Titel: | Beschreibung der Diamantbohrung der k. k. priv. Staats-Eisenbahn-Gesellschaft bei Böhmisch-Brod; von Heinr. Reich. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 93 |
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Beschreibung der Diamantbohrung der k. k. priv.
Staats-Eisenbahn-Gesellschaft bei Böhmisch-Brod; von Heinr. Reich.
Mit Abbildungen auf Taf.
II [b-d/3. 4].
Reich, über die Diamantbohrung bei
Böhmisch-Brod.
Die Methode des Diamantbohrens bei Böhmisch-Brod beruht auf dem Princip des
Kernbohrers von Leschot (vergl. 1864 173 248. 1870 198 369), wobei
aber das Schmanten des Bohrloches continuirlich erfolgt, indem in das hohle Gestänge
Wasser gedrückt wird, welches mit dem Schmant außerhalb des Gestänges, also an der
Bohrlochswand, wieder zu Tage tritt.
Bohrmaschine. Zwischen zwei aufrecht stehenden T-förmigen eisernen Balken a (Fig.
25 bis 27), welche rechts und links neben dem Bohrloch stehen, gleitet ein gut
geführter eiserner Schlitten b auf und ab. Derselbe
dient als Lager für ein weites eisernes Rohr c, so daß
sich dieses Rohr in jenem Schlitten rasch im Kreise herum drehen kann.
Diese Rotation wird durch ein von einer Locomobile aus bewegtes conisches Zahnrad d erzielt, welches in e fix
gelagert ist und dessen Nabe die Röhre c umfaßt. Die
letztere hat von oben bis unten eine Nuth f und das
conische Rad d eine in diese Nuth passende Feder. Dreht
sich das Rad d, so dreht sich auch die Röhre c, und gleichzeitig kann sich diese sammt dem Schlitten
b nach abwärts oder aufwärts bewegen. In die Röhre
c wird das hohle Gestänge eingeführt und mit drei
Schrauben bei g und drei Keilen bei h befestigt. Diese Keile haben außerdem den Zweck, das
Bohrgestänge in der Röhre c zu centriren, indem sich
dieselben bei Drehung der Schraubenmutter i gleichförmig
gegen das Centrum bewegen. Die Schraubenmutter k dient
als Gegenmutter für i. Dreht sich also die Röhre c, so dreht sich auch das hohle Gestänge, und in dem
Maße, als die Bohrlochsohle sich vertieft, senkt sich, der Schwerkraft folgend, das
ganze Gestänge sammt dem Schlitten b und der Röhre c. Zur Ausgleichung des Gestängegewichtes dient das
Contregewicht l, welches durch Ketten, die über Rollen
m laufen, den Schlitten b nach aufwärts zu ziehen strebt.
Vom Schwungrad der Locomobile wird mittels Riementrieb die Scheibe n (Fig. 26 und 27) in
Rotation gesetzt, also auch das auf derselben Welle sitzende Stirnrad o; dieses greift in das Stirnrad p, das nebst dem Kegelrad r auf der Welle s aufgekeilt ist. Das Rad r
treibt die schiefe Spindel t, welche mittels der
Kegelräder u und d die oben
erwähnte Röhre c dreht. Das Zahnrad r sitzt lose auf der Welle s, kann aber durch
Einrücken der Klauenmuffe w (Fig. 27) mit der Welle
s fest verbunden werden. Sowohl die Steuerhebel als
auch die verschiedenen Bremshebel sind, um die Deutlichkeit der Skizze nicht zu
beeinträchtigen, weggelassen. Sie sind so angeordnet, daß sie der bei A (Fig. 26) stehende
Maschinenführer bei der Hand hat.
An demselben Gestelle mit der eigentlichen Bohrmaschine befindet sich zum Ein-
und Ausfördern des Gestänges ein Krahn, welcher ebenfalls von der Locomobile aus
betrieben wird. Durch die Kegelradübersetzung v wird die
Kraft von der Antriebswelle auf die schiefe Transmissionsspindel x übertragen und von dieser abermals durch eine
Kegelradübersetzung y an die horizontale Welle z. Die zwei concentrischen Kegelräder y setzen den Maschinenführer in Stand, das Ausfördern
des Gestänges mit größerer oder kleinerer Geschwindigkeit erfolgen zu lassen, je
nachdem er die Klauenmuffe l' nach abwärts oder aufwärts
verschiebt. Auf dem anderen Ende der horizontalen Welle z befinden sich zwei kleine lose Stirnräder a'
und b'. Das eine derselben (a') greift in das auf der Trommelwelle des Krahns sitzende Stirnrad c', das andere (b') in das
Stirnrad d', welches mit den Kettenrollen des
Contregewichtes auf einer und derselben Welle befestigt ist.
