Titel: | Die Motoren auf der Wiener Weltausstellung 1873; von Professor J. F. Radinger. |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 289 |
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Die Motoren auf der Wiener Weltausstellung 1873;
von Professor J. F.
Radinger.Mit gef. Genehmigung des Hrn. Verfassers aus dem officiellen Ausstellungsgericht,
Heft 83. Druck und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei. Wien
1874.
Mit Abbildungen.
(Fortsetzung von S. 15 dieses Bandes.)
Radinger, über die Motoren auf der Wiener Weltausstellung
1873.
Ueber die englischen Dampfmaschinen im Allgemeinen fällt Prof. Radinger nachstehendes Urtheil.
In den Dampfmaschinen ist England entschieden von den Maschinenbauern deutscher Zunge
überholt. Die Mehrzahl der Maschinen sah um ein Decennium verspätet aus, und wenn
man von zwei wirklich guten Ausnahmen absieht, so wäre über die Systeme absolut
nichts Neues zu bemerken. Diese Ausnahmen sind die Dreicylinder-Maschine von
Brotherhood und Hardingham
(1873 207 177. 1874 213 272)
und die Tangye-Maschine. Erstere ist eine der
geistreichsten Neuerungen, welche die Ausstellung brachte, und bietet ganz
bedeutende Vortheile, wo es sich minder um ökonomische Arbeit, als um eine selten zu
gebrauchende und daher eine in der Anlage billigste Maschine handelt; letztere zeigt
eine einfache moderne Construction.
England müht sich sichtbar ab, eine passende Steuerung für große Dampfmaschinen zu
finden, welche einfacher als jene von Corliß ist, und
deren Vortheile ohne die Nachtheile wiedergibt. Als einen der bedeutendsten
Vortheile derselben scheint man die möglichst kurzen Canäle zu betrachten und
verwendet daher getheilte Schieber, deren Bahn über die ganz geraden Dampfwege und
daher weit über die Cylinderenden hinausreicht. Die Abhängigkeit der Expansion vom
Regulator wird entweder durch einen an ihm hängenden Gleitbacken in einer Coulisse,
durch ein Rädergehänge oder wie bei einigen kleineren Maschinen auf andere Arten
versucht. Jedenfalls ist aber noch kein einziges System vollkommen zum Durchbruch
gekommen.
Die Dampfspannungen mit 4 Atmosphären Ueberdruck sind geringer, die Dampfwege meist weiter als
irgend anderswo. Letzteres dürfte durch die häufigere Verwendung des Indicators und
das Bestreben nach tadellosen Diagrammen verursacht worden sein; nur geschah des
Guten (für sonst gute Steuerungen) zu viel.
Die Kolbengeschwindigkeit ist normal, aber die Auflagedrücke und Abnützarbeiten in
den Zapfen sind um ca. 30 Proc. geringer als in der Mehrzahl der am Continent
gebauten Maschinen. Die leichtere Instandhaltung und die geringere Gefahr des
Warmlaufens dieser Theile englischer Maschinen ist schon lange durch die Erfahrung
bekannt und begründet mit deren guten Ruf.
Die großen englischen Ausstellungsmaschinen hatten alle unten durchlaufende
Grundplatten und einfach schiefgeschnittene Lager. Die kleineren Maschinen waren im
Allgemeinen sorgfältiger ausgeführt als die großen. Hier kamen die einzigen ganz
blank polirten Maschinen und hoffentlich zum letzten Male auf einer Ausstellung vor.
–
Von den im Berichte ausführlich beschriebenen Dampfmaschinen der 17 englischen
Aussteller seien in diesem Journal nur jene von Galloway
und von Tangye angeführt.
Dampfmaschine von W. und J. Galloway in
Manchester.
Eine der wenigen Maschinen (System Woolf), welche in der
englischen Abtheilung auftraten, kam von W. und J. Galloway in Manchester, und da sie eine Reihe theils merkwürdiger und
theils merkenswerther Detaile enthielt und auch überhaupt, von einem der größten
Etablissements kommend, eine der größten Maschinen war, so nöthigt dies zu einem
längeren Verweilen.
