Titel: | Pyrometrische Prüfung zweier künstlich zusammengesetzten Kaoline im Vergleich zu den natürlichen; von Dr. Carl Bischof. |
Autor: | Carl Bischof [GND] |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 354 |
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Pyrometrische Prüfung zweier künstlich
zusammengesetzten Kaoline im Vergleich zu den natürlichen; von Dr. Carl Bischof.
Bischof, pyrometrische Prüfung zweier künstlich zusammengesetzten
Kaoline im Vergleich zu den natürlichen.
In der keramischen Literatur ist bereits wiederholt von TürrschmiedtNotizblatt des deutschen Ziegelvereins 1865; 1868 S. 342. und
neuerdings von Aron (1875 216
258) auf den Versuch Brongniart's — der Prüfung
künstlichen Kaolinporzellans im Porzellanfeuer — aufmerksam gemacht
worden.
Brongniart berichtet in seiner zweiten Abhandlung über die
Kaoline (vergl. dessen Traité des arts ceramiques, t. I.
p. 80), daß er nach der Mischung des Sévres-Porzellans chemisch rein
dargestellte Kieselsäure, Thonerde, Alkalien und Kalk zu einem Teig anrührte, und
durch das Brennen kein Porzellan bekam, sondern eine Masse, welche bei geringer Hitze zu einem pockigen
Email floß. Diese wegen ihrer möglichen Consequenz höchst wichtige
Beobachtung, welche dazu angethan erscheint, die errungene, unter bestimmten
Bedingungen auf das Bestimmteste bestehende und endgiltig
durch eine Zahl ausdrückbare Gesetzmäßigkeit bei den feuerfesten Thonen zwischen
analytischem und pyrometrischem Resultat, oder auch den Zusammenhang zwischen
chemischer Zusammensetzung und Schmelzbarkeit, in Frage zu stellen, veranlaßte mich
den bezeichneten Versuch zu wiederholen, dermalen ihn beschränkend auf einen
Rohkaolin und einen geschlämmten Kaolin, welche analytisch wesentlich von einander
verschieden sind. Ich wählte dazu die durch sonstige umfassende Untersuchungen
bereits bekannten Kaoline:
1) den Zettlitzer geschlämmten, analysirt von mir (vergl. 1870 196 450) und
2) den Saarauer Rohkaolin, analysirt von Richters (a. a.
O. 451).
Berechnet für 2g
Material, wurden die betreffenden Bestandtheile in denselben relativen Mengen, wie
sie die Analyse gefunden, zusammengesetzt. Die Thonerde wie Kieselsäure etc. wurde
chemisch rein dargestellt, erstere, wie früher (1869 194
422) beschrieben, aus Kryoliththonerde durch besondere Reinigung, und letztere aus
klarer Wasserglaslösung bereitet durch Fällung mit reichlich überschüssiger
Salzsäure und Digeriren damit. Außerdem diente in der Achatschale auf das Feinste
zerriebener, völlig durchsichtiger Bergkrystall zum Versuche. Beide Arten der
Kieselsäure ließen sich mit Flußsäure ohne Rückstand verflüchtigen. Die Magnesia
wurde durch Ammoniak aus Vittersalzlösung gefällt und durch Glühen in Aetzmagnesia
verwandelt. Der Kalk wurde gewonnen durch Lösung reinen gebrannten Marmors in
kohlensäurehaltigem Wasser und Eindampfen der klar filtrirten Lösung. Das Eisen
erhielt ich aus einer
reinen Eisenchloridlösung durch Fällung mit Ammoniak. Als Kali diente reines
kohlensaures Kali.
Sämmtliche-Bestandtheile wurden fein zerrieben und mit Ausnahme kohlensauren
Kalkes und des kohlensauren Kalis vorher stark geglüht und hierauf völlig trocken abgewogen. Die Pulver zerrieb ich stets in
der Achatschale, zuerst trocken und alsdann reichlich mit destillirtem Wasser
durchfeuchtet; dann folgte ein längeres, innigstes Durchkneten.
