Titel: | Ueber das Nachdampfen während der Expansion: von Professor Gustav Schmidt in Prag. |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 486 |
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Ueber das Nachdampfen während der Expansion: von
Professor Gustav Schmidt in
Prag.Vom Verf. gefälligst eingesendeter Separatabdruck aus der Zeitschrift des
österreichischen Ingenieur- und
Architekten-Vereins, 1875 S. 25.
Schmidt, über das Nachdampfen während der Expansion.
Bekanntlich sollte nach der mechanischen Wärmetheorie der gesättigte oder nasse
Cylinderdampf während seiner Expansion sich zum Theile condensiren, daher das übrig
bleibende Quantum gesättigten Dampfes ein kleineres Gewicht haben, als im Momente
der Absperrung. In Wirklichkeit findet das directe Gegentheil statt. Die Dampfmenge
im Cylinder vermehrt sich nach erfolgter Absperrung noch
nicht unbeträchtlich, und zwar entweder durch Undichtheit der Ventile und Schieber,
wie Prof. Dr. Weiß in Brünn
meint (vergl. Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu
Hannover, Jahrg. 1873), oder durch das Nachdampfen des während der Admissionsperiode
an den Cylinderwandungen niedergeschlagenen Wassers, welches die hohe Temperatur des
Admissionsdampfes besitzt, wodurch die Erhebung der wahren Expansionscurve über die
adiabatische Linie zuerst von Ludewig und Werner erklärt wurde, oder aber durch beide Umstände. Ich
halte das Nachdampfen für das wesentlichere, glaube aber, daß allerdings bei der von
Weiß untersuchten Maschine die Ventile undicht
waren.
Hier wünsche ich nur darauf aufmerksam zu machen, daß man fehlt, wenn man das
verbrauchte Dampfquantum aus dem Volumen bei der Absperrung (inclusive schädlichen
Raumes) und aus der dem Diagramm entnommenen Spannung berechnet, indem die aus dem
wachsenden Volumen nach der Absperrung und der hierzu gehörigen Spannung berechnete
Dampfmenge noch etwa bis 10 Proc. des Kolbenweges über die Absperrung hinaus
wächst.
Um den Unterschied der Theorie und Erfahrung ziffermäßig vor Augen zu führen, nehme
ich eine Wasserhaltungsmaschine an, welche bei 80 Proc. Füllung 8 Kubikmeter Dampf
enthält, worauf die Expansion zunächst auf 9 Kub. Met. erfolgt. Der Admissionsdampf
möge p₁ = 4 (alte) Atmosphären absoluter Spannung
gehabt haben, folglich ein specifisches Gewicht γ₁ = 2,2303 Kilogramm. Die anfängliche Dampfmenge war also
G₁ = 8γ₁ = 17,8424 Kilogrm.
Die theoretische adiabatische Linie befolgt näherungsweise das Rankine'sche Gesetz
p₂/p₁ = (V₁/V₂)μ
worin nach Zeuner
μ = 1,035 + 0,1 x,
wenn die specifische Dampfmenge des expandirenden
Dampfes im Anfangszustande x ≧ 0,7 ist.
Für
x = 1
0,9
0,8
0,7
folgt
μ = 1,135
1,125
1,115
1,105
und somit aus p₂ =
4(8/9)μ
p₂
=
3,499
3,504
3,508
3,512
Atm., womit
γ₂
=
1,9676
1,9697
1,9718
1,9739
Kilogrm.
G₂ = 9γ₂
=
17,7084
17,7273
17,7462
17,7651
„
G₁ – G₂
=
0,1340
0,1151
0,0962
0,0773
„
War p₁ = 3,6 Atmosphären, so
ergibt sich in gleicher Weise die niedergeschlagene Dampfmenge
G₁ –
G₂
=
0,1225
0,1055
0,0875
0,0695
Kilogrm.
In Wirklichkeit ergaben sich an einer derartigen vor kurzem
indicirten Maschine folgende Resultate:
Bei
81
Proc.
Füllung
G₁ = 16,682
Kilogrm.
„
85
„
Kolbenweg
G₂ = 16,897
„
„
90
„
„
17,108
„
„
97 1/2
„
„
17,359
„
und bei 17 abgenommenen Diagrammen mit 80 bis 89 Proc.
Füllung lag das Maximum der berechneten Dampfmenge meistens bei 97 1/2 Proc. und nur
ausnahmsweise bei 90 Proc. mit geringer Abnahme bis 97 1/2 Proc., was auch auf
Beobachtungsfehlern beruhen kann. Ich halte es für ganz gut möglich, daß bei starker
Expansion und hoher Anfangsspannung die Vermehrung der Dampfmenge nach der
Absperrung in Folge des Nachdampfens 20 Proc. betragen kann, wie sich dies bei einer
von Hrn. Otto Müller in Pest indicirten Maschine ergeben
haben soll.
Ich nehme bei dieser Gelegenheit Anlaß zu bemerken, daß die Rankine'sche Formel für den praktischen Gebrauch weit
handsamer gestaltet werden kann.
Setzt man nämlich V₁/V₂ = a, so ist
Textabbildung Bd. 215, S. 488
also
p₂ = p₁V₁/V₂ [1 +
2,302585 (μ – 1) log. vulg. V₁/V₂]
oder auch
= p₁V₁/V₂ [1 – 2,302585 (μ
– 1) log. vulg. V₂/V₁].
So ist z.B. in dem früher angeführten Beispiele
V₂/V₁ =
9/8
2,302585 log. vulg. V₁/V₂ = 0,117783
(p₁V₁)/V₂ =
32/9
und beziehungsweise
μ – 1 =
0,135 0,125 0,115 0,105.
Hiermit folgt
p₂ =
3,4990 3,5032 3,5074 3,5116
bis auf 1/100 Procent, so wie früher.