Eine einzige untenliegende kastenförmige Bettplatte lief von unter den Cylindern bis
weit vor die Welle hinaus und formte so die denkbar größte Unterlage. Hinten war
diese Grundplatte geschlossen, aber vorn nach den Führungen verbreiterte und gabelte
sie sich in drei Balken, welche die Kurbelgruben umfaßten, um sich dann nochmals zu
vereinen. Der mittlere und der Armbalken auf der Seite des Schwungrades erhoben sich
bald nach ihren Ausgangspunkten bei den Geradführungen von der sonst völlig ebenen
Plattenfläche und enthielten je ein schiefes Lager eingegossen, um die gekröpfte
Kurbelwelle aufzunehmen. Der Kolben des großen Cylinders griff nun diese an; der
Kolben des kleinen Cylinders aber wirkte an einer außerhalb aufgesteckten
Kurbelscheibe genau unter 180° mit ersterer. Der Stirntreibzapfen nahm noch
eine Schleppkurbel mit, welche für den Regulatorantrieb und die Steuerung des
kleinen Cylinders diente; deren Lager vereinten sich in einem am dritten Arm des Maschinenbettes
gesondert aufgeschraubten Ständer, von welchem später die Sprache sein soll. Die
Welle trug nun außerhalb des Rahmens ein gedrehtes Riemenschwungrad und stützte sich
hinter demselben in einem normalen (hier also dem dritten) Lager. Der Condensator
endlich stand isolirt am Steinfundament in der rückwärtigen Flucht des
Expansionscylinders, und der Kolben seiner doppelwirkenden Luftpumpe hing direct an
der Stange des großen Dampfkolbens. Nur in der Mitte oben lag eine einzelne starke
Stehbolzen-Spannstange, im Gußeisen des Condensators und der Flansche des
Maschinencylinders verschraubt, zwischen beiden, und unterstützte das Feststehen des
ersteren.
Der kleine Kolben der Dampfmaschine besaß 355, der große 610 und jener der Luftpumpe
203 Millim. Alle drei hatten einen gleichen Hub von 0,76 Meter; das Verhältniß vom
kleinen zum großen Cylinder beträgt daher 1 : 3 und jenes der Luftpumpe zu letzterem
1 : 9. Die Maschine arbeitete mit 60 bis 64 Umdrehungen oder einer
Kolbengeschwindigkeit von 1,5 bis 1,6 Meter. Die innere Weite des Einströmrohres
betrug 100 Millim. oder ca. 1/13 des Cylinderquerschnittes. Das Rohr zum Condensator
maß 200 Millim. licht, 1/9 der zugehörigen Kolbenfläche. Diese Canäle sind nun
ausnehmend weit und in die Formel f₁/f = Cv gesetzt, kommt für
die Einströmungsconstante 1/20, was wohl des Guten zu viel scheint. Da aber die
Fabrik gewohnt ist, häufig Indicatorproben ihrer Maschinen vorzunehmen, so mag die
Wahl so weiter Canäle Wohl eine Frucht des Einblickes in die Drosselungen sein,
welche willkürlich enge Canäle auf die Spannung im Cylinder gegenüber jener im
Schieberkasten üben, und scheint aus dem Wunsche nach besten Diagrammen entstanden
zu sein.
