Titel: | Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever, Fabrikdirector in Stolberg. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 139 |
Download: | XML |
Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever,
Fabrikdirector in Stolberg.
(Schluß von S. 44 dieses Bandes.In der Anmerkung S. 42 Z. 3 v. o. lies „bis 0°“ statt
„bei 0°“. S. 44 Z. 10 u. 9 v. u. lies:
„In diesen Fällthurm tritt unten Schwefelwasserstoff ein, welcher aus Rohstein u.s.w.“
)
Hasenclever, über Fabrikation der Schwefelsäure.
Concentration der Schwefelsäure. Die in den
Schwefelsäurefabriken gebräuchlichsten Apparate zur Concentration der Kammersäure
sind:
1. Eindampfpfannen aus Blei, welche auf gußeisernen Platten stehen mit directer
Feuerung unter den Platten.
2. Mit oberschlägigem Feuer betriebene Bleipfannen, deren Ränder doppelte Wandungen
haben und mit Wasser gekühlt werden können, um das Abschmelzen des Bleies zu
verhüten. Oder die Concentration wird bewerkstelligt:
3. durch gespannten Wasserdampf oder
4. durch heiße schweflige Säure.
Bei Anwendung des zuerst angeführten Concentrationsapparates, nämlich der offenen
Pfannen mit directem Feuer, hält es der Verfasser für zweckmäßig, das Verdampfen
durch Thermometer zu controliren, da bei zu hohen Temperaturen das Blei leicht
zerstört wird (1872 205 125; vergl. 1863 167 358).
Bestehen die zur Verdampfung verwendeten offenen Pfannen aus nicht gar zu weichem
Blei, so können dieselben lange aushalten, wenn der Arbeiter die Concentration mit
der nöthigen Sorgfalt überwacht.
Chandelon hat den zweckmäßigen Vorschlag gemacht, die
Feuergase jeder Schwefelsäureconcentration in einen besonderen kleinen Schornstein
zu führen, da man nicht beurtheilen kann, ob ein Schwefelsäureverlust stattfindet,
wenn Wasserdampf, Salzsäure und die Feuergase einer chemischen Fabrik zusammen durch
einen großen Schornstein abgeführt werden.
Die gewöhnliche Concentration in offenen Pfannen ist einfach und deshalb noch heute
vorwaltend in Anwendung, obwohl sie, was Reparaturen, Kohleverbrauch und
Säureverlust anlangt, gerade nicht sehr empfehlenswerth ist. (Vergl. 1871 201 45 und 538.)
Der Abdampfofen, in welchem die Flamme die Oberfläche der Säure direct bestreicht,
war früher vielfach in England im Gebrauch und wurde in Deutschland wohl zuerst in
der chemischen Fabrik zu Lüneburg eingeführt. Die Oefen halten jahrelang ohne Reparatur, brauchen wenig
Brennmaterial zur Concentration, haben aber den Uebelstand, daß sehr leicht eine
Ueberhitzung stattfindet und alsdann beträchtliche Quantitäten Schwefelsäure mit den
Feuergasen entweichen. Aus diesem Grunde sind diese Abdampföfen an vielen Orten, wo
sie eingeführt waren, wieder außer Betrieb gesetzt worden.
Die erste Idee, Schwefelsäure mit indirectem Wasserdampf zu concentriren, datirt aus
dem Jahr 1865 und rührt von Carlier, dem Dirigenten der
chemischen Fabrik in Duisburg, her. Nach verschiedenen dort angestellten Versuchen
wird jetzt laut Mittheilungen von F. Curtius das
Eindampfen in mit Blei ausgekleideten Holzkästen vorgenommen, welche eine Länge und
Breite von 4m haben. Auf dem Boden jedes
Kastens liegen zwei Bleischlangen von je 45m Länge, 3cm lichter Weite und
7mm Wandstärke, durch welche der Dampf
strömt, während der Kasten mit Säure gefüllt ist. Damit das Condensationswasser aus
den Röhren gut abläuft, hat der Boden die Form einer abgestumpften Pyramide und ist
der Behälter in der Mitte 0m,60 und an den
Seiten 0m,30 hoch. Die beiden Enden jeder
Rohrleitung stehen mit dem Dampfkessel in Verbindung und können durch Hähne
abgesperrt werden. Der Dampfkessel liegt etwas tiefer als die Concentrationskästen,
welche ihren Dampf aus einer von dem Dome des Kessels abführenden Leitung erhalten.