Um das Einlassen des Gestänges mit Hilfe dessen Schwerkraft bewerkstelligen zu
können, ist die Klauenkuppelung e' (Fig. 27) vorhanden, nach
deren Ausrückung man im Stande ist, das Gestänge mit der Bremse f' herabzubremsen. Sollte diese bei zunehmendem
Gestängsgewicht nicht hinreichen, so wird nach Einrücken von e' in a' und Ausrücken von e' auch die Bremse g' dazu
benützt. Um das Contregewicht l heben zu können, wird
die Klauenmuffe e' in das kleine Stirnrad b' eingerückt, und um dasselbe herabzulassen, die
Bremsscheibe h' benützt.
Die kleine Druckpumpe P (Fig. 26) hat den Zweck,
das Wasser, welches einen Druck von ca. 20k
erhält, durch die Rohrleitung i', den Kautschukschlauch
k' und das hohle Gestänge an die Sohle des
Bohrloches zu schaffen, um den Schmant von dort zu entfernen. Der Antrieb der Pumpe
erfolgt durch eine Stirnradübersetzung. Die Pumpe kann durch Auslösung der
Schubstange vom Kurbelzapfen außer Gang gesetzt werden.
Die Kette zum Einlassen und Herausholen des Gestänges läuft von der Trommelwelle über
eine Kettenscheibe, die sich oben in dem 23m,7 hohen Bohrthurm befindet. Aus der Skizze ist die Construction des
ganzen Gestelles, an dem alle bisher beschriebenen Maschinentheile ihre Stützpunkte
finden, leicht verständlich.
Bohrgestänge. Das Bohrgestänge besteht aus der Bohrkrone,
dem Kernrohr, dem eigentlichen Gestänge, den einzelnen Verbindungsstücken dieser
Theile und endlich der oben angebrachten Vorrichtung zum Einführen des Wassers.
Die Bohrkrone (Fig. 24), aus Gußstahl
gefertigt, ist ein hohler Cylinder, welcher auf der unteren Ringfläche 10 bis 12
schwarze Diamanten trägt, die so vertheilt sind, daß der gesammte zum Abbohren
gelangende ringförmige Querschnitt beim Rotiren auch wirklich von den Diamanten
getroffen wird. Um dem in das hohle Gestänge eingeführten Wasser unten den Austritt
zu ermöglichen, sind die rinnenförmigen Vertiefungen n
ausgespart. Der vorspringende Ring m soll beim
Herausholen des abgebohrten Kernes diesem als Unterstützung dienen. Der durch
gegenseitige Abreibung der einzelnen, ober einander befindlichen Kernstücke erzeugte
Sand hält jedoch allein den Kern so fest, daß während dem Ausfördern desselben keine
Gefahr vorhanden ist, ihn zu verlieren; ja es muß einige Kraft angewendet werden, um
behufs Entleerung des Kernrohres die Krone abzuschrauben.
Den zweiten Theil des Gestänges bildet das sogen. Kernrohr
(Fig.
23); es ist zur Aufnahme des abgebohrten Kernes bestimmt. Je nach der Länge
dieses Rohres ist man im Stande, verschieden lange Kerne ohne Unterbrechung
abzubohren. Gewöhnlich betrug die Gesammtlänge desselben 4m,74; nachdem aber das
Böhmisch-Broder Bohrloch in größere Teufen gelangte, vergrößerte man diese
Länge, um nicht so viel Zeit mit dem Herausfördern und Einlassen des Gestänges zu
verlieren. Die Bohrkrone und das Kernrohr werden behufs ihrer Verbindung einfach in
einander geschraubt.
Das eigentliche Bohrgestänge besteht aus 1m,90 langen, schmiedeisernen Röhren (Fig. 22). Die
Verbindung des Kernrohres mit der untersten Bohrröhre vermittelt das
Verbindungsstück (Fig. 21). Die einzelnen Bohrröhren werden unter einander durch die Muffen
(Fig. 28)
verbunden. Diese haben einen etwas größeren Durchmesser als die Bohrröhren; dadurch
schleifen sich an den Bohrlochswandungen nur die weniger theueren Muffen ab, während
die Bohrröhren geschont werden.
Am obersten Ende des Bohrgestänges befindet sich die Vorrichtung, welche es
gestattet, das Wasser während der Rotation des
Bohrgestänges in dieses einzuführen. Dieser Apparat (Fig. 29) wird einerseits
an das letzte Bohrrohr angeschraubt, andererseits mit dem Kautschukschlauch in
Verbindung gesetzt. Nur der Theil p bleibt während der
Rotation in Ruhe.
