Titel: | Ueber die Gewinnung von Silber aus gusseisernen, beim Münzbetrieb verwendeten Schmelztiegeln; von A. Javorsky und E. Priwoznik. |
Autor: | A. Javorsky , E. Priwoznik |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 214 |
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Ueber die Gewinnung von Silber aus gusseisernen,
beim Münzbetrieb verwendeten Schmelztiegeln; von A. Javorsky und E. Priwoznik.
Javorsky und Priwoznik, über die Gewinnung von Silber aus
gußeisernen, beim Münzbetrieb verwendeten Schmelztiegeln.
Wenn Silber oder dessen Legirungen in gußeisernen Tiegeln, deren man sich noch an
einigen Münzstätten bedient, geschmolzen werden, so tritt eine nicht unbeträchtliche
Menge des Metalles in die Tiegelmasse ein. Betrachtet man daher frische Bruchflächen
von verschiedenen Stellen eines solchen Tiegels genauer, so zeigt sich, daß im
oberen Theil der Tiegelwand Silber nur spärlich vorhanden ist; der untere Theil
derselben enthält davon schon mehr; der Boden aber ist ziemlich stark von Silber
durchsetzt. Die Sprünge sind an allen Stellen tief ins Innere der Wand mit demselben
ausgefüllt. Die innere Seite der Tiegel ist stellenweise mit Silber überzogen, das
nach dem Ausschöpfen haften blieb und mit Meißel und Hammer nicht vollständig
entfernt werden konnte. Der sogen. Schmelzabgang bei der Münzmanipulation ist daher
bei Anwendung solcher Tiegel zum Theil der Porosität des Gußeisens
zuzuschreiben.
Ein gußeiserner Tiegel kann 10 bis 15 Mal zum Schmelzen von Silber verwendet werden,
bis die Sprünge desselben so bedeutend sind, daß er als unbrauchbar bei Seite gelegt
werden muß.
Um nun das Silber aus den bei lebhaftem Betrieb in beträchtlicher Menge angesammelten
Tiegeln zu gewinnen, werden sie in die stark verunreinigte Mutterlauge des
Kupfervitrioles gelegt, die sonst ohnehin nur schwer zu verwerthen ist. Hierbei wird
Kupfer gefällt, während Eisen sich auflöst. Das so erhaltene Cementkupfer, welches
alles Silber, dann Graphit, Kieselsäure und andere unlösliche Bestandtheile des
Gußeisens enthält, wird hierauf getrocknet und auf Silber verhüttet.
Diese Methode der Silbergewinnung ist äußerst zeitraubend und hat noch den Nachtheil,
daß das Material in Bezug auf den Silbergehalt diluirt statt concentrirt wird, ein
Umstand, welcher die Kosten der Aufarbeitung beträchtlich erhöht. 100k Gußeisen geben ungefähr 113k Cementkupfer.
Diese Uebelstände haben den verstorbenen Director der Wiener Münze v. Schrötter vor sechs Jahren veranlaßt, eine andere schon
mehrmals versuchte Methode neuerdings vorzuschlagen. Die Tiegel werden nämlich
vorher zertrümmert und dann in verdünnter Schwefelsäure aufgelöst, ohne zu erwärmen.
Um große Wassermengen, welche später bei der Gewinnung des Eisenvitrioles ohnehin
verdampft werden müssen,
zu vermeiden, wurde die Schwefelsäure bei den ersten Auflösungsversuchen nur mäßig
verdünnt. Es hat sich daher wasserfreies schwefelsaures Eisenoxydul in großer Menge
ausgeschieden, wodurch die noch nicht gelösten Partien des Eisens umhüllt und die
Berührung desselben mit der Säure aufgehoben wurde. An diesem Umstande scheiterten
offenbar die bisher von Anderen ausgeführten Versuche, diese Methode im Großen
einzuführen. Sobald man aber die Schwefelsäure so weit verdünnt, bis sie eine Dichte
von 1,09 (20° B.) erreicht hat, so geht die Auflösung des Eisens rasch und
ohne allen Anstand vor sich. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß man mit
Kammersäure, wo sie leicht zu beschaffen ist, am billigsten zum Ziel gelangt. Unter
den hier bestehenden Verhältnissen erwies sich aber die Anwendung von 60°
Schwefelsäure auch nicht kostspieliger. Letztere bietet überdies den Vortheil, daß
die beim Vermischen derselben mit Wasser frei werdende Wärme die Reaction wesentlich
unterstützt, so daß die Auflösung des Eisens mit großer Lebhaftigkeit erfolgt.