Es wurde so für den Zettlitzer künstlichen Kaolin (Nr. 1) eine schleimige und beim
Antrocknen formbare Masse erhalten, die namentlich feucht eine deutliche Färbung ins
Hellbläuliche hatte; bei der künstlichen Mischung für den Saarauer Kaolin, welcher
im Verhältniß zu dem genannten Kaolin nicht viel mehr als die Hälfte an Eisen
enthält, war diese bläuliche Färbung einen deutlichen Stich heller. Auch unterschied
sich die Masse dadurch von der ersten, daß sie feucht mehr gallertartig erschien,
rascher trocknete, aber beim Formen rissig wurde, kürzer sich verhielt und
getrocknet ein entschieden größeres Volumen einnahm, d. h. sie ist poröser, loser,
was sich denn durch ein augenscheinlich leichteres Zerreiben kundgab.
Die beiden so hergestellten, getrockneten künstlichen Kaolinmassen unterschieden sich
von einander im Aussehen der Schnittfläche, welche bei 1 leise glänzend, dagegen bei
2 keinen Glanz zeigte und erdig erschien. Dieselben wurden schließlich nochmals auf
das Feinste zerrieben und Proben davon zur pyrometrischen Bestimmung genommen. Das
Formen auf dem Ballen der Hand wie das Durchmischen geschah mittels eines
Platinspatels.
So wurden gleiche Mengen von den natürlichen und von den künstlich gemischten
Kaolinen, von letzteren stets je doppelte Proben abgemessen, zu kleinen Cylindern
geformt und diese bis zur controlirten Platinschmelzhitze im verschlossenen Tiegel
erhitzt.
Die Beschreibung der Glühresultate ist stets aus zwei verschiedenen Glühungen
abgeleitet; jedesmal wurden mindestens zwei, in zweifelhaften Fällen mehrere
Versuche angestellt, bis eine Uebereinstimmung erzielt, die keine Unsicherheit übrig
ließ.
Zettlitzer Kaolin.
Natürlich.
Künstlich.
Ist unter gänzlicher Erhaltung der Form außen nicht glänzend.
Ist unter gänzlicher Erhaltung der Form außen leise
glänzend.
Bruch porzellanartig, dicht; nur ganz vereinzelte feinste Poren sind
wahrzunehmen.
Bruch porzellanartig, ölig; deutliche Poren treten reichlich auf.
Die Färbung ist außen schwach grau, innen weiß.
Färbung ist außen dunkelgrau innen hellgrau.
Saarauer Kaolin.
Natürlich.
Künstlich.
Form erhalten, abgerundet, außen glasirt, lebhaft glänzend.
Form völlig verloren, zu einem auf das
lebhafteste glänzenden Glastropfen zusammengeflossen resp. gaschmolzen.
Bruch zeigt eine von Schmelz durchzogene Masse, feinporig.
Bruch zeigt eine ebenso von Schmelz durchzogene Masse, aber mehr
porig.
Färbung außen wenig grau, innen weiß
Färbung außen dunkelgrau, innen wenig grau.
Eine tiefere pyrometrische Stellung der beiden
vorliegenden künstlichen Massen gegenüber den natürlichen ist damit unläugbar
bestätigt. Vergleichen wir indessen genauer diese Unterschiede unter einander, so
tritt uns sofort die bemerkenswerthe Beobachtung entgegen, daß der pyrometrische
Abstand zwischen natürlicher und künstlicher Zusammensetzung ein recht auffallend
größerer bei dem Saarauer Kaolin ist als bei dem Zettlitzer. Während hier bei
gleichmäßiger Erhaltung der Form der Proben gewissermaßen nur Anzeichen einer
leichteren Schmelzbarkeit wahrzunehmen, ist dort im eigentlichen Sinne des Wortes
die Beständigkeit im Feuer verloren gegangen. Während somit der künstliche
Zettlitzer Kaolin bereits keine bedeutende pyrometrische Differenz zeigt und die den
geschlämmten Kaolinen eigenthümliche, hervortretend hohe Schwerschmelzbarkeit im
Wesentlichen behauptet, zeigt der künstliche Saarauer Kaolin ein so abweichendes
Verhalten, daß er fast nicht mehr zu den feuerfesten Thonen zu rechnen ist.
Die graue Färbung selbst der natürlichen Proben ist auffallend; doch da sie bei den
Wiederholungen sich nicht mehr, wenigstens nicht in dem Maße eingestellt, so dürfte
der Grund dafür in einer zufälligen Art von Dämpfung, wie solche künstlich durch
Raucherzeugung zu Wege gebracht wird, zu suchen sein.
