Titel: | Ueber Kieseritwäsche und Darstellung der Kieseritsteine; von G. Krause. |
Autor: | G. Krause |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 432 |
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Ueber Kieseritwäsche und Darstellung der
Kieseritsteine; von G.
Krause.
Mit Abbildungen.
Krause, über Kieseritwasche und Darstellung der
Kieseritsteine.
Der Kieserit MgSO4.HO2 (MgO, SO3 + HO) Hat seit feiner
Einführung in die Technik stets günstige Aussichten seiner Verwerthung gehabt, und
sich auch in der That für viele Verwendungen in der chemischen Industrie brauchbar
gezeigt. Sein Schwefelsäuregehalt, je nach der Reinheit 30 bis 50 Proc., schien ihn
für Schwefelsäure-, Sulfat- und Sodafabrikation geeignet zu machen.
Die ersten Versuche mit
dem Kieserit stellte Clemm im J. 1863 an, indem er sich
mit der Gewinnung von Bittersalz, Schwefelsäure, Soda und Kaliumsulfat befaßte. Es
ergab sich hieraus jedoch nichts Praktisches, was für die Großindustrie hätte
anwendbar gemacht werden können. Ihm folgten mit ähnlichen Bestrebungen andere
Vorsteher von Fabriken. Gegenwärtig hat der Kieserit in Staßfurt und Leopoldshall
zwar nur eine beschränkte Verwendung, die aber als erpropt eine durchaus sichere zu
nennen ist. Die Fabrik Wüstenhagen und Comp. bei Staßfurt fabricirt aus ihm Bittersalz, und zwar
jährlich ungefähr 500 000k. Außerdem wird er fast ausschließlich zur Glaubersalzfabrikation
und zur Kieseritwäsche gebraucht. Erstere beruht auf der Umsetzung von
Magnesiumsulfat und Chlornatrium in Natriumsulfat und Chlormagnesium, wenn beide in
Lösung und bei niederer Temperatur auf einander einwirken. Bei höheren
Temperaturgraden krystallisiren andere Sulfate (Bittersalz, Kaliummagnesiumsulfat)
heraus. Die Kieseritwäsche, von der hier speciell die Rede sein soll, hat die
Aufgabe, den Kieserit aus den Abraumsalzrückständen, welche bei der
Chlorkaliumfabrikation abfallen, auszuscheiden, um ihn alsdann zu anderen Zwecken
verwerthen zu können.
Im J. 1865 wurden die ersten Versuche von Vorster und Grüneberg (vergl. 1872 203
194. 206 465) in Staßfurt gemacht, den Kieserit aus den
Rückständen auf verschiedene Weise zu gewinnen. Auch Lindemann und Comp., sowie Leister und Townsend gehören
zu den Vertretern dieses Industriezweiges.
Es wird nur der Kieserit zu erhalten gesucht, welcher sich in den Abraumsalzen als
verunreinigende Beimengung besindet. Die Abraumsalze, wie sie aus der Grube
gefördert und von den chemischen Fabriken verarbeitet werden, bestehen im
Allgemeinen aus:
Carnallit
55–60
Proc.
Kieserit
13–15
Proc.
Steinsalz
25–30
Proc.
Anhydrit, Thon, Eisen, Sand
1–2
Proc.
Eine größere Durchschnittsprobe ergab bei der Analyse:
Chlorkalium
16,46
Chlornatrium
23,08
Chlormagnesium
20,70
Magnesiumsulfat
15,02
Calciumsulfat
2,17
Unlösliches
1,27
Wasser
21,30
–––––––
100,00
Nachdem aus den Abraumsalzen das Chlorkalium gewonnen, dadurch gleichzeitig
Chlornatrium und Chlormagnesium mit in Lösung gegangen sind, verbleibt in den
Lösekesseln eine graue Masse, welche kurzweg der „Rückstand“
genannt wird. Je nach dem Betriebe ist die Quantität desselben verschieden, ungefähr
30 bis 40 Proc. Ebenso ist seine Zusammensetzung nicht immer dieselbe; gewöhnlich
hat er folgende Bestandtheile :
Chlorkalium
9,32
Chlornatrium
33,18
Chlormagnesium
9,97
Magnesiumsulfat
25,66
Calciumsulfat
6,35
Unlösliches
8,67
Wasser
6,85
–––––––
100,00.
