Titel: | Ueber Aneroidbarometer und Prüfung derselben; von Dr. Paul Schreiber. |
Autor: | Paul Schreiber |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 36 |
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Ueber Aneroidbarometer und Prüfung derselben; von
Dr. Paul Schreiber.
Mit Abbildungen auf Taf.
I [c.d/3.4]
Schreiber, über Aneroidbarometer und Prüfung derselben.
Aneroid von Weilenmann.Eine Modification des Goldschmid'schen Aneroides
von Weilenmann; Zeitschrift der österr. Gesellschaft
für Meteorologie, 1874 Bd. 9 S. 171.Fig. 26 [d/3].
Die neuen Constructeure von Aneroidbarometern gehen darauf aus, die
Hebelübersetzungen der Naudet'schen Construction zur
Messung der Bewegung der Dose durch mikrometrische Vorrichtungen zu ersetzen. So
entstand das Aneroid von Goldschmid
Vergl. dies Journal, 1870 198 115. in Zürich, bei dem der messende Apparat eine Mikrometerschraube ist; das
Instrument hat aber den Nachtheil, daß die Mikrometerschraube gegen die Dose drückt
und einer Aufblähung derselben bei Bergsteigungen sich hindernd in den Weg stellt.
Es ist demnach erforderlich, daß man nach jeder Ablesung die Schraube heraus dreht,
wenn man eine Abnahme des Luftdruckes erwarten kann. Diese Manipulation wird nun
außerordentlich lästig, wenn man mit dem Aneroid eine Nivellirung vornehmen will,
und es gehört durchaus nicht zu den Unmöglichkeiten, daß man das Zurückschrauben
vergißt und damit das Instrument verdirbt. Dieser Umstand hat Weilenmann zu nachstehend beschriebenen Verbesserung des Goldschmid'schen Instrumentes veranlaßt.
Fig. 26
stellt die äußere Ansicht desselben dar. Die Büchse A
umgibt die luftleere Dose, auf deren oberem Deckel ein horizontaler Arm befestigt
ist, dessen Endfläche sich in einem Schlitz der Büchse parallel zur Achse derselben
bewegt. Auf der Endfläche dieses Armes ist eine horizontale Marke a gezogen, deren Stellung von der Bewegung der
Dosenflächen abhängt. Die Mikrometerschraube BB,
welche mit einer getheilten Trommel C versehen ist,
dreht sich in der auf der Büchse A festgemachten Mutter
D. Mit dieser Mikrometerschraube ist der Schlitten
E verbunden, welcher durch die Schienen F, F geführt wird und bei b
einen horizontalen Faden trägt. Der Faden b wird bei
Beobachtung auf den Strich a eingestellt, und die
Ablesungen an einer Scale auf einer der Schienen F und
dem Index G vor der Trommel C vorgenommen. Der Mikrometerapparat ist der Deutlichkeit wegen gegenüber
den anderen Theilen des Apparates zu groß dargestellt.
Aneroid, System Reitz, aus der
Fabrik von R. Deutschbein in Hamburg. Fig. 27 [c/4].Ueber die Ausführung von Höhenmessungen mit dem Aneroidbarometer, System Reitz, aus der Fabrik von R. Deutschbein in Hamburg; von F. H. Reitz, Civilingenieur in Hamburg. 1874.
Der Civilingenieur Reitz in Hamburg verfolgte einen ganz
ähnlichen Gedanken wie Weilenmann. Das Princip dieses
Instrumentes ist in Figur 27 [c/4] mit einfachen Strichen
angedeutet. Die luftleere Dose greift an dem einarmigen Hebel ABC im Punkte B an,
während derselbe im Endpunkte C durch eine starke
Spiralfeder angezogen wird. AB verhält sich zu AC wie 1 : 10. Bei C
befindet sich eine Scale, der gegenüber ein mit Fadenkreuz versehenes Mikroskop D angebracht ist. Die Scale ist photographisch
hergestellt, ist 3 Mm. lang und der Millimeter direct in 100 Theile getheilt;
Tausendstel Millimeter können noch abgeschätzt werden. Nach Bestimmungen von Prof.
