Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. , S. 494 |
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Miscellen.
Miscellen.
Selbstbeweglicher Tramway-Waggon.
Statt der schon so oft zum Ersatz der Zugpferde vorgeschlagenen Wasser- oder
Aetherdampfmaschinen will der Erfinder des vorliegenden neuen Bewegungssystemes Leveaux seine Tramway-Wagen durch starke
Spiralfedern bewegen, welche an den Hauptstationen der Tramway-Geleise durch
stabile Maschinen aufgezogen werden und dann selbstthätig die Treibachse des Wagens
während der Fahrt in Bewegung setzen.
Nachdem die Hauptschwierigkeit dieses Systemes, nämlich die Beschaffung entsprechend
langer und starker Stahlfedern, glücklich bewältigt wurde, indem Sheffielder
Stahlfabrikanten derartige Federn bis zu 18 Meter Länge erzeugt haben, welche
Spannungen von 400 bis 450 Kilogrm. ausüben können, so mag es gestattet sein, die
eigentliche Anordnung dieser immerhin interessanten Construction noch mit einigen
Worten zu erklären.
Zwischen den Frames eines gewöhnlichen zweiachsigen Tramway-Wagens sind
nebeneinander gelagert und durch verzahnte Kränze mit einander verbunden zwei Reihen
von je fünf Trommeln angebracht, welche auf zwei festen Achsen frei beweglich sind.
In jeder Trommel ist eine starke Spiralfeder angebracht, deren eines Ende mit der
festen Achse, deren anderes Ende mit der beweglichen Trommel verbunden ist, so daß
durch gemeinschaftliche Drehung aller Federtrommeln die Spiralfedern auf den festen
Achsen aufgewunden werden und somit die Tendenz haben, sich wieder aufzurollen und
damit die zur Fortbewegung des Wagens erforderliche Kraft abzugeben. Dieselbe wird
durch Zahnrädervorgelege von den Federtrommeln auf die Treibachse übertragen, wobei
gleichzeitig Sorge getragen ist, durch Einschaltung eines Zwischenrades die Bewegung
beliebig reversiren zu können. Als Bremsfläche dient der äußere Mantel einer
Federtrommel für je eine der beiden Gruppen, über welche das Bremsband durch
Zahnräder- und Schrauben-Uebersetzung von der vorderen und hinteren
Platform des Wagens aus entsprechend angespannt werden kann. Durch diese Bremsbänder
ist somit das Mittel an die Hand gegeben, die Federkraft beliebig reguliren und die
eine oder andere der beiden Gruppen von Spiralfedern für eine Zeit ganz außer
Thätigkeit setzen zu können. Trotzdem ist es fraglich, ob dieses System –
selbst dessen praktische Durchführbarkeit auf ebenen Strecken vorausgesetzt –
für den so sehr wechselnden Betrieb in den Straßen einer Stadt verwendbar sein wird;
sollten jedoch die Versuche, die gegenwärtig damit in Edinburgh angestellt werden,
günstig verlaufen, so wäre jedenfalls ein nicht zu unterschätzendes Mittel für die
Erweiterung und Verbesserung des Tramway-Verkehrs gewonnen.
Fr.
Ueber den Schutz gußeiserner Röhren gegen die Einwirkung
saurer Wässer durch einen Cementüberzug; von Engelhardt
in Ibbenbüren.
Da der Tiefbauschacht Pommer-Esche der königlichen Steinkohlengruben bei
Ibbenbüren sehr von sauren Wässern belästigt wurde, die in Oberschlesien ausgeführte
Emaillirung aber, welche allein sich bisher als dauernd bewährt hatte, theuer ist,
indem sie pro 1000 Kilogrm. der überzogenen Röhren 120
Mark kostet, so machte der Verfasser, sich stützend auf die Erfahrung, daß Cement an
Eisen sehr fest haftet, wie es beim Ausbruch gußeiserner Röhren aus alten, mit
Cement gemauerten Dämmen häufig zu sehen ist, und daß andererseits der Cement, wo er
in Sümpfen etc. den sauren Wässern Jahre lang ausgesetzt gewesen, sich wohl erhalten
zeigte, einige Versuche durch Anstreichen des Eisens mit Cement. Im laufenden Jahre
sind die sämmtlichen Rohre eines 73 Centim. Drucksatzes im
Oeynhausen-Schachte mit einem inneren Cementanstrich versehen und haben sich,
nachdem der Einbau einige Monate vollendet und die Pumpe in Betrieb gekommen ist,
unverändert erhalten.