Die Röhren, welche den Dampf aus den Concentrationskästen entlassen, neigen sich
nach dem Dampfraume des Kessels hin, so daß sie ein Zurückfließen des
Condensationswassers in den Kessel gestatten. Der Betrieb ist ein intermittirender.
Der Concentrationskästen wird mit Kammersäure von 1,5 Vol.-Gew. gefüllt und
so lange mit Dampf erwärmt, bis das Vol.-Gew. auf 1,7 gestiegen ist. Alsdann
wird der ganze Inhalt des Kastens in einen mit Blei ausgekleideten Holzbehälter
entleert. In diesem Säurereservoir befindet sich ein Schlangenrohr, welches die
Kammersäure auf ihrem Wege nach den Concentrationskästen passiren muß; diese
letzteren werden also stets mit einer durch die heiße concentrirte Flüssigkeit
bereits vorgewärmten Säure gespeist. Die Dampfspannung im Kessel beträgt 3at Ueberdruck, und werden in einem Apparate
von der angegebenen Größe in 24 Stunden 5000k Säure von 1,7 Vol.-Gew. erhalten. Der Kohleverbrauch stellt sich
auf 9k Steinkohle für je 100k concentrirter Schwefelsäure. Der
Bleiconsum beträgt für je 1t Schwefelsäure
0k,2 Blei. Dem Kessel braucht nur in
dem Maße Wasser zugepumpt zu werden, als durch undichte Flanschen Dampf verloren
geht. Es ist rathsam, über dem Concentrationskästen einen Breterverschlag
anzubringen, um bei einem etwaigen Platzen der Dampfröhren eine Verletzung der Arbeiter durch die
umhergeschleuderte heiße Schwefelsäure zu verhüten.
Delplace machte in der Fabrik zu Stolberg die
Beobachtung, daß die bleiernen Dampfröhren besonders an derjenigen Stelle
angegriffen werden, an welcher sie in die Schwefelsäure eintauchen. Der Staub,
welcher sich, wenn auch in geringem Maße, im Laufe der Zeit auf den Röhren ansetzt,
saugt durch Capillarattraction die Schwefelsäure einige Centimeter über das Niveau
der Flüssigkeit in der Pfanne; diese Säure wird durch den Dampf sehr bald
concentrirt und gibt auf diese Weise zu einer starken Corrosion des Bleies
Veranlassung. Seitdem man an der Stelle, wo das Dampfrohr in die Säure taucht, eine
nach oben sich öffnende Bleiglocke von etwas größerem Durchmesser als der des
Dampfrohres an letzteres angelöthet hat, ist dem erwähnten Uebelstande vollkommen
abgeholfen. Die äußere Bleiwand der Glocke ist auch jetzt noch mit einer dünnen
feuchten Staubschicht bekleidet, die aber nicht mehr durch Dampf erwärmt wird.
Die Dampfconcentration hat sich in den letzten Jahren vielfach Eingang verschafft. Es
verflüchtet sich wegen der niedrigen Temperatur bei der Dampfconcentration keine
Schwefelsäure; auch hat das Verfahren noch den großen Vortheil der Reinlichkeit, des
sehr geringen Kohleverbrauches und einer wesentlichen Verminderung des
Arbeitslohnes.
Auch die heißen Gase der Kiesöfen werden vielfach zum Eindampfen der Schwefelsäure
benützt. In diesem Falle stellt man Bleipfannen auf oder hinter die Kiesbrenner,
oder man leitet die schweflige Säure aus den Oefen in einen mit hart gebrannten
Ziegelsteinen ausgefüllten Bleithurm. Die Anlage von Pfannen auf den Oefen hat den
Uebelstand, daß, wenn die Pfannen undicht werden, die auslaufende Säure den Ofen
ruinirt. Es ist in der That mehrfach vorgekommen, daß bei derartiger Construction
die Schwefelsäurefabrikation bereits nach Jahresfrist eingestellt und der Kiesofen
ganz neu aufgebaut werden mußte. Vortheilhafter ist es, die Pfannen hinter dem Ofen
aufzustellen und gleich einen zweiten Canal zu construiren, welcher den Ofen mit der
Kammer in Verbindung setzt, so daß auch für den Fall, als Reparaturen an den Pfannen
nothwendig werden, die Schwefelsäurefabrikation unbehindert fortbetrieben werden
kann.
