Titel: | William Crookes' neue Entdeckungen über das Licht. |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 506 |
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William Crookes' neue Entdeckungen über das Licht.
Nach dem Engineer, Mai 1875, S. 343.
Mit Abbildungen.
Crookes' neue Entdeckungen über das Licht.
Bereits im August 1873 hatte Crookes der Royal Society über seine ersten Entdeckungen bezüglich
des Lichtes Bericht erstattet; aber die Mittheilung seiner neuesten, noch
merkwürdigeren Entdeckungen, welche in der jüngsten Versammlung der Royal Society das Interesse der AnwesendenDas Präsidium führte bei dieser Gelegenheit John Evans, Präsident der geologischen Gesellschaft. Unter den Zuhörern
befanden sich die Professoren G. Stokes und Huxley; ferner Dr.
Huggins, C. W. Siemens, I. Norman, Lockyer, Dr. W. B.
Carpenter, Prof. Maskelyne, Dr. I. H. Gladstone u. A. in hohem Grade
erregten, datirt erst seit ungefähr drei Wochen.
Crookes eröffnete seinen Vortrag mit der Bemerkung, daß er
in seinem früheren Berichte an die Gesellschaft gezeigt habe, wie ein in einem
vollkommenen Vacuum empfindlich aufgehängtes Hollundermarkstäbchen durch den Stoß
des Lichtes oder der strahlenden Wärme zurückgetrieben wurde. Eine Hauptbedingung
des Gelingens bestand in der Herstellung eines möglichst vollständigen Vacuums. Das
Stäbchen war daher horizontal schwebend in einer Glaskugel aufgehängt, aus der die
Luft mit Hilfe einer Sprengel'schen Luftpumpe, welche ein
weit vollkommeneres Vacuum als jeder andere Apparat liefert, ausgepumpt wurde. Als
man eine brennende Kerze in einem Abstande von 2 Zoll engl. (51mm) dieser Kugel gegenüber aufstellte, begann das
Stäbchen hin- und herzuschwingen. Die Schwingungsamplituden wurden allmälig
größer und gingen schließlich in mehrere vollständige Umdrehungen über, denen erst
der Torsionswiderstand des Coconfadens ein Ziel setzte, worauf das Stäbchen nach
entgegengesetzter Richtung zu rotiren begann und so abwechselnd weiter. Diese
Bewegungen hielten stets so lange an, als die Kerze brannte. Brachte man statt der
Kerze ein Stück Eis in die Nähe der Kugel, so näherte sich das eine Ende des
Stäbchens dem Eis, wie
wenn es von demselben angezogen würde. In der That aber wirkt, wie Crookes erläuternd bemerkte, die strahlende Wärme aus
allen Richtungen des Zimmers auf das Markstäbchen, während das Stück Eis den Einfluß
der Strahlung einseitig verminderte; mithin wurde die Bewegung thatsächlich durch
die in entgegengesetzter Richtung wirkende Repulsivkraft veranlaßt.
Textabbildung Bd. 216, S. 507
Zur Messung einiger dieser Wirkungen bediente sich Crookes
einer Glasröhre von der Form eines umgekehrten T
(Holzschnitt I), in welche ein an einem äußerst feinen
Glasfaden horizontal aufgehängtes Glasstäbchen eingeschlossen war. An den Enden des
letzteren waren die zu untersuchenden Substanzen befestigt. In der Mitte enthielt
das Stäbchen einen kleinen Spiegel, welcher, dem Thompson'schen Reflexionsgalvanometer analog, einen Lichtstrahl nach einer
graduirten Scale reflectirte. Auf diese Weise konnte die Größe der zurückstoßenden
Kraft gemessen werden. Der Vortheil eines Glasfadens der Coconfaser gegenüber
besteht darin, daß der Index immer wieder auf Null zurückkehrt. Je unvollständiger
das Vacuum, desto matter wird die Repulsion, bis zuletzt der neutrale Zustand
erreicht ist, wo sie ganz aufhört. Wird alsdann noch mehr Luft zugelassen, so geht
die Repulsion in Attraction über. Der im neutralen Momente stattfindende
barometrische Druck ist je nach dem specifischen Gewichte der aufgehängten Substanz,
auf welche die Strahlen fallen, verschieden; er ändert sich mit dem Verhältnisse
ihrer Masse zur Oberfläche, und ist außerdem noch von anderen Umständen abhängig. So
liegt der neutrale Punkt bei einem dünnen Markplättchen niedriger, dagegen bei einem
mäßig dicken Stückchen Platinblech hoch. Hieraus folgt, daß bei einer zwischen diesen beiden Punkten
liegenden Verdünnung Hollundermark durch eine und dieselbe Quelle der Radiation
zurückgestoßen, Platin aber angezogen wird. Diese gleichzeitige Anziehung und
Abstoßung durch einen und denselben Lichtstrahl hat Crookes experimentell nachgewiesen.