Die Manipulation bei der Ausführung des Anstriches auf den Ibbenbürener Gruben ist
folgende. Die Röhren werden am besten neu, bevor sie einen Rostüberzug erhalten haben, verwendet; sind
nur alte vorhanden, so müssen dieselben durch Scheuern mit weichen Sand- oder
Ziegelsteinen völlig vom Roste befreit und sauber ausgewaschen werden. Vielleicht
gelingt die Reinigung vollständiger durch Anwendung von Säuren. Der Cement wird
(ohne Sandzusatz) so dünnflüssig gemacht, als es unbeschadet seiner Bindefähigkeit
geschehen kann. Den zulässigen Grad der Verdünnung kann man mit jeder Cementsorte
leicht feststellen. Das zu bestreichende Rohr wird vor dem Anstreichen naß gemacht,
und demnächst der Cement mit einem Pinsel möglichst dünn aufgetragen, worauf man ihn
erhärten läßt. Nach vollständiger Erhärtung wird der erste Anstrich wiederum
angefeuchtet, und der zweite darauf gebracht. In dieser Weise wird das Rohr im
Ganzen 4 bis 5mal bestrichen. Die Ausführung der Arbeit bei großer Hitze ist nicht
zu empfehlen, weil alsdann der Cement zu schnell trocknet. – Frost zerstört
die Bindefähigkeit, und es dürfen daher die Rohre demselben weder während des
Anstreichens, noch nachher ausgesetzt werden. (Zeitschrift für das Berg-,
Hütten- und Salinenwesen in dem preußischen Staate, Bd. XXI S. 205.)
e.
Ueber Conservirung der Schiffskessel.
G. Hueber hat aus mehreren Beobachtungen und Versuchen die
Ueberzeugung gewonnen, daß durch die sogenannte Trockenhaltung der Kessel im Hafen
das Zugrundegehen derselben eher beschleunigt als verzögert wird, da die geöffneten
Kessel, in denen Luft circulirt, immer die Feuchtigkeit der Luft anziehen und durch
den Sauerstoff derselben rapid weiter oxydiren. Beim nächsten Dampfmachen springen
dann in Folge der ungleichen Ausdehnung durch die Wärme die Rostkrusten stellenweise
vom Kesselblech ab. In Folge dessen hat man bei Schiffen, die längere Zeit mit
offenen Kesseln in Reserve standen, nach dem ersten Dampfmachen stets eine Menge
abfallender Rostkrusten aus den Kesseln zu ziehen. Ist das Kesselblech schwach, so
hinterlassen die abspringenden Rostkrusten offene Löcher in demselben.
Nach Erfahrungen des Verf. ist es für die Conservirung der Kessel rationeller,
dieselben, so lange sie in Unthätigkeit stehen, immer geschlossen und bis an die
Decke vollgefüllt mit Wasser zu halten, damit die Luft gar keinen Zutritt in das
Innere finde. Mit Wasser vollgefüllt – auch wenn es Seewasser ist –
setzt sich an den inneren Wandflächen der Kessel erst nach langer Zeit eine dünne
flüssige Rostfarbe an, nie aber eine feste Rostkruste. (Nach den Mittheilungen aus dem Gebiete des
Seewesens. Polo 1874. – Vergl. dies Journal, 1874 Bd. CCXII S. 442.)
Analysen von Stahl.
