Titel: | Ueber die Wirkung des Quarzsandes und des Kalkes auf die Thone beim Brennprocess; von Dr. Julius Aron. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 47 |
Download: | XML |
Ueber die Wirkung des Quarzsandes und des Kalkes
auf die Thone beim Brennprocess; von Dr. Julius Aron.
(Schluß von S. 445 des vorhergehenden
Bandes.)
Aron, über Wirkung des Quarzsandes und des Kalkes auf die Thone
beim Brennproceß.
Da neben dem Quarzsande als häufigstes Magerungsmittel der gewöhnlichen
Ziegel- und Töpferthone der kohlensaure Kalk auftritt, und letzterer gerade
für Töpfereizwecke noch speciell eine erhebliche Rolle für sich in Anspruch nimmt,
wurde eine zweite Versuchsreihe der Magerung mit kohlensaurem Kalk gewidmet. Dabei
wurde derselbe Senftenberger Schlämmthone angewendet, wie bei den Magerungsversuchen
mit Quarzsand. Der kohlensaure Kalk wurde bei dem Thon in Form von Kreide
beigemengt, und zwar wurde dieselbe zu diesem Behufe geschlämmt und nur der Theil
zur Magerung benützt, welcher bei einer Stromgeschwindigkeit von 0mm,18 in der Secunde überging, d.h. nur
Korngrößen, deren Durchmesser eine Maximalgröße von 0mm,01 nicht übersteigt. Die Anwendung so
kleiner Korngrößen geschah aus einem doppelten Grunde. Einmal näherte man sich
hierbei möglichst den in der Natur vorkommenden Verhältnissen, da ja der kohlensaure
Kalk meist in so feinen Korngrößen dem Thone beigesellt ist, daß es unmöglich ist,
ihn durch Schlämmung vom Thone zu trennen. Sodann lag die Absicht vor, den Einfluß
feiner Korngrößen auf die Schwindung im nassen Zustande kennen zu lernen, nachdem
bereits einige Beobachtungen über den Einfluß von grobkörnigeren Magerungsmitteln
gesammelt und mitgetheilt waren. Es erschien dies wesentlich, um den Einfluß von
Korngrößen, wie sie vielfach die fein zerriebenen und zerschlissenen Mineraltrümmer
haben, auf die Eigenschaften der Thone kennen zu lernen, die, ohne sich durch
Schlämmung von der Thonsubstanz trennen zu lassen, häufig in erheblichen Mengen
besonders in den sogenannten schlussigen Thonen vorkommen. Diese letzteren Versuche
sind indeß noch nicht so weit gefördert, daß sie ein einigermaßen klares Bild geben,
und muß deshalb die Mittheilung derselben vorläufig noch unterbleiben. Dagegen sind
mit einer gewissen Anzahl dieser Proben bereits Brennversuche ausgeführt worden, die
in ihren Resultaten nicht ohne Interesse sind. Die hierbei den Versuchen unterworfenen
Proben gehen zu einem Theil über denjenigen Kalkgehalt hinaus, welcher als Grenze
für eine praktische Verwendung in der Thonwaarenfabrikation angesehen werden muß.
Der Thon von Velten, der in großen Massen und in weiten Kreisen Anwendung findet und
als Repräsentant einer gewissen Classe von Töpferthonen betrachtet werden darf,
enthält etwa 25 Proc. kohlensauren Kalk, und darf man wohl die Grenze der
Verwendbarkeit etwa bei 30 Proc. kohlensauren Kalk annehmen. Wenn dessenungeachtet
Proben dem Versuche unterworfen sind, deren Gehalt an kohlensaurem Kalk sich auf
nahezu 50 Proc. berechnet, so geschah dies deshalb, weil bei einer längeren Reihe
sich das Zufällige von dem Gesetzmäßigen schärfer absondert und die Erscheinungen
klarer und überzeugender hervortreten.
Die Brennversuche sind in analoger Weise ausgeführt, wie bei den durch Quarzsand
gemagerten Proben. Für das Verständniß der Tabellen erübrigt es noch zu sagen, daß
das am Kopfe der Tabelle befindliche K mit einem
Exponenten jedesmal eine Probe bezeichnet, die auf 100 G.-Th. Senftenberger
Thon, wie er oben näher bezeichnet wurde, eben so viel Gewichtstheile der
geschlämmten Kreide enthält, als der Exponent von K
angibt. Aus den Versuchen wurden in vier Brennstufen nachstehende, in Tabelle V (S.
