Titel: | Telegraphischer Wechselstrom-Taster von J. J. Fahie. |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XCVIII., S. 379 |
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XCVIII.
Telegraphischer Wechselstrom-Taster von
J. J. Fahie.
Nach dem Journal of the Society of Telegraph Engineers,
1874 Nr. VII S. 80.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Fahie's telegraphischer Wechselstrom-Taster.
Der Wechselstrom-„Taster“, über welchen J. J. Fahie der Society of Telegraph
Engineers in London in der Sitzung vom 11. März d. J. Mittheilung gemacht
hat, ist für Morseschrift auf unterseeischen Kabeln, auf langen oberirdischen oder
auf mäßig langen unterirdischen Linien von etwa 500 oder 600 engl. Meilen bestimmt.
Er bietet vor den sonst üblichen Wechselstrom-Tastern folgende Vortheile: 1)
größere Telegraphir-Geschwindigkeit auf langen Leitungen, sicher nicht unter
10 bis 15 Proc. größer; 2) die Möglichkeit, daß die Empfangsstation während des
Telegraphirens nach Belieben die telegraphirende Station unterbrechen kann; 3) seine
Einfachheit und die Bequemlichkeit in seiner Handhabung; 4) daß jene Möglichkeit des
Unterbrechens ohne besondere Kosten erlangt worden ist, im Vergleich mit dem
bisherigen Mittel zur Erreichung desselben Zweckes, nämlich dem automatischen Switch oder Zinksender. Dieser kostspielige Apparat
geräth leicht in Unordnung und verursacht so Aufenthalt und Verwirrung; zwischen
Batterie und Linie eingeschaltet, vermehrt er außerdem nicht nur den Widerstand der
letzteren, sondern vermindert auch die Arbeitsgeschwindigkeit.
Der neue Taster ist in Fig. 24 und 25 im Aufriß
und in der Seitenansicht dargestellt. A ist ein
federnder Contact, welcher nahe an seinem freien Ende eine Platinhalbkugel von etwa
6 Millim. Durchmesser trägt. Er steht in leitender Verbindung mit der Zunge F, welche durch den Elfenbein- oder
Ebonit-Block D gut gegen den Tasterhebel H isolirt ist, an welchem sie (Figur 26) mittels eines
frei durch den Isolator hindurchgehenden Bolzens befestigt ist, auf welchem an der
anderen Seite eine stählerne Unterlegscheibe und Flügelschraube sitzt. Die Zunge F spielt zwischen zwei Contacten und muß in der Lage, in
welche sie gebracht wurde, ruhig liegen bleiben. Aus diesem Grunde wird ein dazu
gerade hinreichender Druck von der Flügelschraube auf die Zunge F ausgeübt, so daß dieselbe, wenn sie die Schraube C berührt, nicht durch ihr eigenes Gewicht auf den
Contact Z herabfällt. S ist
eine kräftige Feder, welche den Hebel H in der in Fig. 24
gezeichneten Lage erhält; dieselbe geht durch ein Loch in dem Ebonit hindurch, um
sich an dem Bolzen anzuheften; natürlich ist sie gegen den Hebel H isolirt.
Ist nun der Taster mit einem Kabel von etwa 200 engl. Meilen verbunden, so wird der
Spielraum des Hebels H auf die Hälfte des in den
Abbildungen gelassenen vermindert. Dies geschieht, indem man die Schraube B soweit zurückschraubt, daß der Hebel H beim Niederdrücken nur an einem kleinen Bogen des
halbkugelförmigen Contactes A hinstreift. Der
Contactständer Z und die Schraube R werden darauf so eingestellt, daß der halbkugelförmige Contact an der
Seitenfläche des Hebels H gerade frei über A steht, wenn der Hebel in Ruhe ist. Dann wird der Hebel
niedergedrückt und der Contactständer verstellt, bis der Hebelcontact sich gerade
unter A befindet. Die Schraube C wird stets so nahe als möglich an die Zunge F heranbewegt, und wenn der Taster in seiner Ruhelage ist, so müssen der
Hebel und R, sowie die Zunge F und der Ständer Z in inniger Berührung
stehen. Damit ist der Hebel „eingestellt“.
Beim Geben eines Zeichens wird der Hebel H
niedergedrückt; so bald er seine Bewegung beginnt, wird die Verbindung der an den
Achsständer L geführten Linie mit dem mit der Schraube
R leitend verbundenen Relais unterbrochen; gleich
darauf verläßt die Feder F den Ständer Z des Zinkpoles und geht an die mit dem Kupferpole
verbundene Schraube C und fast zu derselben Zeit
streicht der Hebel über den federnden Contact A. Während
er denselben berührt, wird ein positiver oder Kupfer-Strom in die Linie
gesendet und läßt auf der Empfangsstation ein polarisirtes Relais ansprechen. Sowie
der Hebel unter A gelangt, wird der Batteriestrom
unterbrochen, und wenn der Hebel den Ständer E erreicht,
wird die Linie mit der Erde in Verbindung gesetzt. Geht darauf der Hebel wieder in
die Höhe, so wird zuerst die leitende Verbindung der Linie mit der Erde zwischen H und E unterbrochen, dann
verläßt die Zunge F den Kupferpolcontact C und erreicht den Zinkpolständer Z; endlich kommen der Contact A und der Hebel
H wieder in Berührung und senden dabei einen
negativen oder Zink-Strom in die Linie, welcher auf der Empfangsstation den
Ankerhebel des polarisirten Relais wieder in die Ruhelage zurückführt. Gelangt der
Hebel H mit seinem seitlichen Contacte oberhalb A, so wird der negative Strom wieder unterbrochen und
endlich die Linie wieder an den Empfangsapparat gelegt.
