Titel: | Die Benützung der Elektricität als Vertheidigungsmittel im See- und im Landkriege; von Nathaniel J. Holmes. |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 260 |
Download: | XML |
Die Benützung der Elektricität als
Vertheidigungsmittel im See- und im Landkriege; von Nathaniel J. Holmes.
Nach dem Journal of the Society of Telegraph Engineers,
1875 vol. III S. 32 und 54.
Holmes, über die Benützung der Elektricität als
Vertheidigungsmittel im See- und im Landkriege.
Die Wichtigkeit eines gut angelegten Systemes von Torpedo-Minen als
Vertheidigungsmittel gegen die Annäherung eines Feindes zur See oder zu Lande ist
jetzt ziemlich allgemein anerkannt. Sind solche Minen gut hergestellt und versenkt
und der Hand eines geschickten Mannes anvertraut, so sind gezogene Kanonen und
Panzerschiffe gegen sie machtlos. Dies beweist schon der im J. 1865 erschienene
Bericht des Flottensecretärs der Vereinigten Staaten über den amerikanischen Krieg,
wo doch das Torpedo-System noch in der Kindheit lag und von den Conföderirten
mit allem möglichen Mißgeschick gehandhabt wurde; denn beim Angriff auf Mobile und
auf Wilmington verlor die nordamerikanische Flotte nur durch elektrische Torpedos
Schiffe, obgleich die angegriffenen Forts fast 600 Kanonen führten und darunter
viele gezogene und vom schwersten Kaliber. Auf die Vervollkommnung dieses
verhältnißmäßig neuen Kriegssystemes kann nicht zu viel Sorgfalt verwendet werden,
da es billig in seiner Herstellung, von bedeutender Kraft, zuverlässig in seinem
Arbeiten, verwüstend in seinen Wirkungen ist und der
Vertheidigung Sicherheit
gewährt. Wissenschaftlich-mechanische Hilfsmittel für Angriff oder
Vertheidigung ersetzen in der Hand geschickter Leute eine numerische Ueberlegenheit
über den Feind besser, als der oft verschwenderische Aufwand für die Ausrüstung
schwerfälliger Kanonen gepanzerter Schiffe, in welcher immer ein Staat den anderen
zu übertreffen sucht. Die elektrischen Torpedos dagegen, so einfach in Anlage und
Wirkung, überwältigen den mächtigsten Monitor oder Panzerschiff, ohne daß in ihnen
selbst eine Herausforderung läge. Mit einem Aufwande einiger Tausend Mark und einem
halben Dutzend Bedienungsmannschaft wird der Angriff des größten Schiffes mit seinen
schweren Geschützen und seiner tapfern Besatzung gelähmt, dessen Ausrüstung viele
Hunderttausend Mark kostete. Als Beleg dafür wird aus dem amerikanischen
Bürgerkriege die Vertheidigung des Wasserzuganges zu Richmond gegen die Bundesflotte
unter Commodore Lee mittels einer einzigen (an dieser
Stelle) im Stromstriche des James-River versenkten Torpedo-Mine
angeführt.
Bei ihrer zerstörenden Wirkung dürften die elektrischen Torpedos auch zur schnelleren
Beendigung oder selbst Vermeidung von Kriegen beitragen. Denn welcher Admiral oder
General möchte seine Flotte zu Wasser oder seine Armee zu Lande in ein mit Torpedos
besetztes Gebiet führen?
Sollen elektrische Torpedos als Vertheidigungsmittel benützt werden, so müssen sie
zuverlässig in ihrer Verwendung und ungefährlich für die Bedienungsmannschaft sein.
Ihre Anlage muß daher systematisch behandelt werden und einen Zweig des
militärischen und See-Unterrichtes bilden. Die Entzündung der Torpedos muß
natürlich aus einer Entfernung erfolgen, welche außerhalb der Schußweite der
Geschütze liegt; ferner müssen die Minen auch in Gruppen gleichzeitig entzündet
werden können. Die wesentlichen Bedingungen für ein
Vertheidigungs-Torpedo-System lauten also:
1) Die Torpedos dürfen sich nicht von selbst, auch nicht zufällig durch Stoß oder bei
Unvorsichtigkeit entzünden.
2) Man muß jederzeit und ohne Gefahr einer Entzündung die unterseeische oder
Land-Leitung zu ihnen prüfen, auch ohne Gefahr durch die Ladung hindurch
telegraphische Meldungen und Weisungen befördern können.