Eine weit bessere Verwerthung der heißen schwefligen Säure für die Zwecke der
Concentration findet im Glover'schen Thurm statt, welcher
in England zuerst eingeführt und von Lunge ausführlich
beschrieben worden ist (1871 201 341). Dieser
ausgezeichnete Concentrationsapparat hat sich auch in Frankreich und Deutschland
rasch Eingang verschafft
und gibt überall sehr gute Betriebsresultate. Durch die directe Einwirkung der
heißen Ofengase auf die Schwefelsäure, wie sie im Gloverthurm stattfindet, ist eine
starke Verdampfung möglich, die schwefligsauren Dämpfe gelangen abgekühlt in die
Kammer, die im Thurm verdampfte Schwefelsäure wird in der Kammer aufgefangen und, da
der gleichzeitig entweichende Wasserdampf gleichfalls in die Bleikammer gelangt, so
wird auch an Wasserdampf gespart. Es ist mitunter vorgekommen, daß man den
Gloverthurm mit einem Material angefüllt hat, welches von der heißen Schwefelsäure
so stark angegriffen wurde, daß der Apparat vollständig sich verstopfte und aufhörte
zu functioniren. Ein anderer Uebelstand, den die Anwendung des Glover'schen Systems mit sich führt, besteht darin, daß keine genügenden
Vorkehrungen zum Auffangen des Flugstaubes angebracht werden können, weil die Gase
auf ihrem Wege durch dieselben zu sehr abgekühlt werden. So gelangt denn der
Flugstaub bis in die Säure, welche auf diese Weise eisenhaltig wird. Zur Fabrikation
von gewöhnlichem Sulfat, das auf Soda weiter verarbeitet werden soll, zur
Darstellung von Superphosphaten und vielen anderen Producten ist die im Gloverthurm
concentrirte Säure vollkommen tauglich, weniger aber zur Gewinnung einer Säure für
den Verkauf oder zur Bereitung von Sulfat, welches für die Fabrikation von weißem
Glase verwendet werden soll. (Vergl. 1874 213 411. 1875
215 55.)
Was die Concentration der Schwefelsäure von 60° auf 66° B. betrifft, so
wird dieselbe an manchen Orten in Glasgefäßen, in den meisten Fabriken aber in
Platinapparaten ausgeführt. Dem Verfasser sind keine genaueren Angaben über die
Kosten an Glas, Kohle und Arbeitslohn bekannt geworden, welche die Concentration in
Glasgefäßen, für die Gewichtseinheit Schwefelsäure von 1,840 Vol.-Gew.
berechnet, verursacht; nach Mittheilungen englischer Fabrikanten, welche ihm zu
Gebote stehen, sind aber diese Kosten erheblich höher als bei der Concentration in
Platingefäßen. Man hat zwar auch Versuche gemacht, in Glasretorten continuirlich
einzudampfen, indessen dürften die Platinapparate gleichwohl günstigere
Betriebsresultate liefern. Scheurer-Kestner
Scheurer-Kestner, Comptes rendus. t. LXXIV p. 1286. gibt den Verlust an Platin für 1t
Schwefelsäure auf 2g an. In einem Schreiben
an A. W. Hofmann bezeichnet Scheurer-Kestner die Verluste genauer und theilt mit, daß in Thann
während dreier Perioden genaue Erfahrungen gesammelt wurden. Man fand, daß sich von
1854 bis 1856, in welchem Zeitraum die Schwefelsäure einen geringen Gehalt von
schwefliger Säure enthielt, auf je 1t
Schwefelsäure von 1,84 Vol.-Gew. 1g,92 Platin auflöste. Von 1856 bis 1862 enthielt die Kammersäure salpetrige
Säure, während dieser Periode wurde auf 1t
Schwefelsäure von 1,8 Vol.-Gew. 2g,52 Platin gelöst. Von 1862 bis 1866 löste sich auf das gleiche Gewicht
berechnet bei einem Gehalte an schwefliger Säure in der Kammersäure 1g,05 Platin.
Die chemische Fabrik in Hautmont (im Nord-Departement von Frankreich) kaufte
im J. 1865 einen Platinapparat von 150l
Inhalt im Gewichte von 28548g. Im J. 1870
wurde der Apparat in Paris reparirt, wobei 7891g Platin verbraucht, aber 6275g
altes Platin in Abzug gebracht wurden, das Gewicht des Apparates also durch
Hinzufügung von 1616g auf 30164g gestiegen war. Ende 1873 wog der Apparat
28452g. Der Verlust hatte also 1712g betragen. Während des neun Jahre
dauernden Betriebes wurden 6796t
Schwefelsäure von 1,8 Vol.-Gew. in dem Apparat dargestellt; für die Tonne
Schwefelsäure stellte sich also der Platinverlust auf 0g,252. Der Apparat kostete, 1k zu 1050 Franken, 30588,40 Franken. Die
Reparatur im J. 1870 kostete 3439,95 Franken, in Summa 34028,35 Franken. Der
gebrauchte Apparat wurde mit 810 Franken pr. 1k verkauft = 23046,12 Franken. Die Ausgabe betrug also in Summa 34028,35
– 23046,12 = 10982,23 Franken, oder pr. 1000k Schwefelsäure von 1,8 Vol.-Gew.