56) zusammengestellte Rohzahlen gewonnen. Die Tabellen haben dieselbe Einrichtung
und Bedeutung wie oben bei den Versuchen mit Quarzsand. Rechnet man diese
Zahlenwerthe in analoger Weise um, wie es oben beim Quarzsande geschehen ist, so
ergibt sich die Tabelle VI (S. 57). Diese Tabelle gewährt nun ein ziemlich
anschauliches Bild von den Vorgängen, die sich in den einzelnen Proben während der
verschiedenen Brennstadien vollzogen haben. Die Columne, welche den Glühverlust in
Procent angibt, läßt erkennen, wie weit der Brennproceß in jeder der vier
Brennstufen vorgeschritten ist. Man sieht, daß in Stufe I, also bei Dunkelrothglut,
der größte Theil des chemisch gebundenen Wassers aus der ungemagerten Thonprobe
entwichen, und daß aus den anderen Proben zugleich ein geringer Bruchtheil
Kohlensäure ausgetrieben ist. In Stufe II, also bei Rothglut, ist der größte Theil
der Kohlensäure verjagt, in Stufe III bei Heller Rothglut ist vollends der letzte
Rest Kohlensäure entwichen, in Stufe IV ist kaum ein Gewichtsverlust vorhanden, doch
documentirt sich die höhere Temperatur durch die Zunahme der Schwindung an der
ungemagerten Probe. Wie verhalten sich nun hierzu die Schwindungs-, zahlen?
Dieselben finden sich in Tab. VIa zusammengestellt.
Tabelle VIa (Schwindung).
Brennstufen.
K⁰
K¹⁰
K²⁰
K³⁰
K⁴⁰
K⁵⁰
K⁶⁰
K⁷⁰
K⁸⁰
+
+
+
+
+
+
I
0
0
0
0,11
0,18
0,06
0,25
0,25
0,18
II
0,78
1,35
1,78
1,61
2,47
5,50
4,11
5,21
7,18
III
5,61
3,15
1,95
1,77
2,54
5,31
3,98
4,89
6,88
IV
6,57
3,15
2,01
1,88
2,65
5,31
3,98
4,89
6,76
Bei Dunkelrothglut, also auf der Stufe, wo das chemisch gebundene Wasser entweicht,
zeigt sich kaum eine Veränderung in den Dimensionen der einzelnen Proben. Wenn bei
den Kalkmagerungsstufen von K³⁰ ab sich
eine Vergrößerung kund gibt, so sind diese Vergrößerungen so klein, daß sie kaum
außerhalb der Versuchsfehler liegen, weshalb kein großes Gewicht auf sie gelegt
werden soll.
Anders steht es schon mit den Schwindungszahlen auf der zweiten Brennstufe, aus der
bereits der größte Theil der Kohlensäure entwichen ist. Hier zeigt die ungemagerte
Probe eine unbedeutende Schwindung, nämlich 0,78 Proc. während dieselbe durch die
einzelnen Magerungsstufen hinauf mit ziemlicher Regelmäßigkeit bis zu 7,18 Proc. bei
K⁸⁰ steigt. Nur bei K⁶⁰ macht sich eine entschiedene
Abweichung von der Reihe geltend. Hier sinkt die Schwindungszahl, steigt bei K⁷⁰ wieder und erreicht bei K⁸⁰ ihren höchsten Werth. Da die
ungemagerte Probe K⁰ eine sehr unerhebliche
Schwindung aufweist, letztere aber mit dem Kalkgehalt steigt, so dürfte es kaum
zweifelhaft sein, daß diese Schwindung auf Rechnung der Kreide kommt, um so mehr,
als die Austreibung der Kohlensäure nebenher läuft. Jeder Kalkofen liefert den
Beweis, daß kohlensaurer Kalk beim Brennen eine Volumverminderung, eine Schwindung
erfährt. Ob nun der für K⁶⁰ beobachtete
Werth fehlerhaft, oder in der Sache begründet ist, bleibe zunächst
unentschieden.