Diese hängen aber nicht nur von den absoluten Canalquerschnitten allein, sondern auch
von der Weite ab, auf welche sie die Schieber öffnen. Die Steuerung war hier durch
eine Coulisse besorgt, in welcher der Regulator den Gleitbacken der Schieberstange
stellt. Der Ausschlag fiel daher desto kleiner aus, und die Eröffnung geschah (trotz
gleichen linearen Voreilens) desto zögernder, je kleinere Füllung zur Verwendung
kam. Da nun die Maschine in der Ausstellung nur mit geringer Kraftentwickelung zu
arbeiten hatte, so waren kleine Füllungen dort normal und das Dampfdiagramm des
Hochdruckcylinders zeigte nur solche von 15 bis 18 Proc. Dabei war schon das
Einströmventil nur wenig geöffnet benützt, und hinter den Kolben kam nur wenig mehr
als 1 bis 2 Atmosphären Admissionsspannung. Wo aber die doppelte Drosselung vom
Handventil und halb öffnenden Dampfschiebern zusammenwirken, kann der Nutzen der weiten
Einströmcanäle nicht sichtbar werden, welcher bei hoher Füllung und offener
Rohrleitung unzweifelhaft klar werden müßte.
Aber auch die Wirkung des weiten Ausströmquerschnittes blieb in der Ausstellung
verwischt. Denn die kleine Spannung und Füllung im Hochdruckcylinder brachte bereits
in diesem einen Enddruck hervor, der meist weit unter die Atmosphäre ging und bei
der Mehrzahl der (vom Verf.) aufgenommenen Diagramme bis auf 0,4 des absoluten
Vacuums fiel. Da von hier erst dieser Dampf in den dreimal größeren
Niederdruckcylinder strömte, so sank dort seine Spannung noch weiter, und es war
kein Verdienst der Rohrweiten, daß von dem 0,9 Atmosphären Vacuum des Condensators
während des Austrittes 0,8 im großen Cylinder erschienen.
Der Kolben des letzteren wurde bei der Ausstellungsmaschine nur eben mitgeschleppt;
denn nachdem bereits im kleinen Cylinder die Expansion bis weit unter den Luftdruck
sank, so traf den großen Kolben nur schwache Pressungsdifferenz. Diese erreichte
kaum 0,2 Atmosphären zu Beginn des Hinganges und dürfte kaum genügt haben, dessen
eigenen und seines Gestänges Reibungen zu überwinden, geschweige denn jene
Beschleunigungsdrücke zu geben, welche die Masse nur um der vom kleinen Kolben
erzwungenen Bewegung zu folgen braucht. Thatsächlich brach der große Kolben im
September 1873, und von da an arbeitete diese Maschine mit dem kleinen Cylinder
allein; der große ward nach Wegnahme aller beweglichen Theile nur wie eine
Erweiterung des Ausströmrohres zum Condensator hin belassen, und die Maschine ging
bei der gleichen Stellung des Einströmventiles wie früher.
Textabbildung Bd. 215, S. 292
Entzogen sich so auch die Canalquerschnitte der Beurtheilung, so war dies doch
nicht mit der Steuerung der Fall. Verf. hat zahlreiche Diagramme zu
verschiedenen Zeiten und mit verschiedenen Indicatoren von dieser Maschine
aufgenommen und das beistehende Bild(1/3 Naturgröße) spricht wohl deutlich, was
an dem Voreilen und dem Abschlusse fehlt.
Textabbildung Bd. 215, S. 292
Die Steuerung selbst geschah auf folgende Art. Der Stirnzapfen der Kurbelscheibe nahm
eine Schleppkurbel mit, deren Welle um die Größe der Excentricität gekröpft und von
zwei auf den vordersten Arm des Bettbalkens der Maschine geschraubten Lagern
Textabbildung Bd. 215, S. 293
Galloway's Dampfmaschine (1/48 der
natürl. Größe).
gehalten war. Knapp vor der Welle befand sich eine Coulisse,
an deren Fuß zwei nach aufwärts gebogene Lappen geschmiedet waren, mittels welchen
sie sich beiderseits auf tiefer unten gelagerte schwingende Hebel stützten. Ferner
hatte die Coulisse noch ein Lager angeschmiedet, womit sie die Kröpfung der
Steuerwelle umfing und so deren Horizontal- und Verticalschwingungen
mitzumachen gezwungen war. In dieser (sogen. Fink'schen)
Coulisse hing, durch den Regulatorhebel getragen, der Gleitbacken und das Ende der
Schieberstange derart, daß sich dasselbe hob, wenn die Manschette sich senkte und
umgekehrt, wodurch, wie bekannt, desto kleinere Füllungen erzeugt werden, je näher
der Gleitbacken dem Schwingungsmittelpunkte kommt, d.h. je tiefer ihn der steigende
Regulator drückt.
