Titel: | Die Combination von Anilinschwarz-Orange auf Baumwolle; von Dr. A. Kielmeyer. |
Autor: | A. Kielmeyer |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 361 |
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Die Combination von Anilinschwarz-Orange
auf Baumwolle; von Dr. A.
Kielmeyer.
Kielmeyer, über Anilinschwarz-Orange auf
Baumwolle.
Es wurde schon bei einem frühern Anlaß in diesem Journal (1874 211 313) darauf hingewiesen, daß die Einführung des Anilinschwarz den
Baumwolldruckereien nicht blos eine Bereicherung ihres Receptenschatzes, sondern
auch ihren Mustercollectionen eine solche an neuen Genres und neuen
Farbencombinationen brachte. Von dieser Zeit datirt der bedeutende Consum von
bedruckten baumwollenen Hemdenstoffen zuerst mit schwarzen Dessins, welchen bald die
Ausarbeitung in Roth, Violett und anderen Farben, hierauf auch die Ausführung
mehrfarbiger Muster folgte. Die Verwendung des Anilinschwarz neben Eisenchamois mit
ausgespartem Weiß, welche in manchen Gegenden Oesterreichs einen ziemlich
bedeutenden Absatz findet, gehört ebenfalls hierher. Viel wichtiger jedoch für den
Baumwolldruck und viel verbreiteter ist die verschiedentliche Zusammenstellung des
Anilinschwarz mit Bleiorange. Es ist natürlich, daß man sich früher schon in dieser
durchaus dankbaren und effectvollen Combination versucht hat; sie wurde entweder
falsch in Dampfschwarz und Kreuzbeergelb oder mühsamer und kostspieliger, dabei
ziemlich unvollkommen in Echtschwarz und Bleiorange ausgeführt; aber sie fand weder
in der einen noch in der anderen Form eine besondere Aufnahme, während sie sich
jetzt einer großen Beliebtheit erfreut, sowohl für die feineren Muster der
Hemdenstoffe, Sommerkleider, Jaconas, Brillantines u. s. w., als auch für leichte
wie für schwere Foulardartikel.
Bei der Verwendung von Anilinschwarz neben Blei- oder Chromorange zeigte sich
bald das Bedürfniß, zweierlei Vorschriften für das letztere einzuführen, je nachdem
die beiden Farben in der Zeichnung sich direct berühren oder nicht. Steht jede
derselben frei für sich selbst, so kann man immerhin das alte Orange mittels basisch
essigsaurem Blei und Bleizucker beibehalten. Fallen aber die beiden Farben an
einander und damit stellenweis für den Rouleaudruck, wenn auch in knappester Weise
auf einander, so ist eine Vermischung an den Grenzpartien nicht zu vermeiden, und es
läßt hier das basisch essigsaure Blei durch seine alkalischen Eigenschaften und
durch seinen Gehalt an Essigsäure das Anilinschwarz nicht zur Entwickelung kommen,
so daß auf der Grenze zwischen beiden Farben eine Mißfarbe entsteht, welche dem
ganzen Muster ein unfertiges, schäbiges Aussehen ertheilt. Dieser Uebelstand kommt
gar nicht in Betracht beim Handdruck oder beim Plancheplattendruck —
überhaupt nicht, wenn das Anilinschwarz allein vorgedruckt und nach dessen voller
Entwickelung, jedoch ohne vorher zu waschen, das Orange von Hand eingepaßt werden
kann. Es hat sich nun gezeigt, daß man beim Walzendruck, um eine saubere Wiedergabe
der Zeichnung zu erzielen, statt der Farbe mit Bleiessig eine solche mit
salpetersaurem und gewöhnlichem essigsaurem Blei zu gleichen Theilen zu nehmen hat.
