Titel: | Ueber das ostindische Gummi; von F. Rhem. |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 529 |
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Ueber das ostindische Gummi; von F. Rhem.
Rehm, über das ostindische Gummi.
Das in früheren Jahren hauptsächlich aus Calcutta und Bombay eingeführte Gummi konnte
sich neben dem Senegalgummi keinen Eingang als Verdickungsmittel für Farben in den
Druckereien verschaffen. Es unterscheidet sich äußerlich wenig von dem letzteren,
und da es um die Hälfte billiger zu stehen kommt als Senegalgummi, so wird es
bisweilen zur gänzlichen oder theilweisen Verfälschung desselben benützt. Nach F.
Rhem (Bulletin de Rouen
Februar 1875, S. 17) besteht das indische Gummi aus runden oder ovalen,
tropfenartigen Stücken
von verschiedener Größe, von blaßgelber oder schwach röthlicher Nüance; dabei ist es
trocken, hart, nicht zerreiblich, äußerlich runzelig und ganz geschmacklos. Größere
Körner von braunem oder rothgefärbtem Gummi, wie solche im Senegalgummi immer sich
vorfinden, fehlen gänzlich; dagegen zeichnet sich das indische Gummi in
charakteristischer Weise durch seinen aromatischen, weihrauchartigen Geruch aus,
welcher hingegen dem Senegalgummi, wie überhaupt jeder Geruch, gänzlich abgeht.
Nach dem Verfasser kann man fünf Bestandtheile aus dem indischen Gummi auslesen: Eine
geringe Menge Gummiharz in kleinen, gelblichen Körnern, vollkommen unlöslich in
Wasser, schmelzbar und wohlriechend; dann einige Stücke von weißem, bandförmigem
Gummi, löslich in Wasser; ferner eine gewisse Menge ganz unlösliches Gummi, wie es
sich im Senegalgummi ebenfalls findet; endlich eine etwas größere Menge eines mit
einem dünnen, undurchsichtigen Häutchen überzogenen Gummis von glänzendem Bruch, der
innere Theil löslich, der äußere unlöslich, — und als letzten und
hauptsächlich werthvollen Bestandtheil eine bedeutende Quantität ganz reines,
bernsteinfarbiges, in Wasser lösliches Gummi. Mit dieser Angabe steht der Verfasser
einigermaßen im Widerspruch mit den Angaben Guibourt's,
welcher das häutige Gummi als den Hauptbestandtheil des ostindischen Gummis
bezeichnet, was sich jedoch durch die Verschiedenheit der Bezugsquellen leicht
erklären läßt.
Wird 1 Th. ostindisches, ebenso 1 Th. Senegalgummi je in 2 Th. Wasser kalt gelöst, so
unterscheiden sich zwei Tage lang die beiden Lösungen wenig von einander. Beide
rothen schwach Lackmuspapier; die erstere ist allenfalls weniger gefärbt, enthält
weniger Verunreinigungen, zeigt aber ein stärkeres Schäumen als die letztere. Auch
in der Ausgiebigkeit unterscheiden sie sich wenig, indem das Viscosimeter in der
ersten Lösung 85, in der zweiten 95 Secunden bis zum Einsinken gebraucht. Dagegen
hat das indische Gummi auch in der Lösung seinen specifischen Weihrauchgeruch
beibehalten, und die Lösung des Senegalgummis hinterläßt eine größere Menge
ungelöster Bestandtheile, unter denen sich auch ein Gummiharz, das Bdelliumharz
befindet. Dieses erzeugt jedoch beim Verbrennen einen dicken, rußigen, höchst
unangenehmen Qualm, der in Nichts an den aromatischen Weihrauchgeruch erinnert,
welchen das im ostindischen Gummi vorkommende Harz unter denselben Verhältnissen
verbreitet.