3) Von einem außerhalb der Schußweite liegenden Orte aus muß man die Torpedos einzeln
oder gruppenweise mittels eines einzigen Leitungsdrahtes abfeuern können und zwar
nur, wenn das zu zerstörende Schiff in ihrem Bereiche ist.
4) Man muß die Torpedos selbst dann noch abzufeuern vermögen, wenn der Feind einen
der Leitungsdrähte unterbricht; dagegen muß ihre Entzündung durch den Feind
unmöglich gemacht sein.
Jeder Torpedo besteht aus 3 Theilen: dem Zünder, der Ladung und dem Gehäuse nebst den
nöthigen inneren und äußeren Zugaben für die Herstellung der elektrischen Leitung.
Die zerstörende Gewalt des Torpedo hängt nothwendig von der Größe der Pulverladung
ab, von der Angriffsweise, von der beabsichtigten Wirkung und von der
Aufmerksamkeit, welche man auf die elektrischen Leitungen verwendet, auf die Legung,
Prüfung, Entzündung. Bei der nöthigen Vorsicht wird jede Gefahr unbeabsichtigter
Entzündung beseitigt und Unfälle verhütet.
Die Prüfung des jeweiligen Zustandes der elektrischen Leitungen und das Telegraphiren
durch die Minen, zur Erhaltung des Verkehrs zwischen der Centralstation und den
Außenposten, jedoch ohne Gefahr einer Entzündung der Torpedos, bildet einen
wesentlichen Moment bei dem 1863 während des amerikanischen Bürgerkrieges
ausgebildeten System von Holmes und Maury, das mehr als jedes andere jenes Vertrauen zu den unterseeischen und
unterirdischen Torpedos eingeflößt hat, welches der Werth der Erfindung verlangt.
Die Wichtigkeit dieses Erfolges kann, bei Berücksichtigung des Werthes
telegraphischer Verbindungen im activen Dienste, nicht überschätzt werden. Die
Fruchtlosigkeit des französischen Landungsversuches in der Ostsee im letzten
deutschfranzösischen Kriege belegt dies zur Genüge.
Der Werth der Torpedos als Vertheidigungsmittel hängt gänzlich von der Sicherheit und
Pünktlichkeit ihrer Entzündung ab; Verspätung in der Entzündung kann verhängnißvoll
werden. Segelt nämlich ein Dampfer mit 9 Knoten in der Stunde, so hat er eine
Geschwindigkeit von 18 Fuß (5,5 M.) in der Secunde; wenn er also 300 Fuß (91,4 M.)
lang ist, so bleibt er nur 16 Secunden lang im Wirkungsbereiche des Torpedo.
Sehr sorgfältig müssen daher die Bedingungen untersucht werden, unter denen die
Torpedo-Vertheidigung anzulegen ist. Bei See-Torpedos ist zuerst die
Beschaffenheit des Grundes zu untersuchen, ob er aus Felsen, Sand oder Schlamm
besteht; ferner die Wassertiefe, Wasserströmungen, Steigen und Fallen durch Fluth
und Ebbe; bei felsigem Grunde sind besondere Vorkehrungen zum Festhalten der
Torpedos an ihrem Orte zu treffen, da jede durch Strömungen bewirkte Fortbewegung
derselben über den Boden ihrer schließlichen wirksamen Entladung entschieden
nachtheilig ist; bei sandigem Boden muß dessen Stabilität untersucht werden, und
wenn man es mit treibendem Sande zu thun hat, so muß man die Festigkeit der Leiter
groß genug nehmen, damit diese nicht durch unbeabsichtigte Pressungen abgebrochen
werden, wenn sie entweder vom Sand bedeckt oder durch die Strömungen unterwaschen
werden; in nachgiebigem Grund, wie es Schlamm ist, endlich kann der Torpedo
versinken und die berechnete Wirkung der Explosion durch die größere Wassersäule
zwischen dem Torpedo und dem Schiffe wesentlich vermindert werden. Bei
Torpedo-Anlagen auf dem Lande ist die wahrscheinliche Natur des feindlichen
Angriffes und Vorrückens in Betracht zu ziehen und die nach und nach zu behauptenden
Positionen.
Die vorstehend erwähnten Umstände sind um so mehr zu berücksichtigen, da die Minen
Monate lang vor ihrem Gebrauch versenkt werden; die Mine im James-River z.B.
lag 13 Monate im Flußbette.
