Titel: | Bestimmung des Brechungsexponenten von Flüssigkeiten; nach Terquem und Tramin. |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 553 |
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Bestimmung des Brechungsexponenten von
Flüssigkeiten; nach Terquem
und Tramin.
Aus den Comptes rendus, 1874 t. LXXVII p.
1843.
Terquem und Tramin, über Bestimmung des Brechungsexponenten von
Flüssigkeiten.
Wollaston hat seiner Zeit eine Methode angegeben, den
Brechungsexponenten der Flüssigkeiten mit Hilfe der totalen Reflexion rasch zu
bestimmen (vergl. auch 1874 213 483). Diese Methode
erfordert die Anwendung eines besonderen Apparates; es treten dabei mehrere
Constanten in die Rechnung ein: der brechende Winkel des Prismas und der
Brechungsexponent der Substanz des letzteren, welcher nothwendig größer sein muß als
derjenige der zu untersuchenden Flüssigkeit. Da außerdem das in das Fernrohr oder
das Auge fallende Strahlenbündel streng genommen nicht aus parallelen Strahlen
besteht, so kann die totale Reflexion nicht in demselben Augenblicke für die ganze
in Betracht kommende Fläche stattfinden, woraus eine gewisse Unsicherheit in der
Bestimmung des Grenzwinkels der Flüssigkeit bezüglich des Glases resultirt. Bei der
von den Verf. vorgeschlagenen Methode genügt die Bestimmung eines einzigen Winkels;
auch läßt sich ihr Apparat leicht mit dem Babinet'schen
Goniometer in Verbindung bringen.
Der Apparat besteht im Wesentlichen aus einem kleinen, mit der Flüssigkeit gefüllten
Glastrog mit planparallelen Wänden. Dieser Trog wird im Centrum des Limbus auf einen
kleinen vollkommen unbeweglichen Dreifuß gestellt und zwar dicht über der
beweglichen Alhidade, nachdem man vorher die kleine centrale Platform des
Goniometers, welche im vorliegenden Falle überflüssig ist, entfernt hat. Es genügt,
daß die Alhidade auf einer Seite des kleinen Glastroges um ungefähr 100° sich
drehen läßt. In den Glastrog taucht eine verticale Platte, bestehend aus zwei ebenen
Glastäfelchen, welche nur längs der Ränder auf einander gekittet sind und zwar mit
Gummi, wenn man alkoholische Flüssigkeiten, kohlenwasserstoffhaltige flüssige
Verbindungen, ätherische Oele u.a. untersuchen will, oder mit Canadabalsam, wenn es sich um
wässerige Lösungen handelt. Diese Doppelplatte, welche eine dünne Luftschichte
einschließt, ist in der Mitte ihres oberen Randes an das Ende einer senkrechten
kupfernen Spindel befestigt, welche in einen geränderten Kopf endigt. In der Mitte
der Alhidade ist eine senkrechte Stange befestigt, welche an ihrem Ende eine um die
eigene Achse leicht drehbare horizontale Stange trägt. Letztere endigt sich oberhalb
des Centrums der Kreistheilung in eine Hülse, worin die genannte Spindel gleiten und
sich drehen kann. Demgemäß ist die Doppelplatte mit der Alhidade durch einen
rechtwinkelig abgebogenen Träger verbunden. Man kann sie vollkommen perpendiculär
zum Limbus stellen und ihr entweder mit Hilfe der Spindel, woran sie befestigt ist,
oder durch Drehung der Alhidade eine Winkelbewegung in dem kleinen Glastroge
ertheilen.
