Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. , S. 255 |
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Miscellen.
Miscellen.
Meunier's Heißluftballon.
Die schwierige und oft unmögliche Beschaffung der zur Füllung eines
Gas-Ballons erforderlichen Gasmengen hat H. Meunier veranlaßt, bei seinem für militärische Zwecke bestimmten Ballon,
welcher jetzt den englischen Militärbehörden zur Prüfung vorliegt, die ursprüngliche
Idee der Begründer der Luftschifffahrt – Brüder Montgolfier – wieder aufzunehmen und seinen Ballon mit erwärmter
Luft zu füllen. Zu diesem Zwecke hat der kugelförmige Versuchsballon von 21,3 Meter
Durchmesser am unteren Ende, oberhalb der mit Stricken aufgehängten Gondel, eine
Zinnplatte eingesetzt, welche in der Mitte einen großen Paraffinbrenner enthält,
über dem sich ein 1,2 Meter weiter Kamin aus dünnem Kupferblech bis zu 7,6 Meter
Höhe im Inneren des Ballons erhebt.
Der Brenner besteht aus einem hohlen, unten und oben geschlossenen cylindrischen
Ring, in dessen untere sackartige Erweiterung aus kleinen ringsum angebrachten
Reservoirs das Oel zuströmt. Der obere Theil des Brenners ist mit zahlreichen
kleinen Oeffnungen durchbrochen und unterhalb derselben ein ringförmiger Docht
angebracht, welcher zur Inbetriebsetzung des Apparates zunächst angezündet werden
muß. Die hierdurch entstehende Hitze entwickelt im Inneren des cylindrischen Ringes
Paraffindämpfe, welche aus den oben befindlichen Oeffnungen austretend sich mit
heftigem Geräusch entzünden und eine continuirliche Flamme erzeugen. Die
Verbrennungsproducte steigen durch den Kamin ins Innere des Ballons und erfüllen
denselben so rasch mit erwärmten Gasen, daß nach einer halben Stunde bereits das
Erheben des Ballons möglich sein soll. Damit hierbei die aus dem Kamin entsteigenden
heißen Gase nicht direct wider die Decke des Ballons geleitet werden, ist die obere
Oeffnung des Kamines mit Drahtgeflechte und einer Asbestdecke überzogen.
Zur praktischen Verwendung des Ballons bei einem Armeecorps ist es möglich, die
gesammte Hülle nebst dem Brenner und Kamin in die Gondel zu packen, und diese selbst
mit Rädern zu versehen, damit sie wie ein gewöhnlicher Wagen transportirt werden
kann. Zur Ingangsetzung des Ballons, welcher übrigens als ballon captif an einem wohlverankerten Seile aussteigen soll, hat dann
nichts weiter zu geschehen, als daß ein gewisses Quantum Luft in die Hülle
eingepumpt und hierauf die Paraffinlampe entzündet wird.
Fr.
Edison's
Elektro-Motograph.
Thomas A. Edison in Newark, N. J., berichtet in einem vom
August 1874 datirten (auch im Telegraphic Journal, Nr.
40 S. 231 abgedruckten) Briefe an den Scientific
American über eine von ihm gemachte Beobachtung, welche auch für die
Telegraphie von Bedeutung sein könnte. Er beobachtete nämlich eine eigenthümliche
(scheinbare) Bewegung des Schreibstiftes bei dem Bain'schen elektrochemischen Telegraphen. Bei der Nachforschung darüber, ob
die Bewegung des Stiftes der Reduction des Bleies durch den Wasserstoff zu einem das
Papier schlüpfrig machenden Pulver zuzuschreiben sei, oder ob die Oberfläche des
Bleies durch die Absorption des Wasserstoffes in ähnlicher Weise wie Palladium
verändert würde, oder ob die Erscheinung eine Wirkung der Gase sei, welche unter dem
Stift entwickelt würden und zu entweichen strebten, fand Edison, daß Platin mit schwefelsaurem Chinin dieselbe Bewegung veranlasse.