Daß die Excentricität der Steuerwelle genau der Treibkurbel gegenüber stand, daß die
Coulisse nach der Stangenlänge gekrümmt und jede andere mit dem System Fink zusammenhängende Rücksicht erfüllt war, ist
selbstverständlich. Eines muß aber betont werden, dieses Steuerungssystem gibt
gleiche Voreilungen für jede Füllung. Dies ist ein Vortheil, der wohl positiv, aber
doch verschwindend gegenüber dem mehr minder auch den anderen Coulissensteuerungen
anhaftenden Nachtheil wird, daß sich für kleinere Füllungen die Dampfwege nicht nur
nicht ganz, sondern auch nur sehr zögernd öffnen. Bei 5 Proc. Kolbenweg kann die
Eröffnung desselben Canales 1 oder 4 betragen, je nachdem später der Abschluß bei 20
oder 60 Proc. erfolgt. Die schlechte Wirkung dieses, wenn geringer Effect
beansprucht wird, trägschleichend aufmachenden Schiebers zeigt eben das obere
Diagramm dieser Maschine und der Arbeitsausfall der oberen Ecken entspricht dem
baarem Verlust. Diesen Mißstand kennt die Corlißsteuerung absolut nicht und selbst
die Meyersteuerung enthält ihn sehr gemildert, wenn man sich nur nicht einbildet,
mit ihr alle Füllungsgrade geben zu wollen, deren Möglichkeit allerdings auch dieser
besprochenen Coulisse nachgerühmt wird.
Die Coulissenstange war hier möglichst lang gehalten und selbst eine kleine
Ausschreitung nicht gescheut. Die Schieberstange war nämlich vor der Stopfbüchse
nochmals in einem Auge geführt und zwischen beiden griff die Coulissenstange an.
Damit aber erstere stellbar blieb, fand die letztere kein centrisches Auge als
Angriffspunkt, sondern eine von zwei Muttern zwischengehaltene Hülse mit
aufrechtstehenden Daumen, wodurch der Angriffspunkt oberhalb der Stangenachse zu
liegen kam.
Der Schieber selbst lag seitlich vorne und war derart getrennt, daß ganz gerade kurze
Canäle zum Cylinder führten. Dadurch wurde der Schieberkasten sehr lang und stand
vor die Cylinderdeckel ziemlich bedeutend vor, was nicht schlecht aber unschön ist. Der
Dampfverlust, den etwas längere Canäle gebracht hätten, wäre aber gerade bei der
Woolfmaschine am wenigsten empfindlich, denn der Dampf expandirt ja aus ihnen in die
Cylinder, und je höher die Expansion ist, desto weniger verdienen die Dampfwege den
Namen „schädlicher Raum“. Betrachtet man noch überdies das
Diagramm der dampfverschwendenden Steuerung, so verliert das ängstliche Sparen an
den Canallängen noch mehr an Werth.
Die Ausströmung aus dem kleinen in den großen Cylinder und von dort in den
Condensator war durch zwei je gleichfalls getrennte Schieber besorgt, deren erster
fast unzugänglich und ganz unüberwachbar zwischen den beiden Cylindern lag, während
deren zweiter seitlich außen am Niederdruckcylinder arbeitete. Der Schieberkasten
des letzteren war U-förmig und an beiden Enden
angeschraubt; die Schieberstange ging durch die vordere Aufbiegung, wo sie den einen
Schieber faßte, hindurch und dann in freier Luft zur zweiten Hälfte des
Schieberkastens. In der halben Länge desselben erhob sich das kupferne Ausströmrohr,
welches mit leichtem Fall zum Condensator zog. Beide Schiebersysteme des großen
Cylinders bewegte ein einziges Excenter unter Einschaltung einer hochliegenden
oscillirenden Zwischenwelle, welche vor den Cylinderdeckeln gelagert war und deren
drei niederhängende Hebel die Excenterbewegung empfingen und übertrugen. Derart
geschah nun die Dampfvertheilung mit den möglichst kürzesten Canälen und durchwegs
einfachen ebenen Platten, welche der gleichmäßigen Abnützung halber gut schließen
konnten. Jede Platte hatte nur mit einer einzigen Kante zu arbeiten, und wäre der
Antrieb oder vielleicht nur dessen Stellung besser gewesen, so dürfte kein Tadel
laut werden.