Auf Stufe III, also bei heller Rothglut, wo die letzten Reste von Kohlensäure
entwichen sind, zeigt sich, daß die ungemagerte Probe um 5,61 Proc. geschwunden ist,
die ihr zunächst gelegenen Proben K¹⁰ um
3,15 Proc. gegen 1,35 Proc. in der vorausgehenden Brennstufe, während K²⁰, K³⁰, K⁴⁰ um allmälig
sich verringernde kleinere Werthe gegen Brennstufe II mehr geschwunden sind, alle
höheren Magerungsstufen aber nicht nur nicht stärker geschwunden sind, sondern sogar
anscheinend sich wieder vergrößert haben. Wegen der geringen Zunahmen, die noch
nicht völlig außerhalb der Versuchsfehler liegen, wird auf diese eine Vergrößerung
angebenden Zahlen kein erhebliches Gewicht gelegt; doch beweisen sie jedenfalls, daß
bei den höheren Magerungsproben auf der dritten Brennstufe keine weitere Schwindung
erfolgt ist. Hieraus ergibt sich mit Evidenz, daß in dieser Stufe die beobachtete
Schwindung auf den Thon zurückzuführen ist. Ebenso zeigt sich in Brennstufe IV nur
eine Zunahme der Schwindung in den thonreichen Proben, mithin eine Fortsetzung der
Thonschwindung.
Ein interessantes Bild gewähren endlich die in Tab. VIb
zusammengestellten Porositätszahlen.
Tabelle VIb (Porosität).
Brennstufen.
K⁰
K¹⁰
K²⁰
K³⁰
K⁴⁰
K⁵⁰
K⁶⁰
K⁷⁰
K⁸⁰
I
17,90
?
18,83
?
?
18,81
17,38
16,42
16,59
II
17,06
2,68
14,08
9,48
6,42
4,46
5,93
9,11
5,19
III
7,53
6,17
12,62
11,12
9,02
9,76
13,95
16,85
10,85
IV
4,23
4,98
12,72
11,76
8,14
11,03
14,31
16,85
12,14
Diese Zahlen sind, wie bei der Quarzmagerung, nicht unter einander an den
verschiedenen Proben vergleichbar, wohl aber an derselben Probe, während der
verschiedenen Brennstufen. Da zeigt es sich denn, daß während der Kalkschwindung die
Proben in einem Maße sich verdichten, wie selbst klinkerartig gebrannte Proben sich
nicht zu verdichten pflegen. K⁵⁰ sinkt
beispielsweise in dieser Stufe von einer Porosität von 18,81 auf 4,46 Proc. und in
analoger Weise die höheren Magerungsstufen, während die kalkfreie K⁰ nur eine geringe Differenz aufweist und die
zwischen beiden stehende Probe K²⁰ auch
eine zwischen beiden liegende Verdichtung erfahren hat.
Der Unterschied in der Porosität der kalkhaltigen Proben auf Stufe I und II ist
eigentlich noch größer, als die in der Tabelle stehenden Zahlen angeben. Um dies
einzusehen, erinnere man sich, daß die Porositätszahl in der Tabelle das Gewicht des
eingesogenen Wassers in Procent, bezogen auf das jeweilige, d.h. der Stufe
entsprechende absolute Gewicht der Probe, bedeutet. Da das absolute Gewicht der
Probe aber durch Entfernung der Kohlensäure in Stufe II erheblich geringer geworden
ist, so würde, wenn die Probe in Stufe II noch eben so viel Wasser einsaugen würde
als in Stufe I, trotzdem die Porositätszahl vergrößert erscheinen, weil das Gewicht
der Probe ein geringeres geworden ist, mithin jenes eingesogene Wasserquantum
nunmehr einen größeren Procentsatz repräsentirt. Hieraus folgt, daß wo trotz der
Abnahme des absoluten Gewichtes die Porositätszahl auf Stufe II noch verkleinert
erscheint, die Porosität noch um einen höheren Werth abgenommen hat, als der
Differenz der Porositätszahlen von Stufe I und II entspricht.