Jordan
Vergleichung dreier Federbarometer von Prof. Jordan in Carlsruhe; Zeitschrift für Vermessungswesen, 1874 Bd.
2 S. 364. Die Versuche von Professor Jordan sind noch nicht abgeschlossen und demnach
kann sich das Resultat noch etwas ändern. Wahrscheinlich würden die Angaben
des Reitz'schen Aneroides richtiger ausfallen,
wenn die Temperaturen nicht linear sondern mindestens mit einem
quadratischen Glied in Rechnung gebracht würden. Die Goldschmid'schen Instrumente – und wahrscheinlich auch das
System Reitz – scheinen dies zu verlangen.
Ferner scheint bei den Vergleichungen das Barometer auch nicht ganz
fehlerfrei zu sein, denn die Differenzen Naudet – Reitz sind kleiner
als die Differenzen Barometer – Reitz. entspricht 1 Mm. der Theilung 22,26 Mm. Luftdruck in Quecksilbersäule, und
1° C. ändert den Stand um 0,00565 Mm., was einer Druckänderung von 0,126 Mm.
entsprechen würde. Der Temperaturcoefficient dieses Instrumentes würde demnach
gleiche Größe mit jenen der Naudet'schen Aneroide
haben.
Um die Barometerstände von 500 Mm. bis 780 Mm. beobachten zu können, muß die Scale
auf 11 Mm. verlängert werden. Deutschbein soll schon
Instrumente mit Scalen von 5 Mm. Länge ausgeführt haben.
Prof. Jordan hat einige Versuche über die Genauigkeit des
Instrumentes angestellt und es mit je einem Aneroid von Naudet und von Goldschmid und mit dem
Quecksilberbarometer bei Höhenmessungen verglichen. Die Resultate sind nicht
besonders günstig; das Naudet'sche Instrument hat sich
bedeutend besser in jeder Hinsicht gezeigt. Wenn nun auch dabei zu berücksichtigen
ist, daß das Naudet'sche Instrument schon länger im
Gebrauch gewesen, während das Deutschbein'sche erst aus
der Fabrik gekommen war, so scheint doch daraus hervorzugehen, daß der Gewinn durch
die neuen Constructionen doch nicht so bedeutend ist, und daß zu Nivellements für
praktische Zwecke die außerordentlich bequemen Naudet-Aneroide sich mindestens ebenso empfehlen. Dagegen dürfte das
System Reitz wohl bei Variationsbeobachtungen vorzuziehen
sein.
Apparat zum Prüfen von Aneroiden ohne
Luftpumpe; von Schreiber. Fig. 28 [c/3].
Für den Ingenieur, welcher mit Aneroiden arbeitet, dürfte ein Apparat von Nutzen
sein, mit dem er seine Instrumente während des Winters verschiedenen Luftdrücken und
Temperaturen aussetzen und dadurch die Reductionsformel mit Strenge ableiten kann,
um die Constanten für die im Sommer statthabenden Arbeiten mit Genauigkeit zu
bestimmen. Vorliegender Apparat gründet sich auf die Aenderung des Druckes einer
eingeschlossenen Luftmenge, wenn man dieselbe verschiedenen Temperaturen
aussetzt.