H. Sturm hat 3 Proben Bessemerstahl
A, B und C der
Hüttenverwaltung Heft in Kärnten untersucht, Eschka und
Lill Martinstahl-Proben D und E aus Neuberg in Schlesien.
A
B
C
D
E
Kohlenstoff
0,290
0,350
0,290
0,303
0,165
Silicium
0,031
0,247
0,059
0,010
0,023
Phosphor
0,055
0,049
0,056
0,045
0,062
Schwefel
0,052
0,027
0,011
0,006
0,013
Kupfer
geringe
Spur
0,075
0,076
Mangan
0,200
0,580
0,170
0,290
0,044
Kobalt und Nickel
–
–
–
0,030
–
Eisen (aus dem Abgange)
99,372
98,747
99,414
99,241
99,617
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
100,000
100,000
100,000
100,000
100,000
(Berg- und hüttenmännisches Jahrbuch, 1874 S. 392).
Analysen von Roheisen und Schlacke.
I. Roheisen von den Hohöfen der Innerberger
Hauptgewerkschaft zu Schwechat bei Wien: A und B weißes Roheisen, erblasen mit Oslavaner-Coaks,
untersucht von H. Sturm; C graues Roheisen,
untersucht von A. Eschka; desgleichen von dem
Andrassischen Eisenwerken in Ungarn; D graues Roheisen
von Oláhpatak, untersucht von H. Sturm; E weißes Roheisen von Alsó Sajo, untersucht von
L. Schneider.
A
B
C
D
E
Kohlenstoff chemisch gebunden
3,250
2,830
0,420
0,810
3,095
Graphit
–
–
3,520
3,110
0,168
Silicium
0,960
0,520
1,789
1,380
0,588
Phosphor
0,180
0,184
0,136
0,101
0,197
Schwefel
0,086
0,085
0,023
Spur
0,014
Kupfer
Spur
Spur
0,003
0,041
0,030
Mangan (u. Spur. v. Nickel)
3,150
2,670
4,446
2,520
1,946
Eisen (Differenz)
92,374
93,711
89,663
92,038
93,962
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
100,000
100,000
100,000
100,000
100,000
II. Die zu Roheisen C gehörige Hohofenschlacke, untersucht von L. Schneider.
Sauerstoff
Kieselsäure
33,25
17,73
Thonerde
12,17
5,67
EisenoxydulManganoxydulKalkerdeMagnesiaKaliNatron
0,954,9131,2612,941,220,34
0,211,118,935,170,200,08
15,70
Schwefelcalcium
1,98
Schwefel
0,88
Phosphorsaurer Kalk (3 CaO,
PO₅)
0,11
Phosphor
0,02
–––––
99,13
III. Zwei Muster von Spiegeleisen der krainischen
Eisenindustrie-Gesellschaft. Probe F untersucht
von M. Lill, G untersucht von
H. Sturm.
F
G
Kohlenstoff
5,31
5,28
Silicium
0,09
0,01
Phosphor
0,37
0,38
Schwefel
Spur
Spur
Kupfer
Spur
Spur
Mangan
23,48
28,70
Eisen
70,34
65,81
––––––––––––––
99,59
100,18.
Zu bemerken ist, daß diese Roheisensorten mit hohem Mangangehalt nicht auf den Magnet
wirken. (Berg- und hüttenmännisches Jahrbuch, 1874 S. 390).
Bestimmung des Schmelzpunktes von Legirungen, namentlich von
Blei und Zinn; nach Gnehm.
R. Gnehm (Moniteur
scientifique, IV. p. 424) schlägt folgendes
einfache Verfahren vor, das eine genaue Bestimmung sowohl des Erweichungspunktes,
welcher namentlich bei Legirungen für Sicherheitsventile für Dampfkessel in Betracht
kommt, als auch des Schmelzpunktes ermöglicht.