1,616 Franken oder 1,29 M.
Wollte die chemische Fabrik Rhenania ihre beiden Platinapparate, wovon der eine erst
vor einigen Jahren angeschafft wurde, der andere mehrfach reparirt jetzt 21 Jahr im
Gebrauch ist, zum Preise von 810 Franken pr. 1k verkaufen, so würde sich die Rechnung so stellen, daß für 1000k Schwefelsäure von 1,8 Vol.-Gew.
0,972 Platin consumirt wurden, und die Ausgaben an Platinverschleiß für 1000k Säure 1,96 M. betragen.Zu der Frage, welche Methode des Abdampfens die billigere sei, geht dem
Herausgeber während des Druckes von Hrn. P. W. Hofmann in Wocklum folgende Notiz zu.In Dieuze, wo täglich 2500k
Schwefelsäure von 66° B. in Glasgefäßen concentrirt werden, stellen
sich die Ausgaben für 1000k, wie
folgt:Steinkohlen 200k4M.Arbeitslohn3„Bruch an Ballons1„Beobachtet man bei der Concentration die
Vorsichtsmaßregel, daß man nach sechs Wochen sämmtliche
Concentrationsballons, ob sie beschädigt sind oder nicht, durch neue
ersetzt, so kann man den Bruch fast gänzlich vermeiden, und die Ausgaben für
Concentrationsballons auf circa 75 Pf. reduciren.A. W. Hofmann. In der Regel war die in Hautmont und Stolberg verwendete Schwefelsäure frei
von Stickstoffverbindungen; zeigte sich bei der Prüfung mit Indigo ein Gehalt von
nitroser Säure, so wurde nach dem Vorschlag von Pelouze der Säure in den
Bleipfannen etwas Ammoniumsulfat zugesetzt.
Die beiden Finnen, welche in Wien Platinkessel ausgestellt hatten, waren Desmoutis, Quenessen und Comp.
in Paris und Johnson und Matthey in London. Die Apparate unterscheiden sich in einigen Details. Das
englische Haus wendet Doppelheber und Kühlschlangen an, während die französische
Firma einen einfachen langen Heber anbringt. Der Helm, welcher die schwache Säure
abführt, ist bei den englischen Apparaten dem Kessel zugeneigt, während derselbe bei
den Pariser Apparaten etwas abwärts gebogen ist. Bei der englischen Einrichtung wird
durch das Zurückfließen weniger schwache Säure, dagegen eine geringere Menge von
stark concentrirter Schwefelsäure im Vergleich mit den Leistungen der französischen
Apparate gewonnen werden.
Die Urtheile verschiedener Fabrikanten über die Apparate beider Firmen lauten im
Ganzen gleich günstig. Die englischen Schwefelsäurefabriken beziehen der
Bequemlichkeit wegen die Platinkessel meist aus London, während viele Fabrikanten
des Continentes mit Desmoutis, Quenessen und Comp. in Verbindung bleiben, schon um im Falle von
Reparaturen möglichst rasch den Transport der Apparate besorgen zu können.
Die beiden Platinkessel, welche in Wien ausgestellt waren, hatten einen Heber neuer
Construction, dessen im Kessel befindlicher Schenkel an einer mit den Feuerzügen in
gleicher Höhe liegenden Stelle eine seitliche Oeffnung hat. Mit dieser Vorrichtung
kann die Säure im Apparate nicht unter das Niveau herabsinken, welches mit der
Oberkante der Feuerzüge in gleicher Höhe liegt. Es bleibt also das Platinblech stets
von Flüssigkeit bedeckt, während bei der älteren Anordnung dadurch, daß der Arbeiter
den Stand der Säure nicht beobachtet, der Heber den Inhalt des Kessels soweit
entleeren konnte, daß die Feuergase das trockne Blech erhitzen und schadhaft machen
konnten.
Die Vorrichtung am Platinapparate von Desmoutis, Quenessen
und Comp. ist von dem Verfasser angegeben worden (1872
205 129).
