Titel: | Willans' Dreicylinder-Dampfmaschine. |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XVI., S. 89 |
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XVI.
Willans' Dreicylinder-Dampfmaschine.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Willans' Dreicylinder-Dampfmaschine.
Die in den Abbildungen Figur 1 und 2 (nach Engineering,
September 1874 S. 221) dargestellte Dampfmaschine steht in der
renommirten Maschinenfabrik John Penn und Comp. in Greenwich (England) im Betrieb und hat
vollkommen zufriedenstellende Resultate gegeben. Sie besteht aus drei einfach
wirkenden Dampfcylindern, deren Kolben beim Niedergange wirksam sind, beim Aufgange
durch Verbindung des über dem Kolben befindlichen Dampfraumes mit dem unteren
Dampfabzug leer zurückgehen. Dadurch werden alle Zapfen und Lager fortwährend in
demselben Sinne beansprucht, so daß die Maschine, selbst bei sehr raschem Gange und
eingetretener Abnützung noch vollkommen geräuschlos arbeiten kann – eine
Eigenschaft, welche sie mit der bekannten Dreicylinder Maschine von Brotherhood und Hardingham
Beschrieben in diesem Journal, Bd. CCXIII
S. 272 (zweites Augustheft 1874). gemeinsam hat. Dagegen ist die ganze Disposition der letzteren unstreitig
viel einfacher und speciell wegen der VermeidungVerwendung einer dreifach gekröpften Welle, sowie der unzugänglichen Dichtungen für
die Kolbenstangen (bei Willans) für den praktischen
Gebrauch empfehlenswerther.
Einen Vorzug besitzt jedoch die Willans'sche Maschine in
ihrer einfachen Steuerung, welche durch die Kolben selbst besorgt wird und in
bequemer Weise eine Reversirung zuläßt, was bekanntlich bei der
Dreicylinder-Maschine mit Drehschieber-Steuerung nicht der Fall war.
Die Dampfvertheilung geschieht nämlich hier dadurch, daß der innere Raum der Kolben
durch die oberen hohlen Kolbenstangen fortwährend mit frischem Dampf gefüllt wird,
und diesen durch einen Schlitz und eine Oeffnung der Cylinderwandung über einen
anderen Kolben strömen läßt, sobald er 3/4 seines Niederganges vollbracht hat. So
hat in Figur 1
der mittlere Kolben B gerade den nach links, über den
Kolben A führenden Dampfcanal eröffnet, und letzterer ist somit zum
Niedergange unter Arbeitsverrichtung bereit. Sobald aber Kolben B den unteren todten Punkt passirt und beiläufig die
Hälfte seines Aufwärtsganges verrichtet hat, kommt der Spalt im Kolben außer
Communication mit der Oeffnung in der Cylinderwandung, und es tritt somit über dem
Kolben A Expansion ein, bis der Kolben B noch weiter gestiegen und die Oeffnung des Cylinders
freigeworden ist, worauf dann der über dem Kolben A
expandirte Dampf in den unteren Theil des Gehäuses und von da in die freie Luft
ausströmt. Der Kolben A ist somit wieder zum Aufgang
bereit und Kolben B nähert sich seinem oberen todten
Punkte; der Kolben C aber, welcher ursprünglich (in der
gezeichneten Stellung) imauf dem Aufgange begriffen war, hatte inzwischen den über Kolben B führenden Canal frei gemacht – während des
Aufganges von B – hierauf seinen oberen todten
Punkt erreicht und ist jetzt im Niedergange begriffen, wobei ihm der Dampf durch das
Innere des Kolbens A, der ja jetzt in seiner unteren
Stellung ist, in einem von links nach rechts ziehenden Quercanal zuströmt.
Es erhellt hieraus, wie der Kolben A durch Kolben B, dieser durch C und
letzterer wieder durch den Kolben A gesteuert wird
derart, daß durch entsprechende Disposition der Schlitze in Kolben und Cylinder
beliebige fixe Expansion, Compression und Voreilen erzielt werden kann; gleichzeitig
aber ist auch eine Reversirung möglich, indem die drei Cylinder nicht durch
unveränderlich feste Canäle verbunden sind, sondern ihre Verbindung mittels eines
Hahnes, durch den alle drei Canäle passiren, beliebig verstellt werden kann. Sobald
aber, durch eine Drehung des Reversirhahnes, die Canäle so verbunden werden, daß
Cylinder B nicht mehr durch C, sondern durch A, dieser durch C, und C durch B gesteuert wird, so ist klar, daß bei der gezeichneten
Stellung der von B aus kommende frische Dampf nicht mehr
über A sondern über C
geleitet wird, und dieser Kolben C, der aber noch (durch
den in A austretenden Dampf) auf dem Rückgange begriffen
war, wird nun wieder nach abwärts gehen und dabei dem Kolben A frischen Dampf zuführen. Der über dem Kolben B wirkende Dampf aber, welcher bis jetzt von C
aus zugeströmt war, findet nun durch die Verbindung mit Cylinder A freien Austritt, der Kolben B geht hinauf statt herab – und die Maschine ist sofort
reversirt.
Fr.