Der Condensator stand so nahe hinter dem großen Cylinder, daß die mit einem
Metallrohr überzogene Kolbenstange abwechselnd den Dampf- und Wasserraum
betrat. Die Luftpumpe war in den Condensatorkasten eingegossen und enthielt blos
aufgeschraubte Deckel. Die Einspritzung geschah nicht ins Ausströmrohr, sondern
ziemlich entfernt vom Cylinder in den Hohlraum des Condensators. Die Ventile
bestanden aus rechteckigen Kautschukplatten auf ebenen gegitterten Sitzen.
Das Dampfeinströmventil saß nicht an der Maschine, sondern abseits und etwas über dem
Boden erhöht auf dem Dampfrohr. Dies ist an englischen Maschinen sehr beliebt und
gibt der Hauptconstruction den Schein größerer Einfachheit, welcher noch durch die
Formgebung der Detaile und die Ebenen der Verschalung glücklich gefördert wird.
Von den Detailen ist im Allgemeinen zu erwähnen, daß sie, obgleich zweierlei
Cylindern angehörig, doch in den Maßen möglichst übereinstimmten. Die Kolbenstangen
waren gleich und je 76 Millim. dick; jede trug vorn ein Gewinde, war durch den
Würfel ihres Kreuzkopfes hindurchgesteckt und mit einer vorderen Mutter verschraubt.
Beiderseitig vorstehende Zapfen (je 70 Millim. lang und dick, mit 51 Atmosphären
Schalendruck arbeitend) im selben Schmiedestück nahmen die Doppelköpfe der
kurzgegabelten Schubstangen auf, welcher jeder für sich in veralteter Art zu keilen
war.
Textabbildung Bd. 215, S. 296
Eine neue Detailform bot aber die Führung. Diese fand nur unten mit je einer
gußeisernen Gleitplatte (von 260 und 330 Millim. Seitenlänge) statt, welche ohne
Oberlineale direct in die schwalbenschwanzförmig im Bettkörper ausgehobelten
Führungsrinnen gebracht wurden. Zu dem Zwecke war jede Gleitplatte zweitheilig
und mit zwei Querbolzen erst nach dem Einsatze in die Rinne verschraubt. Die
über die Platte hervorragenden Angüsse für diese Schrauben bildeten aber
gleichzeitig die Nasen für eine am Kreuzkopfschmiedestück befindliche Fußplatte,
welche genau dazwischen paßte. Vier Eckschrauben verbanden endlich noch die
beiden oder richtiger die drei Theile zu einem soliden Ganzen. Diese
Construction, welche unter Anderem auch eine völlig richtige Führung centrisch
im Kraftangriff gibt, war so compendiös, daß ihr Zusammengesetztsein aus
mehreren Theilen erst auffiel, wenn man dem Grunde des angenehmen Eindruckes
nachforschte, welchen die weggefallenen blanken Oberleisten der Geradführungen
und die dort fehlenden Schraubenmuttern hervorbrachten. Für eine Nachstellung
der Gleitfläche war nicht gesorgt und eine solche wäre auch unnöthig gewesen,
indem der Druck zwischen den Führungen ausnehmend klein war und nur 1,1 Kilogrm.
pro Quadratcentim. Gleitfläche betrug. Diese Führungsplatten näherten sich den
relativ größten (der Druck den kleinsten) aller Dampfmaschinen der
Weltausstellung.
