Titel: | Watkin's Chronograph. |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XCVII., S. 374 |
Download: | XML |
XCVII.
Watkin's Chronograph.
Nach dem Engineer, November 1874 S. 333.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Watkin's Chronograph.
Seit Wheatstone 1840 zuerstRichtiger wäre Leonhardt 1839 genannt worden;
vergl. Poggendorff's Annalen, Bd. 66 S. 435.D. Ref. die Elektricität zur Messung der Geschwindigkeit von Geschossen zu verwenden
vorschlug, sind verschiedene elektrische Apparate für denselben Zweck angegeben
worden; so von Navez (D. p. J. 1866 Bd. CLXXIX S. 30),
Breguet, Martin de Brettes
(D. p. J. 1862 Bd. CLXVI S. 118 und 1866 Bd. CLXXIX S. 37), Vignotti, Leurs, Benton, Le Boulangé (D. p. J. 1866 Bd. CLXXIX S.
39 und 1868 Bd. CLXXXIX S. 470), Schultz, Bashforth (D.
p. J. 1867 Bd. CLXXXIII S. 81), Noble (D. p. J. 1870 Bd.
CXCV S. 52 und 1871 Bd. CCII S. 338). Der neue Chronograph von H. Watkin,
Officier der kgl. Artillerie, registrirt, wie mehrere andere Instrumente, mittels
des Inductionsstromes einer Rhumkorff'schen Spule,
welcher durch ein fallendes Gewicht übergeführt wird. Das Gewicht fällt frei in der
Luft wie bei dem Chronograph von Le Boulengé; da
jedoch die Registrirung nicht, wie bei letzterem, mit dem Augenblicke des Loslassens
des Gewichtes, sondern während des freien Falles beginnt, so kann durch wechselnde
Batteriestromstärke, oder durch die Elektromagnete und deren remanenten
Elektromagnetismus keine Ungenauigkeit in der Messung veranlaßt werden. Der neue
Chronograph soll nächstens von competenten Officieren in Woolwich officiell geprüft
werden.
Die beiden aufrecht stehenden Kupfercylinder A, A (Figur 18) des
Instrumentes lassen sich um Achsen drehen; die Zapfen B,
B am Fuße stehen fest, oben befinden sich zwei Schrauben C als Zapfen, damit man die Cylinder nach Belieben
wegnehmen kann. Die Cylinder A, A sind gut gegeneinander
isolirt und durch Drähte mit zwei Klemmschrauben D am
Fußbrete verbunden. Mittels zweier Spirituslibellen kann das Instrument auf drei
Stellschrauben E horizontal, bez. vertical gestellt
werden. Eine Scale ist neben den Cylindern, doch nicht in Berührung mit denselben,
angebracht und gestattet Tausendstel und Zehntausendstel einer Secunde abzulesen.
Das in Fig.
19 abgebildete Gewicht ist von Messing und hat nahezu die Form einer
Spitzkugel; in der Mitte seiner Grundfläche sitzt eine kleine Stahlschraube F, an welcher eine Stahlzunge G mittels eines Zapfens befestigt ist, damit das an G aufgehängte Gewicht noch frei schwingen kann. Ein in einem Ebonitstück
JJ liegender an beiden Enden zugespitzter
Kupferdraht HH ist am oberen Ende der Kugel eingelegt.
Unter rechtem Winkel zu dem Ebonitstück JJ sind zwei
Stahlarme K eingeschraubt; dieselben dienen dazu das
Gewicht bei seinem Eintritte zwischen zwei ∨-förmige Federn an der Fußplatte (Figur 18) allmälig zur
Ruhe zu bringen.
Figur 20
zeigt die Aufhängungsweise und die Vorrichtung zum Loslassen des Gewichtes. ab und cd sind zwei bei e und f aufgeschraubte
gerade Stahlstäbe; ab liegt ganz fest, cd dagegen kann sich frei um die Schraube f drehen. Eine kräftige Feder gg an dem Anker h des Elektromagnetes k wird zwischen die beiden Stäbe bei b und d eingesteckt und
bringt dadurch die beiden anderen Enden a und c derselben zum Schluß, so daß sie zwischen sich die
Stahlzunge G des Gewichtes (Fig. 19) festhalten. In
dieser Lage befindet sich das Gewicht ein wenig oberhalb der Elektromagnetpole; wenn
aber der Strom den Elektromagnet durchfließt, so wird der Anker h angezogen und nimmt die Feder gg mit; da hierdurch der Druck auf die Enden b
und d beseitigt wird, so fällt das Gewicht frei zwischen
den beiden Cylindern A, A (Fig. 18) herab. Die
schwache Feder n befördert das Loslassen des Gewichtes.