Die Richtung und Stärke der Oberflächenströmungen und der Fluthbewegungen müssen
ebenfalls sorgfältig beachtet werden, da der Schiffsgeschwindigkeit beim Abfeuern
Rechnung zu tragen ist, um so mehr, als zu einem „wirksamen
Schuß“ blos Secunden zur Verfügung stehen. Wie beim Schießen mit
Kanonen die Wirkung des Windes auf das Geschoß im Vergleich mit der Stärke der
Ladung in Rechnung zu nehmen ist, so sind beim Abfeuern der Torpedos die
Geschwindigkeit des Stromes und die Tiefe des (ein „Kissen“
bildenden) Wassers von Wichtigkeit. Die Tiefe, in welche Torpedos unter die
Oberfläche versenkt werden, ist maßgebend für die Stärke der Ladung und der Gewalt
des Platzens des Gehäuses. Da das Wasser für alle praktischen Zwecke als nach allen
Richtungen hin unzusammendrückbar gilt, so wird die Wirkung der Torpedo-Mine
sich stets in der Richtung des kleinsten Widerstandes äußern wollen, oder in anderen
Worten in verticaler Richtung; daraus folgt aber nicht, daß dies wirklich immer
geschieht, wenn die Stärke der Ladung und die Trägheit des Widerstandes unpassend
gewählt wird. Admiral Chavannes fand bei seinen Versuchen
mit versenkten elektrischen Minen am Hafendamm bei Toulon, daß die Wirkung sich
entlang dem Bette des Oceans fortpflanzte, und daß, indem so die Gewalt der
Explosion auf die Strandpiloten übertragen wurde, der Theil des Hafendammes, von
welchem die Wirkung ausging, durch seine eigene Mine abgebrochen oder vielmehr
emporgeworfen wurde, während das „Zerstörungsfeld“ über der
Mine ganz ruhig blieb und einen auf ihm etwa befindlichen Feind nicht würde haben
vernichten können. In diesem Falle stand also die Stärke der Ladung nicht im
richtigen Verhältniß zu der Tiefe des Wassers oder dem zu überwältigenden
Widerstande rücksichtlich des Leitungs- oder Erzitterungs-Vermögens
des Meeresgrundes, auf dem die Mine lag; – deren Entfernung von den Piloten
des Hafendammes war
nicht gebührend berücksichtigt. In der That, da die Wassertiefe für die Ladung zu
groß und der Widerstand des zwischen der Mine und dem Hafendamme liegenden Grundes
geringer war, so nahm die Wirkung der Mine den Weg des kleinsten Widerstandes und
machte sich durch Erschütterung des Grundes Luft.
Aus den vorhergehenden Bemerkungen läßt sich erkennen, welche wichtige Rolle die
Elektricität bei richtiger Anwendung in den kriegerischen Unternehmungen zur See und
zu Lande in Zukunft zu spielen berufen ist. Wäre der Werth dieses
Vertheidigungsmittels richtig erkannt, so würde nicht so viel Geld für die
Einführung von vollkommeneren mechanischen Hilfsmitteln aufgewendet werden, welche
in den meisten Fällen ganz unbrauchbar für den Dienst bei schwerer See und Fluth
sind. Die allzuhäufige unzweckmäßige Ablenkung des Erfindungsgeistes ist um so mehr
zu beklagen, weil dadurch die allmälige Entwickelung des elektrischen
Vertheidigungssystemes verlangsamt wird. Von wie nachtheiligen Folgen es sein kann,
wenn man sich im Kriege auf mechanische Hilfsmittel verläßt, zeigt das Unterbleiben
des von General Grant im amerikanischen Kriege geplanten
Angriffes auf Richmond, welches nur dadurch veranlaßt wurde, daß eine Mine, welche
vor Beginn des Angriffes mechanisch entzündet werden sollte, zur festgesetzten
Stunde nicht sprang, sondern erst mehrere Stunden später. Die im letzten
deutsch-französischen Kriege in der Elbemündung gelegten mechanischen und
deshalb in ihrer Wirkung dem Zufall unterworfenen Torpedos schützten ferner zwar
gegen einen feindlichen Angriff, machten aber auch das Einlaufen von Handelsschiffen
unmöglich und verursachten den Tod mehrerer mit dem Legen, der Beaufsichtigung und
der schließlichen Beseitigung derselben beauftragten Ingenieure, welche dabei in
beständiger Gefahr schwebten.
