Titel: | Ueber schwarze Schreibtinten; von C. H. Viedt in Braunschweig. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 73 |
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Ueber schwarze Schreibtinten; von C. H. Viedt in
Braunschweig.
(Fortsetzung von S. 535 des vorhergehenden
Bandes.)
Viedt, über schwarze Schreibtinten.
B. Blauholztinten.
Die Blauholztinten haben sich in den letzten Jahren wegen ihrer
Billigkeit und Farbschönheit ein ausgedehntes Feld erobert; namentlich sind die
jetzt so viel verbrauchten Copirtinten größtentheils Blauholztinten.
Nach Dannenberger nimmt das
Färbevermögen des Blauholzes beträchtlich zu, wenn man dasselbe frisch geraspelt 10
bis 20cm hoch ausbreitet, mit 60 bis 65
Proc. seines Gewichtes warmem Wasser bespritzt und öfters durchschaufelt, um eine zu
starke Erhitzung zu verhüten; das Holz gewinnt durch diese 6 bis 8 Wochen dauernde
Behandlung bis 16 Proc. an Färbekraft. Durch Auslaugen des so behandelten Blauholzes
und Eindampfen des gewonnenen Auszuges im Vacuum gewinnt man das sogen.
Blauholzextract, welches in mit Papier ausgeklebten Kisten in den Handel kommt und
eine braune glänzende Masse mit muscheligem Bruche, wie Pech, darstellt; es hat etwa
das sechsfache Färbevermögen des Blauholzes. Die wässerige Lösung des Extractes ist
in Folge der größeren Lufteinwirkung bei der Bereitung noch intensiver als die des
Blauholzabsudes gefärbt. Diese oxydirten Farbstofflösungen werden an der Luft
prachtvoll purpurroth, dann immer dunkler, bis zum tiefsten Schwarz, wobei der
Ammoniakgehalt der Luft eine große Rolle spielt. Eisen- und Kupfersalze
bilden unter dem Einflusse der Luft in der wässerigen Farbstofflösung schwarze
Niederschläge, erstere von bläulich-schwarzer Nüance, letztere erst schmutzig
grün, dann allmälig tief blauschwarz. Alaun bewirkt. eine hellrothe bis purpurrothe
Färbung ohne Niederschlag. Eisenalaun verhält sich analog den Eisensalzen.
Chromverbindungen erzeugen violette, schwarz werdende Niederschläge; Chromsäure
bildet sogleich einen tief schwarzen Niederschlag, neutrales chromsaures Kali färbt,
in sehr geringen Mengen
zugesetzt, die Farbstofflösung intensiv schwarz, ohne Niederschlag zu erzeugen; in
größeren Mengen bewirkt es sogleich die Bildung eines tief schwarzen
Niederschlages.
Blauholzspäne und Blauholzextract sind vielfachen Verfälschungen
unterworfen; es empfiehlt sich daher das Holz nur in Blöcken zu kaufen und diese
zerkleinern zu lassen. Bei der Anwendung des Extractes ist Rücksicht zu nehmen auf
Feuchtigkeit, Verfälschung mit unlöslichen Stoffen, Kastanienextract u. dgl. (vergl.
1869 191 242). Man kann unterscheiden: 1.
Chromblauholztinten, 2. Alaunblauholztinten, 3. Eisenblauholztinten, 4.
Kupferblauholztinten; hierbei ist jedoch zu bemerken, daß die drei letzten häufig in
einander übergehen und sich nicht scharf charakterisiren lassen.