Bohrbetrieb. Zu den größten Schwierigkeiten gehört das
richtige Einsetzen der schwarzen Diamanten in die Bohrkrone, denn davon hängt
hauptsächlich der Diamantenverlust ab. An der betreffenden Stelle, wo der Diamant
eingesetzt werden soll, wird mit einem Meißel in die gußstählerne Krone ein Loch
geschlagen und nun der Diamant so eingeführt, daß er mit den schärferen Ecken und
Kanten in das Loch, mit den mehr abgerundeten Oberflächen nach außen zu liegen
kommt. Dann wird der Diamant so verstemmt, daß nichts mehr von demselben zu sehen
ist. Betrachtet man eine noch nicht gebrauchte Bohrkrone, so sieht man an den
Stellen, wo die schwarzen Diamanten eingesetzt wurden, nur schwache Erhabenheiten;
erst bei Benützung der Krone schleifen sich die Diamanten etwas heraus und
verrichten die Bohrarbeit. Ist die Krone hergerichtet, so wird an dieselbe das
Kernrohr angeschraubt, an dieses das Verbindungsstück und dann ein Röhrenzug, der
aus acht Bohrröhren zusammengeschraubt ist, und nun wird das Ganze in die Röhre c (Fig. 25) und das Bohrloch
eingelassen. Ist das Ende des Zuges bei g angelangt, so
wird das Gestänge mit den Schrauben g abgefangen, ein
zweiter Zug angeschraubt u.s.w. Nachdem das Bohrloch bei Böhmisch-Brod eine
größere Teufe erlangt hatte, konnte man sich auf das bloße Abfangen des Gestänges
mit den drei Schrauben g nicht verlassen, daher man
dasselbe an der Basis des Gerüstes noch durch zwei Excenter stützte. Auch der
Dampfkrahn reichte nicht mehr für die größeren Lasten aus, und man war bemüßigt,
einen gewöhnlichen stärkeren Krahn im Bohrthurme aufzustellen. Ebenso mußte man bei
zunehmender Teufe die obersten schmiedeisernen Bohrröhren durch gußstählerne
ersetzen, wodurch die Sicherheit entsprechend vergrößert wurde.
Selbstverständlich muß beim Ausfördern des Gestänges die Rotation desselben
unterbrochen werden, also die Muffe w (Fig. 27) außer, dagegen
die Muffen l' und e' in
Eingriff gebracht und das Contregewicht l durch die
Bremse h' abgebremst werden. In welches Zahnrad man die
Muffe l' einrücken soll, hängt von der gewünschten und
zulässigen Fördergeschwindigkeit ab.
Beim Herabbremsen des Gestänges sind die Muffen w, l' und
e' außer Eingriff, und es wird mit der Bremse f' gebremst; sollte diese nicht ausreichen, so rückt
man, wie früher angegeben, die Klauenmuffe e' in das
Zahnrad a' ein und bremst auch mit g'. Ist so die Bohrkrone nach und nach vor Ort
angelangt, so muß, ehe man zu bohren beginnt, das Gestänggewicht durch Auflegen von
gußeisernen Platten an die Stange m' bis zu einem
gewissen Grade ausgeglichen werden. Nur dadurch, daß man im Stande ist, mit einem
beliebig kleinen Uebergewicht oder Ueberdruck (ca. 15k) zu arbeiten, ist bei der großen Teufe des Böhmisch-Broder
Bohrloches die geringe Anzahl von Gestängsbrüchen zu erklären.
Durch das Einlassen des Gestänges ist eine längere Pause im Betrieb eingetreten; es
hat sich das noch im Wasser schwimmende Bohrmehl an der Sohle des Bohrloches
abgesetzt, und man muß, bevor man das Gestänge in Rotation setzt, das Loch
schmanten, indem man die Pumpe einige Zeit allein gehen läßt, bis das oben
austretende Wasser rein ist. Dann wird die Muffe w
eingerückt, während alle anderen Muffen und Bremsen außer Thätigkeit gesetzt sind.
Dadurch gelangt das Gestänge in Rotation, dasselbe verrichtet 200 bis 300 Touren pro
Minute; ferner ist das Contregewicht und die Pumpe in Wirksamkeit.
In dem Maße, als die Bohrkrone auf der Bohrlochsohle einen ringförmigen Schlitz
schabt, bewegt sich das Gestänge sammt dem Schlitten abwärts und das Contregewicht
aufwärts. Ist der Schlitten in seine tiefste Stellung gelangt, so wird die rotirende
Bewegung des Gestänges unterbrochen, der Wasserzufluß ebenfalls, die
Wassereinlaßvorrichtung abgeschraubt, ein Bohrrohr aufgesetzt, die
Wassereinlaßvorrichtung wieder angeschraubt, die Schrauben g und Keile h gelüftet und das Contregewicht
herabgebremst, wodurch sich der Schlitten sammt Rohr c
nach aufwärts bewegt. Hierauf werden die Schrauben g und
Keile h wieder angezogen und mit dem Bohren fortgefahren
u.s.w. Diese Procedur wird so lange fortgesetzt, bis das Kernrohr mit Kernen
angefüllt ist, und sonach an das Herausfördern desselben geschritten. Um das
Abbrechen der Kerne von der Bohrlochsohle hat man keine Sorge zu tragen;, es tritt
dies stets von selbst ein. Hatte man lettiges Gestein, so mußte der Bohrbetrieb
öfter unterbrochen und das Bohrloch mit Hilfe des Wasserstrahles geschmantet
werden.