Die weit vortheilhaftere Anwendung der Elektricität als Vertheidigungsmittel datirt
vom J. 1864, aus dem amerikanischen Bürgerkriege; sie ward zugleich der Flotte der
Vereinigten Staaten so verderblich, daß die amerikanische Regierung die Elektricität
als eines der wirksamsten Vertheidigungsmittel anerkannte. Bei der Legung
elektrischer Minen muß aber vor allem vollkommenes Stillschweigen über die Lage
derselben und das Gebiet, auf welches sie vertheilt sind, beobachtet werden. Beim
Auffliegen des zur Flotte Lee's gehörigen
„Commodore Jones“ im James-River wirkte namentlich
die Unbekanntschaft mit der Ausdehnung der Minenanlage entmuthigend auf die Flotte
des Commodore Lee. Die Anlage selbst wird natürlich auf
verschiedene Weise ausgeführt werden können, und es ist dabei den jedesmaligen
örtlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Um jedoch den rechten Moment der
Entzündung zu wissen,
müssen zwei BeobachtungspostenFür solche Beobachtungen gerade empfiehlt sich sehr die Verwendung des
magneto-elektrischen Distanzmessers oder Ortsbestimmers, welchen Siemens und Halske im
J. 1873 in Wien ausgestellt hatten. Vergl. Zeitschrift für Mathematik und
Physik, 1873 S. 433.D. Ref. eingerichtet und durch eine Telegraphenlinie miteinander verbunden werden.
Und zu einem guten Vertheidigungssysteme sind natürlich im voraus schon bleibende
Torpedo-Forts und bestimmte Beobachtungspunkte an der Küste unerläßlich.
Abweichend von den Geschützen, welche nach jedem Schuß wieder geladen werden können,
ist jede wirkungslos springende Mine als ein siegreicher Erfolg des Feindes
anzusehen, denn mit ihr ist eine Stellung verloren und für den Feind ein sicherer
Standpunkt für den weiteren Angriff gewonnen. Daher muß alle mögliche Fürsorge zur
Erreichung der größten Genauigkeit in der Bestimmung der gegenseitigen Lage des
Schiffes und des Torpedo getroffen werden. Hierbei ist es so einzurichten, daß der
elektrische Stromkreis zur Entzündung nicht früher geschlossen werden kann, als bis
die das Schiff verfolgenden Fernrohre beider Beobachtungsstationen unter demselben
Winkel gegen die Beobachtungsbasis stehen, unter welchem der betreffende Torpedo
liegt.
Jedes elektrische Vertheidigungssystem soll zugleich so angelegt sein, daß der Feind,
wenn er einer springenden Mine glücklich entwischt, beim Weitervorrücken sofort in
den Bereich einer neuen Torpedoreihe kommt. Ohne auf die Entzündung der Minen und
die dabei benützten, sehr mannigfaltigen Apparate weiter einzugehen, mag nur darauf
hingewiesen werden, daß für Minen, welche lange liegen sollen, chemische Zünder
nicht verwendet werden sollten, da sie sich mit der Zeit, bei Temperaturwechseln
durch die Elektricität wesentlich verändern; die Entzündung durch glühenden feinen
Platindraht ist weit vorzüglicher. Die zur Vertheidigung von Richmond bestimmten,
nach dem Fall von Wilmington und Mobile nicht dahin gekommenen chemischen Zünder,
kamen, nachdem sie ein Jahr in Havannah gelegen hatten, nach England zurück und
zeigten sich da gänzlich werthlos für ihre ursprüngliche Bestimmung; nicht einer von
100 entzündete sich augenblicklich. Gleiches stellten die erschöpfenden Versuche
heraus, welche der Vortragende 1863 mit dem verstorbenen Lieutenant M. F. Maury in Bowden bei Manchester über den Einfluß der
dauernden Wirkung schwacher elektrischer Ströme auf die Empfindlichkeit chemischer
Zünder anstellten.
Elektrische Torpedo-Minen zu Lande sind weit schwieriger anzulegen als jene zu
Wasser. Im Wasser lassen sich Drähte und Minen leicht versenken und nach der
Versenkung verräth keine Spur davon dem Feinde ihre Lage; auf dem Lande will der Druck beweglicher und
elastischer Massen in Rechnung gebracht sein. Im Wasser lassen sich bei Nacht selbst
in unmittelbarster Nähe des Feindes Drähte versenken, auf dem Lande dagegen nicht
Gräben mit Erfolg ziehen; denn der Feind würde die Spuren davon finden und sich
durch Zerschneiden der Drähte schützen. Im Krimkriege 1854 scheinen die Russen
elektrische Minen zur Vertheidigung des Malakoff-Thurmes angelegt zu haben,
da die Engländer beim Auswerfen der Angriffsgräben isolirte Drähte fanden und
zerschnitten, und es ist bekannt genug, daß Professor Jacobi um dieselbe Zeit auch mechanische Torpedos in der Ostsee anlegte,
zur Vertheidigung gegen die nahende englische Flotte. Die zu Richmond im
amerikanischen Bürgerkriege 1864 zur Vertheidigung der Zugänge dieser Stadt gelegten
Minen sprangen niemals. Als 1871 Paris in den Händen der Commune war, wurden in den
unterirdischen Gängen dieser Stadt elektrische Minen gelegt, aber zum Glück durch
die Regierungstruppen beseitigt, bevor sie Schaden angerichtet hatten. Weitere
Anwendungen liegen nicht vor.Ein weiterer Fall ist in Treve's Mittheilung über
Minenzünder (1875 215 182) erwähnt.D. Ref.
