Titel: | Friedmann's Blasrohr für Schiffskessel-Kamine. |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 21 |
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Friedmann's Blasrohr für Schiffskessel-Kamine.
Mit einer Abbildung.
Friedmann's Blasrohr für Schiffskessel-Kamine.
Trotzdem Schiffsmaschinen die vollkommensten Dampfmaschinen sind, welche überhaupt
combinirt wurden, so ist der Kohlenverbrauch auf Dampfschiffen ein verhältnißmäßig
großer, da man bisher sein Hauptaugenmerk eben nur der Dampfmaschine zugewendet hat. Rücksichtlich
der Kessel besteht ein Fortschritt wohl in der Adoptirung des bei Locomotiven so
sehr bewährten Systems der Röhrenkessel; aber so vortheilhaft dies auch war, der
Brennstoffverbrauch der Schiffskessel ist noch immer bedeutend größer als in guten
Locomotiven.
Eine Verbesserung der ganzen Wärmeerzeugung behufs Bildung des Dampfes in
Schiffskesseln hat Friedmann zunächst durch Einführung
der Gasheizung angeregt, worüber in diesem Journal (1874 214 354) das Nähere mitgetheilt wurde. Da aber ein solcher Vorschlag zu
eingreifend ist, als daß er in großem Maßstab sich sofort Bahn brechen oder solche
rationelle Gegenvorschläge hervorrufen könnte, welche eine unmittelbare
durchgreifende Verbesserung der Wärmeerzeugung bei den Kesseln zur Folge hätten, so
hat es der Verfasser für angezeigt gefunden, auch diejenigen Verbesserungen in
Betracht zu ziehen, welche – wenngleich weniger wirksam – doch durch
ihre leichtere Anwendbarkeit von Bedeutung wären.
Aus dem Vergleich zwischen der Locomotiv- und Schiffskessel-Feuerung
geht hervor, daß die höhere Temperatur in der Feuerbüchse der Locomotiven lediglich
durch den forcirten Zug des Blasrohres erzielt wird, indem dieser zunächst eine
innigere Mengung zwischen Luft und Brennmaterial und dadurch eine bessere
Verbrennung zur Folge hat, und weiters eine kleinere Rostfläche erheischt und eine
dickere Kohlenschichte ermöglicht, derzufolge die Bedienung des Feuerrostes im
Vergleich zum erzeugten Dampfquantum eine ungleich leichtere und erfolgreichere ist
als bei den Schiffskesseln.
Es lag daher der Gedanke nahe, den Zug bei den Schiffskesseln mittels eines
Blasrohres in ähnlicher Weise zu verstärken wie bei der Locomotive. Doch geht dies
zunächst bei Condensationsmaschinen, wie dies fast alle Schiffsmaschinen sind, gar
nicht und auch dann nicht, wenn man sich der Vortheile der Condensation begeben
wollte, da bei den Seeschiffen die Oberflächencondensation zur Vermeidung der
Speisung mit Salzwasser unbedingt nothwendig ist, der abströmende Dampf also nicht
wie bei den Locomotiven ins Freie gelassen werden, also auch nicht zur Ingangsetzung
eines Blasrohres dienen kann. Eine Ergänzung der Wirksamkeit des Zuges mittels
Einführung von gepreßter Luft in zu diesem Behufe geschlossene Aschenräume unter die
Feuerroste, wie solche vorgeschlagen wurde, hat die Unzukömmlichkeit, daß, so oft
behufs Einfeuerung oder um den Zustand des Feuers zu controliren, die Feuerthüre
geöffnet wird, die Flammen zur Thüröffnung in den Heizraum hineinschlagen und
jedesmal, wenn der Feuerrost geputzt werden soll, was sehr häufig zu wiederholen ist,
das Gebläse abgestellt werden muß und hierdurch immer und für die ganze Zeit des
Rostputzens die betreffende Feuerung außer Thätigkeit kommt, ganz abgesehen davon,
daß hierbei leicht der durch keinerlei Luftzug abgekühlte Feuerrost erglüht und sich
deformirt.
