Titel: | Concentration der Schwefelsäure aus 66° B. nach A. de Hemptinne; von Friedr. Bode in Haspe. |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 326 |
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Concentration der Schwefelsäure aus 66° B.
nach A. de Hemptinne; von
Friedr. Bode in
Haspe.
Mit einer Abbildung auf Taf. V [b/4].
Hemptinne's Concentration der Schwefelsäure.
Das Verfahren von A. de Hemptinne, Schwefelsäure unter
gleichzeitiger Anwendung von Wärme und von einem luftverdünnten Raume auf 66°
B. zu verstärken, ist in diesem Journal (1872 205 419)
bereits früher beschrieben. Aus einer neueren Mittheilung darüber in der Revue industrielle,
März 1875 S. 100 ist folgendes zu erwähnen. Die Schwefelsäure wird in der
Pfanne A aus dickem Blei (Fig. 35) verstärkt; diese
Bleipfanne, oben geschlossen und verlöthet, steht in einer anderen Pfanne aus
Gußeisen, die von unten durch den Rost A2 erwärmt wird. Der Boden der gußeisernen
Pfanne ist gerippt, damit bei Herstellung der Depression keine local abgeschlossenen
Lufträume zwischen Blei und Eisen bleiben können. Der Ueberdruck, welcher bei
eintretender Luftverdünnung von außen wirksam wird, kann nur auf das eiserne
— oben übrigens luftdicht verschlossene — Gefäß und nicht einseitig
auf die Bleipfanne wirksam werden und zwar, weil sich innerhalb der Pfanne A und außerhalb derselben, in der eisernen Umhüllung,
die gleiche Depression vermittels der beiden Rohre D und
I einstellt, welche mit einander verbunden sind.
Die Bleipfanne A wird mit Säure aus der offenen Pfanne
Q gefüllt. Man bringt zu dem Ende zunächst den
beweglichen Heber F in die Flüssigkeit dieser
Vorwärmpfanne, stellt alsdann in A die Luftverdünnung
her, läßt hinreichend Säure übertreten, was man nach dem gläsernen Schwimmer H beurtheilt, zieht sodann das Rohr F aus der Flüssigkeit in Q
und schließt das Ende schnell mit einem Kautschukstopfen. Das Schwimmerrohr muß
hinreichend tief eintauchen, damit bei Herstellung der Depression die äußere Luft
nicht in die Pfanne A eintreten kann.
Man zündet nun das Feuer auf A2 an, und die sich darauf entbindenden sauren Dämpfe gehen durch das Rohr
D, welches in einer Rinne A3 gekühlt wird, in die Kühlschlange N. Die schwache Destillatsäure geht in den geschlossenen
Bleikasten R, welcher zum Schutze gegen Deformirung
durch den äußeren Luftdruck mit Fächern versehen oder mit hohlen, durchlöcherten
Kugeln von Steingutmasse angefüllt ist.
Die hinreichend concentrirte Säure wird durch den Heber E
bis auf 10cm vom Boden
der Pfanne A abgezogen und in dem Mantelrohre E1 gekühlt, welches aus
dem Kasten K mit Wasser gespeist wird. Die gekühlte
Säure geht sodann durch den Trog U in eine der drei
Säurekästen V, V1, W.
Das Ende des Hebers wird nach dem Ablauf der Säure mit einem Kautschukstopfen
geschlossen, und es bleibt so der Heber bis zur nächsten Operation gefüllt. Aus den
Säurekästen, von denen jeder 50001 faßt, wird die
concentrirte Säure nach 10tägigem Stehenlassen mittels des Hebers X abgezogen.
Die Luftverdünnung wird, wie ich dies ähnlich für die Filtration von
Schwefelarsenniederschlägen mittels Luftdruck (1874 213
25) beschrieben habe, erzeugt, indem man Wasserdampf in den Kessel Z einströmen, die Luft dadurch austreiben und den Dampf
condensiren läßt. Es ist ein Druck von 72 bis 73cm Quecksilber zu Ende der Operationen
nöthig, und um denselben (nachdem das Feuer auf dem Roste gelöscht ist) zu
erreichen, ist noch eine Bunsen'sche Wasserluftpumpe N1 11m über dem Boden
angebracht, die aus dem Kasten N2 mit Wasser versorgt wird. Das Fallrohr dieser Luftpumpe ist mit
dem luftdicht verschlossenen Gefäße der Kühlschlange N
verbunden, so daß das Wasser die Schlange kühlt, um sodann in die Grube M2 abzulaufen.