Chromblauholztinten (Chromtinten). Bekanntlich entdeckte
Runge (1848 109 225. 1850
115 77), daß ein ziemlich verdünnter Blauholzabsud,
resp. eine entsprechend starke Lösung des Blauholzextractes, mit einer sehr geringen
Menge von einfach chromsaurem Kali versetzt, eine tief schwarz gefärbte Flüssigkeit
gibt, welche klar bleibt, keinen Satz bildet und ohne weiteres als Schreibtinte zu
verwenden ist. Völlig neutral reagirend, greift sie deshalb die Stahlfedern nicht
an, ist sehr billig, zieht sich so tief ins Papier, daß sie selbst durch Waschen mit
einem Schwamm nicht verwischt wird; kurz sie hat alle Eigenschaften einer
vorzüglichen Schreibtinte. Dagegen zersetzt sich die Tinte an der Luft zuweilen sehr
rasch, indem sich der Farbstoff in großen schwarzen Flocken ausscheidet, welche in
einer wasserhellen Flüssigkeit schwimmen. Dieses „Gelatiniren“
ist, weil man die Bedingungen, unter welchen es eintritt, nicht kennt, ein sehr
großer Fehler der Tinte. Von verschiedenen Seiten sind Präservativmittel dagegen
vorgeschlagen. So wendet Stein Aetzsublimat dagegen an,
nach unseren Erfahrungen erfolglos. Am besten dürfte der schon von Böttger empfohlene Zusatz von Soda sein; wenigstens
benützt Verfasser solche Chromtinte schon seit zwei Jahren, ohne daß ein Gelatiniren
eingetreten wäre, allerdings in einem Trichtertintenglase aufbewahrt; der möglichst
völlige Luftabschluß scheint das beste Mittel zu sein.
Zur Bereitung dieser Tinte nehme man 15 Th. Blauholzextract, löse
in 900 Th. Wasser, lasse absitzen, decantire, erhitze zum Kochen, löse in der
Flüssigkeit 4 Th. krystallisirte Soda, und versetze dann tropfenweis unter Umrühren
mit einer Lösung von 1 Th. chromsaurem Kali in 100 Th. Wasser. Die Tinte hat eine
schön blauschwarze Farbe, fließt gut aus der Feder und trocknet sehr leicht. Platzer's Chromtintenpulver und Poncelet's Tinte ohne Säure sind werthlose Nachahmungen der Runge'schen Originaltinte. Stark's Copirtinte, sowie Böttger's
„ausgezeichnete Copirtinte“ werden wir weiter unten besprechen.
Eine „blauschwarze Tinte“, erhalten aus Blauholzabkochung mit
Zusatz von Chromalaun ist nicht empfehlenswerth; die Schrift ist ziemlich grau und
wenig intensiv.
Blauholzabkochungen, nur mit Alaun
(außer Gummi und Glycerin für Copirtinten) versetzt, geben eine röthliche oder
violette Tinte, die nur langsam nachdunkelt und nie tief schwarz wird; namentlich
ist dies bei den aus Blauholz, nicht aus Extract, bereiteten der Fall. Außerdem wird
sie dadurch theuer, daß man zur Erzielung einer hinreichend satten Farbe sehr
concentrirte Blauholzabkochungen, bezieh. Blauholzextractlösungen, verwenden muß.
Anders gestaltet sich dies, wenn man der Farbholzabkochung außer Alaun noch ein
Metallsalz zusetzt. Wie bereits erwähnt, färbt Alaun die Blauholzabkochung (wie die
Blauholzextractlösung) purpurroth, während die Metallsalze in der oxydirten
Farbstofflösung blauschwarze oder schwarze Niederschläge hervorbringen. Es sind
diese Blauholztinten in gewisser Beziehung den Alizarintinten ähnlich. Zur provisorischen
Färbung der Tinte dient hier die niederschlagfreie Färbung der Blauholzabkochung,
welche durch Alaun hervorgebracht wird; sie variirt je nach dem Grade der Oxydation
der Farbstofflösung von hell röthlichbrauner bis zur purpurrothen Farbe der
Schriftzüge. Durch die Luft, die man wie bei den Alizarintinten möglichst erst auf
die Schrift selbst einwirken lassen muß, bildet sich dann allmälig aus dem in der
Tinte enthaltenen Metallsalze und dem Blauholzextracte der schwarze oder
blauschwarze Niederschlag, welcher die provisorische braune oder purpurne Färbung
überdeckt. Um den Einfluß der Luft, der ja niemals völlig aufgehoben werden kann,
einigermaßen zu paralysiren und immer eine völlig klare, niederschlagslose
Flüssigkeit zu haben, versetzt man die Blauholztinten, ebenso wie die
Alizarintinten, mit einer Spur Schwefelsäure, welche den sich bildenden Niederschlag
sofort wieder auflöst. Die Acidität der Tinte hat dieselben Nachtheile wie die der
Alizarintinten; die Federn werden angegriffen, rauh, wenn nicht Gold-,
Platin-, Hartgummi- oder Gänsefedern verwendet werden. Bei
Blauholztinten, welche, wie es meistens der Fall ist, mit Kupfersalzen versetzt
sind, verbietet sich die Anwendung gewöhnlicher Stahlfedern schon aus dem Grunde,
weil diese überkupfert werden und dadurch der Tinte das Kupfersalz entziehen. Soll
die Tinte nur als Schreibtinte, nicht als Copirtinte benützt werden, so ist ein
verdickender Zusatz, wie Gummi oder Glycerin, überflüssig.
