Titel: | Ueber die Seismochronographen von Lasaulx und von Seebach. |
Autor: | Paul Schreiber |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 40 |
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Ueber die Seismochronographen von Lasaulx und von Seebach.
Mit Abbildungen auf Taf.
I [c/3].
Lasaulx und Seebach's Seismochronographen.
Zur Bestimmung des Zeitpunktes eines stattgehabten Erdbebens sind neuerdings zwei
Apparate von Seebach und von Lasaulx
A. v. Lasaulx: Das Erdbeben von Herzogenrath am
22. October 1873. 8 S. in 8. (Max Cohen und Sohn.
Bonn 1874.) in Vorschlag gekommen. Seebach will eine Uhr mit
schräg aufgehängtem Pendel, welches durch den Erdstoß frei wird, anwenden, während
das Instrument von Lasaulx eine Arretirvorrichtung für
die Uhr bildet, mit welcher es verbunden ist. In dem Momente, wo das Erdbeben
stattfindet, wird die Uhr abgestellt.
Dieser Apparat ist in 1/3 der natürlichen Größe in Fig. 31 und 32 [c/3] abgebildet. Die Seitenansicht Fig. 31 stellt das
Instrument nach dem Erdbeben, die Vorderansicht Fig. 32 dagegen vor
demselben dar. Eine Messingkugel liegt auf dem Tellerchen B und drückt dasselbe sammt dem Stiele, an welchem es sitzt, nieder,
wodurch auch die Feder in der Büchse A zusammengepreßt
wird. Durch ein einfaches Hebelsystem wird der um die horizontale Achse D drehbare Arm C in nahezu
verticaler Stellung erhalten. Bei einem Erdbeben oder einer sonstigen Erschütterung
fällt die Kugel herab in die Holzschale E. Der Arm C legt sich in Folge des Federdruckes horizontal und
arretirt das Pendel der Uhr, hinter welchem das ganze Instrument befestigt ist. Der
Teller E ist mit Fächern versehen, so daß die Lage der
herabgefallenen Kugel sofort die Richtung des Stoßes erkennen läßt.
Soviel mir bekannt ist, hat sich die Generaldirection der Telegraphen zur Anschaffung
des beschriebenen Apparates entschlossen, welcher von dem Mechaniker Eschbaum in Bonn angefertigt wird. Es erscheint aber
fraglich, ob derselbe sich im Gebrauche bewähren wird, da seine Einrichtung manche
Uebelstände bedingt.Eine Vereinfachung des Lasaulx'schen Apparates
unter Beibehaltung des ganzen Principes ist dadurch zu erzielen, daß man
unter dem Pendel einen einfachen geraden Hebel anbringt, dessen leichter Arm
das Pendels arretirt, wenn eine Kugel, welche ihn niederdrückt, durch das
Erdbeben abgeworfen wird. Dadurch würden die verschiedenen Gelenke und
namentlich die Feder des obigen Apparates vermieden, die großen Bewegungen
des Sperrwerkes in Wegfall gebracht, der Preis jedenfalls bedeutend ermäßigt
und der Apparat weniger störend gemacht werden.
Seebach's Vorschlag geht dahin, zur Zeitbestimmung eines
Erdbebens eine Uhr mit arretirtem Pendel anzuwenden, welch letzteres im Momente des
Stoßes frei wird. Man hat alsdann nur die Zeit, während welcher sich die Uhr bewegt hat,
von der absoluten Zeit, bei welcher man die Vergleichung anstellt, abzuziehen, um
die Zeit des erfolgten Stoßes zu erhalten. Seebach
fordert eine genaue Uhr mit Secundenzeiger, und deshalb dürfte sein Vorschlag kaum
zur allgemeineren Ausführung gelangen.
Ich halte aber eine einfache Schwarzwälder Weckuhr, die höchstens 6 Mark kostet, für
diese Zwecke vollständig ausreichend. Es hat diese Uhr zugleich eine
Alarmvorrichtung und kann in jedem Telegraphenbureau oder dgl. unmittelbar neben der
Stationsuhr angebracht werden. Damit sie nicht verstaubt, schließt man die Uhr in
einen Kasten ein, dessen Boden ein mit Papier verklebtes Loch erhält, damit das
Gewicht hindurch kann. Auf diese Weise läßt sich ein Seismochronograph herstellen,
welcher höchstens 10 bis 12 Mark kostet und allen Anforderungen entspricht. Die Uhr
gestattet ein Ablesen auf Zehntelminuten, und es dürfte kaum möglich sein, die Zeit
des Erdbebens genauer als auf 1/2 Minute zu bestimmen. Will man etwas mehr Kosten
nicht scheuen, so wähle man ein Schwarzwälderwerk mit verkupferten
Eisenbestandtheilen und schwerem Pendel.
Bei Telegraphenämtern, Sternwarten etc., überhaupt an Orten, wo galvanische Batterien
schon in Gebrauch sind, würde man elektrische Läutwerke mit der Uhr in Verbindung
bringen, um das Ablesen möglichst schnell nach dem Stoße vornehmen zu können. In
diesem Falle bringt man den Apparat in einem ruhigen, trockenen und gleichmäßig
warmen Locale unter und legt die Alarmklingel an einen Ort, in welchem stets Jemand
anwesend ist.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich die Generaldirection der Telegraphen zur
allgemeinen Einführung von brauchbaren und billigen Apparaten bald entschließt, wenn
solche von einem Mechaniker ausgeführt werden; und deshalb habe ich es für
gerechtfertigt gehalten, vorstehende Bemerkungen zusammenzufassen. Vielleicht
gewähren die Seismochronographen auch in weiteren Kreisen einiges Interesse.
Chemnitz, im December 1874.
Dr. Paul Schreiber.