Positive und negative Ströme von gleicher Stärke und Dauer werden somit durch diesen
Taster der Linie zugeführt: die nachtheiligen Inductionswirkungen treten in weit
geringerem Maße auf; und man kann mit größerer Geschwindigkeit telegraphiren, als
wenn die Zeichen mit Strömen von ungleicher Stärke und Dauer gegeben werden.
Zugleich vermag sich die
Linie bei dieser Einrichtung des Tasters nach jedem Positiven und negativen Strome
selbst zu entladen.
Will die empfangende Station die gebende unterbrechen, so muß sie ihren Hebel H eine oder zwei Secunden lang an den Contact A legen und so einen längeren positiven Strom in die
Linie senden. Sobald dann auf der gebenden Station der Hebel H an die Schraube R zu liegen kommt, tritt der
positive Strom in deren Relais ein und läßt den Morseschreibapparat schreiben,
worauf der Telegraphist sein Telegraphiren unterbricht.
Wenn der Taster auf längeren Linien von z.B. 600 engl. Meilen Länge (auf größere
Entfernungen, glaubt Fahie, würde der Taster nicht gut
ohne empfindlichere Relais als das alte, im Persischen Golfe benützte
Rothe-Meer-Modell arbeiten können) functioniren soll, so schraubt man
die Feder A soweit als möglich nach H hin, so daß der Hebel H
über einen größeren Bogen an den halbkugelförmigen Contacte A hinstreicht. Dabei muß dann auch dem Hebel selbst ein größerer Spielraum
gewährt werden, und es sind die Contacte R und E demgemäß zu verstellen.
Klagt einmal die Empfangsstation über zu schwache Zeichen, so läßt sich dem etwas
abhelfen, indem die gebende die Erdleitung an ihrem Taster ausschaltet und so die
ganze in die Linie gelangte Ladung nöthigt, nach der Empfangsstation zu gehen und in
deren Relais zu wirken. Dies gilt namentlich beim Telegraphiren auf langen oder schlecht isolirten Linien.
Als Regel ist die Batteriekraft um die Hälfte etwa zu verstärken; es sind also da, wo
10 Elemente z.B. bei dem Siemens'schen Taster nöthig
sind, bei dem neuen Taster deren 15 zu verwenden.
Mit dem neuen Taster kann man auch längere positive Ströme geben, denen kurze
negative folgen. Zu diesem Behufe wird die Erdleitung ausgeschaltet und der Ständer
E so weit emporgeschraubt, daß der niedergedrückte
Hebel in Berührung mit A bleibt. Ist so ein dauernder
positiver Strom in die Linie gelangt, so tritt beim späteren Rückgange des Hebels
H in seine Ruhelage ein negativer Strom in die
Linie. Die Stärke dieses Stromes kann innerhalb gewisser Grenzen, je nach der
Beschaffenheit der Linie, durch Abänderung des Hebelspielraumes abgeändert
werden.
Seit August 1872 hat Fahie seinen Taster auf verschiedenen
Abschnitten des Persischen-Golf-Kabels probirt und stets gute Erfolge
erzielt bei Längen unter 600 engl. Meilen.
Bei der an die Vorlesung über den neuen Taster sich anknüpfenden Debatte weist C. W.
Siemens darauf hin, daß nur dann gleich lange Ströme
in die Linie gesendet würden, wenn der Hebel H ebenso
schnell auf wie ab bewegt würde; sonst würden sich die positiven und negativen
Ströme in der Linie nicht ausgleichen. Ferner sei in Betreff der Construction selbst
Einiges nicht ganz untadelhaft; so erfordere namentlich die Zunge F eine sehr sorgsame Einstellung; sie müsse einen
elastischen Druck auf C und auf Z ausüben und doch bei D hinreichend frei
beweglich sein, um sich nach Zurücklegung ihres kurzen Weges zu drehen. Dennoch sei
der Versuch zur Ausgleichung der Linienströme lobenswerth. – Phillips erwähnt, daß die Entladung der Linie zur Erde
zwar nach den positiven Strömen erfolge, nicht aber nach den negativen zu erfolgen
scheine. – Latimer Clark vermuthet, der Zinkstrom
sei schwächer als der Kupferstrom; der Vorsitzende, Prof. Foster, bemerkt jedoch, in dem vom Persischen Golfe her eingesendeten
Aufsatze seien 10 Elemente Kupfer und 10 Elemente Zink genannt.
E–e.