mikroskop ein
wesentlich anderes Ansehen. Im durchgehenden Lichte löste sich die schwarze Masse
schon bei 80facher Vergrößerung deutlich und scharf in eine nahezu durchsichtige,
schwach grau braune Grundmasse mit zahlreichen getrennt liegenden schwarzen Tupfen
von zweierlei Größe auf. Die kleineren sind in weit überwiegender Mehrzahl
vorhanden, die größeren in der Minderzahl. Beide treten nicht als bloße Punkte,
sondern die kleinen wie die großen als Flächen – und zwar als Flächen auf, in
denen keine Dimension wesentlich überwiegt. Uebergänge in der Größe zwischen den
großen und kleinen Tupfen kommen schlechterdings nicht vor, die Tupfen jeder Gattung
sind von auffallend gleicher Größe. Bei 300facher Vergrößerung ist die Gestalt der
größeren Tupfen bestimmt und deutlich als kreisrund zu erkennen, während die
kleineren bei keiner Vergrößerung definirte Gestalten zeigen; doch scheinen sie eher
stumpfeckige als kreisrunde zu sein. Die kleinen wie die großen Tupfen sind sehr
gleichmäßig im Glase vertheilt und unter einander gemischt. Wahrscheinlich sind die
runden größeren Tupfen das anfangs ausgeschiedene, noch zu Tropfen geschmolzene
Blei; die kleineren Körner nicht mehr oder unvollkommen geschmolzene Krystalle von
metallischem Blei späterer Ausscheidung im Verlauf des Erkaltens. – Im
auffallenden Lichte treten die großen wie die kleinen Punkte mit hellen glänzenden
Reflexen hervor, die selbst bei Lampenlicht kaum gelb, mit weißer in's Graue
gehender Farbe leuchten. Der Reflex nimmt nur einen kleinen Theil der sonst dunklen
Fläche der Körner ein, die in einem lichten weißlichen Schleier eingebettet liegen.
In der unmittelbaren Umgebung der groben Körner fehlt dieser Nebel, so daß sie mit
einer dunklen Aureole umgeben scheinen.
Den beigebrachten Thatsachen zufolge beruht die schwarze Farbe des Bleiglases auf
Ausscheidungen, vom zarten nicht lösbaren Nebel an bis zu deutlichen Körnern. Die
Ausscheidungen sind völlig undurchsichtig, metallglänzend von hell weißgrauer Farbe
– analog den Ausscheidungen der mit Kupfer, Silber und Gold geschmolzenen
Gläser. Diese Ausscheidungen bilden sich nur bei Gläsern von sehr hohem Bleigehalt,
nicht in denen mit weniger Blei, und zwar bei den Schmelzversuchen im Tiegel unter
Einwirkung eines Reductionsmittels. In Elsner's
Porzellanmalerfluß ist ausschließlich Bleioxyd, in dem in meinen Versuchen
verwendeten Bleiglas außerdem noch Kali vorhanden. Wenn man nicht annehmen will, daß
Kieselerde oder Kali reducirt wird, so kann die Wirkung des Reductionsmittels sich
nur auf das so leicht reducirbare Bleioxyd erstrecken und die metallglänzenden
Ausscheidungen können schwerlich etwas anderes als metallisches Blei sein. Wie die
Ausscheidungen bei Röhren und Stäben vor der Glasbläserlampe in der Oxydationsflamme
zu Stande kommen, ob durch Dissociation des Bleioxydes oder wie sonst, muß dahin
gestellt bleiben.
Ist das schwarze Glas ein Glas mit fein zertheilt ausgeschiedenem Blei, was ist denn
das karneolartige rothe von Elsner beobachtete? Bei
meinen eigenen Schmelzungen ist nie ein solches vorgekommen. Als man indessen einen
durch Abschrecken in Wasser farblos gemachten Faden des zufällig erhaltenen
schwarzen Bleiglases in der Flamme möglichst langsam an einem Ende anlaufen ließ, so
färbte sich der Faden auf eine kurze Strecke zwischen dem schwarz gewordenen Ende
und dem farblos gebliebenen, schön rubinroth. Dieses Glas war aber kein bloßes
Bleiglas, sondern mit Zusatz von 0,04 Proc. Kupferoxyd geschmolzen, und die
Rubinfarbe rührt ohne Zweifel von dem Kupfer her. Beim Erhitzen läuft das Glas zweimal an, erst
durch Kupfer roch, gleich darauf durch Blei schwarz und zwar so tief, daß das Roth
sofort überdeckt und leicht übersehen wird. Daß das vorübergehende Roth nichts mit
dem Blei zu thun hat, sondern lediglich Kupferrubin ist, dafür liefern völlig
kupferfreie Gläser den Beweis. In eigens zu dem Zweck angestellten Versuchen schmolz
man einen Satz wie oben aus 48 Gewichtstheilen Sand, 12 Potasche und 8 Salpeter,
ersetzte aber die stets kupferhaltige Mennige durch eine gleichwertige Menge
kupferfreies, besonders dargestelltes kohlensaures Blei und fügte als
Reductionsmittel zu dem klargeschmolzenen Glase kupferfreies Zinn hinzu. Das Glas
lief leicht und tief schwarz an, aber die rothe Färbung blieb vollständig aus.