Vergleicht man nun aber die Porositätszahlen der dritten Stufe mit denen der zweiten,
so sieht man, daß nach Brand III, d.h. während der Brand für die kalkreichen Proben
weder eine erhebliche Gewichtsverminderung, noch Schwindung verursachte, von K³⁰ ab wieder eine größere Wassermenge in
den Proben Platz findet, als nach Brand II möglich war, daß K⁰ aber sich bedeutend verdichtet hat, indem die Porosität von
17,06 auf 7,63 zurückgeht, und daß ebenso eine Verdichtung sich bei den K⁰ nahestehenden Proben K¹⁰ und K²⁰ zeigt,
nur in geringerem Maßstabe. Nimmt man die Differenzen der Porositätszahlen und
bezeichnet die Verdichtungen mit dem Minuszeichen, die Erweiterungen mit dem
Pluszeichen, so stellen sich die Unterschiede der Proben für Brand II und Brand III
folgendermaßen:
K⁰
K¹⁰
K²⁰
K³⁰
K⁴⁰
K⁵⁰
K⁶⁰
K⁷⁰
K⁸⁰
– 9,43
– 6,51
– 1,46
+ 1,64
+ 2,60
+ 5,30
+ 8,02
+ 7,74
+ 5,66.
Hieraus erhellt, daß die größte Erweiterung bei K⁶⁰ liegt, und von dort ab nach beiden Seiten zurückgeht, so daß
der Gedanke erweckt werden muß, daß der Grund der Erweiterung weder in der
Anwesenheit des Kalkes allein, noch in der des Thones allein liegt, sondern daß hier
eine Erscheinung vorliegt, welche dem Zusammenwirken beider zuzuschreiben ist. In
der That ist gar nicht ersichtlich, wie auf eine andere Weise die Erweiterung der
Proben im Innern stattfinden sollte, als durch eine chemische Action des Kalkes auf
den Thon, wenn man zu gleicher Zeit im Auge behält, daß während dieser Erweiterung
im Inneren nach außen hin nur eine noch nicht einmal sicher außerhalb der
Fehlergrenzen liegende, also im günstigsten Falle eine sehr unbedeutende Erweiterung
der Markenentfernung sich kund gibt. Nimmt man hinzu, daß eine ganz analoge
Erscheinung bei den Versuchen mit Quarz sich zeigte, so wird man, glaube ich, nicht
irre gehen, wenn man die Porenerweiterung der durch die chemische Verbindung
erfolgenden Verdichtung der Kalk- und Thontheilchen zuschreibt.
Nach dem Obigen ist es nun klar, daß man es bei Thonen, die mit kohlensaurem Kalk
gemagert auftreten, mit zwei ihrer Natur nach ganz verschiedenen
Schwindungsvorgängen zu thun hat. Die eine rührt vom Kalk her und tritt ein beim
Entweichen der Kohlensäure, die andere stammt vom Thone; der Zeitpunkt ihres
Eintretens und die Größe ihres Betrages hängen jedenfalls mit von dem Schmelzpunkte
des Thones ab. Welche von den beiden Schwindungen der Zeitfolge nach zuerst
eintritt, ist nicht unabhängig von der Schmelzbarkeit des Thones, doch wird es fast
in allen Fällen die Kalkschwindung sein. In unserem Falle tritt die Schwindung des
Kalkes zuerst auf, da der Thon nicht zu den leicht schmelzbaren gehört. Trotz dieser beiden
Schwindungen gibt es eine Region der Magerung, in welcher der absolute Betrag der
Schwindung sowohl, wie das Schwanken der Porosität beim Brande sehr unerheblich ist.
Der absolute Betrag der Schwindung beträgt für
K²⁰
K³⁰
K⁴⁰
2,01
1,88
2,65 Proc.
In derselben Zeit schwanken die Porositätszahlen um verhältnißmäßig geringe Werthe,
während nach beiden Seiten der Region die Porositätszahlen sehr wesentlichen
Veränderungen unterliegen, und nach links die Thonschwindung, nach rechts die
Kalkschwindung bedeutende Werthe erlangt. Man könnte auf den ersten Blick glauben,
daß gerade in jener erwähnten Region, in der die Schwindung tatsächlich so gering
ist, gerade dieselbe in verstärktem Maße auftreten müßte, weil hier beide
Schwindungen so recht eigentlich zur Geltung kommen, sich summiren mußten. Bei
näherer Betrachtung stellt sich die Sache aber doch anders dar.
