Titel: | Stumpf's Patent-Absperrventil mit Differentialkolben. |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XLVI., S. 193 |
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XLVI.
Stumpf's Patent-Absperrventil mit Differentialkolben.
Aus der deutschen Industriezeitung, 1874 S.
382.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Stumpf's Patent-Absperrventil.
Da das Oeffnen und Schließen der gewöhnlichen Absperrschieber für Wasserleitungen,
sobald dieselben in etwas größeren Dimensionen ausgeführt werden, eine bedeutende
Kraft erfordert, so versuchte Ingenieur G. Stumpf, Director der
Continental-Actiengesellschaft „Neptun“ in Berlin, den
in der Leitung vorhandenen Wasserdruck für diese Arbeit nutzbar zu machen, und
construirte zu diesem Zwecke den in Figur 25 und 26
dargestellten Apparat, welcher bereits in verschiedenen Größen ausgeführt worden ist
und sich in der Praxis durchaus bewährt hat.
Der Apparat, welcher, nebenbei bemerkt, auf der Wiener Ausstellung 1873 durch die
Fortschrittsmedaille ausgezeichnet wurde, besteht aus einem äußeren Gehäuse aa' und einem inneren mit a'
fest verbundenen Gehäuse b, welches cylindrisch
ausgebohrt ist und zur Aufnahme zweier mit einander verbundenen Kolben K und k von verschiedenem
Durchmesser (Differentialkolben) dient, welche dem eigentlichen Abschlußventil v die Führung geben. Durch einen im äußeren Gehäuse
liegenden Canal c kann mit Hilfe des Kükenhahnes h das innere Gehäuse mit der Eintrittsöffnung in
Verbindung gesetzt werden. Die Wirkung des Apparates ist folgende.
Soll das geöffnete Ventil geschlossen werden, so wird der Kükenhahn in die durch Fig. 26
veranschaulichte Stellung gebracht, so daß also das Wasser aus der Leitung durch den
kleinen Canal c in den Raum R hinter den großen Kolben treten kann. Der Wasserdruck ist jetzt auf
beiden Seiten derselbe. Da aber der Kolben K einen
bedeutend größeren Querschnitt hat, als der Kolben k, so
wird das ganze Kolbensystem mit der Differenz des beiderseitigen Druckes nach links
getrieben, und das Ventil gegen seinen Sitz, d.h. die Abschlußfläche des Eintrittes,
gepreßt. Die Leitung ist also vollständig abgesperrt. Damit hierbei die Luft im
Gehäuse hinter dem großen Kolben nicht comprimirt wird, ist ein kleiner Canal m angebracht, welcher die Verbindung mit der äußeren
Atmosphäre herstellt; diese Bohrung kann einestheils zum Einbringen der
Kolbenschmiere benützt, andererseits aber auch mit einem passend angebrachten
Wasserstandsglas in Verbindung gebracht werden.
Wird nun der Hahn h um 180° gedreht, so daß die
Seitenöffnung des Kükens mit der Oeffnung e des
Hahnkörpers zusammentrifft, so ist die Verbindung der Canäle c und c' und damit zugleich der Druck der
Leitung auf den großen Kolben aufgehoben. Das Wasser wird deshalb mit seinem vollen
Druck auf das Ventil v wirken, das ganze Kolbensystem
nach rechts verschieben, und sich einen freien Durchgang durch das Ventil
verschaffen; das in dem Raume R vorhandene Wasser wird
durch die Oeffnung e entweichen. Zum Oeffnen und
Schließen dieser Absperrvorrichtung ist also nur eine halbe Drehung des kleinen
Steuerungshahnes erforderlich.
Als Vorzüge des Apparates werden hervorgehoben: die leichte Beweglichkeit und die
Dauerhaftigkeit, sowie die Eigenschaft, daß bei der überall gleich großen
Wassergeschwindigkeit die Sinkstoffe verhindert werden, sich in der
Verschlußvorrichtung abzusetzen.