Zu diesen Mittheilungen möchte ich mir nur wenige Anmerkungen erlauben. In dem
Artikel des Hrn. A. de Hemptinne ist zwar ausdrücklich
gesagt, daß das Verfahren (seit August 1873) klare und „beinahe
farblose“ Säure gibt. Indessen scheint doch die Nothwendigkeit eines
zehntägigen Stehenlassens der fertigen Säure, die Nothwendigkeit des Absitzenlassens
eines in der Säure suspendirten Körpers zu beweisen, denn ohne Noth läßt man
66° starke Schwefelsäure auch in ziemlich gut bedeckten Gefäßen nicht stehen;
sie wird dabei weder reiner noch stärker. Der Körper, dessen Absatz angestrebt wird,
ist ohne Zweifel schwefelsaures Blei, welches sich durch den Angriff der starken
Säure auf das Blei der Bleipfanne bildet. Seit August 1873 können in dieser
Beziehung schon schätzenswerthe Erfahrungen vorliegen, und es wäre sehr
dankenswerth, wenn über die Dauer der Bleipfannen, über den Kostenpunkt und über die
Zeitverluste, welchen die Auswechselungen erfordern, uähere-Mittheilungen
gemacht würden.
Uebrigens wird auch klare und beinahe farblose Säure, wenn sie viel schwefelsaures Blei in
Lösung enthält, durchschnittlich entwerthet — für den einen Abnehmer mehr,
für den anderen weniger.
Es möchte übrigens diese Bildung und Ausfällung des Bleisulfates, mit welchem schon
Keßler zu kämpfen hatte, als er 1860 ein in
Frankreich patentirtes Verfahren zur Darstellung von 66° Schwefelsäure durch
Erwärmung und Luftverdünnung einzuführen versuchte, nur von Neuem beweisen, daß es,
wenn nicht unmöglich doch sehr schwierig sein wird, auf diese Weise ein Verfahren
einzubürgern, welches nicht blos unter gewissen, selten wiederkehrenden
Verhältnissen, sondern möglichst allgemein anwendbar sein muß.
Aus Mittheilungen der HHrn. Faure und Keßler, über die ich (1874 211
26) referirt habe, geht hervor, daß schon im J. 1860 die Hauptschwierigkeit in der
starken Bildung von Bleisulfat lag, welche zum Aufgeben des Verfahrens zwang. Aus
denselben Mittheilungen entnimmt man auch, daß schon damals die Absicht, die wenig
widerständigen Wandungen des Bleigefäßes vor einseitiger Druckwirkung zu schützen,
durch den Kunstgriff erreicht wurde, daß man innerhalb und außerhalb dieses Gefäßes
gleichen Druck herstellte. Auch die Erwärmung durch eine eiserne Umhüllung hindurch
bestand bereits, und es wird mit Recht hervorgehoben, daß dies ein Grund zu
vermehrtem Brennstoffverbrauch war.
Der Apparat wirkt, wie aus der Beschreibung hervorgeht, intermittirend. Auch dieser
Umstand erhöht den Bedarf an Brennstoff. Aus der Beschreibung läßt sich nicht
entnehmen, welche besonderen Hindernisse dem continuirlichen Betriebe, der
mindestens denkbar ist, entgegenstehen. — Als eine äußerst unangenehme
Operation, die sich bei jeder Charge wiederholt, stelle ich mir das schnelle
Verstopfen des Hebers F mit einem Kautschukstopfen vor,
weil der Heber heiß und mit heißer oder warmer Säure benetzt ist.
Weitere Angaben über die Kosten des Apparates, seine Leistung per Tag und per Jahr,
über den Aufwand an Kohlen und Lohn wären gewiß Vielen erwünscht.