Denken wir uns einmal jedes Kreidetheilchen durch Thon umhüllt und zwar so, daß aller
verfügbarer Thon in der Probe auch wirklich zu diesem Zwecke zur Verwendung gelangt,
also den Zustand der größten Dichtigkeit, wie wir es früher nannten. Für Kreide von
der Korngröße unter 0mm,01 muß dieser Punkt
tiefer liegen, als z.B. für Sandkörner von der Kornröße 0,02 bis 0mm,04, wie wir sie früher für die
Quarzmagerung anwendeten, und zwar aus dem Grunde, weil ein gleiches Volum einer
Substanz eine um so größere Oberfläche bietet, in je feinere Korngrößen die Substanz
zertheilt ist. Denken wir uns einmal diesen Zustand der größten Dichtigkeit in jener
oben näher bezeichneten Region liegend, so werden uns die dort hervortretenden
Erscheinungen nicht mehr überraschen können. Der erste Theil der Schwindung, welcher
durch den Kalk hervorgerufen wird, wird ja eintreten müssen, aber in viel geringerem
Maße als bei den weiteren Proben, weil hier der Gehalt von kohlensaurem Kalk
überhaupt noch verhältnißmäßig gering ist. In der That zeigen die Proben in diesem
Stadium den Haupttheil ihrer Schwindung. Soll nun aber im weiteren Brande der Thon
eine Schwindungsbewegung machen, so hindert ihn daran das Kalkgerüst, und es können
nur ganz geringe Schwindungen erfolgen, analog wie bei der Magerung mit Quarz. Der
Kalk wirkt hier also wie ein festes Gerüst, und man ersieht zugleich daraus, daß bei
der Temperatur, bei welcher der Thon bereits klinkert, von chemischer Homogenität in
der Probe noch durchaus keine Rede ist, denn sonst würden schwerlich die physikalischen Momente bei dem
Unterschied der Erscheinungen hervortreten können.
Die Thatsache aber, daß K³⁰ von allen
Proben den geringsten Grad von Schwindung im Ofenfeuer zeigt und zugleich eine
geringe Schwankung in der Porosität, kann für die Töpferei nicht ohne Bedeutung
sein. Rechnet man für K³⁰ den
procentischen Gehalt des ungebrannten Thones an kohlensaurem Kalk aus, so ergibt
sich derselbe = 23,09 Proc. Der Thon von Veiten hat nach einer Analyse von Dr. Seger folgende
Zusammensetzung:
Kieselsäure
47,86 Proc.
Thonerde
11,90 „
Eisenoxyd
5,18 „
Kalkerde
14,96 „
Bittererde
1,71 „
Kali
2,65 „
Natron
1,01 „
Kohlensäure
10,44 „
Schwefelsäure
Spur
Wasser
4,64 „
––––––––––
100,35 Proc.,
woraus sich ein Gehalt von 23,73 Proc. an kohlensaurem Kalk
berechnet. Um nun zu prüfen, ob der Veltener Thon die oben an K³⁰ beobachteten Erscheinungen gleichfalls zeigt, wurde eine
Probe desselben ebenfalls gebrannt und durch drei Brennstufen untersucht. Dabei
ergab sich (in Procent):
Gewichtsverlust.
Schwindung.
Porosität.
I. Dunkelrothglut
7,63
+ 0,38
16,43
II. Rothglut
15,11
1,33
16,23
III. Hellste Rothglut
16,51
1,33
15,76
Es ist unverkennbar, daß hier für den Thon von Veiten analoge Erscheinungen eintreten
wie bei K³⁰. Beim Entweichen des Wassers,
das chemisch gebunden ist, wurde eine geringe Vergrößerung beobachtet; beim
Entweichen der Kohlensäure wird eine Schwindung von 1,33 Proc. sichtbar, die also um
eine geringe Größe hinter der von K³⁰
zurückbleibt. Dann tritt auch bei dem nächsten Brande, bei welchem der letzte Rest
von Kohlensäure entweicht, keine weitere Schwindung ein.Uebrigens sei beiläufig bemerkt, daß nach Brand II die Probe noch nicht die
weißgelbe Farbe angenommen hatte, obwohl bereits fast alle Kohlensäure
entwichen
war. Die bis dahin röthliche Farbe veränderte sich erst bei Brand III in
weißgelb. Hieraus folgt, daß die rothe Farbe eines Steines bei einem
gelbbrennenden Thon nicht den Schluß gestattet, daß die Kohlensäure
nothwendig noch nicht ausgetrieben sei.
