Titel: | Volldruck-Turbine (Patent Zeidler) mit selbstthätiger Schwimmer-Regulirungsschütze. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 11 |
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Volldruck-Turbine (Patent Zeidler) mit selbstthätiger
Schwimmer-Regulirungsschütze.
Mit Holzschnitt und Abbildungen auf Taf. I [d/1].
Zeidler's Volldruck-Turbine mit selbstthätiger
Schwimmer-Regulirungsschütze.
Wenn einer Turbine nicht das volle Aufschlagwasser-Quantum zugeführt wird, für
welches sie construirt ist, so wird dieselbe im Anfang mehr Wasser consumiren, als
zufließt, bis der Wasserspiegel oberhalb so weit gesunken ist, daß der Consum, dem
verringerten Druck entsprechend, dem Zuflusse gleichkommt. Dadurch entsteht ein
Gefällverlust, welcher bei dem verringerten Wasserquantum um so empfindlicher wird.
Gleichzeitig verringert sich mit der Geschwindigkeit auch der Wirkungsgrad der
Turbine, indem die relative Geschwindigkeit des abfließenden Wassers eine
ungünstigere wird. Es ist also, um ein geringes, sehr veränderliches
Aufschlagwasser-Quantum durch eine für ein Maximum construirte Turbine gut
auszunützen, eine Vorrichtung erforderlich, welche nicht allein den Wasserzufluß und
Verbrauch in stetem Gleichgewicht erhält, sondern dabei auch durch
Constructionsveränderung der Schaufelung keinen nachtheiligen Einfluß auf den
Nutzeffect übt.
Die seither angewendeten Mittel, um die Capacität des Rades der verringerten
Wassermenge, resp. dem verminderten Kraftbedarf anzupassen, sind meist ungenügend.
Man hat einen Theil der Leitradschaufeln abgeschützt und so statt der Vollturbine
eine Partialturbine hergestellt; dabei entstehen aber durch Abreißen der
Wassersäule, namentlich bei Benützung eines Sauggefälles, und durch Eintritt des
Wassers mit Stoß in die leeren Turbinenschaufeln Effectverluste.Dies tritt nur bei Reactionsturbinen ein. Druckturbinen sind, sobald sie
nicht im Wasser waten, von diesen Effectverlusten frei. Läuft aber die
Turbine im Stauwasser, ist also sehr reichlicher Wasserzufluß vorhanden, so
ist ein durch Abschützen hervorgerufener Effectverlust gleichgiltig.Ref. Ferner hat man das Laufrad allein oder auch das Leitrad etagenartig oder
concentrisch getheilt, oder aus mehreren über einander oder concentrisch in einer
Ebene liegenden Rädern zusammengesetzt, deren eines oder mehrere durch eine
Ringschütze außer Function gesetzt werden kann. Diese Einrichtung läßt aber –
abgesehen von sonstigen Unzukömmlichkeiten, namentlich wenn das Rad im Stauwasser
läuft, – nur eine stufenweise veränderte Benützung des Aufschlagwassers zu;
die Wassercanäle werden zwar bei richtiger Behandlung voll laufen, aber das nicht
von den offen gelassenen Schaufeln aufgenommene Wasser geht verloren. –
Endlich hat man die Leitschaufeln beweglich gemacht, wie bei den Fink'schen Turbinen. Durch
Textabbildung Bd. 217, S. 12
diese Einrichtung werden aber nur die Querschnitte der Canäle
des Leitrades ganz oder theilweise verändert, nicht aber die des Laufrades; außerdem
ändert sich dabei auch der Winkel, unter welchem das Wasser in das Laufrad eintritt,
wodurch Wirbel und ungünstige Contractionen entstehen.
Besonders ist aber der Umstand zu berücksichtigen, daß alle diese und sonstige
Regulirungsvorrichtungen mit der Hand bewegt werden müssen und fortwährende
Aufmerksamkeit erheischen, wenn sie nur halbwegs genau dem Wasserzufluß angepaßt
werden sollen.
In Berücksichtigung der Unzuträglichkeiten der älteren Construction hat nun G. Zeidler, Mühlenbaumeister in Görlitz, eine Vorrichtung
ersonnen, welche auf äußerst einfache Weise selbstthätig die Höhe der sämmtlichen
Leitrad- und Laufradcanäle dem jeweiligen Zufluß anpaßt und so für jedes
Durchflußquantum eine Vollturbine herstellt; dabei kann sich das Gefälle nur um
weniger als die lichte Höhe der Radcanäle verringern, was namentlich bei sehr
kleinen Gefällen von Wichtigkeit ist. Die Neuerungen bei dieser Construction
bestehen:
1) In einer entlasteten Zwischenschaltung mit Lederdichtung und einer gleichfalls
entlasteten Ringschütze, welche sich beide innerhalb der Laufrad- und
Leitradcanäle gleichzeitig aufwärts und abwärts bewegen lassen und so die Höhe
derselben gleichmäßig verändern.
2) In einem Schwimmer, an welchem die Ringschütze wie die Laufradschaltung mittels
einer Kammerhülse (Kammlagers) und eines in diesem laufenden hohlen Kammzapfens
aufgehängt sind; dieser letztere befindet sich an dem oberen Ende einer auf der
Turbinenwelle verschiebbaren, mit derselben durch eine Feder in der verlängerten
Keilnuth verbundenen gußeisernen Büchse.
