Titel: | Richard's neue Einrichtung des Dampfkastens für Druckfabriken. |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. LV., S. 219 |
Download: | XML |
LV.
Richard's neue Einrichtung des Dampfkastens für
Druckfabriken.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, Juni 1874 S. 294.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Richard's neue Einrichtung des Dampfkastens für
Druckfabriken.
Die täglich zunehmende Bedeutung der Dampfartikel in der Kattundruckerei, sowie der
Umstand, daß die mit künstlichem Alizarin oder Krappextract hergestellten Genres ein
länger andauerndes Dämpfen erfordern, haben in neuerer Zeit die meisten Druckereien
in die Nothwendigkeit versetzt, ihre Dämpfereieinrichtungen bedeutend zu vergrößern,
was bei beschränkten Räumlichkeiten oft mit Schwierigkeiten verbunden ist. Solche
Rücksichten haben Hrn. Richard (in Firma Franz Keittinger
und Sohn) dahin geführt, Mittel und Wege zu suchen, um die bestehenden Dämpfapparate
besser auszunützen, so daß eine Vermehrung der Anzahl der Dampfkästen umgangen
werden konnte.
Die Neuerung besteht nun darin, daß die Stücke, anstatt wie früher in Säcken von
ungefähr 1,60 Meter Länge in den Kasten eingehängt zu werden, jetzt auf einem
Aufdockstuhl um einen Cylinder aus Drahtgewebe gerollt werden. Jede solche Rolle
enthält, sammt dem als Unterlage mitlaufenden rohen Stück, ein Stück Dampfwaare von
80 Meter Länge und hat nur einen Durchmesser von 30 Centim. bei einer lichten Weite
des Drahtcylinders von 12 Centim., wodurch es ermöglicht ist, in einem Kasten,
welcher bisher für 9 Stück in Säcken kaum ausreichte, 25 aufgerollte Stücke, d.h.
fast dreimal so viel Waare auf einmal zu dämpfen. Gleichzeitig erspart man sich während des
Dämpfens das Drehen der Wälzchen, auf welchen früher die Stücke in Säcken aufgehängt
waren.
Der Dampfkasten erhebt sich 2,35 Meter über das Holzgitter, welches den Boden
verdeckt; seine Länge ist 2,20, seine Breite 1,5 Meter. Der Länge des Kastens nach
sind an den beiden Seitenwänden senkrechte Leisten angebracht als Führung für 5
oblonge Rahmen, welche in verticaler Richtung eingelassen und mittels eines
Flaschenzuges auf und nieder bewegt werden können. Jeder dieser Rahmen enthält 5
Paar kleine Lager. Die Drahtcylinder, auf welche die Waare mit ihrer Unterlage von
der Maschine weg aufgerollt werden, messen, wie erwähnt, 12 Centimeter im
Durchmesser und sind aus zwei Lagen von ziemlich grobem Drahtgewebe (mit etwa 8
Millim. weiten Oeffnungen) hergestellt. Beim Aufwickeln der Waare werden die
Drahtcylinder auf die Rolle des Aufdockstuhles aufgeschoben.
Um nun den Kasten zu beschicken, gibt man durch jeden der Drahtcylinder, um welche
die Stücke aufgerollt sind, eine mit Wolltuch umwickelte Eisenstange, legt deren
beide Enden auf die an den Rahmen befestigten Lager, und verfährt so der Reihe nach
mit allen fünf Stücken, indem man – wie auch beim Ausfahren – mittels
eines Flaschenzuges die einzelnen Rahmen je nach Bedürfniß senkt und hebt. Die
aufgerollte Waare hängt alsdann im Apparat, wie aus der Skizze eines Rahmens in Figur 43 und
45 leicht
ersichtlich ist.
Das Resultat dieser Dämpferei läßt nichts zu wünschen übrig, obgleich es auf den
ersten Anblick zweifelhaft erscheinen könnte. Aber der Dampf durchdringt das Gewebe
vollständig, indem er durch den Drahtcylinder frei circuliren und durch die
Oeffnungen desselben in die Waare eintreten kann. Die so gedämpften Stücke
unterscheiden sich in keiner Weise von der nach der früheren Methode gedämpften
Waare.
Als Vortheile des Richard'schen Verfahrens ergeben sich:
1) eine Verminderung des Dampfverbrauches um mehr als 60 Proc.; 2) kann man ohne
bedeutenden Kostenaufwand, mit Hilfe der in den alten Kästen leicht anzubringenden
Führungen und Rahmen, eine dreimal größere Anzahl Stücke zugleich dämpfen wie
früher; 3) das Aufrollen geschieht mittels Maschine, während die Dampfwaare bisher
von Hand aufgehaspelt werden mußte.
Kl.