Die womöglich zu einem dicken Drahte ausgezogene oder zu einem dünnen Streifen
geformte Legirung wird sorgfältig gereinigt, namentlich um alle etwa oxydirten
Theile zu entfernen; dann schneidet man zwei ungefähr gleich große, nicht allzu
lange Stücke ab, biegt das eine zu einem Ringe zusammen, steckt das andere durch den
Ring und biegt es dann ebenfalls zum Ringe zusammen. Einer der beiden aneinander
hängenden Ringe wird dann an einem Eisendraht aufgehängt, welcher unten zu einem
Haken umgebogen ist, die ganze Vorrichtung in ein Oel- oder Paraffinbad gebracht, das
Thermometer richtig eingesenkt und nun erhitzt. Jede Veränderung ist leicht zu
bemerken. Ist die Temperatur bis zum Erweichungspunkt der Legirung gestiegen, so
nehmen die beiden Ringe allmälig die Form einer immer länger werdenden Ellipse an
und bilden schließlich einen senkrechten Streifen; sie lösen sich aber erst ab und
fallen auf den Boden des Gefäßes, wenn die Temperatur den Schmelzpunkt erreicht
hat.
Verf. hat nach dieser Methode die Erweichungs- und Schmelzpunkte mehrerer
Legirungen von Blei und Zinn bestimmt und folgende Zahlen erhalten.
Legirungen:
Erweichungspunkt
Schmelzpunkt
Zinn
Blei
2 Thle.
5 Thle.
185°
189°
2 „
6 „
189°
194–195°
2 „
7 „
192°
198°
2 „
8 „
202°
208–210°
r.
Elektrische Signale in Bergwerken.
In der Ophir-Grube werden alle zwischen der Oberfläche und den verschiedenen
Tiefen auszutauschenden Signale mittels Elektricität gegeben, und noch nie ist dabei
ein Irrthum vorgekommen. Nach oben telegraphirt man durch Niederdrücken eines
Knopfes und gibt dadurch einen Schlag auf der Glocke des Maschinenwärters über Tage,
der Telegraphirende empfängt aber zugleich als Rückantwort auf jeden Schlag einen
Schlag auf einer kleinen Glocke vor sich, was jedes Mißverständniß ausschließt. Bei
Anwendung von Klingelseilen, in Tiefen von 500 oder 600 Meter, wird ein sehr
kräftiger Zug am Seil erfordert, und dabei weiß doch der Signalisirende nicht, ob
sein Signal wirklich erschienen ist. Außerdem hat D.H. Birdsall mit dem Fördergestell einen Draht verbunden, welcher sich beim
Auf- und Niedergehen des Gestelles auf- und abwickelt; mittels dieses
Drahtes kann man vom Gestell aus jederzeit telegraphiren. Ein anderer Telegraph ruft
den Schachtmeister nach oben und läßt zu diesem Behufe in allen Tiefen zugleich die
Signale ertönen. Mittels desselben Telegraphen kann das sofortige Emporschicken des
Fördergestelles befohlen werden. (Virginia Enterprise
durch Engineering and Mining Journal; November 1874 S.
310).
Galvanische Batterien mit Salmiaklösung.
1) Ein Kupferbecher, mit verdünnter Schwefelsäure gefüllt, nimmt die gewöhnliche
poröse Zelle auf, und diese wird mit einer starken Lösung von Salmiak in Wasser
angefüllt, in welche das amalgamirte Zink kommt. Die durch die Zelle dringende
Schwefelsäure zersetzt das Salmiak, die freiwerdende Salzsäure greift das schon
oxydirte Zink an, unter Bildung von Zinkchlorid und Wasser.
2) In eine etwa 150 Mm. weite und 250 Mm. hohe Flasche kommt eine Kohlenplatte, in
einem nicht geölten Ledersacke; letzterer wird dicht mit Mangansuperoxyd umfüllt;
dann wird in die Flasche eine starke Salmiaklösung gegossen, welcher einige Tropfen
Salzsäure zugesetzt sind; eine ebenso große Platte von amalgamirtem Zink wird neben
die Kohlenplatte gestellt. Die Wirkung in dieser als sehr constant und kräftig
gerühmten Batterie ähnelt jener in der vorigen.