Textabbildung Bd. 215, S. 22
Es bliebe sonach nur als sofortige Verbesserung die Anfachung der Feuerung durch
Verstärkung der aspirirenden Wirksamkeit des Kamins. Hierfür würden sich drei
Mittel ergeben:
1) Die Anbringung eines riesigen Ventilators, welcher nach Art einer
Schiffsschraube in der Achse des Kaminus disponirt wäre und unmittelbar unter
dem Kamine durch eine kleine horizontale Dampfmaschine mit verticaler Triebachse
gedreht würde.
2) Ein anderes Mittel wäre die Herstellung eines Blasrohres in der Achse und am
Fuße des Kamins, ähnlich dem Blasrohre bei Locomotiven, welches jedoch nicht
durch ausströmenden Dampf, sondern durch gepreßte Luft betrieben würde, welche
mittels kräftiger Ventilatoren durch das Blasrohr gepreßt werden müßte und die
anfachende Wirkung des Kamins steigern würde. Dieser Vorschläg wäre einer Probe
werth, würde aber jedenfalls eine viel stärkere Maschine erheischen als eine am
Kamin selbst angebrachte Schraube und überdies den Nachtheil bieten, daß die
durch das Blasrohr zur saugenden Wirkung kommende eingetriebene Luft die
Kamingase abkühlen, die Temperatur im Kamin sonach erniedrigen und den
natürlichen Zug des Kamins, welcher ja ein Factor der Temperatur der Kamingase
ist, beeinträchtigen würde.
3) Endlich wäre die Anfachung im Kamine mittels eines Dampfstrahles, ähnlich wie mit
den Hilfsgebläsen der Locomotiven, durch directen Kesseldampf zu bewerkstelligen.
Dies ist nun schon bei der Locomotive höchst kostspielig und der Effect sehr
ungünstig, weil der Durchmesser der Mündung des Hilfsgebläses im Verhältniß zum
Durchmesser des Locomotivkamins sehr klein ist; bei den Schiffen aber wäre ein
Gebläse in solcher Gestalt vollends unpraktisch, da hier ein Hilfsgebläse von 15, 20
oder 30 Millim. Mündungsdurchmesser in einem 3 Meter Durchmesser haltenden Kamine
höchstens einige Wirbel, nimmermehr aber eine merkliche Zugverstärkung bewirken
würde. Nichtsdestoweniger ist das Hilfsgebläse bei Locomotiven ein gar werthvoller
Apparat, wäre auch bei Schiffen (besonders bei den Fahrten über den Aequator oder
bei Sturm oder Nebel, wo die Kamine nicht recht ziehen wollen) eine oft gern mit
etwas mehr Kohlenconsum bezahlte Aushilfe.
Deshalb schlägt Friedmann das vorstehend illustrirte
Hilfsgebläse vor, welches, wenngleich als constantes Anfachungsmittel zu theuer,
doch aushilfsweise vorzügliche Dienste leisten würde. Um nämlich das für die
Locomotiven erwähnte ungünstige Verhältniß zwischen dem Durchmesser der Mündung des
Hilfsgebläses und dem Durchmesser des Kamines hier günstiger zu gestalten und
gleichzeitig die großen Stoßverluste zu reduciren, wird auf die Dampfdüse T eine Anzahl von Zwischendüsen D', D'', D''' von immer größerem Durchmesser angeordnet. Je mehr solcher
Düsen und je weniger groß der Unterschied zwischen dem Durchmesser der letzten Düse
DIV und dem
Durchmesser des Kamines DV ist, um so wirksamer erweist sich die Anordnung.
Nach Versuchen, welche der Verfasser auf der Panzerfregatte
„Drache“ angestellt hat, wird der Effect eines solchen
Hilfsgebläses nahezu vierfach und in Folge dessen genügend, um dasselbe auf den
Schiffen zweckmäßig anwendbar zu gestalten. (Aus dem officiellen Bericht über „Marinewesen“ von Alex. Friedmann, Civilingenieur in Wien.
Druck und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei. Wien 1874.
Vergl. dies Journal, 1874 214 354.)
Z.