A bezeichnet ein gußeiserner Kasten, dessen Form sich
nach dem zu prüfenden Instrument richtet. In Fig. 28 ist ein Naudet'sches Aneroid angenommen. Der mit zwei Hähnen C und C' versehene Kasten
ist luftdicht verschließbar durch die Glasplatte D. Mit
dem Hahn C' wird ein Manometer oder Barometer verbunden,
und C setzt das Gefäß in oder außer Communication mit
der Atmosphäre. Bei Untersuchungen setzt man das Gefäß in Wasser, welches passend
erwärmt wird, während der Hahn C offen steht. Dadurch
erhält man eine Beobachtungsreihe bei nahezu constantem
Drucke aber steigender Temperatur des
Instrumentes. Hat man nun die Temperatur auf etwa 50° getrieben, so wird der
Hahn C geschlossen, und man läßt den Apparat langsam
abkühlen. Dabei sinkt nicht nur die Temperatur des Aneroides sondern auch der
Luftdruck, und man wird eine zweite Beobachtungsreihe anstellen können, den abnehmenden Druck bei abnehmender Temperatur des
Instrumentes. Das Abkühlen kann man bis auf – 20° treiben, wenn man
das Gefäß in ein Gemisch von Schnee und Salz bringt; eventuell macht man die
Beobachtungen an sehr kalten Wintertagen. Wird nun bei einer Temperatur von
vielleicht – 10° der Hahn C geöffnet und
langsam Luft eintreten gelassen, so bekommt man eine dritte Reihe bei zunehmendem Druck und constanter
niederer Temperatur des Aneroides. Eine vierte Reihe bei zunehmendem Druck und zunehmender
Temperatur wird man erhalten, wenn man bei geschlossenem Hahn erwärmt.
Bei dem praktischen Gebrauche wird man einfach das Gefäß bei hoher Temperatur
absperren und nun möglichst luftdicht abschließen. Hierauf wird man das Instrument
eine Zeit lang im warmen Zimmer stehen lassen, dann heraus in die Winterkälte bringen,
wieder einige Tage stehen lassen, wieder in die Wärme bringen u.s.w. Beobachtungen
des Barometers, des Manometers, des Aneroides und der Temperatur desselben geben die
Daten zur Berechnung der Constanten in der Reductionsformel.
Um einen Ueberschlag über die Druckschwankungen, welche man bei
diesem Verfahren erhält, zu bekommen, mögen folgende Notizen dienen. Sperrt man ab
bei + 50° und kühlt ab bis auf – 20°, so sinkt der Druck
von
760 bis
auf
560 Mm.
„
730 „
„
570 „
Diese Druckschwankung von 160 Mm. würde einer
Höhendifferenz von etwa 1700 Meter entsprechen. Daraus sieht man, daß für gewöhnlich
eine einfache Abkühlung und Erwärmung des Apparates ausreicht und daß eine Luftpumpe
unnöthig ist.
Will man den Druck noch geringer haben, so wird man die
Abschließung bei der hohen Temperatur unter Minderdruck vornehmen, indem man einfach
mit dem Munde etwas Luft aussaugt. Es ist durchaus nöthig, daß die Vergleichungen
des Aneroides längere Zeit in derselben Drucklage, am besten aber bei Schwankungen
desselben in Grenzen von 10 bis 20 Mm. und verschiedenen Mittelwerthen vorgenommen
werden. Die raschen Luftpumpenexperimente sind durchaus zu verwerfen.
Daß bei diesem Verfahren die Temperatur des Aneroides sich mit dem
Druck ändert, ist eher ein Vortheil als Nachtheil desselben.
Ueber die Berechnung der Versuche möge eine kurze Andeutung
genügen. Angenommen, es sei beobachtet worden.
Zur Zeit T₀ gleichzeitig der
Barometerstand B₀ (auf 0° C. reducirt),
die Aneroidablesung A₀ und die Temperatur des
Aneroides t₀;
zur Zeit T sei B der auf 0° reducirte Barometerstand, die Aneroidablesung A und die Temperatur des Aneroides t. Dann wird sein
(B – B₀)
=
f [(A – A₀); (t – t₀) und (T
– T₀)]
=
f (a, τ und T)
=
c₁a + c₂a₂ + c₃a₃
+....+ d₁ι + d₂ι₂ + d₃ι₃ +....+
e₁T + e₂T₂ +
e₃T₃ +....+ f₁aι + f₂aT + f₃ιT +....+ g₁a₂ι + g₂a₂T +....
Von diesen Reihen nimmt man beliebig viele Glieder und berechnet
mit sämmtlichen Beobachtungen nach der Methode der kleinsten Quadrate die
wahrscheinlichsten Werthe der Constanten c, d, e...
Diese Form der Reductionsgleichung ist auf jedes System von Aneroiden anwendbar.
Chemnitz, im December 1874.