Sonach ist das Auftreten des karneolrothen Glases bei Elsner nur einem Kupfergehalt der Mennige zuzuschreiben; bei der starken
färbenden Kraft des Kupfers ist ein Bruchtheil von einem Procent dazu mehr als
ausreichend. In Folge der langsamen Abkühlung, wie sie das Verglühfeuer des
Porzellanofens mit sich bringt, schied sich das Kupfer als karneolartige Trübung
aus, in einigen Tiegeln zugleich mit der schwarzen Trübung durch das Blei. In dem
überaus leichtflüssigen Material konnte während der langen Dauer des
Porzellanbrandes eine Decanthation Platz greifen, der schwerere Bleiniederschlag
setzte sich zu unterst, der leichtere Kupferniederschlag darüber ab (das spec.
Gewicht des Kupfers verhält sich zu dem des Bleies nahe wie 3 : 4), während die
oberste Glasschichte gänzlich frei von Ausscheidung, also durchsichtig und klar
wurde. Die sonstigen von Elsner beobachteten
Verschiedenheiten bei dem Glase der einzelnen Tiegel mögen von der Stellung der
Tiegel im Feuer, ungleicher Wirkung der Verbrennungsgase, namentlich auch von
ungleicher Abkühlung herrühren.
Elsner nahm auf Grund des verschiedenen specifischen
Gewichtes und der Gleichheit des procentischen Bestandes die drei Arten Bleifluß als
ebensoviel allotropische Modificationen an. Allein die chemische Analyse
unterscheidet nicht zwischen gebundenem und fein ausgeschiedenem Blei; auch ist es
nicht möglich einen Tiegel voll bleihaltigen Glases oder Bleisilicat zu schmelzen
von einer überall gleichförmigen Dichte. Nur das Mikroskop kann über dergleichen
Erscheinungen Aufschluß geben.
Die Thatsache, daß nicht alle bleiischen Gläser, sondern nur die von sehr hohem
Bleigehalt durch Reductionsmittel Ausscheidungen von Blei geben und schwarz werden,
weist sehr darauf hin, daß in diesen letzteren das Bleioxyd in zwei verschiedenen
Zuständen vorhanden: an Kieselerde gebunden und frei im Glase gelöst. Eine Analogie
dazu besteht aller Wahrscheinlichkeit nach u.a. in mit Chromoxyd geschmolzenem Glas,
wo ein Ueberschuß des Oxydes im Erkalten auskrystallisirend den sogenannten Chromaventurin
bildet. Es wäre, jene Annahme als richtig vorausgesetzt, nur das freie, im Glase nur
im feurigen Fluß aufgelöste Bleioxyd, durch dessen Reduction das Schwarzwerden
hervorgebracht wird.
Wenn auch die bleiischen Gläser in Bezug auf die metallische Ausscheidungen mit den
Gold-, Silber- und Kupfergläsern parallel gehen, so weichen sie doch
in einem Punkte wesentlich ab: es fehlt die Färbung des Glases durch aufgelöstes
metallisches Blei. Daß sich das Blei als solches, wie die eben genannten Metalle, im
feurigflüssigen Glase löst, beweist die Durchsichtigkeit des im Wasser
abgeschreckten, sonst schwarz werdenden Glases einerseits, andererseits aber auch
das Durchsichtig- und Klarwerden des schwarz gewordenen Glases durch
nochmaliges Schmelzen und Abschrecken in Wasser – auch im Innern, wo keine
Oxydation hingelangen kann. Das metallische Blei scheint sich daher nur farblos im
Glase zu lösen und keiner Anlauffarbe fähig zu sein.
V. Allgemeine
Schlußfolgerungen.
Die in der vorstehenden Untersuchung mitgetheilten Thatsachen haben zu Wahrheiten
geführt, die nach mehreren Seiten hin Bedeutung haben für die Erkenntniß des Glases,
für die Erkenntniß der Metalle und für die Erkenntniß der Farbstoffe. Diese
Wahrheiten in kürzester Zusammenfassung sind folgende:
1) Manche Metalle vermögen sich als solche im feurig flüssigen Glase zu lösen,
nämlich edle Metalle wie Gold und Silber und leicht reducirbare unedle wie Kupfer
und Blei.
2) Die Metalle Gold, Silber, Kupfer vermögen in zwei verschiedenen Molecularzuständen
in das Glas einzugehen: in einem das Glas nicht färbenden und einem das Glas
auffallend färbenden Zustande.
3) Der nichtfärbende Molecularzustand des Metalles entspricht den höchsten
Temperaturlagen und dem status nascendi; der färbende
Molecularzustand entspricht den niederen Temperaturlagen und dem Zustande des derben
Metalles.