In den zum Auflösen des Eisens benützten hölzernen, mit Blei ausgekleideten, 4 bis
5m langen, 2m breiten und 0m,5 tiefen Ständern befindet sich, etwa
20cm über dem Boden, ein aus Latten
angefertigter Rost, auf welchem die Tiegelstücke liegen. Durch diese Vorrichtung
wird die Operation noch mehr befördert, indem die concentrirte Lösung zu Boden
sinkt, wodurch das Eisen stets mit neuer Säure in Berührung kommt. Wenn man die
Vorsicht gebraucht, die Ständer während der Auflösung gut bedeckt zu halten, so wird
die Umgebung von den höchst unangenehm riechenden Gasen, die sich hierbei
entwickeln, auch nicht allzusehr belästigt.
Nach 10 bis 14 Tagen ist die Säure gesättigt, die Lösung klärt sich und hat eine
Concentration von 20° B. erreicht. Durch Eindampfen derselben auf 66°
B. wird Eisenvitriol gewonnen, was an einer Münze keine weiteren Einrichtungen
erfordert, wenn die im Scheidgaden befindlichen Sudpfannen und Krystallisirbottiche
hierzu benützt werden.
Der unlösliche Rückstand beträgt bei 20 Proc. Er enthält alles Silber, Kieselsäure,
Graphit, Eisenoxyd, Kupfer und geringe Mengen von Schwefel und Phosphor. Die
größeren Silbertheile werden ausgesucht, die kleineren aber durch Sieben und
Amalgamiren des Rückstandes gewonnen. Nur der ärmere Schlich und der
Amalgamir-Rückstand, welcher noch 1,4 Proc. Silber enthält, wurden an der
Silberhütte in Schemnitz verarbeitet.
Dieses Verfahren der Silbergewinnung aus silberhältigem Gußeisen führt viel rascher
zum Ziel als die bisher übliche Methode. Es bietet den Vortheil, daß 80 Proc. Eisen
entfernt werden, bevor noch zur eigentlichen Gewinnung des Silbers geschritten wird,
was einer Concentration des silberhaltigen Materiales auf ein Fünftel seines
ursprünglichen Gewichtes gleich kommt. Das Verfahren hat sich nach den hier
gemachten Erfahrungen auch sonst als praktisch erwiesen, indem der Erlös für den
gewonnenen Eisenvitriol die Arbeitskosten deckt, wenn der Preis desselben nur
einigermaßen günstig ist.
Nach dieser Methode wurden am k. k. Hauptmünzamt in Wien 315 Stück gebrauchte
gußeiserne Tiegel im Gewichte von 52360k
aufgearbeitet, die 184352k käuflichen
Eisenvitriol lieferten. Das Gewicht des Rückstandes betrug 10472k. Der ärmere Theil desselben und der
Amalgamir-Rückstand, zusammen 6104k,
wurden verhüttet. Es sind nahe 335k Silber
im Werthe von 30143 fl. ö. W. gewonnen worden, woraus sich der Silbergehalt des
Gußeisens mit 0,639 Proc. berechnet.
Der Silbergehalt der gußeisernen Tiegel hängt auch von der Zusammensetzung der darin
geschmolzenen Legirung ab. Das Eisen jener Tiegel, welche zum Schmelzen
silberreicher Legirungen verwendet worden sind, enthält mehr Silber als jenes Eisen,
welches von Tiegeln stammt, die zum Schmelzen silberarmer Legirungen gedient haben.
Die bisher aufgearbeiteten Tiegel sind der Mehrzahl nach zum Schmelzen von
Legirungen für die österreichischen Silberscheidemünzen verwendet worden, die
bekanntlich nur 45 oder 50 Proc. Silber enthalten. Es ist daher mit Sicherheit
anzunehmen, daß die Silbermenge, welche sich aus den noch vorhandenen, zur
Gulden-, Levantinerthaler- und Dinar-LegirungDie im Fürstenthum Serbien neu eingeführten, an der Wiener Münze geprägten
Halb-, Ein- und
Zwei-DinarstückeZehn- und Zwanzig-Dinarstücke enthalten 83,5 Proc. Silber. Levantinerthaler, welche schon seit
geraumer Zeit in großen Summen für den Orient geprägt werden, enthalten
83,33 Proc. Silber. Der Silbergehalt der österreichischen Guldenstücke
beträgt 90 Proc. benützten Tiegeln gewinnen läßt, noch beträchtlich größer sein wird. Die mit
diesem Material erlangten Resultate werden ohne Zweifel geeignet sein, weitere
Belege für die Zweckmäßigkeit des hier mitgetheilten, von v. Schrötter eingeführten Verfahrens zu liefern.
Wien, den 28. Juni 1875.