Verfolgt man das gefundene erwähnte Verhältniß noch näher, so unterscheiden sich
beide Kaoline unter einander durch ansehnlich verschiedenen Kieselsäuregehalt und
wechselnde Flußmittelmenge. Bei dem Saarauer Kaolin beträgt die Menge der
Kieselsäure sehr beträchtlich mehr, wogegen die der Flußmittel nicht unwesentlich
abgenommen hat. Ueberhaupt aber bildet den weit vorwiegenden Bestandtheil die
Kieselsäure, welche, wie bekannt, vornehmlich in zwei Zuständen auftritt, worüber
die Analyse Aufschluß gibt und die in ihrer Besonderheit bei den vorliegenden
künstlichen Gemengen nicht berücksichtigt sind.
Außer der chemisch gebundenen Kieselsäure findet sich ein Theil ungebunden, d. h.
krystallinisch oder mit dem allgemeinen, wenn auch nicht präcisen Namen als Sand
bezeichnet. Um uns also streng an den Befund der Analyse zu halten, haben wir der
gefällten, also amorphen Kieselsäure so viel krystallisirte beizumischen, als die
Analyse angibt.
Erinnern wir uns dabeiAuch für sich ist die gefällte Kieselsäure, wie
sie z. B. bei Silicatanalysen nach dem Ausschließen mit kohlensauren
Alkalien erhalten wird, selbst sorgfältigst mit kochendem Wasser längere
Zeit ausgewaschen, weniger strengflüssig (vergl. 1863 169 359. 1864 174 140). Erst nach
völligem Auskochen mit Salzsäure erscheint die gefällte amorphe Kieselsäure für
sich fast gleich unschmelzbar mit dem Bergkrystall, resp. mit der
krystallinischen Kieselsäure. Nur eine wenig größere Festigkeit der Probe
läßt sich alsdann zu Ungunsten der amorphen Kieselsäure beobachten, nachdem
sie der Platinschmelzhitze ausgesetzt war. daß die amorphe
Kieselsäure gemengt mit Thonerde sich „wesentlich leichtflüssiger als die
krystallisirte verhält, ja in einer bestimmten Temperatur, in welcher die
amorphe Kieselsäure geradezu als Flußmittel auftritt, die krystallisirte
Kieselsäure im Gegentheil die Strengflüssigkeit zu erhöhen vermag“,
so läßt eine Wiederholung des Versuches mit dieser Abänderung ein anderes Resultat
in Voraus erwarten. Zur nochmaligen Vergewisserung wurde für den früheren Versuch,
welcher mit gereinigter Infusorienerde und Opal, Bergkrystallpulver gegenüber
angestellt, die Abänderung getroffen, daß jetzt chemisch gefällte Kieselsäure
benützt wurde.
Beide, die amorphe Kieselsäure und das feinste Bergkrystallpulver, nachdem sie mit
Salzsäure ausgekocht, ließen in controlirter Platinschmelzhitze keine augenfällig
verschiedene Schmelzbarkeit wahrnehmen; hingegen war, je mit gleichen
Gewichtstheilen reiner Thonerde versetzt, die Probe mit der amorphen Kieselsäure
mehr ölig und ungleich fester — also mehr von wenn auch noch so leisem
Schmelz durchdrungen — als die Probe mit dem Bergkrystallpulver. Letztere
erschien entschieden mehr staubig. Der erneuerte Versuch bestätigt somit die
leichtere Schmelzbarkeit der amorphen Kieselsäure gegenüber der krystallinischen in
Verbindung mit Thonerde, wenn auch der Abstand nicht so augenfällig, als dies bei
der gereinigten Infusorienerde oder Opal der Fall ist.
Die pyrometrische Bestimmung wurde wiederholt mit neu dargestellten Gemengen, bei
denen für den Zettlitzer Kaolin auf 0,811 amorpher Kieselsäure 0,103 feinster Sand,
welcher aus völlig klarem Bergkrystall durch Zerschlagen in eingewickeltem Papier
und alsdann Zerreiben in der Achatschale gewonnen, genommen war. Die Gemenge wurden
wie oben erst trocken, dann im breiartigen Zustande und hierauf getrocknet nochmals
zerrieben und daraus die Proben geformt und ebenso geglüht.
Beim Anmachen der Pulver bedürfte das Gemenge weniger Wasser als das obige mit nur
gefällter Kieselsäure; die Masse war weniger voluminös, sowohl im feuchten wie
trockenen Zustande und erschien getrocknet weniger fest. Die controlirenden
Platinschnitzel waren völlig zur Kugel geschmolzen.