Dies ist das Rohproduct, welches bei der Kieseritwäsche in Anwendung kommt. Die
Verarbeitung desselben geschieht in folgender Weise. Man unterwirft unmittelbar die
frischen Rückstände einem Waschproceß, um zu vermeiden, daß der darin enthaltene
Kieserit durch längeres Liegen an der Luft Wasser aufnehme und Bittersalz bilde,
wodurch er leicht löslich und gleichfalls ausgewaschen würde. Die Wäsche hat den
Zweck, möglichst alle anderen Bestandtheile in Lösung zu bringen und hinwegzuführen,
den Kieserit dagegen ungelöst zurück zu lassen. Dieser ist in kaltem Wasser fast
unlöslich, zerfällt aber bei der Behandlung mit demselben in ein feines Pulver. Der
Rückstand wird aus dem Lösekessel in einen viereckigen eisernen Kasten a (von 10mm Wandstärke) geworfen, welcher
gewöhnlich und zweckmäßig die nachstehend veranschaulichte Form hat.
Textabbildung Bd. 216, S. 434
Den Boden dieses Kastens a bildet ein Rost, dessen Stäbe
1cm weit von
einander gestellt sind; die Höhe der Roststäbe beträgt in der Mitte 7, an den Enden
3 bis 4cm. Der Kasten
a. ist in ein flaches Gefäß b eingesetzt, von welchem die Rinne c nach dem
geneigten Sieb d über dem Reservoir e führt. Ans dem Siebrohr g
spritzt Wasser auf den im Kasten a eingefüllten
Rückstand; derselbe löst sich desto leichter, je heißer er ist. Es hinterbleiben nur
0,4 bis 0,5 Proc. (von den angewendeten Abraumsalzen) Unlösliches, vorzugsweise aus
großen Stücken Steinsalz bestehend. Mit geringer Mühe lassen sich diese auch vorher
durch Aussuchen beseitigen. Die entstandene Lösung und kleine ungelöste Theilchen
gelangen durch die Spalten der Roststäbe in das Gefäß b,
aus diesem durch die (halb verkürzt skizzirte) Rinne c
auf das Sieb d. Dasselbe besteht aus einem
Drahtgeflechte, mit einer Maschenweite von 1mm im Quadrate welches in einen
Holzrahmen eingespannt ist. Zweckmäßiger ist es, wenn nur die Längsdrähte vorhanden
sind, und zwar in einer Entfernung von 3mm von einander; in je einem Abstände von
10cm sind sie in
der Quere mit einem dünnen Drahtseile verbunden. Nach den bisherigen Erfahrungen
scheint diese Einrichtung und der genannte Abstand der Drähte am vortheilhaftesten
zu sein. Auf dem Siebe bleiben ungelöst zurück: Anhydritkrystalle, außerdem
Boracitkrystalle, dichter Boracit (Staßfurtit), Thon, Steinsalzstückchen, etwas
Kieserit und mechanische Verunreinigungen. Digerirt man dieses Gemenge einige
Stunden lang mit Wasser, welchem 10 Proc. Salzsäure (spec. Gew. 1,67 = 30 Proc.)
hinzugesetzt sind, so erhält man eine Lösung, welche, filtrirt und abgedampft,
zuerst wenig Borsäure, nachher viel Bittersalz anschießen läßt. Die Lauge enthält:
Thonerde, Eisen und Bittersalz, dessen Quantität 10 bis 15 Proc. der Siebrückstände
ausmacht.
Die größte Menge des Kieserits und die Flüssigkeit, welche Chlormagnesium,
Chlorkalium, Chlornatrium, etwas Gyps und Bittersalz in Lösung enthält, Passiren das
Sieb d und gelangen in ein Reservoir e (oder hierfür in eine im Boden gemauerte flache
viereckige Grube). Der fein geschlämmte Kieserit setzt sich sofort ab, während die
Lösung durch eine oben am Reservoir angebrachte Oeffnung beständigen Abfluß hat und
durch das Rohr f und eine Rinne fortgeführt wird. Das
Reservoir ist in mehrere Abtheilungen getheilt; ist eine davon mit Kieserit gefüllt,
so verlegt man die Rinne c nach der anderen Abtheilung.
Die 0,5 Proc. Steinsalz im Kasten a, 0,1 Proc. Anhydrit
etc. auf dem Siebe d, sowie die Lösung aus dem Kasten
e werden nicht nutzbar gemacht. Der abgesetzte
Kieserit aber wird ausgeworfen, tüchtig durcheinander gearbeitet und sofort geformt. Die
conischen Formen sind von Holz oder Eisen, oben und unten offen; sie besitzen zwei
lange und zwei kürzere Wände, an welch letzteren zwei Handhaben angebracht sind. Die
Länge beträgt unten 35, oben 30cm. Die Form wird auf den gepflasterten Boden gesetzt, der
Kieserit mittels eines Spatens eingedrückt und die Form dann abgezogen. Der Kieserit
erhärtet sofort. Nach vollständigem Austrocknen der Steine, wozu wenige Stunden
erforderlich sind, werden sie durch einen Schlag mit einer Hacke vom Boden getrennt.