Es empfiehlt sich immer nur Kupfervitriol anzuwenden; der dadurch
hervorgebrachte blauschwarze Ton der Schrift unterscheidet sich sehr vortheilhaft
von der grau-schwarzen Nüance der Züge, welche mit Eisenvitriol enthaltender
Tinte geschrieben sind; auch die gleichzeitige Anwendung von Eisenvitriol und
Kupfervitriol oder Grünspan ist nicht zu empfehlen. Als Normalrecept zu erwähnter
Tinte geben wir folgende Vorschrift.
Man löst 20k
Blauholzextract, von dessen Güte man sich vorher überzeugt hat, in 200k Wasser auf, klärt durch Absetzen und
decantirt die gelbbraune Flüssigkeit. Hierauf löst man 10k Ammoniakalaun in 20k kochendem Wasser, vermischt beide
Lösungen, setzt dann unter gutem Umrühren 0k,2 Schwefelsäure und schließlich eine Lösung von 1k,5 Kupfervitriol in 20l Wasser zu. Zur Entwicklung der
provisorischen Färbung läßt man die Tinte einige Tage offen an der Luft stehen und
zieht sie dann auf gut verschlossene Flaschen. Sie ist im Glase prächtig purpurroth
oder veilchenblau, fließt sehr gut aus der Feder; bei Anwendung einer neuen Feder
sind die Züge zuerst gelbroth; allmälig überdeckt der sich bildende
Kupfervitriol-Blauholzniederschlag diese Färbung und die Schrift verwandelt
sich, die schönsten Farbnüancen vom Gelbroth bis zum Schwarz durchlaufend, in ein
schönes, dem Auge angenehmes Schwarz; bei gebrauchten Federn ist die Schrift gleich
anfangs ziemlich dunkel.
Diese Tinte, wie auch andere ganz ähnliche, kommen zum Theil unter
hochtrabenden Namen in den Handel, z.B. als „Chemnitzer
veilchenblauschwarze Schreibund Copirtinte“. Aehnlich ist auch Böttger's Recept zu seiner „ausgezeichneten
Copirtinte“: 10k Alaun,
20k Kupfervitriol, 40k Extract, 480l Wasser. Die Alaunmenge ist viel zu
gering, weshalb die Tinte anfangs auch nur sehr blaß schreibt; das Fehlen der freien
Säure bewirkt eine ziemlich rasche Satzbildung. Normandy's „King of Purples“
ist nicht zu empfehlen; „Encre bleue
rouennaise“ ebenfalls durchaus nicht. Normandy's
„Tafeltinte“, die außer Blauholzextract Catechu, enthält, mit
Grünspan, Eisenvitriol, Alaun, Gummi und Indigo, ist bei gleichem Preise bei weitem
nicht so gut, als obige Normaltinte. Es erübrigt nun noch die Anführung des Receptes
von Reinige, der zur Hervorbringung der Acidität der Tinte, ebenso wie bei
seiner Alizarintinte, Oxalsäure statt der Schwefelsäure anwendet. Die Tinte ist zwar
ziemlich schwarz, indeß theuer und leicht satzbildend. Den Alaun ersetzt Reinige durch Soda, die zwar ebenfalls die Blauholzflotte
purpurroth färbt, aber von der Oxalsäure sogleich in oxalsaures Natron verwandelt
wird und deshalb nicht zur Wirkung gelangt.