Zettlitzer Kaolin.
Natürlich.
Künstlich.
Ist wie oben unter völliger Formerhaltung außen nicht glänzend, innen
porzellanartig dicht.
Ist unter völliger Erhaltung der Form wenig glänzend, so daß mit bloßem
Auge kein Glanz und nur unter der Loupe ein
leiser Hauch zu bemerken.
Nur ganz vereinzelte Poren sind sichtbar.
Bruch Porzellanähnlich; nur vereinzelte Poren werden sichtbar.
Außen wie innen weiß.
Färbung hellgrau.
Pyrometrisch ist der Unterschied zwischen beiden Massen, der natürlichen wie
künstlichen, sehr gering. Nur noch ein leiser äußerer Glanz und eine kaum größere
Porigkeit läßt sich zu Ungunsten des künstlichen Gemenges anführen, während wie oben
hinsichtlich der Erhaltung der Form und des den Kaolinen eigenthümlichen
porzellanartigen Brennens eine völlig zutreffende Uebereinstimmung bis auf die
unwesentliche Färbung sich eingestellt hat.Wird statt des Gemenges von amorpher und krystallinischer Kieselsäure nur
letztere verwendet, so zeigen die geglühten Proben eine noch nähere
Uebereinstimmung mit dem natürlichen Kaolin, ja die Differenz —
welche nichts destoweniger als völlig verschwindend sich nicht bezeichnen
läßt — reducirt sich dann auf einen leisesten Anflug von äußerem
Glanz. Innen erschien die Probe völlig dicht, dichter wie die
natürliche.
Was die graue Färbung der künstlichen Massen betrifft, so dürfte der Grund dafür,
wenn nicht in der bekanntlich durch geringe Modificationen so variabel färbenden
Eisenbeimischung, noch darin zu suchen sein, daß durch die behufs innigsten
Durchmischens häufig wiederholte Behandlung der breiartigen Massen mit dem
Platinspatel ein Abfärben herbeigeführt wurde; wenigstens war ein solches bei dem
letzten Abstreichen der Masse von dem Platinspatel stets augenscheinlich zu
bemerken.
Wurde das künstliche Saarauer Kaolingemenge mit 1,118 Proc. gefällter Kieselsäure und
0,400 feinstem Quarzpulver desgleichen geglüht, so bedürfte das Gemenge im Vergleich
zu dem mit nur gefällter Kieselsäure merklich weniger Wasser und war gleichfalls
weniger voluminös wie fest und erschien kürzer.
Unter sämmtlichen Proben war das Saarauer künstliche Gemenge mit der nur gefällten
Kieselsäure am voluminösesten, dagegen war am hellsten in der Färbung dasselbe
Gemenge, bestehend aus gefällter Kieselsäure nebst Quarzpulver.
Saarauer Kaolin.
Natürlich.
Künstlich.
Form wie oben erhalten, außen glasirt, wenig abgerundet, glänzend.
Form erhalten; stark abgerundet, auf das lebhafteste glänzend.
Bruch kaum glänzend und porig. Es zeigen sich schwarze Fleckchen.
Bruch reichlich porig (Poren sind zirkelrund), von Schmelz
durchzogen.
Farbe ist innen völlig rein weiß und außen mit einem Stich ins
Schmutzige.
Färbung außen wie innen hellgrau, doch innen heller.
Eine Annäherung der künstlichen Probe zur natürlichen in pyrometrischer Hinsicht ist
auch damit nicht zu verkennen, wenn auch andererseits ein größerer Abstand hier noch
immer obwaltet.
Sieht man sich für diesen, und um so leichter für den obigen bereits sehr geringen
Unterschied, weiter hin nach einer Erklärung um, so bietet sich, wie man wohl sofort
mit mir einstimmen wird, noch eine Abweichung dar in dem beachtungswerthen Umstände,
welchen das natürliche Gemenge in seiner Bildungsweise vor dem künstlichen voraus
hat. Dort haben wir es durchweg mit Hydraten zu thun,
dagegen werden hier die Substanzen im wasserfreien Zustande dem Gemenge einverleibt,
welches, wenn auch angefeuchtet, doch nicht längere Zeit genügend zur Hydratbildung
damit in Berührung bleibt.