Die Operation beginnt mit dem Richten des Fernrohres, indem man nach sehr weit
entfernten Objecten visirt. Man fixirt dasselbe sodann dem Collimator gegenüber, den
man seinerseits so justirt, daß das Bild der Spalte in dem Fernrohr deutlich
erscheint. Die den Glastrog und die Doppelplatte durchlaufenden Lichtstrahlen müssen
genau parallel sein, weil sonst die erlangten Resultate zu undeutlich ausfallen. Man
stellt hierauf die Doppelplatte perpendiculär zum Limbus und bringt endlich den
kleinen Trog mit der zu untersuchenden Flüssigkeit an seinen Ort. Nachdem man die
Alhidade neben dem Fernrohr fixirt hat, dreht man die Doppelplatte mit Hilfe ihrer
Spindel, bis das Bild der Spalte, nachdem es in Orange, dann in einem reinen Roth
erschienen war, in Folge der totalen Reflexion an der zwischen den beiden
Glasplatten enthaltenen Luftschicht, vollständig verschwindet. Hierauf ertheilt man
der Doppelplatte mit Hilfe der Alhidade eine zweite Drehung, so daß sie gegen die
einfallenden Strahlen eine der vorigen entgegengesetzte Neigung annimmt, und die
totale Reflexion für eine zweite Lage der Platte eintritt. Die Hälfte des Winkels
nun, um welchen die Alhidade gedreht wurde, ist der Grenzwinkel der Flüssigkeit
bezüglich der Luft, vorausgesetzt, daß die Doppelplatte genau perpendiculär zum
Limbus ist und aus zwei genau planparallelen Platten besteht, – Bedingungen,
die leicht zu erfüllen sind.
Bei Anwendung von homogenem Lichte, wie dieses z.B. eine durch Natron gefärbte Flamme
liefert, ist das Verschwinden des Bildes beinahe ein augenblickliches, und der
Spielraum der Unbestimmtheit beträgt kaum 15 Secunden. Bei weißem Licht entspricht
das Roth, welches man vor dem Verschwinden bemerkt, offenbar dem äußersten Roth des
Spectrums ganz in der Nähe der Fraunhofer'schen Linie A. Bedient man sich als Lichtquelle einer mit Wasserstoffgas
gefüllten Geißler'schen Röhre, welche durch die
Entladungen einer Holz'schen Influenzmaschine erleuchtet
wird, so beobachtet man zwei deutlich ausgeprägte Farbenwechsel, welche der den
Linien H
γ und H
β entsprechenden totalen Reflexion des
Lichtes zuzuschreiben sind. Man kann die Lagen der Doppelplatte, welche diesen
Farbenwechsel hervorbringen, mindestens auf 30 Secunden genau bestimmen; für die
Linie H
α erreicht die Annäherung 15
Secunden.
Folgende Tabelle enthält einige Bestimmungen, zusammengestellt mit den von Fraunhofer und von Dale und
Gladstone für die nämlichen Flüssigkeiten gefundenen
Zahlen.
Flüssigkeit.
Temperat.
Fraunhofer'scheLinie.
GemessenerWinkel.
BerechneterBrechungsexponent.Zur Berechnung der Zahlenwerthe dieser Columne dient die Formel n = 1/sinα' worin n den
gesuchten Brechungsexponenten und α den Grenzwinkel (die Hälfte des gemessenen
Winkels der vorhergehenden Columne) bedeutet.
BekannterBrechungsexponent.
Wasser
18°
C
97°20'30''
1,3317
1,33171
F.
Wasser
18
D
97 9 50
1,3336
1,33358
F.
Benzin
19,5
A
84 41 20
1,4846
1,4860 D. u. G.
Glycerin
18
A
85 55 20
1,4673
1,4664
Amylalkohol
19,5
A
91 10
1,4000
1,3990
Schwefelkohlenstoff
20
A
76 55
1,6078
1,6076
Für eine rasche Ermittelung des Brechungsexponenten einer Flüssigkeit scheint, wenn
man sich eines minder präcisen, nur bis auf die Minute genauen Apparates bedient,
die von den Verf. vorgeschlagene Methode bequemer und sogar exacter als das übliche
Verfahren, besonders wenn man eine große Anzahl Bestimmungen hinter einander zu
machen hat. Der kleine Trog läßt sich leichter reinigen als ein Hohlprisma; die
Justirung ist einfacher, man hat nur einen einzigen Winkel zu bestimmen und endlich
ist es sehr leicht die Temperatur der Flüssigkeit genau zu ermitteln. Handelt es
sich aber um sehr genaue Werthe, so ist die Anwendung eines Hohlprismas vorzuziehen;
denn die Unsicherheit ist offenbar geringer, wenn es sich um die Bestimmung der
Coincidenz einer Fraunhofer'schen Linie mit einem
Fadenkreuz, als um die Bestimmung des Verschwindens eines Lichtstrahles handelt.
P.