Titel: | Zur Construction von Blitzableitern für elektrische Telegraphen; von Friedr. Schaack, expedirender Secretär in Cöln. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 109 |
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Zur Construction von Blitzableitern für
elektrische Telegraphen; von Friedr.
Schaack, expedirender Secretär in Cöln.
Mit Abbildungen auf Taf.
II [c.d/1].
Schaack's Blitzableitern für elektrische Telegraphen.
Die bei den verschiedenen Telegraphenverwaltungen im Gebrauch befindlichen
Blitzableiter weichen zwar in ihren Formen von einander ab, ihr Princip aber ist
gleich, ob nun bei der Construction Spitzen, Schneiden oder Platten angewendet
werden. Der Zweck bei allen ist der, dem die Leitung treffenden Blitz einen
möglichst bequemen Weg zur Erde darzubieten und dadurch die übrigen
Telegraphenapparate vor seinen zerstörenden Wirkungen zu schützen.
Das Princip der vorzugsweise in Anwendung befindlichen Spitzen- und
Platten-Blitzableiter ist durch die Figuren 34 und 35
dargestellt. Bei Fig. 34 bezeichnen a und b zwei metallene Kegel, deren Spitzen etwa 0,mm5 von einander entfernt sind. c ist ein Widerstand von feinem Neusilberdraht, welcher
die Telegraphenapparate A mit b resp. der Leitung L verbindet. A und a sind mit Erde E verbunden. Tritt von L her
ein Blitz ein, so soll derselbe von b nach a überspringen und so zur Erde gelangen, oder doch den
Widerstand c abschmelzen, dadurch A ausschalten und so schützen. – In Fig. 35 bezeichnen a und b zwei sehr nahe über
einander liegende metallene Platten, welche an den einander zugekehrten Seiten
gewöhnlich eine feine Riffelung haben und durch ein dazwischen liegendes Blättchen
Papier gegen einander isolirt sind. Die Riffelungen beider Platten kreuzen sich und
bilden an den Kreuzungspunkten gleichsam eine Menge Anziehungspunkte für die
überspringende Elektricität. Die übrigen Verbindungen entsprechen denen in Fig. 34.
Das Princip ist an und für sich einfach. Betrachtet man aber einen für eine Menge
Leitungen construirten Blitzableiter mit seinen vielen Verbindungsklemmen für die
Leitungen, Apparate, Widerstände etc. und seine Vorrichtungen zum Ausschalten bei
Gewittern und Störungen, so erscheint derselbe äußerst complicirt und zu Störungen
einladend. In der That verursachen die Blitzableiter die meisten Störungen in den
Stationen, und zwar in Folge atmosphärischer Entladungen, Lockerung der
Verbindungen, Brechen der feinen Drähte und Entstehung von Nebenschließungen in
denselben, indem leitende Körper und Feuchtigkeit, die nahe beisammen liegenden
Theile mit einander verbinden. Die Kosten der Neubeschaffung betragen pro Leitung
durchschnittlich 25 M., was bei der Menge der Telegraphenstationen und der bei ihnen
aus- und eingehenden Leitungen ein erhebliches Anlagecapital erfordert. Da
ferner der Blitz beim Ueberschlagen die Spitzen der Kegel etc. häufig abschmilzt und
sie nicht selten mit einander verlöthet, so kann die Herstellung unter Aufwand von
Reparaturkosten nur durch den Mechaniker, nicht aber durch den
Apparat-Beamten erfolgen, was stets zu Unzuträglichkeiten für den Dienst
führt, indem in Ermangelung von Reservekegeln die Apparate eine Zeit lang schutzlos
sind.
Die folgende Construction würde allen diesen Uebelständen begegnen und nicht allein
ihren Zweck ebenso gut wie jene erfüllen, sondern für 100 Leitungen ein
Anlagecapital von höchstens 25 M. und keinerlei Reparaturkosten erfordern; eine
durch den Blitz verursachte Störung aber kann der Beamte sofort beseitigen. Dieser
Blitzableiter wird am zweckmäßigsten bei der Batterie aufgestellt und vom
Batterie-Beamten beaufsichtigt.