Sollte aber darin nicht noch ein Factor liegen, welcher die Schwerschmelzbarkeit
begünstigt? Ist doch, abgesehen davon, daß ein größerer Aufwand von Wärme
erforderlich, um das chemisch gebundene Wasser vollständig auszutreiben, damit
zugleich und mit dem Uebergang der festen Aggregatform des Wassers in die flüssige
und gasförmige eine nothwendige Temperaturerniederung verbunden, was also bei einer
abgemessenen Prüfungszeit durch einen geringern Grad der
Schmelzbarkeitserscheinungen sich äußern muß.Setzt man die Probe des natürlichen Kaolins wiederholt der Platinschmelzhitze aus, so ist allerdings bei den
doppelt geglühten Proben gegenüber den einfach geglühten kein wesentlicher
Unterschied zu bemerken; doch liegt darin kein Gegenbeweis, da eine und
dieselbe starre Masse bei einem wiederholten Glühen nur dann eine
Veränderung zeigt, wenn der erzielte Hitzgrad ein höherer
war.
Noch ein zweiter Umstand, wenn auch von geringem Einfluß, ist anzuführen, nämlich ein
Gehalt von organischen Stoffen, der sich bei beiden natürlichen Kaolinen durch eine
sichtliche Schwärzung beim Glühen zu erkennen gibt.
Endlich komme ich noch auf das oben angedeutete Verhältniß zurück, daß wir es bei dem
Saarauer Thon mit einer verhältnißmäßig ungleich größeren
Menge Kieselsäure zu thun haben. Dadurch werden gewissermaßen die Momente, wie die
aufgeführten, zu Ungunsten der künstlichen Gemenge um so mehr
multiplicirt. Eine einmal eingeleitete Schmelzung kommt hier um so
energischer und vollständiger zur Erscheinung. Umgekehrt tritt beim Zettlitzer
Kaolin bei dem geringeren Kieselsäuregehalt der ungünstigere Umstand in den
Hintergrund.
Liegt doch überhaupt der Grund der weit leichteren Schmelzbarkeit des Saarauer
Kaolins gegenüber dem Zettlitzer, wiewohl ersterer wesentlich
flußmittelärmer ist, in dem geringeren Thonerde- resp. größeren
Kieselsäuregehalte.
Wenn auch vorliegende Untersuchung nicht den Anspruch einer nach allen Seiten
erschöpfenden Behandlung der vorliegenden Frage machen kann, so dürften doch
folgende Punkte für deren kaum zweifelhafte Lösung daraus hervorgehen.
1) Die von Brongniart behauptete Differenz in der
Schmelzbarkeit zwischen künstlich zusammengesetztem Kaolinporzellan im Gegensatz zu
solchem, wozu natürlicher Kaolin verwendet, muß sich unstreitig zu erkennen geben,
wenn man nur schlechthin die mittels der Analyse gefundenen Bestandtheile in
denselben relativen Verhältnissen abwiegt, ohne aber auf die ganz besondere
Reinigung der Kieselsäure Bedacht zu nehmen, und ohne sich an die wirklichen natürlichen Umstände strengstens zu halten.
2) Anders und günstiger gestaltet sich schon das Resultat, wenn man für die vorher
mit Salzsäure behandelte Kieselsäure außer der erhaltenen amorphen auch die
gefundene krystallinische hinzufügt. Es wird alsdann für den Zettlitzer Kaolin
bereits ein sehr geringer Abstand und für den Saarauer
Kaolin eine ziemliche
Annäherung erreicht.
3) Wahrscheinlich dürfte auch diese noch bemerkenswerthe Ver schiedenheit ihren Grund
in dem hydratischen Zustande der natürlichen Verbindungen haben, sowie in wohl nie
fehlenden organischen, kohligen Substanzen, und endlich mitwirkend in der nicht ohne
Analogie bestehenden progressiv vermehrten Schmelzbarkeit einer Thonmasse durch eine
bis zu einem gewissen Punkte vermehrten Kieselsäuremenge, vorausgesetzt, daß nur die
Schmelzhitze genügend hoch ist.
4) In physikalischer Beziehung nimmt mit theilweisem Ersatz der chemisch gefällten
Kieselsäure durch natürliches Quarzpulver bereits die Wasseraufnahme der Masse ab,
ferner deren Volumen und Festigkeit. Mit der relativ größeren Menge der
hinzugefügten künstlichen Kieselsäure überhaupt läßt sich ein Wachsen der
Aufnahmefähigkeit an Wasser wie des Volumens der Masse beobachten.
Wiesbaden, im April 1875.