Im Seekriege läßt sich eine Minenvertheidigung in 24 Stunden herstellen, zu Lande
nicht; jede eingenommene Stellung und jeder blosgelegte Angriffspunkt will planmäßig
durch Artillerie oder Minen gedeckt sein. Eine wirksame Landvertheidigung müßte also
womöglich vor dem Anrücken des Feindes angelegt, die isolirten Leitungsdrähte nach
dem betreffenden Operationscentrum geführt und die Beobachtungsstationen
eingerichtet werden. Zugleich muß die ganze Anlage vor den feindlichen Spionen
geheim gehalten werden. Ursprünglich sollten 1870 die Hauptzugänge zu Paris durch
unterirdische elektrische Minen gedeckt werden; bei der Unfähigkeit der Leiter der
Vertheidigung unterblieb jedoch die Ausführung des vorbereiteten, sehr wirksamen
Systemes, welches alle Zugänge thatsächlich verschlossen haben würde, und der Feind
stand in Schußweite vor der Stadt, bevor man ernster an die Ausführung gedacht
hatte, während doch Zeit genug gewesen wäre, jeden Zugang zu Paris dem Feinde durch
Minen unheilschwanger zu machen, namentlich wenn dadurch eine dreifache
Vertheidigungslinie hergestellt worden wäre: die erste außer Kanonenschußweite von
den Forts gegen die Errichtung von Batterien auf den Höhen um Paris, die zweite
durch die Artillerie der verschiedenen Forts, und die dritte durch die Flatterminen
innerhalb der Fortificationslinien zur Deckung der Zugänge in die Stadt. Diese
Landminen, verborgen unter der Bodenoberfläche und in Form eines umgekehrten flachen
Kegels hergestellt, an dessen Spitze die Sprengladung angebracht wird, darauf
berechnet, die darüber liegende Masse, aus einigen Hundert Tonnen von Granitbrocken
und Pflastersteinen bestehend, emporzuschleudern, würde die tödlichsten Wirkungen
hervorgebracht haben.
Auch die elektrischen Minen zu Lande werden noch werthvoller, wenn sie ein bleibendes
System bilden, welches Forts und Schanzen ergänzt und die Behauptung einer
bestimmten befestigten Stellung ermöglicht; denn dann können die Drähte mit
Leichtigkeit bis außerhalb des Bereiches der Geschütze gelegt werden, ohne daß ihre
Entdeckung zu befürchten ist. Werden die Drähte mindestens 8 Fuß (2,4 M.) tief in
die Erde versenkt, so sind sie so gut wie Tiefseekabel gegen jede Beschädigung
geschützt. Auch die Kammern für die Ladung werden bleibend hergestellt; in
wasserdicht gemauerten Räumen erleidet die Ladung keine Einbuße an ihrer
Sprengkraft. Wenn die Ladung 13 Monate unter Wasser liegen kann, wie im
James-River, so kann sie unter der Erde eine unbeschränkte Zeit hindurch
liegen bleiben.
Bei den elektrischen Vertheidigungswerken sind mechanische
„Contactunterbrecher“ und
„Stromkreisschließer“ unzulässig. Bei der Vertheidigung zu
Wasser können allenfalls noch Umstände eintreten, welche die Anwendung solcher
Mittel gestatten, bei Torpedo-Anlagen zu Lande dagegen sind sie unbedingt
unzulässig. Gegen die Anlage „mechanischer Torpedos“ und
„Stromschließer“ spricht erstens deren Unzuverlässigkeit;
selbst die einfachsten leiden, wenn sie anfänglich auch im besten Zustande ausgelegt
wurden, durch Temperaturänderungen, Rost, Aetzung, Seewasserproducte, Reibung. Da
sie nun im Kriege sich selbst überlassen bleiben, denn ihre Untersuchung ist nicht
gefahrlos und könnte auch ihre Lage dem Feinde verrathen, so werden sie in 9 Fällen
von 10 versagen. Ferner entzünden sie sich nur, wenn der Feind sie wirklich berührt;
da nun der Durchmesser ihres Wirkungskreises bei zweckmäßiger Anlage 90 Fuß (27,5
M.) mißt, so kann ein Schiff mittels einer elektrischen Mine auch schwer getroffen
werden, selbst wenn es nicht unmittelbar über der Mine ist.
