Titel: | Ausbreitmaschine für Gewebe von Bosshard und Comp. in Näfels (Schweiz); mitgetheilt von G. Delabar. |
Autor: | G. Delabar |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. LII., S. 205 |
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LII.
Ausbreitmaschine für Gewebe von Bosshard und Comp. in Näfels (Schweiz); mitgetheilt von G. Delabar.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Delabar, über Boßhard's Ausbreitmaschine.
Die Gewebe ziehen sich, wie bekannt, beim Waschen, Bleichen, Färben etc. in der
Breite in verschiedenem Maße ein; diese Breiteverminderung beim sogen.
„Eingehen“ der Waare durch eine Streckung in der Richtung
des Einschlages wieder einzubringen, ist Zweck der Ausbreitmaschinen. Auf der Wiener
Weltausstellung 1873 waren drei verschiedene Systeme dieser Maschinen
ausgestelltVon Boßhard und Comp.
in Näfels; Ducommun und Comp. in Mülhausen (System Heilmann,
beschrieben und abgebildet in diesem Journal, 1869 Bd. CXCII S. 97); Summer und Comp. in
Manchester (Birch's Patent)., und unter diesen scheint die von Boßhard und Comp. exponirte Ausbreitmaschine in Rücksicht auf
Einfachheit und Wirkungsweise, geringen Kraftbedarf und leichter Handhabung am
meisten die Aufmerksamkeit der Fachkreise zu verdienen.
Vorliegende Maschine ist nach dem System von Arnold Schindler in Hard bei Bregenz, jedoch von Boßhard wesentlich verbessert, ausgeführt. Bei der ursprünglich Schindler'schen Construction wurde die Verbreiterung des
Zeuges nur nach den Berührungslinien zweier aufeinanderliegenden, mit ihrer Achse
zur Längsrichtung des Gewebes schief gestellten Rollen bewirkt, während bei der
verbesserten Maschine hierzu zwei Rollenpaare, die 100 bis 130 Millim. auseinander
auf einer großen Unterrolle liegen, und über welche ein Riemen ohne Ende gespannt
ist, verwendet werden. Der Stoff wird demnach nicht mehr in zwei Berührungslinien,
sondern auf den beiden Berührungsflächen der Streckrollen erfaßt. Bei dieser
Anordnung kann nun, wie leicht einzusehen, nicht nur eine größere Streckung
erfolgen; vielmehr ist damit zugleich eine erhöhte Garantie gegen das Zerreißen der
Gewebe verbunden. Deshalb kann die verbesserte Maschine nun auch für Gewebe
jeglicher Art verwendet werden, während dies bei der früheren Maschine nicht der
Fall war. So z.B. konnten türkischroth gefärbte Tücher, sowie auch andere leichte
Stoffe nicht darauf gestreckt werden, weil die Gefahr des Zerreißens zu groß und die
erzielbare Streckung auch eine zu geringe war. Da die Disposition der Rollen jetzt
eine beliebige Stellung gestattet, so kann die Maschine für jede beliebige Streckung
sehr leicht eingerichtet werden – und zwar innerhalb der Grenzen von 10 bis
150 Millim. je nach Bedarf und Art des Stoffes. Außerdem hat die neue Maschine den
Vortheil, daß der zu streckende Stoff möglichst geschont wird, daß dieselbe Maschine
für jede vorkommende Stoffbreite gebraucht werden kann und daß sie bei großer
Leistung (bis zu 100 Meter pro Minute) nur geringe
Unterhaltungskosten mit sich bringt. Diese reduciren sich nämlich auf zeitweiliges
Ersetzen der ausgelaufenen Riemen, was jedoch höchstens alle 6 Monate nothwendig
wird.
Die Boßhard'sche Maschine ist in Fig. 41 und 42 (Grundriß
und Seitenansicht in 1/10 n. Gr.) näher dargestellt. In einem passenden Gestelle sind die beiden Theile
A und B des
Streckapparates wie ersichtlich angeordnet; ersterer fest, letzterer je nach der
Stoffbreite verstellbar. Jeder Theil A, B besteht aus
einer größeren unteren Rolle a und aus zwei Paar darüber
gelagerten kleinen Rollen b, deren Achsen in dem
Lagerstücke c drehbar und justirbar eingelassen und
durch einen Gewichtshebel d belastet sind, um auf die
untere Rolle a angepreßt zu werden. Deshalb hat dieser
Hebel d bei d' seine
Drehachse und ist über dieselbe hinaus ∩-förmig fortgesetzt und am Ende d''
mit dem gabelförmig geschlitzten Lagerstücke c verbolzt.
Ueber je zwei obere Streckrollen b ist ein endloser
Riemen umgelegt, welcher den Stoffrand auf einen ansehnlichen Theil des Umfanges der
unteren Streckrolle niederdrückt.
Um die Stellung der Streckrollen von A und B gegenseitig mehr oder weniger schief richten zu
können, läßt sich der ganze Lagerrahmen der Rollen etc. auf dem Bogenuntersatz e verdrehen und mittels Schraube in passender Lage
feststellen.
Die Bewegung geht von der Hauptwelle f aus durch
Kegelräder und je einer verticalen Achse auf die untere Streckrolle a, während die oberen Rollen b, bezieh. die übergelegten Riemenbänder durch Friction mitbewegt werden.
Bei dem rechtseitig gelegenen Theil B des
Streckapparates gleitet das Kegelrad mit Feder und Nuth auf der Hauptwelle f, um bei jeder Breitstellung des Apparates die drehende
Bewegung ungestört zu überragen.
Die zu streckende Waare kommt von der Seite, nach welcher die Streckwerkstheile A, B convergiren, in die Maschine, und wird eine
ansehnliche Breite des Stoffrandes auf beiden Seiten durch die Rollen a und b erfaßt, demgemäß der
Stoff – unter successive wachsender, gefahrloser Anspannung in der Richtung
der Schußfäden – durch die Ausbreitmaschine hindurchgezogen und der
Lattentrommel g, welche durch einen Schnurlauf h von der Hauptwelle f aus
ihre Drehung erhält, übergeben.