Zu seiner Ueberraschung bemerkte er eine Veränderung des Papieres durch die
Elektrolyse. Zur Prüfung dieses Umstandes nahm er auf einem von Washington in sein
Laboratorium in Newark geführten Drahte der „Automatic Telegraph
Company“ ein langes Telegramm mit der Geschwindigkeit von 800 Wörtern
pro Minute auf einem in gewöhnlicher Weise chemisch
präparirten Papierstreifen auf; die farbigen Punkte und Striche erschienen aber nur
schwach. Darauf ließ er den Streifen durch den Elektro-Motograph gehen, wobei
die farbigen Zeichen in einer geraden Linie mit dem Blei-Stifte lagen. Wenn
da keine gefärbte Stelle unter dem Bleischreibstifte war, so wurde der Stift durch
die Reibung vom Papier beim Umlaufen der Rolle mitgenommen. Sobald unter dem Stifte
eine farbige Stelle hinweg ging, glitt die Bleispitze auf dem Papiere wie auf Eis,
da die Reibung wesentlich kleiner war, und die Spitze bewegte sich in
entgegengesetzter Richtung zur umlaufenden Rolle. Dabei war keine Batterie
eingeschaltet. Die Elektrolyse bewirkt also eine Veränderung des Papieres.
Bei Benützung einer Zinnspitze beim Aufnehmen eines von Washington kommenden
Telegrammes fand Edison, daß, obgleich keine farbigen
Zeichen auf dem Papiere zu sehen waren und das Papier unverändert schien, doch beim
Durchgang des Papieres durch das Instrument die Bewegung des Schreibstiftes noch
deutlicher als zuvor zu bemerken war. Beim Aufnehmen des Telegrammes mit einem
Blei-Stifte erhielt Edison nicht so gute
Resultate, obgleich Blei unter den 12 versuchten Metallen obenan stand. Dann folgt
Thallium. Auf einem mit wässeriger Lösung von Pyrogallussäure befeuchtetem Papiere
ist Zinn so gut wie Thallium. Unter allen bis jetzt versuchten Flüssigkeiten
lieferte Kalihydrat die deutlichsten Resultate; ihm zunächst steht schwefelsaures
Chinin, dann Rosanilin oxydirt und durch salpetrige Säure farblos gemacht. Bei der
Chininlösung zeigt Platin eine Wirkung, wenn entweder Sauerstoff oder Wasserstoff an
seiner Oberfläche entwickelt wird. Bei Wasserstoff vermindert sich die Reibung, wie
bei allen anderen Metallen, bei Sauerstoff dagegen wächst die Reibung. Das ist so
bei allen oxydabeln Metallen; doch erscheint es befremdend, daß es bei einem Metalle
geschieht, auf welches die sich entwickelnden Gase nicht einwirken. – Bei
einer Bleispitze und einer Lösung von Bromchloral vermehrt die
Wasserstoffentwickelung die Reibung auf dem Papier ungewöhnlich stark. –
Silber zeigt selten eine Wirkung, und dann eine sehr schwache, mit irgend einer
Lösung. – Schwefelsäure zeigt die geringste Bewegung bei irgend welchem
Metall.
Aus welchem Metalle die die eine Elektrode bildende Rolle besteht, scheint
gleichgiltig zu sein.
Es gelang Edison, eine Schließung eines Localstromes
mittels des Schreibstiftes unter Anwendung eines Stromes zu ermöglichen, welcher
weder mit Jodkalium, befeuchtetes Papier zu färben, noch eine gewöhnliche
Galvanometer-Nadel zu bewegen vermochte. Ebenso kann man die Telegramme noch
nach dem Gehör lesen, wenn auch der empfindlichste Elektromagnet keinen Strom
andeutet. Zugleich gibt aber der Elektro-Motograph zu keinen Extraströmen
Anlaß. Edison war im Stande mit einer Geschwindigkeit von
650 Wörtern pro Minute zu arbeiten; daher würde sich der
Elektro-Motograph besonders als Relais für automatische Telegraphen eignen.