3) In einen Kupferbecher wird eine mit einer starken wässerigen Salmiaklösung
gefüllte poröse Zelle und eine (amalgamirte) Zinkplatte gebracht; der äußere Raum
wird mit Regenwasser gefüllt, in welches um die poröse Zelle eine Anzahl
Streichhölzchen gethan werden. Diese Batterie ist einfach, aber kräftig. Die
Streichhölzchen liefern Ozon, welchem die Wirkung zuzuschreiben ist. (Scientific American, October 1874, S. 277.)
E–e.
Ueber Bildung von Gyps.
Im 5. Hefte der Gazz. chim. legt E. Pollacci seine Versuche über Bildung von Gyps in einem mit Wasser
befeuchteten Gemenge von Schwefel und Calciumcarbonat ausführlich dar und bestätigt
auch, daß die organischen Substanzen der Ackererde diese Gypsbildung befördern. Auch
die Carbonate von Barium, Strontium und Magnesium werden unter gleichen
Verhältnissen in Sulfate verwandelt, am langsamsten das Magnesium-Carbonat.
Die Zusammenstellung einer Anzahl von Analysen schwefelhaltiger Bodenarten ergibt,
daß in denselben kein Carbonat, wohl aber Sulfat in größerer Menge enthalten ist.
Verf. erinnert an das Zusammenvorkommen von Gyps und Schwefel und macht darauf
aufmerksam, daß in Sicilien ein bedeutender Gypsgehalt des Bodens als günstige
Anzeige bei Aufsuchung von Schwefelgruben betrachtet wird. Im Allgemeinen bespricht
er, inwiefern jene Reaction für Geologen und für Agricultur von Wichtigkeit sein
könne. Verf. verspricht durch später mitzutheilende Versuche zu beweisen, daß es
sich bei der besprochenen Reaction um eine directe Oxydation des Schwefels
handle:
S₂ + 3 O₂ + 2 H₂O = 2 H₂SO₄
(S + 3O + HO = HO,SO₃).
Auch in denjenigen Fällen, wo Calciumcarbonat unter dem Einfluß von H₂S
(Schwefelwasserstoff) in Gyps übergegangen sei, werde der H₂S nicht direct
oxydirt, sondern vielmehr erst der aus letzterem durch den Sauerstoff der Luft
ausgeschiedene, fein vertheilte Schwefel. Die Möglichkeit einer vorgängigen Bildung
von Schwefelcalcium läßt Pollacci unbeachtet.
Es schließt sich hieran eine Mittheilung von F. Sestini
über den Einfluß des Gypses bei der Schwefelgewinnung mittels Destillation. Die
Angabe der Bergleute in der Romagna, „daß der Gyps den Schwefel
auffresse“, erklärt sich nach Sestini's
directen Versuchen dadurch, daß Gyps und destillirender Schwefel sich zu
Schwefeldioxyd und Schwefelcalcium umsetzen: CaSO₄ + 2 S = 2 SO₂ +
CaS.
Bei der Schmelztemperatur des Schwefels erfolgt diese Reaction nur in geringem Maße,
und an und für sich würde sie also bei dem sog. Calcaronebetrieb keinen bedeutenden
Schwefelverlust veranlassen. Der Verlust wird aber durch den Umstand vergrößert, daß
die Austreibung und Verflüchtigung des Krystallwassers des Gypses eine Wärmemenge
absorbirt, welche durch verbrennenden Schwefel geliefert werden muß. Wird Schwefel
unter gleichen Umständen über Gyps und über Calciumcarbonat abgetrieben, so läßt
letzteres nach Sestini's Versuchen weit mehr
Schwefelcalcium entstehen als ersterer. Die Carbonat, Sulfat, Sulfür und freien
Schwefel enthaltenden Rückstände sind im gepulverten Zustande für die Agricultur
verwendbar. (Nach den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1874 S.