Nach zwei oder drei Tagen zeigt sich erst der wesentliche Unterschied zwischen den
beiden kalt bereiteten Lösungen. Die eine bleibt unverändert, die des indischen
Gummis verändert ihre Consistenz, sie stockt sich, Wird gelatinös, zäh, fühlt sich fettig, schlüpfrig
an, sie wird mit einem Wort als Verdickungsflüssigkeit für die Druckerei unbrauchbar
und werthlos. Versucht man weiter die Lösung mit ihrem 4 bis 6fachen Volumen Wasser
zu verdünnen, um die Masse wieder vollständig in Lösung überzuführen, so bleiben
solche Versuche gänzlich erfolglos. Rhem schließt aus
diesem Verhalten, daß das indische Gummi ein Gemenge von Arabin, Bassorin und
Cerasin ist, während das Senegalgummi nur Arabin enthält, oder daß nach FremyJournal de Physique et de Chimie, 3. s. t XXXVII p. 81–89. das
indische Gummi aus einem Gemenge von löslichen Gummisäure- und unlöslichen
Metagummisäure-Verbindungen besteht, während im Senegalgummi nur Verbindungen
der löslichen Gummisäure sich vorfinden. Um die ganze Masse des indischen Gummis
bleibend in Lösung überzuführen, verfährt nun Rhem in der
Weise, daß er das gestoßene Gummi mit kochendem Wasser
anrührt und überdies die aufgequollene Masse eine Zeit lang kochen läßt, und erhält
so eine Lösung, welche die Senegalgummilösung in der Druckerei vollkommen zu
ersetzen im Stande ist. In ähnlicher Weise will GuérinGerhardt: Traité de Chimie organique t II pag.
502. das Kirschgummi vollständig in Lösung gebracht haben, d. h.
durch längeres Kochen mit Wasser, während GuibourtGuibourt: Histoire naturelle des drogues simples t.
III p. 294. hierüber nur negative Resultate zu berichten
hat. Keiner der beiden Autoren präcisirt jedoch genau die Zeitdauer des Kochens;
auch Rhem gibt über diesen Punkt keine bestimmten
Angaben, und doch ist gerade die Zeitdauer des Kochens in diesem Falle gewiß ein
ebenso wichtiges Moment, wie anerkannter Maßen beim Verkochen des auch sonst
analogen Traganthschleimes. Die Wichtigkeit des Problems, das ostindische Gummi,
vielleicht auch das Kirschgummi, in möglichst ausgiebiger Weise für die Zwecke der
Druckereien nutzbar zu machen, fordert sogar zu den weitergehenden Versuchen auf,
dasselbe unter Anwendung von höherem Druck, z. B. von 1 bis 2at mit Wasser zu kochen, — eine Operation,
für welche wohl die Mehrzahl der Fabriken heute eingerichtet sein dürfte.
In entsprechender Weise hat der Verfasser auch ein mittelstarkes Mitfärbecachou
zusammengesetzt, indem er Würfelcachou, indisches Gummi und Salmiak in Wasser und
Essigsäure verkochte. Die erhaltene Druckfarbe wird beim Stehen nicht gelatinös und
liefert nach dem Zusatz des Kupfersalzes und nach der weiteren Behandlung eine
Cachounüance, welche mit einem in Senegalgummi verdickten Cachou sich kaum besser
erreichen läßt.
Auch hat eine mit gekochtem indischem Gummiwasser versetzte Fuchsinlösung, so
heickel sie sonst gegen Verdickungsmittel ist, ihre Nüance frisch und klar sich
erhalten, ohne jede Neigung zum Violettstich. — Mit Alkohol versetzt gibt
dieses Gummiwasser einen faserigen Niederschlag, der in einem Ueberschuß des
Verdickungsmittels löslich ist. Durch salpetersaures Eisen wird es coagulirt, aber
wieder klar und durchsichtig auf Zusatz von Essigsäure. Salpetersaures Chrom, durch
doppelte Zersetzung erhalten, coagulirt das Gummiwasser erst nach 24 Stunden,
während salpeteressigsaures Chrom dasselbe auch nach längerer Zeit nicht verändert.
Durch Zusatz von salpetersaurem Kupfer wird es ein, wenig dicker, die kalt bereitete
Lösung nimmt dabei eine blaue, die kochend bereitete eine grüne Farbe an. Mit allen
diesen Reactionen befindet sich das indische Gummi in genauer Uebereinstimmung mit
dem Senegalgummi, höchstens daß bei ersterem die Trübungen schwächer auftreten, oder
die Lösungen weniger compact geronnen sind, wie auch die Niederschläge mit Zinnsalz,
Chlorzinn und basisch essigsaurem Blei durchgehends bei ersterem weniger massig
ausfallen als beim Senegalgummi.
Kl.