Bei der zu demselben Zwecke von Johnson Matthey und Comp. getroffenen Anordnung ist in dem Luftrohr oben ein
Wechselhahn eingeschaltet, um den Apparat leer hebern zu können. Es ist
wahrscheinlich, daß der Arbeiter den Hahn meist schließen wird; denn wenn der Heber
abgelaufen ist, hat er die Mühe, ihn wieder füllen zu müssen, um weiter zu arbeiten.
Er arbeitet alsdann mit einer Vorrichtung, die gerade so functionirt wie ein
gewöhnlicher Heber, indem die seitliche Oeffnung in demselben bei geschlossenem Hahn nicht mit der
Atmosphäre communicirt.
A. de Hemptinne (1872 205 419)
hat einen Apparat construirt, um im luftverdünnten Raume Schwefelsäure ohne
Anwendung von Glas und Platin auf 1,84 Vol.-Gew. einzudampfen. Der Apparat
soll bei Brüssel functioniren, wird aber sonst wenig angewendet. (Vergl. 1872 206 155; ferner 1875 216
326.)
Baist und Rößler betrieben
versuchsweise in der chemischen Fabrik zu Griesheim einen modificirten
Platinapparat, wie er von Johnson, Matthey und Comp. patentirt worden ist. Bei dieser Disposition ist
nur der untere Theil des Kessels, welcher die Säure enthält und von den
Feuerungsgasen umspült ist, von Platin, während der Helm aus Blei construirt ist.
Dieser Apparat kostet daher nicht halb so viel als ein gewöhnlicher Platinkessel; er
gab indessen im Betrieb zu vielen Reparaturen Anlaß, weil die Bleifläche von unten
zu sehr erhitzt und von oben durch die Kühlflüssigkeit zu stark belastet war.
Faure und Keßler,
Schwefelsäurefabrikanten in Clermont-Ferrand (Puy de Dome), haben die
Construction der Concentrationsapparate aus Platin und Blei zu verbessern gesucht
und ihr Verfahren in einer besonderen Brochüre: „Notice sur les appareils à cuvette pour la concentration
à 66° B. de l'acide
sulfurique“ beschrieben. (Vergl. 1874 211 26; 213 204.)
Als Hauptvortheile werden hervorgehoben:
1. Verminderung des
Ankaufspreises im Verhältniß von 300 bis 350 Proc.
2. Keine Abnützung des
Platins.
3. Eine Verminderung von 90
Proc. des Verlustes bei etwaiger Beschädigung des Brennkolbens (alambic).
4. Ersparniß von
Brennmaterial.
5. Eine Reduction von 30 bis
60 Proc. des Arbeitslohnes.
6. Gänzliche Abschaffung der
zum Füllen dienenden steinernen Krüge; folglich kein Verlust mehr durch
Zerbrechen derselben.
7. Gefahrlose Arbeit.
8. Größere
Regelmäßigkeit.
9. Geringere Abnützung und
Werthverminderung des Platins (1/20) gegen früher.
10. Große Bequemlichkeit für Reparaturen in
Löthung.
Ein Apparat von Faure und Keßler zum Preise von 15000 Franken soll ca. 2500k Schwefelsäure von 66° B. in 24
Stunden liefern.
Ein Apparat von derselben Leistungsfähigkeit, ganz aus Platin, kostet bei Desmoutis, Quenessen und Comp.
30000 Franken, selbst wenn das Platin mit 1000 Franken bezahlt wird, und nicht 45000
Franken, wie in der genannten Broschüre angegeben ist. Die Anlagekosten für einen
Concentrationsapparat für Schwefelsäure von 66° B. lassen sich also um 50 Proc. reduciren, wenn
sich das System von Faure und Keßler in der Praxis bewähren sollte. Versucht wird es in verschiedenen
Fabriken und bleiben die Betriebsresultate abzuwarten.
Die von 2 bis 10 angeführten Vortheile kommen bei Beurtheilung des neuen Systems
nicht in Betracht. Ersparniß an Kohle und Arbeitslohn liegen nicht vor, steinerne
Krüge können auch bei gewöhnlichen Platinapparaten, wo sie im Gebrauche sind,
abgeschafft werden, und ist die Abnützung der Platinschale mit einer höheren Summe
in Rechnung zu bringen, da bei der jetzt üblichen Construction gerade der untere
Theil am meisten leidet, während das Gewicht von Helm und Heber annähernd constant
bleibt.
Stolberg, 1. Februar 1874.