Doch könnte er auch als Farbschreiber arbeiten, wenn man an dem Schreibstiftende ein
Farbscheibchen anbrächte.
E–e.
Vorrichtung zur selbstthätigen Ableitung des
Condensationswassers aus Gasleitungen.
Nach einem Vorschlage von Ingenieur Bartl in der
„Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,“ 1874 S.
564 wird an einer passenden Stelle der Leitung ein verticales, nach unten gehendes
Rohr angebracht, an welches sich unten ein engeres aufsteigendes und zuletzt wieder
nach abwärts sich krümmendes Rohr anschließt. In dem weiteren Rohr ist eine etwa 10
Millim. hohe Oelschicht enthalten, welche den Verschluß bildet. Das condensirte
Wasser sinkt durch das Oel hindurch und gelangt durch das enge Steigrohr zum
Abfluß.
Ersatz des Leinöles bei Druckerschwärze durch Bankulöl.
Ein bis jetzt von der europäischen Industrie unbeachtet gebliebener Rohstoff ist die
Bankulnuß von Aleurites
triloba, welche von Martinique, Guadeloupe, Neucaledonien, Tahiti, Guyana,
Reunion in sehr großen Massen in den Handel gestellt werden könnte. Es ist nicht nur
die Billigkeit dieses ölreichen Rohstoffes, sondern die Qualität des aus dieser Nuß
gewinnbaren Oeles, welche dieselbe zur Einführung in unsere Oelfabriken empfiehlt.
Das Oel, wovon die Samen 50 bis 60 Proc. enthalten, kommt ab und zu als
„Huile de Bancoul“ oder
„Kekune Oil“ in den
europäischen Handel; eine ständige Waare bildet es jedoch nicht. Es gehört in die
Kategorie der trocknenden Oele, an welchen wir keinen Ueberfluß besitzen. Nach
Angaben des Katalogs der französischen Colonien wäre das Bankulöl zur Bereitung von
Oelfarben in ausgezeichneter Weise geeignet. Aber auch, wenn dies nicht zutreffen
sollte, wenn es nur zur Erzeugung von Druckerschwärze
tauglich wäre, zu dessen Fabrikation man gegenwärtig fast ganz auf das Leinöl
angewiesen ist, so würde die Einführung dieses Fettstoffes unter der gewiß
zutreffenden Voraussetzung eines niederen Preises als ein Vortheil anzusehen sein.
(Wiesner's officieller Ausstellungsbericht über
„fremdländische Pflanzenstoffe zu industriellem Gebrauche“;
S. 134.)
Ueber die Form, in welcher das Eisen im Blute enthalten ist;
von Paquelin und L. Jolly.
Die Frage, in welcher Form das Eisen im Thierblute enthalten ist, wurde schon oft
studirt und von verschiedenen Chemikern, die sich mit derselben beschäftigten, in
verschiedener Weise gelöst.
Fourcroy nahm an, daß das in Rede stehende Metall im
Blute als Lösung in Albumin – und zwar in Form von phosphorsaurem Eisenoxyd,
vorhanden sei; allein einen Beweis für die Richtigkeit dieser Ansicht brachte er
nicht bei.
Enderlin constatirt, ohne jedoch das bei seinen Analysen
befolgte Verfahren anzugeben, daß die Asche der verbrannten Blutkörperchen Eisenoxyd
und phosphorsaures Eisen enthält.
Boussingault (Comptes rendus,
t. LXXV p. 229) kam bei der Untersuchung dieser
Asche des Hämatosins bei seinen Analysen zu demselben Schlusse wie Enderlin.
In einer am 10. März 1873 der (französ.) Akademie überreichten Abhandlung:
„Untersuchungen über die chemische Constitution der
Blutkörperchen“ haben wir den Nachweis geliefert, daß das Eisen in
den letzteren als dreibasisches Oxydulphosphat existirt.