Interessant war die sinnreiche Art und Weise, wie das Springen der von den
Oesterreichern unter Ebner 1859 in Venedig gegen den
Angriff der Franzosen gelegten elektrischen Torpedos gesichert wurde. Mittels der
Camera obscura wurde die Lage der verschiedenen Minen auf einer Karte angegeben und
ihr Wirkungskreis durch einen Kreis auf der Karte angedeutet; sobald nun ein
feindliches Schiff nach Angabe der Karte in den Wirkungskreis einer Mine kam, sollte
diese durch elektrische Ströme entzündet werden. Der Waffenstillstand verhinderte
die Vollendung und
Erprobung des von dem Baron Ebner geplanten
Vertheidigungssystemes, und die wenigen bereits gelegten Minen wurden unbenutzt
wieder beseitigt. Die von den Russen 1854 in der Ostsee nach Jacobi's Angaben versenkten Torpedos bestanden aus mit Pulver geladenen
Hohlkegeln, deren Entzündung durch den Zusammenstoß mit einem feindlichen –
vielleicht auch freundlichen – Schiffe erfolgen sollte, indem ein zur
Entzündung vorhandener Stab in das Innere hineingetrieben wurde und dort eine
chemische Verbindung in unmittelbarer Nähe der Ladung entzündete. Hätten diese Minen
eine längere Zeit hindurch im Wasser gelegen, so würden Rost und Incrustationen sie
unwirksam gemacht haben. Die wenigen, welche explodirten, erwiesen das Ganze als
Spielerei.
In wie weit mechanische, sich selbst bewegende Torpedos für die gegenwärtige
Kriegführung einen Werth besitzen, ist noch nicht ausgemacht, kann aber ernstlicher
in Betracht gezogen werden, weil das einfache elektrische Vertheidigungssystem zu
Land und zu Wasser zur Zeit mehr oder weniger vernachlässigt ist. Und doch ist die
Anwendung der Elektricität für Minen einfach, billig und unbedingt zuverlässig,
zugleich sicher in Behandlung und Transport, während die Anwendung mechanischer
Zünder unzuverlässig, kostspielig und gefährlich während der Herstellung, des
Transportes, des Versuches und des Legens ist. Es ist daher die Frage erlaubt, in
wiefern das englische Bastardsystem der mechanischen Zünder und Stromschließer und
der mechanischen Fortbewegung der Torpedos durch zusammengedrückte Luft den glänzend
ausgestatteten elektrischen Torpedos gegenüber Stand halten kann, welche jetzt einen
wesentlichen Bestandtheil der See- und Landvertheidigung Rußlands, der
Vereinigten Staaten und Schwedens bilden.
Aus der Discussion, welche sich an die hier im Auszuge
wiedergegebenen beiden im Februar 1874 von Holmes in der
Society of Telegraph Engineers gehaltenen Vorträge
knüpfte, mag noch folgendes erwähnt werden.
Professor Abel: Mechanische Minen
dürften z.B. in langen Wasserstrecken am Platze sein, welche man nicht gänzlich
durch ein System von elektrischen Minen decken kann, namentlich wenn jene theilweise
aus seichtem Wasser bestehen, durch welches Schiffe mit geringem Tiefgang sich
nähern können. Die sogenannten chemischen Zünder, welche durch Ströme von hoher
Spannung entzündet werden sollen, haben sich vielfach zu Land und zu Wasser als sehr
veränderlich erwiesen, was namentlich dem Zutritt von Feuchtigkeit zuzuschreiben
ist. Die Veränderlichkeit wurde durch veränderte Herstellung der Zünder, welche den
Zutritt von Feuchtigkeit in das Innere verhindert, und zugleich durch eine
Verbesserung in der Zusammensetzung der zur Entzündung bestimmten chemischen
Mischung beseitigt, wenn nicht gänzlich, so doch größtentheils, und die Entzündung
durch Elektricität von hoher Spannung hat doch gewisse Vorzüge vor der sonst sehr
vortheilhaften Entzündung mittels dünner Drähte, welche in der jüngsten Zeit
wesentlich verbessert worden ist.