Die Kurbelzapfen hatten je 120 Millim. Länge. Der Zapfen der (ganz unbalancirten)
Kurbelscheibe war 70 und jener der gekröpften Welle, wo der Niederdruck angriff, 170
Millim. dick, was für ersteren 59 Atmosphären Druck und 0,66 Kilogrm.-Meter
specifische Abnützarbeit gab. Die Schalen waren innen ziemlich rauh und berührten
nicht durchwegs, wie man sich bei dem Auseinandernehmen der Maschine überzeugen
konnte.
Die Kurbellager waren einfach schiefgeschnitten und besaßen nur je zwei
Deckelschrauben. Jedes hatte 200 Millim. Bohrung und 250 Millim. Länge, und daß sie
an die Fundamentplatte angegossen waren, steht schon oben erwähnt. In ihnen
herrschten 10 Atmosphären horizontaler Auflagdruck und 0,32 Kilogrm.-Meter
Abnützarbeit per Secunde und einzelnen Quadratcentimeter Auflagfläche.
Außerhalb der Maschine war die Welle 190 Millim. dick und trug ein Schwungrad von
3,10 Meter Durchmesser, von welchem ein 290 Millim. breiter Riemen die Arbeit
entführte. Die normale Dampfspannung betrug 4 Atmosphären und der Effect nominell
100 Pferde.
Der Regulator dieser Maschine war durch ein Vorgelege von jener mit der Schleppkurbel
mitgenommenen Steuerwelle bewegt. Der Regulatorständer stand nämlich seitlich der
Steuerwelle, und seine untere Horizontalwelle war durch ein Zahnradvorgelege 3,6mal
schneller als erstere gedreht. Ein Kegelradpaar im Sockel der Regulatorsäule trieb
nun die Verticalspindel, welche oben mit gekreuzten Stangen die Schwungmassen trug.
Diese waren walzenförmig und abweichend vom bisherigen nicht durch die Hängstangen,
sondern mit einer aufgelegten Kreisplatte belastet. Beim Heben der Gewichte rollten
sie vermöge ihrer Walzengestalt auf der unteren Fläche der Belastungsplatte hinaus
und hoben sie derart direct. Letztere enthielt noch zwischen den Gewichten
niederhängend einen rotationsförmigen weiteren Belastungsanguß, in welchen endlich
die Manschette gedreht war. Die Belastungsscheibe enthält natürlich Schlitze, durch
welche die Regulatorstangen zu den Gewichten ziehen. Diese mögen gleich willkommene
Angriffspunkte für die nothwendige höchst sorgfältige Centrirung der Scheibe bieten,
die bei einem Durchmesser von 45 Centim. sich ca. 240mal per Minute dreht. Um die
Manschette schmiegte sich dann der 55 Centim. lange Hebel, an welchem das Ende der
Coulissenstange mit dem Gleitbacken hing. Das Gewicht derselben balancirte ein
Schiebgewicht an einer gegenüberstehenden Verlängerung des Hebels, und ein
eingeschalteter Oeltopf enthob den Regulator des momentanen Nachgebens.
Die ganze Maschine war stark, aber schlicht und einfach construirt und keine einzige
unnöthige Linie oder Fläche störte ihren ruhig ernsten Charakter. Die Ausführung war
gut, aber nicht gesucht oder übertrieben, und die (hier zu weit führende)
Construction der Kleinstdetaile sprach von den umfassenden Erfahrungen dieser
Fabrik. Beispielsweise sei bemerkt, daß sich für die Anbringung der Standsäule für
den Hebel des Indicatorantriebes symmetrische Augen mit Arbeitsplatten an das
Maschinenbett angegossen
vorfanden etc. Hauptsächlich sei aber erwähnt, daß nur wenig Maschinen der
Weltausstellung größere Canalquerschnitte und relativ größere Auflagflächen an
Führungen und Zapfen aufwiesen als diese.