Die Abweichungen zwischen den oben angegebenen und den von uns erzielten Ergebnissen
sind zweifelsohne dadurch begründet, daß wir, anstatt das Material zu den Analysen
zu verbrennen (einzuäschern) – die einzige bis jetzt angewendete Methode
– dasselbe nur verkohlten. In unserer früheren Abhandlung über diesen
Gegenstand bemerkten wir, daß es, wenn gewisse Salze der Einäscherung Widerstand
leisten, außer Zweifel steht, daß die im Blute vorhandene Eisenverbindung durch den
Verbrennungsproceß einer tiefgehenden Veränderung unterliegt.
Die vorliegende Mittheilung wird den Beweis für diese Behauptung liefern.
Unterwirft man das ganze Blut, oder aber das unreine Hämatosin, wie man es mittels
der bekannten Methoden erhält, der Einäscherung, so finden nachstehende Vorgänge
statt. Im ersteren Falle nämlich wandeln sich die im Blute enthaltenen Alkalien in
Carbonate um; im letzteren Falle wird die mit dem Eisen in dem Verhältnisse von 9/10
verbundene organische Substanz in Form von Kohlensäure und Kohlenoxyd
abgeschieden.
Nun wollten wir nachweisen, welche Art von Wirkung einerseits die Kohlensäuresalze,
andererseits die Kohle auf das Eisen der Blutkörperchen, d.h. auf das Eisenphosphat
ausüben und stellten zu diesem Behufe die folgenden drei Versuche an:
1) 50 Centigrm. Eisenphosphat, Fe₂O₃,PO₅
[Fe₂(PO₄)₂] wurden mit gleichen Theilen von Kaliumbitartrat
(zweifach weinsaures Kalium) gemengt und in einer kleinen Platinschale fünf Minuten
lang geglüht.
2) Ein gleiches Gemenge wurde in derselben Weise eine Viertelstunde geglüht.
3) 50 Centigrm. Eisenphosphat wurden mit 5 Grm. Zucker gemengt und dann eine halbe
Stunde lang geglüht. (Die Verbrennung des Kohlenstoffes erfolgte nur
unvollständig.)
Phosphorsäure.
Das zu unseren Versuchen verwendete Eisenphosphat
enthielt in 0,50 Grm.
0,240
Bei dem ersten, fünf Minuten langen Glühen entzog
das Alkalisalz dem Eisenphosphate
0,060
Bei dem zweiten eine Viertelstunde in Anspruch
nehmenden Versuche entzog das Alkalisalz dem
Eisenphosphate
0,200
Bei dem dritten Versuche nahm der Kohlenstoff, obgleich
die Verbrennung eine nur unvollständige war, auf
0,140
Die Phosphorsäure wurde auf maßanalytischem Wege mittels einer titrirten Lösung von
essigsaurem Uran bestimmt.
Zum Behufe der Analyse des Eisenphosphates war die Phosphorsäure aus ihrer Verbindung
mit dem Eisen zunächst in Form von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia bei
Gegenwart von überschüssigem citronsaurem Ammoniak abgeschieden worden. Unsere
Versuche liefern den Nachweis dafür:
1) daß das Verbrennen des Materiales ein fehlerhaftes Verfahren ist, wenn es bei der
Analyse des Blutes zur Untersuchung des eisenhaltigen Bestandtheiles vom letzteren
angewendet wird;
2) daß die Resultate, der verschiedenen Dauer der Operation und der Zusammensetzung
der der Analyse unterworfenen Substanzen entsprechend, verschieden ausfallen;
3) daß die Verkohlung des zur Analyse verwendeten Materiales bei möglichst niedriger
Temperatur vorzuziehen ist.
Außerdem wird durch unsere Versuche die Verschiedenheit der von den verschiedenen
Chemikern, welche die Constitution des im Blute vorhandenen eisenhaltigen
Bestandtheiles zu ergründen suchten, erzielten Resultate erklärlich. (Comptes rendus, t. LXXVIII p. 1579; Juni 1874 und t. LXXIX p. 918; October 1874).