Dr. Wilhelm Siemens: Im
adriatischen Meere kam doch während des italienischen Krieges ein gemischtes
mechanisch-elektrisches Torpedosystem zur Verwendung?
Professor Abel: Die Entzündung der
Vertheidigungs-Torpedos durch Elektricität nach dem Belieben sollte mit
anderen Entzündungsweisen verbunden werden. Am zuverlässigsten ist es, mechanische
Vorkehrungen zu treffen, welche den elektrischen Strom schließen, so daß die Mine
sich entzündet, wenn ein Schiff darüber hin geht. Ein solches sehr sinnreiches
System hatte Baron Ebner auf der Pariser Ausstellung
exponirt; beim Zusammentreffen des Schiffes mit den mechanischen Vorkehrungen
entzündete sich die Mine in beträchtlicher Tiefe unter der Oberfläche. Um eine
unbeabsichtigte Entzündung der Mine durch Inductionsströme, welche etwa durch
elektrische Störungen oder durch Ströme in einem benachbarten Kabel im Kabel
hervorgerufen werden, zu verhüten, stellte das Schiff erst den Stromkreis in dem
Momente seines Zusammentreffens mit der Mine her und schaltete so den Zünder erst in
den Stromkreis ein. Einfacher thun dies auch
„Stromkreisschließer“ und
„Stromkreisunterbrecher“.
McEvoy, Capitän der Flotte der Vereinigten Staaten:
Trotzdem daß mechanische Minen nicht ganz zuverlässig sind, sollte man doch nicht
ganz auf sie verzichten; so z.B. sollte die Flanke eines durch elektrische Torpedos
geschützten Stromlaufes durch mechanische gedeckt werden. Bei Mobile lagen keine,
bei Wilmington nur wenige elektrische Torpedos, kamen aber nicht in Gebrauch. Ich
commandirte einen mit 3000 Pfd. Pulver geladenen Torpedo, über welchem eins der
größten Panzerschiffe der Bundesflotte drei Stunden lang lag, konnte ihn aber nicht
entzünden, weil der Leitungsdraht beschädigt war und die Mittel zur Untersuchung
noch nicht so ausgebildet waren wie jetzt; sonst würden wir den Fehler schon vor
Beginn des Angriffes auf Fort Sumter gefunden haben.
Major Malcolm: Die School of Submarined in Chatham steht zur Zeit unter
meiner Leitung; wir fassen vorwiegend die elektrische Entzündung ins Auge und nehmen
die mechanische, wegen der Gefährlichkeit der Versenkung und Wiederaufnahme der
Minen, nur für besondere Zwecke in Aussicht. Im James-River dürfte wohl mehr
als eine Miene gelegt worden sein; auch wurden im
amerikanischen Kriege mehr als ein Schiff zerstört und ein großer Theil davon durch
mechanische Minen. Die gruppenweise Entzündung von Minen und die Entzündung
derselben nach Zerstörung der Leitungsdrähte durch die Feinde, möchte seine großen
Schwierigkeiten haben. Wir halten es nicht in allen Fällen für empfehlenswerth durch
die Minen hindurch zu telegraphiren; wenn letzteres nöthig ist, läßt es sich im
Allgemeinen auf anderem Wege besser thun. Wir benützen theils chemische Zünder,
theils Platindrähte. Jacobi hatte nicht blos mechanische
Minen angelegt, sondern auch elektrische, seine Pulverladungen (10 bis 15 Pfd.)
waren aber viel zu schwach. Die Contreminen würden jetzt wohl ohne Zweifel überall
elektrisch abgefeuert werden. Vor länger als 30 Jahren benutzte Oberst Charles Pasley bei Sprengung des Wrack vom Royal George die
elektrische Zündung. Oesterreich kaufte Whitehead das
Geheimniß der Fisch-Torpedos, welche ich für eine werthvolle Erfindung halte,
für 15. 000 Pfd. St. ab.
Prof. Abel: 1854 veröffentlichte
Capitän Ward einen sehr eingehenden und werthvollen
Aufsatz über den behandelten Gegenstand in den Professional
Memoirs of the Royal Engineers; diese Arbeit veranlaßte die Einführung der
Grove'schen Batterie bei den Royal Engineers, welche auch jetzt noch im Gebrauche ist. 1856 war Prof.