Betriebsresultate. Das Böhmisch-Broder Bohrloch
wurde mit einer Bohrkrone von 130mm
Durchmesser am 10. Juni 1874 begonnen, in dieser Dimension auf 210m niedergebracht und auf diese 210m verrohrt, dann aber mit einer Krone von
80mm Durchmesser fortgesetzt. Auf ca.
5m Bohrlochstiefe wurde ein Diamant und
auch etwa eine Röhrenmuffe abgenützt. Die schwarzen, ganz unansehnlichen
brasilianischen Diamanten (welche bloße Korunde zu sein scheinen) kosten per Stück
je nach der Größe 20 bis 50 fl., die Muffe 6 bis 10 fl. ö. W. Es ist also zu
ersehen, daß diese Abnützungen allein das Bohren sehr theuer machen.
Aus dem Bohrjournal läßt sich folgende Tabelle zusammenstellen.
Zeit der Bohrung.1874 bez. 1875.
Anzahlder 12st.Schichten.
Abgebohrt.m
GanzeTeufe.m.
Zeitversäumniß.Stunden.
Außergewöhnlichgroße Ausführung.m.
10. Juni – 31. Juli
31
99,07
99,07
145
28. Juli
13,48
1.–31. August
41
1/2
137,59
236,66
446
31. August
11,85
1.–30 September
35
1/2
144,44
381,10
446
1/2
16. Septbr.
16,54
1.–31. October
52
185,23
566,33
275
1/2
9. October
10,32
1.–30. November
60
68,62
634,95
527
15. Novbr.
9,40
1.–31. December
48
0,32
635,27
558Verstärkung des Krahns und andere Reparaturen.
1.–23 JanuarBrand des Bohrthurmes.
46
62,25
697,52
380
20. Januar
6,90
227 Tage
314
697,52
697,52
2777
Es wurden also in 227 Tagen 697m,52
abgebohrt. In diesen 227 Tagen ist durch 314 zwölfstündige Schichten gearbeitet
worden. Es ergibt sich daher die durchschnittliche Leistung per 12 Stunden mit 2m,22 und per I Stunde mit 0m,85.
Bringt man die Zeitversäumniß in Abschlag, so resultirt eine durchschnittliche
Leistung per Stunde von 0m, 7 und per 12
Stunden von 8m,9. Man kann sogar behaupten,
die Teufe von 697m,52 hätte in noch
kürzerer Zeit erreicht werden können, wenn man von vorne herein auf so große Teufen
gerechnet hätte. Denn die verhältnißmäßig große Zeitversäumniß, wie sie sich aus der
Tabelle mit 2777 Stunden oder 115 Tagen ergibt, ist nur damit zu erklären, daß alle
Bestandtheile der Bohrmaschine zu schwach construirt waren, wodurch jeden Augenblick
Verstärkungen und Reconstructionen sich als nothwendig herausstellten. Dagegen wurde
das schnelle Fortschreiten des Bohrloches unterstützt durch die
Gesteinsbeschaffenheit. Wie das a. a. O. beigegebene Bohrprofil zeigt, bestehen die
durchteuften Schichten meist aus rothen Sandsteinen oder sandigen Schiefern, welche
ein vortheilhaftes Gestein für die Diamantbohrmethode bilden. Weniger günstig sind
Lettenschichten.
Alle bisher erbohrten Schichten des Böhmisch-Broder Bohrloches gehören der
Dyas-Formation an. Die Gesammtkosten der Bohrung belaufen sich gegenwärtig
auf 111 000 fl. ö. W., es kostet also der Meter durchschnittlich ca. 316 M.
Am 23. Januar 1875 ist der Bohrthurm abgebrannt, wodurch der Bohrbetrieb auf etwa
drei Monate sistirt ist. Bis der Bohrthurm wieder aufgestellt ist und die beim
Brande stark mitgenommenen Maschinen wieder in Stand gesetzt sind, wird mit dem
Bohren fortgesetzt, bis man 760m (400
Klafter) erbohrt hat. Sollte auch dann kein Resultat erzielt werden, so wird die Bohrung dem
Landesdurchforschungs-Comité für Böhmen überlassen. März 1875. (Nach
dem Jahrbuch für
Berg- und Hüttenwesen, 1875 S. 302.)