3) Ist die Turbine in allen Theilen leicht zugänglich, kann bei etwaigen Störungen
leicht untersucht und binnen wenigen Minuten (? Ref.) wieder in Betrieb gesetzt
sein. Alle Theile sind von einfacher Form und leicht und billig herzustellen und zu
montiren.
Der (S. 12) beigegebene Holzschnitt zeigt, die Ansicht 'der Turbine, Fig. 18 den
Verticalschnitt, Fig. 19 den Horizontalschnitt und Fig. 20 die obere Ansicht
mit dem Schwimmer.
Das Leitrad r wie das Laufrad r' werden so groß gemacht, daß bei dem Maximum der Beaufschlagung sowohl
die Blindschaltung a Platz findet, als auch die
Ringschütze d noch Führung zwischen den Leitradschaufeln
hat. Die Ringschütze b besteht aus einem cylindrischen
Blechkranz, oben von außen mit einem Winkeleisenringe versteift und mit einem
massiven Holzkranze umgeben.
Dieser Holzkranz b ist in so viel Segmente getheilt, wie
das Leitrad Schaufeln hat; diese Segmente sind nach den Leitradcanälen geformt und
füllen beim tiefsten Stande dieselben aus. Die Schaltung a besteht aus einem flachen Ringe von Guß- oder Schmiedeisen. An
diesem Ringe sind unterhalb Füllungsbleche f mit
Ledermanschetten angeschraubt (Fig. 19), welche, nach
den Laufradcanälen geformt, in diesen vertical verstellt werden können und so
derselben die erforderliche Höhe geben. Der Blechkranz b
schiebt sich zwischen die Kanten der Leitrad- und der Turbinenschaufeln. Ein
kegelförmiger Blechmantel K, welcher das Laufrad gegen
den Oberwasserdruck schützt, ist an den Stangen i
aufgehängt und ist an der Basis durch einen Winkeleisenring verstärkt, welcher noch
nebenbei den Zweck hat, den Blechkranz der Ringschütze zu führen und rund zu halten.
An der Spitze ist der Blechmantel durch eine Ledermanschette gegen die Turbinenwelle
abgedichtet. Die Turbine ist daher für höheren und niederen Druck verwendbar, kann
auch wie jede andere Vollturbine in das Gefälle eingeschaltet werden. Ein in den
Mantel angebrachtes (nicht gezeichnetes) Mannloch gestattet eine Untersuchung des
Rades von Innen.
Der Schwimmer c (Fig. 20) besteht aus zwei
pontonartigen, mit einander verbundenen Blechkästen, an welche die Hülse d mittels zweier Zapfen aufgehängt ist. Die gußeiserne
Hülse enthält ein (Pockholz-) Kammlager, welches den Kammzapfen der Büchse
g trägt. Die Büchse g,
vertical verschiebbar auf der Turbinenwelle, ist mit dieser durch Nuth und Feder
verbunden. An der unteren Flansche der Büchse g ist das
Schaltwerk a mittels der Stangen H aufgehängt, ebenso die Ringschütze b mittels
der Stangen H' an der Hülse d; beide werden durch den Schwimmer c
gleichmäßig gehoben und gesenkt, während die Schaltung mit dem Laufrade rotiren
kann, die Hülse mit der Ringschütze und dem Blechmantel aber durch die Stangen i und das Leitrad gehalten wird. Die Hebel e dienen zur Bewegung der Schaltung und der Ringschütze
durch einen Regulator, falls, wie in Spinnereien etc., ein genau gleicher Gang der
Arbeitsmaschinen erforderlich ist.
Der Apparat functionirt sehr exact. Der Wasserspiegel kann höchstens um so viel
sinken, als die Höhe der Radcanäle beträgt. Diese Höhe kann aber noch reducirt
werden, wenn man bei dauernd niedrigem Wasserstande den Schwimmer durch Belastung
mit schweren Gegenständen – oder mit durch einen Hahn einzulassendes Wasser
– tiefer eintauchen läßt. Die Form der Leitrad- wie Turbinenschaufeln
ist irrelevant und nach den jeweiligen Verhältnissen einzurichten. Die
Schützenvorrichtung ist für jede Schaufelconstruction geeignet, wenn die Flächen
derselben nur einfache
Cylinderflächen bilden, deren Achsen mit der Turbinenachse parallel sind. Der
Schwimmer kann (namentlich für kleine Turbinen) auch von Holz gemacht werden.Das Neue dieser Anordnung besteht in der Anbringung der Schwimmer. Diese
können aber überhaupt nicht mehr zur Wirkung kommen, sobald der Regulator
mit dem Regulirungsapparat in Verbindung gesetzt ist.Der Werth des Schwimmers ist daher problematisch. Der Zweck desselben wird in
vielen Etablissements zur Zeit durch einen einfachen Alarmschwimmer
erreicht.Ref.
Eine Turbine nach der beschriebenen Construction ist in einer Höhe des Laufrades von
2m,512 bei Schreiber und Comp. in Löwenberg bereits
längere Zeit zur größten Zufriedenheit der Besitzer im Gange, und es hat sich der
große Vortheil dieser Einrichtung in dem vergangenen trockenen Sommer um so klarer
gezeigt, als man die kleinsten und dabei sehr variablen Wassermengen auszunützen
hatte.Die Vertretung dieser Turbinenconstruction hat das „Internationale
Patent- und Maschinen-Ex- und
Import-Geschäft Richard Lüders in
Görlitz“ übernommen.Die Red.