H. H.
Spectrum des Zodiakallichtes.
Wright zieht aus seinen Beobachtungen folgende
Schlüsse:
1. Das Spektrum des Zodiakallichtes ist continuirlich und ist ziemlich dasselbe, wie
das des blassen Sonnenlichtes oder des Zwielichtes. 2. Keine helle Linie oder Bande
kann als diesem Spectrum angehörig erkannt werden. 3. Es gibt keinen Beweis für
irgend einen Zusammenhang zwischen dem Zodiakallicht und dem Polarlicht.
Der Schluß, der von der Thatsache seiner Polarisation abgeleitet worden, daß das Zodiakallicht von der Sonne stamme und von fester Materie
reflectirt wird, ist somit erhärtet und bestätigt durch die Identität
seines Spectrums mit dem des Sonnenlichtes. (American Journal
of Sciences, 1874 p. 39 durch Naturforscher,
1874 S. 373.)
Ueber Bildung von salpetriger Säure, Salpetersäure und
Wasserstoffsuperoxyd in der Natur; von Professor L. Carius.
Der Bildung der Salpetersäure in der Natur wird die Bildung der salpetrigen Säure
oder wenigstens Untersalpetersäure stets vorangehen. Dies soll geschehen:
A.Aus freiem Stickstoff und zwar
1) durch elektrische Entladung in Luft. Das Product
derselben ist wahrscheinlich in allen Fällen Untersalpetersäure.
2) Bei Oxydationserscheinungen anderer Körper in der Luft.
Die Atome des Sauerstoffes im Molecül desselben gehen in Folge der gleichzeitig
stattfindenden Oxydation von Phosphor u. dgl. in den Zustand der Verbindbarkeit mit
Stickstoff über.
3) Oxydation des Stickstoffes durch Ozon. Durch die
angegebenen Versuche ist unzweifelhaft nachgewiesen, daß freier Stickstoff bei
Gegenwart von Wasser durch Ozon weder bei gewöhnlicher Temperatur, noch bei 120 bis
210° nicht oxydirt wird, sondern völlig unverändert bleibt. Die bisher
angenommene Bildung von salpetriger Säure und Salpetersäure in der Natur aus
Stickstoff durch Vermittlung des Ozons findet demnach nicht statt.
4) Bildung von salpetrigsaurem Ammonium durch Verdampfen von
Wasser in der Luft. Nach Schönbein tritt hierbei
der Stickstoff direct mit Wasser zusammen: N₂ + 2 H₂O =
NH₄.NO₂ (2 N + 4 HO = NH₄O,NO₃). Verf. zeigt, daß beim Verdampfen und Condensiren von Wasser
in Luft kein salpetrigsaures Ammonium entsteht.
B. Durch Oxydation von
Ammoniak und zwar
1) durch elektrische Entladung.
2) Bei Gegenwart
sogenanntersogenannnter
alkalischer Substanzen. Experimentelle Prüfung dieser
Reaction wäre sehr erwünscht.
3) Durch Ozon. Für diese läßt sich folgende chemische
Gleichung aufstellen: 2 NH₃ + 4 O₃ = NH₄.NO₂ +
H₂O₂ + 4 O₂ (2 NH₃ + 24 Ō
= NH₄O,NO₃ + 2 HO₂ + 16 O). Hierdurch wird das
Vorkommen von Wasserstoffsuperoxyd und salpetrigsaurem Ammonium nebeneinander in der
Natur erklärt. Das salpetrigsaure Salz wird dann leicht durch Wasserstoffsuperoxyd
und Ozon in salpetersaures oxydirt. – Die Oxydation des Ammoniaks durch Ozon
scheint die für die Natur wichtigste Bildung von salpetrigsaurem und salpetersaurem
Salz zu sein. (Liebig's Annalen der Chemie, 1874 Bd. 174
S. 31.)
F.