Indem sich nun auf diese Weise gerade für den Veltener Thon so merkwürdige
Schwindungserscheinungen zeigen, fällt ein Licht auf seine Bedeutung für die
Töpferei. Zunächst dürfte es für einen Thon, der zur Anfertigung von dünnwandigen,
mannigfach geformten, vielfach zusammengesetzten Gegenständen, welche zuweilen auch
große Flächen besitzen, eine sehr schätzbare Eigenschaft sein, wenn er innerhalb der
zu seinem Brande nothwendigen Temperaturen überhaupt nur eine sehr geringe
Schwindung erfährt, da dann ein Verziehen im Feuer viel weniger häufig auftritt. Ob
nicht hiermit sodann die Eigenschaft des Veltener Thones, Emailglasuren rissefrei zu
tragen, zusammenhängt? Die geschrühten Kacheln, welche mit der Glasur übergossen
werden, erleiden in den Dimensionen kaum eine Veränderung mehr, selbst wenn die
Temperatur erheblich größer wird. Zugleich sichert die geringe Schwindung dem
Scherben eine genügende Porosität, so daß die Glasur an unzähligen Häkchen hängt und
haftet, wodurch das Abblättern erschwert wird. Nebenbei gibt der Kalkgehalt durch
Entfärbung des eisenhaltigen Thones der Emailglasur eine vortheilhaft wirkende helle
Unterlage. Ob der Kalkgehalt der Emailglasur gegenüber irgend eine chemische Rolle
spielt, wollen wir dahin gestellt sein lassen, doch fallen jedenfalls die beregten
physikalischen Momente hierbei ins Gewicht. Hiernach unterliegt es keinen
Schwierigkeiten, eine große Menge Thone dem Veltener Thon analog zu gestalten und
ihnen damit die Vorzüge zu geben, welche denselben der Töpferei so schätzbar
machen.
Bekanntlich haben Massen, welche dem Veltener Thon analog zusammengesetzt sind, neben
den sonstigen angenehmen Eigenschaften den Uebelstand, daß sie sehr spröde und
empfindlich gegen Temperaturveränderungen sind, weshalb man zuweilen lieber etwas
den Kalkgehalt der gemeinen Fayence sinken läßt, um sie nur weniger spröde zu haben.
Gegen Temperaturwechsel unempfindliche Massen erhält man, wenn man die Masse recht
mager, recht grobkörnig, recht porös, ich möchte sagen, von Anbeginn recht rissig
herstellt, so daß eine durch Temperaturerhöhung an einer beschränkten Stelle
entstehende Spannung sich nicht der ganzen Masse mittheilt, sondern an dem nächsten
Haarrisse ihre Begrenzung findet. Nun ist die dem Veltener Thone entsprechende
Magerungsstufe ziemlich dicht construirt, jedenfalls erheblich dichter, als z.B.
eine der hohen Magerungsstufen mit Quarzsand. Ueberdies, meine ich, ist noch ein
Umstand von Gewicht. Die kalkhaltigen Proben fließen schließlich alle zu Gläsern zusammen. Denkt man
sich nun die chemische Einwirkung des Kalkes auf den Thon, wie sie sich aus den
Porositätszahlen ergab, so könnten die dem Kalke zunächst gelegenen Stellen einen
mehr glasigen Charakter angenommen haben, und dann würde man Cohäsionsstörungen
leicht begreiflich finden, wenn locale Spannungen eintreten.
Indem wir diesen Punkt verlassen, wollen wir nicht verfehlen, auf einen Punkt
hinzuweisen, in Bezug auf den ziemlich irrige Vorstellungen verbreitet sind. Man
wähnt in der Regel, daß ein Zusatz von Kalk einen Thon schmelzbarer mache, und zwar
innerhalb der in einem gewöhnlichen Ziegelofen zur Anwendung gelangenden
Temperaturen. Wie man aus den mitgetheilten Versuchen ersieht, ist dies nicht in der
Weise der Fall, wie man es in der Regel annimmt. Der reine Thon ist 6,57 Proc.