Wheatstone Mitglied eines
Regierungs-Comités; er schlug die Benützung der InductionselektricitätDer vom Jahr 1850 datirende Magnetinductor zur Minenzündung von Siemens war bei Gelegenheit der Wiener
Weltausstellung 1873 in der von den deutschen
Telegraphen-Verwaltungen veranstalteten geschichtlichen Ausstellung
zu sehen.D. Ref. und der verschiedenen Elektricitäten von hoher Spannung zur Minenzündung
vor, und veranlaßte so die Versuche in Woolwich und Chatham. Um dieselbe Zeit oder
kurz vorher wendete Baron Ebner in Oesterreich die
Reibungselektricität mit Erfolg an. Um dieselbe Zeit benützte ein spanischer und ein
französischer Officier die Inductionsspule. Die elektrische Zündung sollte,
wenigstens um eine Zündung bei Nacht und Nebel nicht auszuschließen, durch die
mechanische vervollständigt werden.
Treuenfeld: Außer dem amerikanischen Bürgerkriege von
1864 fanden die Torpedos auch in dem sechsjährigen Kriege zwischen Paraguay
einerseits und Brasilien, der argentinischen Republik und Uruguay andererseits
vielfach Verwendung. Ich war zeitweise bei der Torpedo-Abtheilung der
Republik Paraguay thätig; wir benützten vorzugsweise mechanische Torpedos, da wir
auf unsere eigenen Hilfsmittel angewiesen waren, und hielten durch dieselben die
große brasilianische Flotte und Armee vier Jahre lang im Vormarsche auf. Während der
Blockade gelang es meinem Assistent Hans Fischer, welcher
in diesem Kriege fiel, einige Kabel für elektrische Minen herzustellen, unter
Benützung des Saftes angezapfter Gummibäume. Wir hatten wenigstens 300 Torpedos in
Paraguay gelegt; dieselben waren verankert und hatten chemische Zünder in
Glasröhren, welche beim Anstoßen abbrachen; bei einigen zerbrachen Stäbe, wenn sie
von einem Schiff getroffen worden, Glasflaschen im Innern. Die elektrischen hatten
Platindrähte zur Zündung.
Lieutenant Scott: Bei starker Fluth in
den Häfen ist es erfahrungsgemäß schwer oder unmöglich, die Torpedos zum Abfeuern
nach Beobachtungen an einer bestimmten Stelle festzuhalten, ohne vorhergehende
Verankerung, durch letztere aber wird leicht das Geheimniß gefährdet.
Holmes: Bei Nacht und Nebel würde man bei der
Vertheidigung von Häfen mit Vortheil eine Beleuchtung durch elektrisches Licht oder
durch Kalklicht anwenden können.
Major Malcolm: Wenn mehrere Schiffe
zugleich und im Feuer sich nahen, so wird die Beobachtung derselben durch den
Pulverdampf erschwert werden; dann kann auch nicht gut dasselbe Paar von Personen
die Annäherung mehrerer Schiffe an mehrere Minen zugleich beobachten.
Holmes: Nach Maury's Plan sind
nicht mehrere, sondern blos ein Taster zum Abfeuern irgend einer Anzahl von Minen
vorhanden, und er bewegt sich zugleich mit dem Teleskop. Ein solches Teleskop steht
in einer Beobachtungsstation und beim Legen der Torpedos wird auf seinem Theilkreise
eine Marke gemacht. Gleiches geschieht gleichzeitig in der zweiten Station. Die
Entzündung kann nur durch gleichzeitiges Niederdrücken des Tasters auf beiden
Stationen erfolgen; jeder Beobachter drückt seinen Taster, wenn er das Schiff im
Fadenkreuzpunkt seines (auf eine Mine oder Marke eingestellten) Fernrohres sieht.
Jede Station kann aber auch 3 oder 4 verschiedene Beobachtungsapparate enthalten,
die zu den auf einander folgenden Reihen von Torpedos gehören.
Major Malcolm: Wenn die eine Station
den Taster niederdrückt und das von er anderen Station kommende Kabel ist
beschädigt, so wird der Stromkreis durch das Wasser geschlossen und der Torpedo
explodirt.
Latimer Clark: Wenn ich recht
unterrichtet bin, so beobachtete Statham, als er 1851
oder 1852 Guttaperchadrähte fabricirte und die Guttapercha mit Schwefel versetzte,
daß der Schwefel auf das Kupfer wirkte und einen Ueberzug von Kupfersulfid bildete,
welcher sich beim Durchgange eines schwachen Stromes entzündete. Diese Entdeckung
gab wohl den ersten Anstoß zur Entzündung von Torpedo-Minen mittels
Elektricität. Die Entzündung mittels Platindrähten war allerdings schon früher
bekannt, Statham aber lenkte zuerst die Aufmerksamkeit
auf diese verbesserte Entzündung auf große Entfernungen.
E–e.