1296.)
Räucherungsmaterialien für den Rebenschutz.
Am 15. September wurden bei Schlettstadt beachtenswerthe Versuche von dem
landwirthschaftlichen Kreiscomite mit den verschiedenen hier und da bereits
angewendeten Räucherungsmaterialien angestellt, um sich durch den Augenschein zu
überzeugen, welches von ihnen das geeignetste sei zum Schutze der Weinreben gegen
den Nachwinter oder die sog. Frühjahrsfröste durch Bildung einer künstlichen
Wolkendecke. Es wurden hier vierzehn verschiedene Methoden des Räucherns vorgeführt.
Die Versuche begannen 12 Uhr mittags und wurden, mit kurzen Zwischenpausen, mit
jeder Methode besonders durchgeführt und gegen 1/2 2 Uhr beendet.
Es kamen folgende Materialien zur Verwendung: 1) Räucherkuchen des Professor Dr. Neßler von Carlsruhe; 2)
dürre Wellen, ein Handkarren voll, mit 1/2 Kilogrm. Faßpech dazwischen; 3) sechs
Wellen Tannenreisig; 4) 3 Kilogrm. trockenes Stroh, 3 Kilogrm. feuchtes Stroh mit 1
Kilogrm. Faßpech; 5) ein Handkarren Kartoffelkraut, mit 1/2 Kilogrm. Faßpech; 6) 3
Kilogrm. trockenes Stroh, bedeckt mit ebenso viel Stroh, das seit drei Wochen feucht
gelegen; 7) fünf Pechkränze von 15 Centim. äußerem und 5 Centim. innerem Durchmesser
und 5 Centim. Dicke; 8) 1/2 Liter Theer (Gasöl); 9) fünfzig Lohesteine; 10) 3
Kilogrm. Torf; 11) ein Handkarren Wellen, seit vier Wochen naß aufeinandergelegt,
halb verfault, mit 1/2 Kilogrm. Faßpech; 12) ein Handkarren Wellen wie bei 11, aber
ohne Pech; 13) ein Karren dürres Kartoffelkraut mit 1/2 Liter Steinöl getränkt; 14)
ein Karren dürre Wellen.
Bei dem herrschenden starken Winde wurde die Beurtheilung der einzelnen Versuche
beinahe unmöglich, und sollen dieselben zu gelegener Zeit wiederholt werden. Doch
ist so viel bemerkt worden, daß Nr. 1 den schwersten Rauch gab; Nr. 2, 4 und 12
gaben den meisten und nahezu eben so schweren Rauch wie 1; Nr. 8 entwickelte einen
lebhaften aber dünnen Rauch; Nr. 3 gab einen außerordentlich starken Rauch, aber
auch große Hitze. – Besonderes Interesse erregten die von Prof. Dr. Neßler producirten
Räucherungskuchen, weil deren bequeme Handhabung und geringe
Wärme-Entwickelung bei trockenem hellem Rauch dem Zwecke durchaus zu
entsprechen schienen. (Deutsche Weinzeitung; Industrieblätter, 1874 S. 392).
Darstellung von Chromgelb und Chromorange zum Färben von
Papierstoff.
Nach den Versuchen von M. Faudel (Centralblatt für
Papierfabrikation) ist die Vorschrift von Gentele die
einzig brauchbare. Man löse 10 Gewichtstheile Bleizucker in etwa 10 Th. heißem
Wasser und verdünne mit weiteren 10 Th. kaltem Wasser. Ebenso löse man 2 Th.
doppeltchromsaures Kali in 10 Th. heißem Wasser füge 1 bis 2 Th. concentrirte
englische Schwefelsäure von 66° B. hinzu und verdünne gleichfalls mit 10 Th.