Anfangs wollten einige Beobachter das Phänomen dem Einfluße schwacher Luftströme oder
elektrischer Ströme zuschreiben, aber beide Hypothesen sind von Crookes vollständig widerlegt worden. Prof. Osborn Reynolds suchte die Bewegung aus der Verdunstung und
Condensation an der Oberfläche des aufgehängten Körpers herzuleiten. Um auch diese
Ansicht zu widerlegen, ließ Crookes an das Ende eines
Stückes strengflüssigen grünen Glases, wie man dieses speciell für die
Wasserstandsgläser der Dampfkessel nimmt, eine dicke und starke Kugel blasen. In
dieser hing er ein dünnes Aluminiumstäbchen an dem Ende eines langen Platindrahtes
auf, welcher oben aus der Röhre trat. Der Apparat wurde mit der Sprengel'schen Luftpumpe unter hermetischem Schluß in
Verbindung gesetzt, und die Auspumpung zwei Tage lang im Gang erhalten, bis ein
Inductionsfunken das Vacuum nicht mehr zu durchsetzen vermochte. Während dieser Zeit
wurde die Kugel und ihr Inhalt wiederholt bis zur Rothglühhitze erwärmt. Nach
zweitägigem Auspumpen trat das Verhalten des Aluminiums in dem oben erwähnten Sinne
nur noch entschiedener hervor, als bei einem minder vollkommenen Vacuum, d. h. es
wurde durch minder intensive Wärme abgestoßen und durch Kälte angezogen.Diesen experimentellen Gegenbeweis sucht Reynolds
in einem an den Herausgeber des Engineer
gerichteten Schreiben (Mai 1875, S. 366) zu entkräften, dessen wesentlicher
Inhalt folgender ist. Crookes habe kein
Verständniß von der Natur der Kräfte, welche aus der Wärmemittheilung
zwischen einem Gas und einer Oberfläche resultiren, sonst würde er als
Entscheidungsgrund gegen die Annahme, daß die von ihm entdeckten Phänomene
diesen Kräften zuzuschreiben seien, sich nicht auf Versuche berufen, welche
ganz und gar das Gegentheil beweisen. Es folge als directes Resultat der
Bewegungstheorie der Gase, daß, wenn solche Kräfte für eine gewisse Spannung
des die Oberfläche umgebenden Gases existiren, dieselben durch Verminderung
der Gasspannung nicht vermindert werden, daß mithin alles Auspumpen
derartige Kräfte da, wo sie einmal vorhanden sind, nicht vernichten könne.
Wenn nun, je geringer die Gasspannung, desto freier und durch Strömungen
ungehinderter die Oberfläche sich bewegen müsse, so werde die
Vervollkommnung des Vacuums die Wirkung nur verstärken können,
vorausgesetzt, daß die Bewegung von diesen Kräften herrühre. Sei aber dieses
der Fall, so dienen offenbar Crookes' Versuche,
durch welche er nachzuweisen sucht, daß die Wirkung auch in dem
vollkommensten erreichbaren Vacuum nicht ausbleibt, eher zur Unterstützung
als zur Widerlegung der Ansicht des Opponenten, daß nämlich die Wirkungen
den erwähnten Kräften zuzuschreiben seien.
Die merkwürdigste aller Thatsachen aber, auf welche Crookes die Aufmerksamkeit lenkte, war ein augenscheinlicher Unterschied
zwischen der Wirkung des Lichtes und der strahlenden Wärme. Bei der höchsten
Evacuirung wirkten nämlich die dunklen Wärmestrahlen mit
ziemlich gleicher
Stärke zurückstoßend auf weißes Mark und auf mit Lampenruß geschwärztes Mark,
während seltsamer Weise die zurückstoßende Wirkung der leuchtenden Strahlen auf die
schwarze Fläche energischer war als auf die weiße. Dieses ist um so merkwürdiger, da
man denken sollte, daß das von einer weißen Fläche reflectirte Licht gerade in Folge
des Zurückprallens die weiße Fläche kräftiger zurücktreiben würde als die schwarze.
Auf Grund dieser Thatsache hat Crookes den von ihm
„Radiometer“ genannten
Apparat construirt.
Textabbildung Bd. 216, S. 509
Dieser in Fig. II skizzirte Apparat besteht aus
vier äußerst leichten gekreuzten Armen, welche auf einer in einer Pfanne
gelagerten Stahlspitze balancirt sind und um diese in horizontalem Sinne rotiren
können. An das Ende jedes Armes ist ein auf der einen Seite weißes, auf der
anderen Seite geschwärztes dünnes Markscheibchen von der Größe eines
6—Pence befestigt. Die schwarzen Flächen sämmtlicher Scheiben sind nach
derselben Seite gerichtet. Die ganze Anordnung wird in eine Glaskugel
eingeschlossen, letztere sodann auf den höchst möglichen Grad der Luftverdünnung
evacuirt und hermetisch verschlossen. Diese Vorrichtung nun rotirt unter der
Wirkung des Lichtes mit einer Geschwindigkeit, welche von der Entfernung und
Intensität der Lichtquelle abhängt; und da das Licht einer und derselben Kerze
bei 20 Zoll (508mm) Entfernung eine Umdrehung
in 182 Sec., bei 10 Zoll (254mm) Entfernung
eine Umdrehung in 45 Secunden veranlaßte (vergl. 216
188) so ergibt sich hieraus die Folgerung, daß die Lichtwirkung in
Uebereinstimmung mit der Theorie genau im umgekehrten Verhältniß des Quadrates
der Entfernung steht.
P.