Der Elektromagnet steht in leitender Verbindung mit zwei Klemmschrauben an der
Rückseite der Flußplatte.
Die zu den Schießversuchen benützten Scheiben ähneln etwas denen von Schultz oder vielmehr von Bashforth, insofern die elektrische Leitung kurze Zeit nach ihrer
Unterbrechung durch das durch die Scheibe hindurchgehende Geschoß wieder hergestellt
wird, damit die nächstfolgende Scheibe wieder registriren kann. An den
Stromunterbrechungsstellen sind Platincontacte angebracht, weil dabei die
Inductionsfunken heller und kräftiger werden. An einem 13 Mm. dicken und 100 Mm.
breitem Bretchen am oberen Ende der Scheibe sind federnde Messingstreifen
angeschraubt, an welchen die Messinghaken M, M₁,
M₂ ... (Fig. 21) angebracht sind;
die Streifen sind durch Messing- oder Kupfer-Oesen L, L₁, L₂ ...
hindurchgesteckt und an dem innerhalb der Oesen liegenden Theile mit einem an der
unteren und oberen Seite aus den Streifen ein wenig vorstehenden Platindrahte
ausgerüstet, welcher mit einer an der oberen und unteren inneren Fläche angelötheten
kleinen Platinplatte in Berührung kommen kann. Von ähnlichen Haken an dem unteren
Riegel der Scheibe laufen Spannfedern nach den Haken M,
M₁, M₂ ... und legen deren
Streifen fest auf die untere Platinplatte der Oese, so daß mittels der Streifen und
der Oesen L, L₁, L₂ ... eine ununterbrochene metallische Leitung von einer mit der
ersten Oese verbundenen Klemmschraube N nach einer
ebensolchen mit der letzten Oese verbundenen hergestellt ist. Wenn dagegen durch das
die Scheibe durchdringende Geschoß eine solche Spannfeder zerrissen wird, so wird
zunächst der elektrische Strom unterbrochen, weil der betreffende Streifen die
untere Platinplatte verläßt, nach kurzer Zeit aber wird der Stromkreis wieder
geschlossen, nämlich sobald sich der Streifen an die obere Platinplatte anlegt. Bei
der Unterbrechung des Stromes springt aber ein elektrischer Funke zwischen den
beiden Cylindern über.
Watkin fand es aber sehr zweckmäßig, einen Condensator
von gewöhnlicher Einrichtung und passender Größe unter dem das obere Ende des
Scheiben-Rahmens bildenden Bretchen anzubringen, weil dabei eine kleine und
billige Inductionsspule einen kräftigen Unterbrechungsfunken liefert.
An Stelle dieser harfenähnlichen Scheiben dürften rücksichtlich der
Anschaffung- und Reparaturkosten und wegen der bei ihnen nach jedem Schlusse
nöthigen zeitraubenden und langweiligen Wiederherstellung der Spannfedern die amerikanischen
Scheiben vorzuziehen sein, namentlich für kleine Geschosse. Diese amerikanischen
Scheiben bestehen aus mit Papier überspannten leichten Rahmen, welche hinter
rahmenförmigen Trägern hängen und durch schwache Federn leicht an diese angedrückt
werden. Geht die Kugel durch die Scheiben, so wird die letztere auf einen Augenblick
vom Träger entfernt und unterbricht dabei den elektrischen Strom, welcher gleich
darauf beim Rückgange der Scheibe an den Träger wieder geschlossen wird.
Beim freien Fall des Gewichtes in der Luft vom Zustande der Ruhe aus ist der in der
Zeit t von demselben zurückgelegte Weg s = 1/2 gt², wobei
g die Beschleunigung durch die Schwere bedeutet und
t in Secunden zu nehmen ist. Nach dieser Formel wird
die Scale neben den Cylindern A, A eingetheilt, so daß
man auf ihr Tausendstel-Secunden ablesen kann. Vor Beginn der Versuche werden
dann die beiden Cylinder A, A herausgenommen und mit
Seidenpapier überkleidet, welches dünn aber gleichmäßig mit Lampenschwarz überzogen
wird, indem man den Cylinder über einer rauchenden Lampe oder über einem brennenden
Stück Kampfer umdreht. Hierauf werden die Cylinder sorgfältig aufgestellt. Die
Inductionsspule S (Fig. 22) wird nun mit den
Enden ihrer secundären Umwickelung an den nach den Cylindern A, A führenden Klemmschrauben D, D links an
der Fußplatte eingeschaltet. Die Batterie X und die
Scheiben T₁ und T₂ kommen in den Schließungskreis bcdegh
der primären Umwickelung zu liegen, unter Benützung der Klemmen N (Fig. 21). Eine zweite
Batterie Z wird dann mittels der Klemmen u und v und der nach einem
Stromunterbrecher auf oder in der Nähe der Kanone Q
führenden Leitungsdrähte p und q durch den die Loslassung des Gewichtes besorgenden Elektromagnet kk (Fig. 20) hindurch
geschlossen.
