Titel: | De Lalande's Synthese des Purpurins. |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 161 |
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De Lalande's Synthese des Purpurins.
Nach dem Bulletin de Mulhouse, November 1874 S.
534.
De Lalande's Synthese des Purpurins.
Robiquet und Colin, die
Entdecker des Alizarins (1826), fanden in dem Krapp gleichzeitig das Purpurin als
einen in wässeriger Alaunsolution löslichen Farbstoff. Debus hat durch eine Reihe von Analysen (1848) nachgewiesen, daß die
Zusammensetzung des Purpurins von der des Alizarins sich nur durch ein Mehr von
einem Atom Sauerstoff unterscheide – eine Ansicht, welche Schützenberger 1864 durch seine Analysen, gegenüber von
anderen über diese Frage aufgestellten Hypothesen, von Neuem bestätigte, wesentlich
gefördert durch Kopp's unterdessen im Großen ausgeführte
Methode der Trennung dieser beiden Krappfarbstoffe (1860). Entsprechend der
damaligen allgemein giltigen Ansicht, das Purpurin sei gegenüber dem Alizarin der
werthlosere Farbstoff, weil seine Verbindungen mit den Mordants die Operationen des
Avivirens auf den Geweben nicht auszuhalten im Stande seien, gingen Schützenberger's Bestrebungen dahin, das Purpurin zu
Alizarin zu reduciren, und er erhielt (rergl. 1874 214
488) das nichtfärbende Purpuroxanthin, aus welchem späterhin (1872) Rosenstiehl wieder das Purpurin mit seinem ungeschwächten
Färbevermögen regenerirte (1874 214 488). Nachdem mit der
Zeit das allgemeine Urtheil sich entschieden zu Gunsten des Purpurins umgebildet
hatte, ging man jetzt vielmehr von verschiedenen Seiten darauf aus, das Alizarin in
Purpurin überzuführen, aber mit wenig Erfolg. De Lalande
ist es nunmehr gelungen, dieses für die weitere Entwickelung der Alizarinindustrie
so wichtige Problem zu lösen.
De Lalande erhielt durch längere Zeit andauernde
Einwirkung des salpetersauren Methyls auf Alizarin bei 100° eine Substanz,
welche Thonerdemordant gelb färbte. Bei Behandlung dieser Substanz mit Alkalien,
langsamer durch kochendes Wasser, entstand aus ihr ein neues Product, welches
namentlich dadurch an das Purpurin erinnerte, daß es Thonerdemordant roth färbte. Vor
längerer Zeit hatte Strecker aus Alizarin mittels
Salpetersäure eine ganz ähnliche Substanz erhalten, die beim Kochen mit Wasser
ebenfalls ein dem Purpurin ähnliches Product lieferte, das Nitroalizarin oder
Nitropurpurin. Die Uebereinstimmung der beiderseitigen Resultate führte De Lalande zu der Ansicht, daß sein salpetersaures Methyl
wie reine Salpetersäure gewirkt habe, und durch directes Nitriren des Purpurins
gelangte er weiter zur Ueberzeugung, daß das erhaltene Product in beiden Fällen
Nitropurpurin gewesen sei. Er nahm hiernach an, daß bei der Nitrirung des Alizarins
zwei Phasen zu unterscheiden feien, deren erste aus der Oxydation des Alizarins zu
Purpurin, deren zweite aus der Nitrirung des in der ersten Phase gebildeten
Purpurins bestände, und er suchte nun nach geeigneteren Substanzen, um das Alizarin
zu oxydiren, ohne gleichzeitig an die Bildung der Nitroverbindung des
Oxydationsproductes gebunden zu sein. Nach einer Reihe von Versuchen erwiesen sich
die Arsensäure, die Antimonsäure und das Manganhyperoxyd als die einzigen
brauchbaren Oxydationsmittel, um in das Alizarin ein Atom Sauerstoff ein- und
damit das Alizarin C₁₄H₈O₄ in Purpurin
C₁₄H₈O₅ überzuführen. Folgendes ist nun das Verfahren
De Lalande's. 8 bis 10 Th. concentrirte
Schwefelsäure, 1 Th. trockenes künstliches Alizarin und 1 Th. Arsensäure oder
Manganhyperoxyd werden gut vermischt und zerrieben und bei 150 bis 160°
erhitzt, bis ein Tropfen des Gemenges in schwach alkalisches Wasser geworfen