Dieselbe hat nicht die basischen Eigenschaften des Bleiessigs; die aus dem
salpetersauren Blei beim Zusammentreffen mit saurem Anilinschwarz frei werdende
Salpetersäure hebt die schädliche Wirkung der Essigsäure des Bleizuckers auf, und
das fertige Orange präsentirt sich ohne alle Ränder. Mit salpetersaurem Blei allein
zu arbeiten, ist nicht rathsam; die an jenen Berührungsstellen auftretende
beträchtliche Menge von Salpetersäure, vermengt mit Salzsäure, würde die Stärke des
Baumwollfadens gefährden, namentlich wenn im Muster das Schwarz gegenüber dem Orange
dominirt oder das letztere ganz umschließt. Dagegen leistet basisch salpetersaures
Blei ganz gute Dienste, und habe ich dasselbe, ehe mir das obige Verhältniß zwischen
Bleizucker und salpetersaurem Blei bekannt war, mit Vortheil zu einer Vorschrift für
Orange benützt, welche, weil sie von den sonstigen Vorschriften abweicht, einiges
Interesse bieten dürfte. Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß dieselbe keine
besondere Behandlung der bedruckten Stücke in der Färberei bedingt.
4k,2 salpetersaures
Blei werden in
6l,5 Wasser heiß gelöst
und heiß zugefügt
280g Natronlauge von
1,1598 spec. Gew., schließlich das Ganze mit
1k,12 Weizenstärke
und
1l Wasser verkocht und
verdickt.
Bis jetzt war angenommen, Anilinschwarz und Orange werden zweifarbig, d. h. naß neben
einander gedruckt. Die Combination derselben wird aber auch in der Richtung
ausgebeutet, daß ein einfaches Objet, ein Tupfen, ein Streifen und dgl. in Orange
vorgedruckt und trocken mit einem mehr oder weniger kräftigen
Anilinschwarzsoubassement überwalzt wird. Das Orange hat in diesem Fall die
Entwickelung des naß darauf fallenden Schwarz gänzlich zu verhindern, es hat als
Reserve zu fungiren. Es geht aus dem Obigen hervor, daß zu diesem Zweck ein Orange
mit alkalischen Eigenschaften, d. h. ein solches mit Bleiessig und Bleizucker
gewählt werden muß; um aber als Reserve dienen zu können, gehört weiter dazu, daß es
nicht mit weißer Stärke, sondern mit dunkelgebrannter Stärke oder mit Dextrin
verdickt werde. Wirklich erfüllt eine solche Farbe ihren Zweck, sie bleibt unter dem
Schwarz stehen und behauptet ihre Nüance. Wird jedoch die weitere Forderung
gestellt, das Orange soll neben Anilinschwarz zweifärbig vorgedruck und mit Anilinschwarz überwalzt
werden, so wird wieder das Orange mit dem ersten Schwarz contouriren, und ich kann
nun eine für beide Fälle brauchbare Vorschrift empfehlen, welche mir immer sichere
und gute Dienste geleistet hat.
11k,2
salpetersaures Blei,
2k,2
essigsaures Natron werden in
7l,8
Wasser kochend gelöst, mit
4k,2
dunkelgebrannter Stärke verdickt und lauwarm zugefügt:
1k,9
Natronlauge von 1,2605 spec. Gewicht.
Ich habe auch für diese Vorschrift ein basisch salpetersaures Blei benützt, aber wie
aus der Quantität der Natronlauge ersichtlich ist, ein solches mit viel
ausgesprocheneren basischen Eigenschaften. Der Zusatz des essigsauren Natrons ist
nothwendig, um das auf das Orange fallende Anilinschwarz zu neutralisiren, um das
chlorsaure Kali des letzteren unwirksam zu machen, um dem Orange die Fähigkeit,
zugleich als Reserve zu dienen, vollständig zu ertheilen. Wirklich steht dieses
Orange sehr scharf und fest unter dem schwersten Anilinschwarz, ob es nun einfarbig
oder zweifärbig in Gesellschaft mit Schwarz vorgedruckt worden ist, und zeichnet
sich überdies durch seine reine und satte Nüance vor der mit Bleiessig hergestellten
Farbe aus. Für beide Vorschriften aber ist zu berücksichtigen, daß das
Ueberdruckanilinschwarz keine Weinsäure enthalten darf, wenigstens nicht, wenn das
Fixirungsbad ganz oder theilweise aus Ammoniak besteht. Das auf dem Orange sich
bildende, sowie das im Bad sich allmälig ansammelnde weinsaure Ammoniak löst das
Bleisalz zum großen Theil von der Baumwolle ab, wie auch dieses Salz sich ganz gut
für einen Reservepapp unter Chromorange eignet, und das Resultat ist, daß das Orange
nach dem Chrombad und dem Kalkmilchbad ein lebloses, abgerissenes Aussehen
annimmt.