Ueber eine künstliche Thierkohle, welche die entfärbende
Eigenschaft des Spodium theilt; von A. Gawalovski,
Chemiker in Prag.
Von der Annahme ausgehend, daß der dreibasisch phosphorsaure Kalk in den schwarzen
Knochen, bei der Function des Entfärbens und Entkalkens, keine Rolle spielt,
versuchte ich denselben durch Bimsstein, die im Spodium enthaltene Stickstoffkohle
aber durch verkohltes Blut zu ersetzen. Vielleicht gelingt es auf diesem Wege ein
Spodiumsurrogat zu liefern.
Ich füllte eine geräumige Flasche mit wallnußgroßen Stücken liparischen Bimssteines
und mit frischem geschlagenen Ochsenblute an, so daß alle Stücke davon bedeckt
waren. Nun pumpte ich mit einer Handluftpumpe die Flasche möglichst luftleer;
öffnete dann den Lufthahn wieder, damit die Flüssigkeit besser in die Poren
eindringe. Nun füllte ich mit den völlig durchtränkten Bimssteinstücken hessische
Tiegel, verschloß dieselbe mit gut passendem Deckel und glühte so lange, bis sich
kein brennendes Gas mehr zeigte. Der mit Blutkohle durchdrungene Bimsstein erwies
sich in allen Theilen gleichmäßig, glänzend schwarz und haftete an der Zunge. Eine
Probe derselben mit ätzendem und kohlensaurem Natron behandelt, gab keine
unverkohlten organischen Stoffe mehr; die Verkohlung war demnach eine
vollständige.
Geschiedener Rübensaft, der 0,20 Proc. Alkalinität und eine rothgelbe Farbe hatte,
wurde mit dieser Kohle 1/2 Stunde warm stehen gelassen; es ergab sich eine beinahe
wasserhelle Farbe; die Alkalinität (0,19 Proc.) wurde jedoch nicht vermindert.
Da das Blut immer Mineralstoffe enthält, wurde der Aschengehalt von 12 verschiedenen
Blutsorten bestimmt:
I
1,030 Proc.
VII
0,650 Proc.
II
0,532 „
VIII
0,566 „
III
0,320 „
IX
0,412 „
IV
0,500 „
X
1,100 „
V
0,532 „
XI
0,492 „
VI
0,826 „
XII
0,945 „ im
Durchschn. also 0,667 Proc. Asche.
Auf 1 Kub. Meter Bimsstein kommen etwa 6,75 Liter Blut, entsprechend 46 Grm. Salze;
dennoch könnte diese geringe Menge im Betriebe lästig werden. Es wurden daher 1 Kub.
Decimeter Bimssteinkohle mit kochendem destillirtem Wasser ausgelaugt und nach einer
halben Stunde in den 3 Liter Waschwasser 1,5 Gramm, durch verdünnte Essigsäure 2,2
Grm. Salze erhalten.
Es ist daher dieses Surrogat vor seiner Anwendung auszuwaschen. Ein totales
Verdrängen des Spodiums wird wohl nicht möglich sein; doch könnte das
Bimssteinfilter als Nachfilter wirken und dadurch das Spodium wenigstens theilweise
ersetzen. Noch bleibt zu erwähnen, daß die trockene Destillation der blutgetränkten
Bimssteinstücke ein schön brennendes, leuchtendes Gas liefern.
Künstliche Därme aus Pergamentpapier.
Die „Papier- und chemische Fabrik“ in Heisenberg bei
Dresden fabricirt zur Zeit – nach dem polytechnischen Notizblatt, 1874 S. 235
– im Gegensatz zu der früheren immer mangelhaften Handarbeit einen endlosen
Darm von vegetabilischem Pergament mittels Maschinen. Während früher zu einer
täglichen Production von 7800 Meter 50 Personen nöthig waren, liefert die neue, mit
Dampf betriebene Maschine in derselben Zeit dasselbe Quantum bei einer Bedienung von
drei Personen. Das auf einer Papierdrehbank in Streifen geschnittene endlose
Pergamentpapier läuft in die Maschine ein, wird daselbst genäßt, in Darmform
gebracht, geklebt, getrocknet, geglättet und zu Ringen von 100 Meter mittels eines
Zählapparates abgemessen.