Die immerhin anfangs etwas sehr matte Färbung der Schriftzüge,
welche mit den letzterwähnten Blauholztinten geschrieben sind, veranlaßte einige
Chemiker, namentlich Stark und Böttger, eine sofort tief schwarz schreibende Blauholztinte dadurch
herzustellen, daß sie eine Chromtinte mit einer Eisen- oder
Kupferblauholztinte vermischten. Bei den Chromtinten wurde erwähnt, daß diese sich
sofort schwarz aufschreiben, daß bei ihnen aber ein Nachdunkeln nicht stattfindet;
die Chromtinten haben deshalb nie die ganz intensive, sammetartige Schwärze der
Kupferblauholztinten. Versetzt man nun aber eine anfangs also sehr blaß schreibende
Kupferblauholztinte mit Chromtinte, so bewirkt letztere die provisorische, relativ
schon sehr dunkle Färbung der Schrift, welche dann allmälig durch Entwicklung des
Kupferblauholzpigmentes unter dem Einflusse der Luft in das intensivste Schwarz
übergeht. Ein Gelatiniren dieser Tinte hat Verfasser niemals beobachtet.
Selbstverständlich muß auch diese Tinte möglichst von der Luft abgeschlossen
aufbewahrt werden.
Nach einer Untersuchung von Ott besteht Stark's patentirte Copirtinte aus folgenden Bestandtheilen: 250 Th.
Blauholzextract werden mit 100 Th. Alaun, je 17 Th. Eisen- und Kupfervitriol
und 50 Th. Zucker in 1000 Th. kochendem Wasser gelöst, durchgeseiht, dann eine
Lösung von 16 Th. neutralem chromsaurem Kali, 100 Th. Glycerin und schließlich 200
Th. Indigoschwefelsäure zugesetzt. Letztere erhält man durch Auflösen von 2,5 Th.
Indigo in 50 Th. Schwefelsäure und Verdünnen mit 200 Th. Wasser. An dieser
Vorschrift ist vieles auszusetzen. Die Tinte enthält auf etwa 1500 Th. Flüssigkeit
250 Th. Extract; bedenkt man nun auch, daß die Tinte eine Copirtinte sein soll und
deßhalb farbkräftiger sein muß als eine gewöhnliche Schreibtinte, so dürfte sie
dennoch weit flüssiger und hinreichend intensiv bei Anwendung der doppelten
Wassermenge werden. Ferner ist die Menge des Eisen- und Kupfervitriols im
Vergleich zum Blauholzextract ungefähr um das Dreifache zu gering. Den Zucker
ersetzt man besser durch Senegalgummi. Im Ganzen indeß liefert diese Vorschrift eine
sich tief braun aufschreibende und sehr intensiv schwarz werdende Tinte, die mehrere
tief dunkle Copien liefert.
Eine andere Vorschrift zu einer solchen Tinte veröffentlicht Böttger (1859 151 431. 1869
191 175). 30g Blauholzextract und 8g
krystallisirtes kohlensaures Natron sollen in 250g Wasser gelöst werden, der Lösung 30g Glycerin von 1,25 spec. Gew., ferner 1g in etwas Wasser gelöstes gelbes
chromsaures Kali und 8g gepulvertes
arabisches Gummi, mit wenig Wasser zu einem Schleim gelöst, unter Umrühren zugesetzt
werden. – Die Tinte ist in jeder Hinsicht vorzüglich, bis auf den
Glycerinzusatz. Sie greift die Federn nicht im mindesten an, schimmelt nicht und
wird tief schwarz. Will man sie nur als Schreibtinte benützen, so verwende man 30g Blauholzextract in 300 bis 400cc Wasser, lasse aber Gummi und Glycerin
fort. Gut ist es auf obige Mengen noch ungefähr 1g Kupfervitriol zuzusetzen, wodurch die Schwärze der Tinte noch bedeutend
erhöht wird.
Im Allgemeinen sind die letzterwähnten Tinten als Schreibtinten
sehr zu empfehlen, da sie mit einem billigen Preise eine große Farbschönheit und
Intensität verbinden.
(Schluß folgt.)