Titel: | Ueber die chemische Analyse resp. Werthbestimmung des Graphites; von G. C. Wittstein. |
Autor: | G. C. Wittstein |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 45 |
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Ueber die chemische Analyse resp. Werthbestimmung
des Graphites; von G. C.
Wittstein.
Wittstein, über die chemische Analyse des Graphites.
Wenn es sich darum handelt zu erfahren, wie viel Kohlenstoff ein Graphit enthält, so
sollte man auf den ersten Blick meinen, daß dies einfach durch Glühen der
wasserfreien Substanz an der Luft erreicht werden könne. Die Praxis bestätigt aber
eine solche Annahme nicht; denn, um selbst kleine Mengen Graphit im Tiegel
vollständig zu verbrennen, reicht sogar tagelanges Glühen nicht hin. Die
Elementaranalyse, ausgeführt entweder mit Kupferoxyd zuletzt im Sauerstoffstrome
oder mit chromsaurem Bleioxyd, leistet nun zwar in dieser Beziehung alles, was man
verlangen kann; aber ungleich einfacher, bequemer und technisch hinreichend genau
ist das Verfahren, welches Berthier zur Bestimmung des
Brennwerthes einer Substanz empfohlen hat. (Vergl. 1864 171 77. 1872 204 139.)
Zur Ausführung desselben wird 1 Grm. des im Achatmörser möglichst fein zerriebenen
Graphites mit 25 Grm. fein gepulverter BleiglätteIm Handel kommt nicht selten Bleiglätte vor, welche metallisches Blei
enthält, weshalb sie vorher darauf zu prüfen ist, was einfach durch
Behandeln mit Essigsäure geschieht, wobei das Metall zurückbleibt. Zeigt
sich eine solche Verunreinigung und steht keine bleifreie Glätte zu Gebot,
so muß der Bleigehalt bestimmt und von dem später erhaltenen Regulus
abgezogen werden. gemengt, das Gemenge in einen unten möglichst
spitz zulaufenden, unglasirten Porzellantiegel gebracht, noch mit 25 Grm. Bleiglätte
bedeckt, der Tiegel mit einem Deckel verschlossen und zwischen Kohlen langsam
erhitzt. Es erfolgt anfangs Aufblähen, zuweilen Aufschäumen, dann Schmelzung, die
ganz vollständig vor sich gegangen sein muß, was durch 10 bis 15 Minuten dauernde
Hitze vom Anfange des Schmelzens an erreicht wird. Dadurch vereinigt sich das
reducirte Blei zu einem einzigen Klumpen am Boden des Tiegels, welcher nach dem Erkalten
durch einen Hammerschlag von der Tiegelwand und der anhängenden Bleiglätte getrennt
werden kann. 34 Th. reducirtes Blei entsprechen 1 Th. Kohlenstoff.
Häufig sollen aber im Graphit außer dem Kohlenstoff auch die übrigen Bestandtheile
quantitativ ermittelt werden. Um diesen Zweck durch eine einzige Analyse, also mit
Umgehung der oben beschriebenen „Bleiarbeit“, zu erreichen, hat
sich mir folgendes Verfahren am besten bewährt.
1 Grm. des fein gepulverten Graphites wird bis zur schwachen Rothglut erhitzt und der
dadurch entstandene Gewichtsverlust als Wasser in Rechnung gebracht. Hierauf reibt
man ihn mit 3 Grm. eines Gemenges von gleichen Aequivalenten kohlensauren Kalis und
kohlensauren Natrons innig zusammen, schüttet das Ganze in einen Platintiegel, legt
auf die Oberfläche des Pulvers 1 Grm. Kalihydrat (oder Natronhydrat) und erhitzt
langsam bis zum Glühen. Die Masse kommt dabei ins Schmelzen, bläht sich auf und
bildet oben eine Kruste, welche von Zeit zu Zeit mit einem starken Platindrahte
hinuntergestoßen werden muß. Nach halbstündigem Schmelzen läßt man erkalten, weicht
die Masse mit Wasser auf, erwärmt den Brei ¼ Stunde lang bis fast zum Kochen,
filtrirt, wäscht gut aus, und stellt die gesammte Flüssigkeit bei Seite.
Das Schmelzen mit den Alkalien bezweckt die vollständige Aufschließung der an und für
sich in Säuren unlöslichen Beimengungen, wie Thon und Quarz. Ob die Thonerde dabei
ganz oder theilweise oder gar nicht in die alkalische Lauge übergeht, ist
gleichgiltig, weil sie bei der nachfolgenden Einwirkung von Salzsäure jedenfalls
gelöst wird. Die Kieselerde dagegen sollte vollständig in Lösung gehen; es konnte
dies in Betracht der angewendeten Beschickung auch um so zuversichtlicher erwartet
werden, und doch ist mir das nicht ganz gelungen. Eine zweite Schmelzung des
Rückstandes würde demselben den kleinen Rückhalt von Kieselerde ohne Zweifel
entziehen, aber es ergab sich im weiteren Verlaufe der Arbeit, daß dieser Umweg
nicht nöthig sei.
Daß der Graphit selbst bei der glühenden Behandlung mit den Alkalien nicht
unangetastet bleiben würde, war vorauszusehen und bestätigte sich durch das
anhaltend starke Aufblähen der Masse. Der dadurch entstehende Verlust an Kohlenstoff
ist aber auf das Resultat der Analyse in so fern ohne wesentlichen Einfluß, als alle
übrigen Bestandtheile durch Wägen bestimmbar sind, der schließlich sich ergebende
Verlust daher als Kohlenstoff angenommen und dem erhaltenen Kohlenstoffe zuaddirt
werden kann.
Der mit Wasser ausgelaugte Filterinhalt wird getrocknet, in ein Kölbchen gethan, die
Asche des Filtertheiles, an dem Spuren der Substanz haften geblieben sind,
hinzugefügt und etwa 3 Grm. Salzsäure von 1,12 spec. Gew. eingegossen. Nach einigen
Minuten bemerkt man eine schwache Gelatinirung des Kolbeninhaltes, herrührend von
der Zersetzung des noch gegenwärtigen kleinen Rückstandes von Kieselerde oder
vielmehr Alkalisilicat, welcher durch das Waschen mit Wasser sich nicht wegnehmen
ließ. Wenn man jedoch noch ein wenig Salzsäure hinzutropft, so verschwindet die
Gallerte wieder und die Kieselerde bleibt dann gelöst. Nach etwa einstündiger
Digestion verdünnt man mit Wasser, filtrirt, wäscht aus und hat jetzt den reinen
graphitischen Kohlenstoff im Filter, welcher nach dem Trocknen und schwachen Glühen
gewogen wird.
Das saure Filtrat vereinigt man mit dem oben erhaltenen alkalischen, setzt noch so
viel Salzsäure hinzu, daß die Mischung stark sauer reagirt, verdunstet zur Trockne
und ermittelt Kieselerde, Thonerde, Eisenoxyd etc in bekannter Weise.
Zwei nach vorstehendem Verfahren untersuchte Graphite lieferten folgende procentische
Zusammensetzung:
I
II
Kohlenstoff
58,04
68,20
Kieselerde
13,10
5,33
Thonerde
10,70
6,11
Eisenoxyd
2,74
2,20
Kalk
0,05
0,03
Magnesia
Spur
Spur
Wasser
1,82
5,60
Verlust (Kohlenstoff)
13,55
12,53
––––––
––––––
100,00
100,00
Sämmtlicher Kohlenstoff betrug also in Nr. I: 71,59
Proc., und in Nr. II: 80,73 Proc.