Die Verwendung der künstlichen Därme ist eine vielseitigere wie die der natürlichen
Därme; sie dienen Stoffen als Emballage, wo früher Niemand an Därme dachte. Wir
nennen hier die Schuhwichse, welche, weil Holzschachteln schwer zu beschaffen sind,
neuerdings in Pergamentpapierdarm eingespritzt und in Wurstform in den Handel
gebracht wird (vergl. dies Journal, 1872 Bd. CCVII S. 428). Desgleichen pressen
jetzt einige Fabriken die künstliche Schmalz- sogen. Faßbutter in
Pergamentpapierdärme ein und stellen so Butterwürste von 12 bis 15 Centim.
Durchmesser und 50 bis 80 Centim. Länge her. Es werden dadurch die kostspieligeren,
eingußdichten Fässer erspart; die Butterwürste können in jede beliebige Kiste
verpackt werden, und der Detaillist verkauft in handlicherer eleganterer Form: in
Wurstscheiben. – In Bierbrauereien benützte man bisher den natürlichen Darm
zum Abfüllen des Bieres und war dabei der Unannehmlichkeit ausgesetzt, daß derselbe
übelriechend, oder von den Mäusen und Ratten zerfressen wurde. In Sachsen wird jetzt
fast ausschließlich der künstliche Darm angewendet, welcher hierfür von Brandt und Warmuth,
Gummiwaarenfabrik in Dresden, zu beziehen ist.
Die bedeutendste Verwendung des Pergamentpapierdarmes findet in Schlächtereien statt.
Obgleich der künstliche Darm, wenigstens in den dünneren Dimensionen, theurer als
der natürliche Darm ist, so bietet er dem letzteren gegenüber die Vortheile, daß er
jedes Putzen, welches bekanntlich einen bedeutenden Zeitaufwand erfordert, erspart,
daß sich die Wurst, so lange sie aus frischem Fleisch, Blut etc. bereitet ist,
länger als im natürlichen Darm hält (da die Verwesung der Wurst stets an der
Außenseite, beim Darme, beginnt) und entschieden appetitlicher ist. Bei der
Benützung in Schlächtereien ist folgendes zu beachten.
Um möglichst viel Darm an die Wurstspritze anschieben zu können, muß, da der
Pergamentpapierdarm nicht so geschmeidig wie der natürliche ist und sich deshalb
nicht so dicht wie jener zusammenschieben läßt, das Spritzrohr der Wurstspritze
durch Anlöthen eines Zinnrohres oder verzinnten Kupferrohres auf 50 Centim.
verlängert werden; die Wurst ist sehr fest zu spritzen und alle Würste, mit Ausnahme
der Preßwurst, sind aufzuhängen, nicht zu legen, da sie (besonders Kochwürste) beim
Hängen ein schöneres
Ansehen erhalten. Der Darm hält das Kochen ebenso wie der thierische Darm aus, da
die Naht vollständig unlöslich ist; nur darf das Unterbinden nicht mit zu dünner
Schnur bewerkstelligt werden. Von der Anwendung von Hölzchen (Zusteckern) ist ganz
abzusehen.
Die eingangs erwähnte Fabrik liefert die Därme verschiedener Dimensionen in endlosen
Ringen von 100 Meter Länge zu nachstehenden Preisen.
Nr. 1
Bratwurstdärme
40 Millim. breit
4,5 Mark
Nr. 2
Kranzdärme
60 „ „
5 „
Nr. 3
Mitteldärme
84 „ „
8 „
Nr. 4Nr. 5Nr. 6
PlumpdärmeoderButtdärme
108 Millim.
breit140 „ „175 „ „
11
„14
„18 „
Zur Zucht der kaukasischen Kardendistel-Seidenraupe;
von K. H. Ulrichs in Stuttgart.
