Titel: | Motoren und Pumpen; patentirt von J. Haag in Augsburg. |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 193 |
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Motoren und Pumpen; patentirt von J. Haag in Augsburg.
Mit Holzschnitt und Abbildungen auf Taf. B und Taf. V
[a/1].
Haag's patentirte Motoren und Pumpen.
Schon auf der Wiener Weltausstellung hat die von der Maschinen- und
Röhrenfabrik Johannes Haag ausgestellte Collection ihrer
Motoren und Pumpen manches Interesse erregt, welches in der Zwischenzeit von einer
immer wachsenden Anerkennung und Verbreitung der netten und praktischen Maschinchen
bestätigt wurde. Wir sind jetzt in der Lage, unseren Lesern eine ziemlich complete
Zusammenstellung der nach Haag's neuem Patent in der
Maschinenfabrik des Patentinhabers ausgeführten Maschinen vorzulegen und haben
derselben bei der Einfachheit des Systemes und der leichten Verständlichkeit der
Zeichnungen nur wenige erläuternde Worte beizufügen.
Fig. I und II auf Taf. B stellen den Haag'schen
Wassermotor in seiner einfachsten Gestalt dar, wie er bei vorhandenem Kraftwasser
zur Abgabe von Arbeitsleistung an seiner Schwungradscheibe h bereit ist, oder in umgekehrter Weise als Saug- und Druckpumpe
verwendet werden kann, welche mittels der Scheibe h
ihren Antrieb erhält. Bei dem Motor tritt das Kraftwasser durch eine Oeffnung a im Bette der Maschine ein und strömt von hier in die
centralen Kammern c der beiden Zapfenlager des
oscillirenden Cylinders f. Bei der nun folgenden
Rechtsdrehung der Kurbelwelle g senkt sich der hintere
Theil des Cylinders, die beiden linksliegenden Schlitze c (Fig.
II) seiner Schwingungszapfen kommen über den centralen Zuflußcanal zu
stehen und de Kolben e bewegt sich in gewünschter Weise
nach rechts, während die rechtsliegenden Schlitze c der
Schwingungszapfen über die Austrittscanäle d zu stehen
kommen und dem vor dem Kolben befindlichen Wasser den Austritt durch die Oeffnung
b gestatten. In analoger Weise findet bei der
Verwendung als Pumpe durch den Mittelcanal c das
Fortdrücken und durch die äußeren Canäle d abwechselnd
das Ansaugen des Wassers statt. Durch Verwechselung der Aus- und
Eintrittsöffnungen kann die Bewegungsumkehrung ermöglicht werden. Durch die doppelte
Anbringung der Canäle
auf jeder Seite des Cylinders in vollkommener Symmetrie ist die schädliche Wirkung
eines einseitigen Druckes vermieden und die Möglichkeit zur Herstellung vollkommen
ausreichender Canalquerschnitte gegeben. Der Druck nach aufwärts, welcher den
Schlitzen c entgegengesetzt in den Schwingungszapfen
stattfindet, gestattet die vollkommene Entlastung der Gleitflächen, welche mittels
einer Klemmschraube (Fig. I) soweit nur aneinandergepreßt werden, als es der dichte Schluß
erfordert. Die Pumpen und Wassermotoren geben einen constatirten Nutzeffect von etwa
90 Proc. und sind also in dieser Beziehung vollkommen ebenbürtig den schon früher in
diesem Journal (1872 203 81. 332. 1874 211 329. 212 5. 1875 215 15) beschriebenen Wassermotoren von Schmid in Zürich, während J. Haag für seine Maschinen, speciell den Schmid'schen gegenüber, noch folgende Vorzüge beanspruchen kann.
1) Sind kleinere Reibungsflächen vorhanden, was besonders bei Maschinen größeren
Kalibers von Bedeutung ist.
2) Können die Reibungsflächen stets gut geschmiert werden, da die Zapfen mit
Selbstölern versehen werden können.
3) Lassen sich die Unterlagen der reibenden Flächen bei größeren Maschinen
auswechseln und leicht durch neue ersetzen.
4) Die Cylinder gestatten ebensowohl die verticale als die horizontale Aufstellung,
mit beliebiger Anordnung der Kurbelwelle unter oder oberhalb des Cylinders.
5) In Folge dessen ist die Anwendung des Haag'schen
Patentes auf die verschiedensten Maschinensysteme möglich, so daß Bestellungen auf
Maschinen größten Kalibers angenommen werden können.
Die verschiedenartige Disposition dieser Maschinen, je nach dem vorliegenden Zwecke,
ist in den Holzschnitten Fig. III bis VIII, Taf. B, sowie aus den Zeichnungen Fig. 1 bis 5 auf Taf. V klar
ersichtlich.