kaltem Wasser. Sind beide Lösungen erkaltet, so gieße man unter fleißigem Umrühren
die zweite in die erste. Es bildet sich dabei ein schöner hellgelber Niederschlag, welcher nur durch Anwendung von Wasser
entziehenden Substanzen (wie Chlorcalcium oder Chlorzink) den Ton wechselt. Ein
nicht zu starkes Erwärmen verändert die Farbe nicht mehr, und beim Erkalten geht
eine etwa eingetretene Veränderung wieder zurück. Die bei diesem Proceß bleibende
freie Säure hat durchaus keinen schädlichen Einfluß auf die Fabrikation des Papieres
und kann von der am Boden des Gefäßes lagernden Farbe durch einen Heber abgezogen
und durch frisches Wasser ersetzt werden. – Ein Zusatz von Chlorkalklösung
zur fertigen Farbe, wie C. F. Dahlheim ihn vorschlägt,
ist nicht zu empfehlen.
Ein Chromgelb mit starkem Stich ins Orange, welches
vollkommen widerstandsfähig gegen Alaun, Säure und Hitze ist, stellt man sich leicht
dar, indem man 10 Th. Bleizucker in 10 Th. heißem Wasser und ebenso in einem zweiten
Gefäß 3,8 Th. doppeltchromsaures Kali in 10 Th. heißem Wasser auflöst, dieser
zweiten Lösung vorsichtig 3,6 Th. krystallisirte Soda zufügt, wenn Alles sich gelöst
hat, unter Umrühren die zweite Lösung in die erste gießt und das Ganze noch 1/2
Stunde lang durchkochen läßt.
Die beiden eben beschriebenen Farben zeichnen sich durch große Beständigkeit aus, und
es lassen sich, wenn man sie beide nach verschiedenen Verhältnissen mischt, wohl
noch brauchbare Zwischenstufen in der Nüancirung auffinden.
Bei Anwendung von Chromorange ist ein Vorschlag von Erfurt bemerkenswerth, statt des üblichen Alaunes beim
Leimen des Papieres, welcher das Orange heller färbt, Zinnchlorür anzuwenden.
Weniger empfehlenswerth ist seine Methode der Darstellung von Chromorange und
Chromroth mittels Bleizucker und Bleiglätte. Die Bleiglätte löst sich nur langsam
und schwierig in der Bleizuckerlösung, und man ist nie recht sicher, wann und ob
eine vollständige Lösung stattgefunden hat. Macht man aber die Bleizuckerlösung mit
Natronlauge basisch und fällt dann heiß mit neutralem chromsaurem Kali, so erhält
man auf schnelle und sichere Weise feurige und gut deckende Farben. Ein schönes
Orange läßt sich damit erzielen, wenn man 10 Th. Bleizucker in 5 Th. Wasser heiß
löst und 13,5 Th. Natron von 6 Proc. Natrongehalt, sowie hinterher eine Lösung von
2,3 Th. doppeltchromsaurem Kali in 2 Th. heißem Wasser und 8 Th. Lauge zusetzt und
gut durchkocht. – Ein noch tieferes Orange erhält man durch Zusammengießen
und Kochen der Lösungen von 10 Th. Bleizucker, 5 Th. Wasser und 18 Th. Lauge, oder
von 1,9 Th. doppeltchromsaurem Kali, 1,5 Th. Wasser und 6,6 Th. Lauge; ein
prachtvolles Roth schließlich aus 10 Th. Bleizucker, 5 Th. Wasser und 24 Th. Lauge,
oder 2,3 Th. doppeltchromsaurem Kali, 2 Th. Wasser und 8 Th. Lauge. Hierbei ist
immer Lauge von 6 Proc. Natrongehalt oder 11° B. verstanden.
Statt Bleizucker kann auch vortheilhaft die äquivalente Menge salpetersaures Blei
genommen werden.
r.
Wein-Analysen.