Ein Kieseritstein dieser Größe wiegt 25 bis 28k. Das Formen des Kieserits zu
viereckigen Steinen hat den Zweck, dem billigen Material eine transportable Gestalt
zu geben, um ein Verpacken in Säcke, Fässer etc. zu sparen.
Die chemische Zusammensetzung des Fabrikates ist folgende:
I.
II.
Magnesiumsulfat
59,90
59,40
Calciumsulfat
8,89
2,48
Chlornatrium
2,17
1,37
Unlösliches
12,71
10,43
Wasser
16,33
26,32
–––––––
–––––––
100,00
100,00.
Das Unlösliche besteht aus Thonschlamm und kleinen Anhydritkrystallen. Bei der
analytischen Untersuchung hat man darauf zu sehen, den Kieserit 1 Stunde lang mit
Wasser auszukochen, da er sonst nicht ganz in Lösung gehen, sondern theils im
Rückstände bleiben würde.
Durch andere Analysen wurden folgende Daten erhalten:
I.
II.
III.
IV.
V.
MgSO
4
59,40
60,42
55,92
58,77
58,11 Proc.
H
2
O
24,07
25,51
26,21
27,17
28,66 Proc.
Der Kieserit im calcinirten Zustande enthält:
I.
II.
MgSO
4
81,45
Proc.
77,64
H
2
O
1,48
Proc.
2,40
Der Kieserit muß möglichst rein gewaschen werden und namentlich frei von Chlornatrium
sein; ein Gehalt von 5 Proc. und darüber macht ihn bröckelig. Die Stellung des
Wasserrohres g muß eine derartige sein, daß das
ausströmende Wasser direct, gleichmäßig und ununterbrochen den Rückstand benetzt.
Wird der ausgeworfene Kieserit nicht gut durchstochen oder zu lange liegen gelassen,
so wird er ebenfalls bröckelig. Eine zu kleine Maschenweite des Drahtsiebes d ist aus dem Grunde unvortheilhaft, weil dann zu viel
Kieserit zurückbleibt. Im Winter erhärtet er nicht so leicht wie im Sommer, da er weniger Wasser aufnimmt.
Das Erhärten des Kieserits zu einer steinharten, cementartigen Masse beruht darauf,
daß er noch 1 Mol. Wasser aufnimmt, krystallisirt und somit gebunden wird. Es
entsteht danach die Verbindung: MgSO4 + H2O + MgSO4 + 2H2O. Bei dem Erhärten geht eine bedeutende Wärmeentwickelung vor sich.
Die Ausbeute an Kieserit beträgt 8,9 bis 10 Proc. von den angewendeten Abraumsalzen,
oder zwei Drittel des in diesen enthaltenen Kiserits. Von dem Rückstände werden
mithin 25 Proc. Kieserit gewonnen, 2 Proc. Unlösliches erhalten und 73 Proc. Salze
gelöst.
Der Kieserit, welcher mit einem Preise von 50 bis 70 Pf. pro 100k in den Handel kommt,
findet mannigfaltige Verwendung. Er bildet im rohen Zustande das Material für die
Bittersalzfabrikation. Man läßt die Steine möglichst lange an der Luft liegen,
wodurch sie mehr Wasser aufnehmen und leichter löslich werden, und löst sie in
eisernen Kesseln mit Siebboden durch Einleiten von Dampf auf. Nachdem die Lösung
abgesetzt, wird sie in hölzerne Bottige geleitet, hier auskrystallistrt, das
Bittersalz in Körbe gethan, durch Abbrausen mit Wasser von der anhängenden
Mutterlauge befreit, abtropfen gelassen, in einer geheizten Stube auf Horden
gebreitet und bei 20 bis 25° getrocknet. Wird das Salz nicht vielfach
gewendet, so beschlägt es leicht, wodurch das schöne Aussehen des Productes
beeinträchtigt wird. Will man den Kieserit in erwähnter Weise in derselben Fabrik
gleich weiter verarbeiten, so wird er nicht erst geformt.
Die Kieseritsteine gehen nach England, wo sie zur Appretur verwendet werden. Mit
Düngesalzen werden sie im gemahlenen Zustande vermischt, wenn diese einen bestimmten
Gehalt an Magnesiumsulfat haben sollen. Endlich dienen sie zur Darstellung von
anderen Sulfaten; auch sollen sie neuerdings zum Beschweren der Seide und Wolle
verwendet Werden.
Man hat bei dem Kieserit die Bemerkung gemacht, daß er in Wasser leichter löslich
ist, wenn er calcinirt, somit einer hohen Hitze ausgesetzt war. Deswegen wird er
auch in diesem Zustande exportirt.