Zunächst stellen die Holzschnitte III bis V den Haag'schen Wassermotor (bezieh. Transmissionspumpe) in
verticaler Aufstellung dar, welche nach der zu Fig. I und II bereits gegebenen
Erklärungen unmittelbar verständlich sein wird.
Die Figuren VI
bis VIII
zeigen die Anwendung des Systemes auf Dampfmaschinell.
Die Dampfvertheilung durch die Canäle der oscillirenden Zapfen
findet zunächst wieder ganz identisch wie bei den Wassermotoren statt; hier aber
machte sich der für Wassermotoren günstige Umstand, daß mit dieser Steuerung nur
volle Füllung gegeben werden kann, zum Nachtheile des ökonomischen Effectes geltend,
so daß Haag auf die Ermöglichung der Expansion mittels
eines eigenen Mechanismus
Taf. B. Wassermotor, Pumpe und Dampfmaschine; Haag's Patent. S.
194–195
bedacht war. Zu diesem Zwecke sind in der Eintrittskammer des
Dampfes (vergl. Fig.
VIII) zwei oscillirende Rundschieber s, s
angebracht, welche die zu den Zapfen führenden Dampfcanäle a', a' beliebig öffnen und schließen und somit je nach ihrer Bewegung
jeden gewünschten Grad der Expansion geben können, wobei freilich der Dampf nicht
nur im Cylinder, sondern auch in den Dampfcanälen, in dem Raume der beiden
Zapfenhälften und endlich noch in den Canälen a', a'
mitexpandiren muß. Die Regulirung der Expansion geschieht durch Veränderung des
Drehungspunktes der Rundschieber und kann von Hand erfolgen, indem der Zapfen o, an welchen die Zugstange p zur Schieberstange t angelenkt ist, in der
an der Schwungradwelle n befestigten Coulisse m mittels einer Schraube z
verstellt wird, wobei gleichzeitig Veränderung des Hubes und des Voreilwinkels
stattfindet. Um jedoch auch die automatische Variirung mittels des Regulators zu
gestatten, greift die Zugstange p nicht direct an der
Stange t an, sondern ist in zwei Hälften getheilt,
welche durch einen zweiten Rahmen q mit einander
verbunden sind. Je nachdem nun die Zugstange u des
Regulators diese Coulisse q über den festen Zapfen v herauf oder herab schiebt, ein desto kleinerer oder
größerer Theil der Bewegung der Stange p wird auf m und durch die Stange t auf
die Schieber s, s übertragen, desto kleiner resp. größer
wird somit die Füllung sein.
Wie hieraus erhellt, läßt sich somit der Haag'sche Motor
auch vortheilhaft als Dampfmaschine verwenden; von den mannigfaltigen Combinationen,
die sich außerdem noch damit erzielen lassen, sollen die folgenden Skizzen einige
Beispiele geben.
Textabbildung Bd. 215, S. 195
In vorstehender Abbildung ist die Verbindung zweier oscillirender Cylinder, von denen
der eine A für Dampf, der andere B für Wasser bestimmt ist, zu einer directwirkenden Dampfpumpe ersichtlich – eine
Disposition, welche viele Vorzüge vor den meisten der jetzt verbreiteten Dampfpumpen
besitzt und mancher derselben den Rang ablaufen wird. Schon allein die Vermeidung
aller selbstthätig wirkenden Ventile bietet nicht zu unterschätzende Vortheile und
wird dem Benutzer manche Unannehmlichkeiten anderer Pumpwerke ersparen.
Fig. 1, 2 und 3 auf Taf. V
[b/1.2] stellen Vorder-, Seitenansicht und
Grundriß einer 4pferdigen Locomobile mit stehendem Kessel nach Haag's Patent dar; der Regulator wirkt hier direct auf die Drosselklappe,
Expansionswirkung findet nicht statt.
Die Figuren 4
und 5 (Taf. V
[a/1.2]) endlich zeigen die Anwendung des Haag'schen Patentes auf eine Expansionsmaschine mit
Condensation nach Woolf'schem Systeme, wobei somit
ermöglicht wird, auch ohne Einführung eines eigenen Expansionsschiebers, den
ökonomischen Effect der Maschine zu erhöhen, gleichzeitig mit Verwerthung der
übrigen Vortheile des Woolf'schen Systemes. Die
Zeichnungen stellen die Construction so vollständig dar, daß nur noch zuzufügen ist,
daß A den Hochdruck-, B den Niederdruck-Dampfcylinder, C die
Luftpumpe und D die Speisepumpe bezeichnet.
Damit ist somit auch die Anwendbarkeit des Haag'schen
Patentes auf größere Maschinen, bei denen neben der Einfachheit der ökonomische
Effect ebenfalls in Betracht kommt, nachgewiesen.
R.