Im Anschluß an meine Mittheilungen im zweiten Septemberhefte 1874, S. 535 bemerke ich
über mehrfache Anfragen, daß die Züchtung dieser Raupe im Zimmer eine äußerst
einfache ist. Es bedarf dazu gar keiner besonderen Vorrichtungen, sondern nur eines
Tisches oder einer Fensterbank und einiger Flaschen, welche man mit Wasser füllt, um
entweder lange gefiederte Blätter des Götterbaumes oder aber Stämmchen der Karde mit
Blättern hineinzustellen. Am bequemsten ist es, die Raupen in einer möglichst
großen, umgekehrt aufgerichteten Glasglocke zu halten, auf deren Boden man niedrige,
mit Wasser gefüllte Gläser stellt, in welche man das Futter hineingesteckt hat. Oben
läßt man die Glocke offen. Sobald die Raupen nämlich erst 6–8 Tage alt
geworden, sind sie nicht mehr im Stande am glatten Glase hinaufzukriechen und zu
entfliehen. Bei gutem Futter übrigens sind sie ohnehin nicht wanderlustig. In den
ersten 6–8 Tagen empfiehlt es sich die Raupen in einem kleineren Glasgefäß
(von der Größe eines Bierglases) zu halten, das man oben mit einer Glasscheibe
zudeckt. Abgesehen von der etwaigen Wanderlust, gegen die man Vorkehr treffen muß,
empfiehlt sich jedoch im Zimmer die Zucht auf Kardenpflanzen in Töpfen – und
zwar schon sogleich, nachdem die Räupchen dem Ei entschlüpft sind. Mag man nun auf
Flaschen, in der Glasglocke oder auf Töpfen züchten, immer ist es räthlich, die
Raupen, mit ihrem Futter, täglich (oder fast täglich) mit Wasser zu besprengen. Man
hat stets für frische Luft zu sorgen und die Behältnisse jedenfalls dann vom Auswurf
zu befreien, wenn er feucht oder schimmelig wird. Die Thiere besonders warm zu
halten, ist nicht nöthig; die gewöhnliche Wärme eines Wohnzimmers genügt.
Um drei Generationen im Jahr leichter zu erzielen, hält man die Cocons der
Frühjahrzucht und der Sommerzucht (ganz wie im März die überwinterten Cocons der
Spätjahrzucht) ein wenig wärmer, als die Temperatur der Jahreszeit beträgt. Man darf
sie jedoch heißen Sonnenstrahlen nicht aussetzen.
Die Cocons mit den lebenden Puppen soll man stets, im Sommer wie während der
Ueberwinterung, in eine hängende Lage bringen. Entweder läßt man sie an den
Stämmchen und Blättern, an welchen sie sich angesponnen haben, oder man zieht sie am
Kopfende mittels einer Nadel auf einen starken Faden und hängt diesen auf.
Eine Eigenthümlichkeit in der Entwickelung der Cynthia besteht darin, daß stets in
einer Minderzahl der Cocons, trotz gleicher äußerer Verhältnisse, die Ausbildung des
Schmetterlinges so langsam vor sich geht, daß derselbe erst zugleich mit der
nachfolgenden Generation seine Hülle verläßt. Während z.B. bei den Cocons der
Sommerzucht aus der Mehrzahl gegen Ende des Monats August die Schmetterlinge
erscheinen, wird der Rest zugleich mit den Cocons der Spätjahrzucht die
Ueberwinterung durchmachen und werden aus diesen erst im nächsten Frühjahr die
Schmetterlinge hervorkommen. Zurückgebliebene Cocons hat man demnach keineswegs als
aufgegebene zu behandeln. In meiner Zucht betrug diese Minderzahl etwa 10 Proc. Oft
ist sie aber größer.