demselben die für das Purpurin charakteristische rothe Färbung ertheilt. Nun wird
die ganze Masse in eine große Portion Wasser geworfen, der entstehende Niederschlag
mit Wasser gut ausgewaschen, dann in einer genügenden Menge kochender, jedoch kalt
gesättigter Alaunlösung aufgelöst. Man läßt absitzen und versetzt die klare Lösung
mit einer Säure, wobei sich das Purpurin in reichlichen Flocken ausscheidet und
schließlich durch eine wiederholte Behandlung mit Alaunlösung und durch
Krystallisiren aus Wasser, welches über 100° erhitzt ist, gereinigt
wird.Rosenstiehl hat De
Lalande's Versuche wiederholt. (Vergl. Bulletin de Mulhouse, November 1874 S. 546.) Er operirt ebenfalls
mit künstlichem Alizarin, nicht mit dem nach Kopp's Methode dargestellten, weil letzteres immer noch Spuren von
Purpurin enthält, und nimmt auf 50 Grm. von ersterem 400 Grm. concentrirte
Schwefelsäure, erhitzt beide zusammen auf 150° und fügt dann langsam
50 Grm. gepulverten Braunstein hinzu. Die Operation dauert 4 Stunden. Um das
Purpurin aus seiner Lösung in Alaun zu fällen, verwendet er eine verdünnte
Schwefelsäure, die auf 1 Liter 80 Grm. concentrirte Schwefelsäure
enthält.
Die procentische Zusammensetzung des gereinigten Productes ergibt sich aus dem Mittel
von zwei Elementaranalysen zu 65,40 Proc. Kohlenstoff, 3,44 Proc. Wasserstoff und 31,16
Proc. Sauerstoff gegenüber von 65,62 Proc. Kohlenstoff, 3,13 Proc. Wasserstoff und
31,25 Proc. Sauerstoff, welche sich für die Formel
C₁₄H₈O₅ des Purpurins berechnen.
Nimmt man hierzu die rothe Färbung der alkalischen Lösung (im Gegensatz zur
dunkelvioletten des Alizarins unter gleichen Verhältnissen), ferner die Löslichkeit
in Alaun, die nelkenrothe Farbe dieser Lösung in Verbindung mit der so
charakteristischen Fluorescenzerscheinung, das Verhalten des Farbstoffes beim Färben
mordancirter Gewebe und die Echtheit der damit erzielten Farben, so kann kein
Zweifel sein, daß derselbe mit dem natürlichen Purpurin identisch ist. Rosenstiehl hat überdies aus diesem künstlichen Purpurin,
gerade wie aus dem natürlichen Purpurin des Krapps, durch Reduction mittels Phosphor
in alkalischer Lösung, das Purpuroxanthin dargestellt und dann aus diesem wieder
durch Behandeln mit Alkalien das Purpurin, von dem er ausgegangen, erhalten (vergl.
1874 214 488).
Neben dem Purpurin bildet sich, namentlich wenn man die Arsensäure als
Oxydationsmittel benützt, noch ein anderes Product, welches in Wasser mit
gelbbrauner, in Alkalien mit rother Farbe löslich ist, Thonerdemordant schmutzig
gelb färbt und dessen Bildung die Ausbeute von Purpurin bedeutend beeinträchtigt.
Doch nachdem einmal das Problem im Princip gelöst ist, steht zu hoffen, daß die
Fortsetzung der Untersuchungen auch diese Schwierigkeit noch bewältigen, sowie auch
ein weiteres Licht über die wirkliche Constitution des Purpurins verbreiten wird.
Gräbe und Liebermann haben
die Hypothese aufgestellt, das Purpurin sei Trioxyanthrachinon und stehe zum
Bioxyanthrachinon (d.h. zum Alizarin) in demselben Verhältnis wie dieses zum
Monooxyanthrachinon, so daß im Purpurin wieder ein weiteres Atom H durch die
Hydroxylgruppe HO vertreten wäre. De Lalande hat sich von
dieser ziemlich allgemein adoptirten Ansicht factisch schon entfernt, dadurch daß er
die Oxydation des Alizarins auf dem gewöhnlichen directen Wege anstrebte und
glücklich durchführte. Er wird die Untersuchungen weiter führen und hofft im Verlauf
derselben durch positive Thatsachen in den Stand gesetzt zu werden, den Charakter
des in das Alizarin eingeführten Sauerstoffes genau feststellen und danach die
richtige systematische Classificirung des Purpurins vornehmen zu können.
Kl.