Auf den beiden langen Seiten eines etwa 10cm
tiefen und breiten Kästchens von Weißblech b sind, wie
Fig. 36
im Querschnitt zeigt, zwei isolirende Holzschienen a, a
angebracht, welche die Verbindungsklemmen c und c¹ tragen. An c wird
die Leitung L geführt, von c¹ geht die Verbindung durch die übrigen Telegraphenapparate A und diese sind andererseits an den Blechkasten
geführt, resp. durch diesen mit der Erde E in
Verbindung. Die Klemmen c und c¹ sind durch eine weitgewundene Spirale s aus feinem Neusilberdraht verbunden, deren Seidenüberzug einigemale
durch eine Kautschuklösung gezogen wurde und so einen dünnen, aber wasserdichten
isolirenden Ueberzug bildet. Dieser Blechkasten b wird
in der Batteriestube direct auf gutleitende Erde gesetzt oder anderweit mit Erde
verbunden und auf dreiviertel seiner Höhe mit Wasser gefüllt. Tritt nun ein
Blitzschlag in die Leitung L, so bietet die Spirale s mit ihrem dünnen Ueberzuge demselben eine beinahe
directe Verbindung mit dem Wasser resp. der Erde, wobei die Windungen der Spirale gewissermaßen
wie die Spitzen der Kegel, resp. die Riffelungen, als Ueberleitungspunkte betrachtet
werden können. Die Spirale wird dabei entweder geschmolzen oder ihr Ueberzug
durchgeschlagen, in beiden Fällen also der Weg zu den Apparaten unterbrochen und dem
Blitz ein directer Weg zur Erde eröffnet, was bei den bisherigen Constructionen
leider nur dann eintritt, wenn die Spitzen mit einander verlöthet werden.
Da die Enden der geschmolzenen Spirale sich möglicherweise an den Blechkasten
anlegen, so würde noch ein Zweigstrom durch die Apparate gehen, wenn letztere statt
an den Kasten direct an die Erde geführt würden. Bei der Verbindung mit dem
Blechkasten stehen die Apparate außerhalb des Stromkreises des Blitzes, sobald die
Spirale zerrissen ist. Nach dem Gewitter zieht der Beamte eine Reservespirale ein.
Die Längen des Blechkastens richtet sich nach der Anzahl der Leitungen, welche etwa
2cm Abstand von einander erhalten (Fig. 37).
Der dünne Ueberzug der Spirale s stellt dem
Entladungsschlage der atmosphärischen Elektricität keinen größeren Widerstand
entgegen, als die zwischen den Spitzen und Platten der Blitzableiter befindliche
isolirende Luftschicht, welche in trockenem Zustande ja das geringste
Leitungsvermögen aller bekannten Isolatoren hat. Der Umstand, daß bei den meisten
bisher gebräuchlichen Constructionen die Leitung beim Ueberschlagen des Blitzes
nicht immer sofort mit Erde verbunden wird, kann den Apparaten noch immerhin
gefährlich werden. Der Draht des Widerstandes c (Fig. 34 und
35) ist
gewöhnlich in mehreren Lagen über einander auf eine Hülse gewickelt. Tritt nun auch
eine Schmelzung einzelner Windungen ein, so ist bei starken Entladungen dennoch ein
Ueberschlagen von Lage zu Lage möglich, und dieses markirt sich an den Apparaten
durch das sogen. Knacken (Anziehen des Ankers).
Werden die Spiralen mehrerer Leitungen gleichzeitig durchgeschlagen, oder die
Spiralen zerrissen, so ist dem Blitz der directe Weg zur Erde durch das Wasser
geöffnet. Es findet dann zwar durch letzteres eine Verbindung der gestörten
Leitungen unter sich statt, und der Entladungsschlag, welcher eine derselben trifft,
wird Zweigströme in die andern senden, deren Stärke indessen bei der großen
Leitungsfähigkeit der Erde gleich Null gesetzt werden darf.
Es mag sein, daß gegen die jetzt üblichen Blitzableiter, welche allerdings eine
Zierde unserer Stationen sind und ihren Nimbus Nichtkennern gegenüber wesentlich
erhöhen, die vorgeschlagene Construction bescheiden zurücktreten muß. Was dagegen
praktischen Werth und ökonomische Vorzüge anlangt, dürfte sie wohl den Vorzug vor
jenen haben.