Von der reichen Sammlung italienischer Weine, welche auf der Wiener Weltausstellung
figurirte, sind 520 Proben von F. Sestini, G. Del Torre und A. Baldi auf ihr
spec. Gewicht und den Gehalt an Alkohol, freier Säure, festem Rückstand bei
110° und Asche untersucht worden. Der mittlere Alkoholgehalt der
italienischen Weine ist ein relativ hoher, er beträgt 13–14 Vol. Proc.; nur
sehr wenige Sorten enthalten unter 10 Proc.; dagegen viele südliche, namentlich
sicilianische Weine 16–20 und einzelne (Marsala) sogar bis zu 22 Proc.
Alkohol. Der Gehalt an freier Säure, mittels 1/10 Normalalkalt bestimmt, beträgt im
Mittel 6–7 pro Mille und erreicht selbst bei den
an Säure reichsten (venetianischen) Weinen nicht 1 Proc. Der Gehalt an festem
Rückstand ist sehr verschieden und im Allgemeinen von Norden nach Süden zunehmend.
Die Mineralsubstanzen erreichen nur in wenigen Fällen 1/2 Proc.; viele Weine
enthalten 3–4 pro Mille, die meisten aber
weniger.
Bei 82 der besten Weine wurde außerdem der Gehalt an Gerbstoff, Glykose, Glycerin
(approximativ), sowie das Verhältniß zwischen fixen und flüchtigen Säuren bestimmt.
Der Zuckergehalt beträgt in vielen sicilianischen Weinen 13–20 Proc., er
nimmt gegen Norden hin rasch ab und bei den meisten Sorten aus Mittel- und
Nord-Italien beträgt er nur 1–2 Proc. Der Gerbstoff scheint zu dem
Zucker in umgekehrtem Verhältniß zu stehen. Er ist im Allgemeinen nur in geringer
Menge vorhanden, etwa 1–2 pro Mille und bei den
zuckerreichen Weinen nur etwa 1/2 pro Mille. Der höchste
Glyceringehalt findet sich in den sicilianischen Weinen, erreicht aber kaum 1 1/2
Proc. Der Gehalt an flüchtigen Säuren beträgt 1–2 pro Mille, im Durchschnitt etwa 1/4 des Gesammtsäuregehaltes. Die
aromatischen Weine enthalten die relativ größten Mengen von flüchtigen Säuren.
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1874 S. 1294).
Nachweis von Arsenik.
Mayençon und Bergeret
schlagen zum Nachweise von Arsenik folgendes Verfahren vor. Man entwickelt in einer
kleinen Flasche reines Wasserstoffgas mittels Zink und verdünnter Schwefelsäure,
fügt die zu untersuchende Flüssigkeit hinzu, verstopft den Hals der Flasche mit
einem Pfropfen aus Watte und legt auf diesen ein mit Quecksilberchloridlösung
befeuchtetes Papier. Der entwickelte Arsenwasserstoff wird nach folgender Gleichung
zerlegt
6 HgCl₂ + 2 AsH₃ = 2 As + 3 Hg₂Cl₂ +
6 HCl
und das frei gewordene Arsenik bringt auf dem Papier einen
citronengelben bis hell gelbbraunen Flecken hervor.
Antimon gibt unter denselben Umständen graubraune Flecken, welche nicht mit den
Arsenikflecken zu verwechseln sind. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1874 S. 1444.)
Berichtigungen.
In Dingler's polytechn. Journal 1874 ist zu lesen:
Bd. 212 S. IV des Namensregisters
„Vaes“ statt
„Vearn“; – S. 360 Z. 8 v. u. „Deprez“ statt
„Beprez“. – Bd. 213 S.
275 Z. 1 v. u. und S. 276 Z. 1 v. o. „von denen zwar
nur die Zahl von fünf“ statt „von denen jedoch die
Zahl von acht“. – Bd. 214 S. 263 Z.
4 v. u. „Kapp“ statt
„Kopp“. – S. 272 Z. 16 und 20 v. o. „E.
Reinicke“ statt „C.
Reinecke“; S. 273 Z. 14 v. u. „Reinicke's“ statt „Reinecke's“.