4) Das „Anlaufen“ ist der Uebergang des einen in den anderen
Molecularzustand durch Einwirkung von Wärme (Licht).
5) Die Färbung der Gläser, welche den Gegenstand dieser Untersuchung ausmachen,
geschieht technisch auf zwei verschiedenen Wegen. Entweder durch Einführung des
Metalles im nichtfärbenden Zustande in das Glas, durch Schmelzen bei hoher
Temperatur und Anlaufenlassen; oder durch Einführung des Metalles unmittelbar im
färbenden Zustande, durch Lasur bei niederer Temperatur.
6) Durch Schmelzung erzeugte Lösungen der betreffenden Metalle erstarren bei rascher
Abkühlung als solche unverändert.
7) Bei langsamer Abkühlung scheidet sich aus der glasigen Lösung das Metall, je nach
den herrschenden Bedingungen, in verschiedenen Formen aber stets in metallischem
Zustande ab, als feinzertheilter Niederschlag, als mikroskopische oder für das
unbewaffnete Auge erkennbare Krystalle. Hämatinon und Aventurin sind solche auf
krystallinischen Ausscheidungen von Kupfer aus dem Glase berührende technische
Producte.
8) Die Metalle Gold, Silber, Kupfer zeigen im Zusammenhang ihres optischen
Verhaltens, im derben und im gelösten Zustande, die größte Analogie mit Farbstoffen
mineralischer und organischer Abstammung Berlinerblau, Indig, Anilinfarben, Murexyd
u.s.f.).
Diese letztere Erscheinung und Analogie ist merkwürdig genug und bietet gewiß einen
dankbaren Stoff zu weiterer Forschung. Viele Farbstoffe zeigen als feste Körper
einen entschiedenen Metallglanz, so Indig und Berlinerblau beim Reiben mit einem
glatten Körper den rothen Metallglanz des Kupfers, Anilinfarben in ausgezeichnetster
Weise, namentlich krystallisirt, Glanz und Farbe von Messing, Tombak, Bronze. Auch
das bekannte Bronziren von gefärbten Fellen mit Blauholzauszug gehört hierher.
Dieselben Körper erscheinen fein zertheilt oder gelöst in einer reichen
eigenthümlichen und lebhaften Farbe. Die beiden Farben, mit denen diese Körper im
auffallenden und im durchgehenden Lichte auftreten, sind bekanntlich stets nahezu
complementäre. Ein gleiches Verhältniß besteht bei dem Gold, Silber und Kupfer
zwischen dem metallischen Zustande und der Lösung in Glas. Diese Metalle sind wahre
Farbstoffe auf feurigem Wege – um so mehr, als sie die gewöhnlichen
Farbstoffe der festen Form an Dichte und somit an der Fähigkeit, das Licht zu
reflectiren, bei weitem übertreffen. Mit der großen Dichte dieser Metalle hängt auch
die außerordentliche färbende Kraft namentlich des Goldes zusammen.
Diese merkwürdige Analogie der Metalle mit den Farbstoffen hat nicht verfehlt, die
Aufmerksamkeit der Physiker von Fach auf sich zu ziehen. Schon vor einigen Jahren
macht C. A. Seely
Auf dem meeting of the american association for the
advancement of science. Artizan, Bd. 29 S. 269 vom 1 December
1871. – davon ausgehend, daß (durch Verdichtung des Gases hergestelltes)
flüssiges Ammoniak die Alkalimetalle als solche mit rother bez. blauer Farbe löst
– folgende Betrachtung: „The solution of
metal without definit chemical action is almost a new idea in
chemistry. – – – In their
relation
to light, I suggest, that metals are closely analogous to
those dye stuffs, which show a bronze surface by reflected
light“
Der überlieferte Begriff von Glas, die herkömmlichen wissenschaftlichen Anschauungen
von der Natur dieses Erzeugnisses sind augenscheinlichangenscheinlich zu einseitig und zu eng, sie bedürfen der Erweiterung und der Ergänzung
nach mehr als einer Seite, wenn sie die ganze Reihe der Erscheinungen erklären
sollen, die bis jetzt als ebensoviele Räthsel dastehen. Es wird nach fortgesetzter
Forschung, namentlich über die Emaile, die Glas- und Porzellanmalerfarben,
Chromaventurin, v. Pettenkofer's Astralite u.a.m.
bedürfen, ehe man von einer einigermaßen abgeschlossenen Erkenntniß reden kann.
Schon jetzt kann man indessen, ohne sich einer Uebereilung schuldig zu machen den
Satz gelten zu lassen: die verschiedenen Gattungen von Glas sind nicht blos
erstarrte amorphe Verbindungen, sondern in einer großen Anzahl von Fällen erstarrte
Lösungen einfacher und zusammengesetzter Körper in einer feurig flüssigen
Verbindung.