geschwunden und hat nur noch 4,23 Proc. Porosität, ist also im gewöhnlichen Sinne
ein vollständiger Klinker, und doch sind alle die kalkhaltigen Proben nicht nur
nicht geschmolzen, sondern noch sehr porös. Gleichwohl ist der Kalk in einer so
feinen Korngröße hinzugefügt, daß die Maximalkorngröße nicht 0mm,01 Durchmesser überschreitet, also in
einer sehr angreifbaren Form, wie man meinen sollte. Ein gewisser Angriff ist
erfolgt, wie wir aus der vergrößerten Porosität schließen; doch scheint derselbe
nicht tiefgehend, da die Schwindung durchaus nicht verändert ist. Man hat sich daran
gewöhnt, den Kalk als flußbefördernd zu betrachten; wie kommt es nun, daß diese
Brennversuche nicht in diesem Sinne ausgefallen sind? Eine analoge Erscheinung, die
sich beim Brennen des Portlandcementes zeigt, wird uns den Fingerzeig zur Erklärung
geben. Wer sich damit beschäftigt hat, aus verschiedenartigen Thonen Portlandcement
zu erbrennen, dem muß es aufgefallen sein, daß verschiedene Thone, mit demselben
Kalke in denselben Gewichtsmengen versetzt, zum Garbrennen verschiedener
Brenntemperaturen bedürfen. Es wird ihm passirt sein, daß, wenn er gleichhaltige
Mischungen aus derselben reinen Kreide, aber von zwei verschiedenen Thonen in
demselben Brande gar zu brennen versucht, hat, häufig der eine todt gebrannt war,
während der andere noch nicht gar erschien. Da beide Mischungen dieselben Mengen
derselben Kreide enthielten, so kann der Grund wohl nur in dem Thone gesucht werden.
In der That soll sich ja der Kalk erst verbinden mit dem Thone durch den Brand;
zunächst sind sie neben einander gelagert. Wie soll das nun recht vor sich gehen,
wenn nicht wenigstens einer der Komponenten beweglich wird? Die reine Kreide
schmilzt nicht, also muß der Thon die Vermittlung übernehmen. Ist er nun schwer
schmelzbar, so erfolgt die Verbindung bei
Tabelle V.
Textabbildung Bd. 217, S. 56–57
K⁰; K¹⁰;
K²⁰; K³⁰; K⁴⁰; K⁵⁰;
K⁶⁰; K⁷⁰; K⁸⁰; Gewicht. Gramm.; Maß.
Millimeter.; Mit Wasser Gramm.; Nach dem Trocknen; I. Dunkelrothglut; Torso; II.
Rothglut; III. Helle Rothglut; IV. Hellste Rothgut
Bei den Proben K¹⁰, K³⁰, K⁴⁰ fand sich nach dem ersten Brande eine Längsspaltung, welche
von der Formung herzurühren schien. Von dem Punke, an welchem in der Tabelle
„Torso“ beigefügt ist, ist nur das mit der Marke versehene
Stück weiter gebrannt und untersucht worden.
Tabelle VI.
Textabbildung Bd. 217, S. 56–57
K⁰; K¹⁰;
K²⁰; K³⁰; K⁴⁰; K⁵⁰;
K⁶⁰; K⁷⁰; K⁸⁰; Gewichtsverlust;
Schwindung; Gewicht des Wassers; I. Dunkelrothglut; II. Rothglut; III. Helle
Rothglut; IV. Hellste Rothglut
höherer Temperatur; ist er leicht schmelzbar, bei niederer. So
erklärt sich diese befremdende Thatsache ganz zwanglos. Der Schmelzpunkt des fertig
gebildeten Endproductes liegt aber tiefer, als die Verbindungstemperatur war. Der
hier in Frage kommende Gesichtspunkt scheint mir überhaupt für die Schmelzbarkeit
eines Gemisches von Bedeutung zu sein, jedenfalls mehr Berücksichtigung zu
verdienen, als ihm bisher zu Theil geworden ist, wenn es sich darum handelte, die
Schmelzbarkeit zu bestimmen.
Da die höheren Kalkstufen keine directe Bedeutung für die Thonwaarenfabrikation
haben, sondern von uns nur mitgebrannt wurden, um die Erscheinungen klarer zu
stellen, so können wir auf ihre weitere Betrachtung hier verzichten.
Aus den Magerungsversuchen mit kohlensaurem Kalk ergibt sich
also, daß derselbe, in einer bestimmten Menge in feiner Korngröße einem Thone
beigefügt, die Schwindung im Ofenfeuer bis auf ein sehr geringes Maß herabsetzt,
so daß damit zugleich dem Scherben eine gewisse Unveränderlichkeit an Ausdehnung
und Porosität innerhalb ziemlich weit auseinanderliegen der Temperaturen
gesichert wird.