Die Vorgänge bei den Versuchen sind nun folgende. Kurz vor dem Abschießen des
Geschützes wird das Gewicht losgelassen und beginnt zwischen den Cylindern A, A zu fallen. Wenn die Kugel durch die erste Scheibe
geht, unterbricht sie den Primärstrom in der Spule S
(Fig. 22)
und veranlaßt dadurch das Ueberspringen eines Funkens von dem einen Cylinder auf den
anderen, durch den Messingdraht H, H des Gewichtes
hindurch, weil dieser dem Funken den kürzesten Weg bietet. Der durch den Funken auf
dem geschwärzten Papiere erzeugte Fleck markirt die genaue Lage des Gewichtes im
Augenblicke der Unterbrechung des Stromes in der ersten Scheibe. Das Gewicht fällt
weiter, der Primärstrom ist inzwischen wieder hergestellt worden, wird aber beim
Durchgange der Kugel durch die zweite Scheibe wieder unterbrochen, und ein zweiter
Fleck auf den
Cylindern registrirt den Zeitpunkt des Durchganges u.s.w., bis das Gewicht endlich
in die ∨-förmigen Federn am Fuße der
Cylinder fällt. Die Entfernung der einzelnen Flecken wird an der Zeitscale abgelesen
und gibt die Zeit an, während welcher die Kugel von einer Scheibe zur anderen flog.
Zum folgenden Versuche braucht man blos die Cylinder langsam ein Stück umzudrehen,
damit eine frische Stelle des geschwärzten Papieres dahin kommt, wo die Funken
überspringen; dann wird das Fallgewicht wieder gehoben; nach ein oder zwei Schüssen
aber müssen die zerrissenen Spannfedern wieder hergestellt werden, weil die Kugel
sonst außer Stande sein könnte, die Unterbrechung des Stromes zu veranlassen.
Zur Bestimmung der Geschwindigkeit wird nun der in Figur 23 abgebildete
dreitheilige Maßstab benützt. Der obere Theil entspricht der Entfernung der
einzelnen Scheiben von einander in Fuß; der mittlere enthält die
Tausendstel-Secunden und der untere gibt die Geschwindigkeit der Kugel in Fuß
pro Secunde. Beim Gebrauch zieht man den mittleren
Theil so weit heraus, daß der zur verbrauchten Flugzeit gehörige Theilstrich dem
Theilstriche gegenüber liegt, welcher die Entfernung der Scheiben, zwischen welchen
die Kugel jene Zeit verbrauchte, anzeigt; dann weist der Pfeil am mittleren Theile
auf die zugehörige, auf dem unteren Theile stehende Geschwindigkeit. In Fig. 23 z.B.
ist die Zeit 80 Tausendstel-Secunden zwischen zwei 96 Fuß von einander
entfernten Scheiben verbraucht worden; dies entspricht 1200 Fuß Geschwindigkeit. Die
Geschwindigkeiten lassen sich bis auf einen halben Fuß genau ablesen.
Der Chronograph läßt sich auch für andere Zwecke benützen, z.B. zur Zählung der
Umdrehungen einer Welle. Man könnte mit ihr auch die Beschleunigung in Folge der
Schwerkraft nachweisen, indem man einfach eine Feder an der Spule in Schwingungen
versetzt; dann wird eine Reihe weißer Flecken auf dem geschwärzten Papiere die
Unterbrechungen des Primärstromes durch die schwingende Feder markiren und aus der
regelmäßig wachsenden Entfernung der Funken wird sich das Gesetz der Beschleunigung
ergeben. Wird eine Stimmgabel von bekannter Schwingungszahl zur Unterbrechung des
Primärstromes benützt, so müßte sich die Beschleunigung durch die Schwere nach der
Formel g = 2 s : t² unmittelbar finden lassen. Auf diese Weise
ließe sich die Größe der Beschleunigung an verschiedenen Orten der Erde mit einander
vergleichen.
E–e.