Titel: | Ueber die Constitution des Tannen- und Pappelholzes; von Friedrich Bente. |
Autor: | Friedrich Bente |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 235 |
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Ueber die Constitution des Tannen- und
Pappelholzes; von Friedrich
Bente.
Bente, über die Constitution des Tannen- und
Pappelholzes.
Ueber die Constitution der Holzarten haben verschiedene Forscher geschrieben. Während
einige derselben das Holz nur als ein mechanisches Gemenge verschiedener
Bestandtheile ansehen, wie Payen
Journal für praktische Chemie, Bd. 16 S. 436., Fremy und Terrail
Comptes rendus, 1868 t. 66 p. 456., betrachtet J. Erdmann
Annalen der Chemie und Physik, 5. Suppl.-Bd. S. 223. (Vergl. auch
daselbst Bd. 138 S. 1: Ueber die Concretionen in den Birnen.) dasselbe als eine chemische Verbindung. Payen unterscheidet ein
Primitivgewebe und eine die Zellen ausfüllende Substanz, die wirkliche Holzsubstanz.
Fremy und Terreil
unterscheiden mehrere nähere Pflanzenbestandtheile, nämlich die Cellulose, die
Cuticularschicht und verschiedene andere Verbindungen, welche sie vorläufig noch
„incrustirende Substanz“ nennen.
Erdmann sieht dagegen in dem Holze eine sehr complicirte
Verbindung dreier Gruppen und zwar einer zuckerbildenden, einer aromatischen und
einer Cellulose-Gruppe.
Stutzer hat kürzlich eine Arbeit veröffentlichtUeber die Rohfaser der Gramineen. Inauguraldissertation, 1875., in welcher er, im Gegensatz zu Erdmann, zu dem
Schlusse kommt, daß eine aromatische Gruppe in der Zellwand präformirt nicht
enthalten sei.
Zur Annahme der oben erwähnten Gruppen gelangte Erdmann
dadurch, daß sich das gereinigte Tannenholz mit Salzsäure in Traubenzucker und einen Rückstand spalten läßt, der beim Schmelzen mit
Kalihydrat Brenzcatechinkörper, mithin der aromatischen Reihe angehörige Körper
liefert, beim Behandeln mit Salpetersäure aber Cellulose
hinterläßt, welch letztere, auf gleiche Weise mit Kalihydrat behandelt, keine
Brenzcatechinkörper mehr liefert. Mit Rücksicht auf dieses Verhalten glaubt Erdmann das gereinigte Tannenholz als chemische
Verbindung ansehen zu dürfen, welche er Glycolignose
nennt, und der er die Formel C₀₃H₄₆O₂₁
gibt. Andererseits behauptet er, daß diese beim Behandeln mit einer Salzsäure von
bestimmter Concentration sich quantitativ spalte in Traubenzucker und eine neue von
ihm Lignose genannte Verbindung, welcher die Formel
C₁₈H₂₆O₁₁ zukomme.
Verfasser (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 476) hat nun nach
Erdmann's Angabe die genannten Körper darzustellen
gesucht und zwar zunächst das gereinigte Tannenholz. Das Reinigen des Tannenholzes
geschieht durch Auskochen des geraspelten oder geschliffenen Holzes mit ganz
verdünnter Essigsäure und nachfolgendes Ausziehen mit heißem Wasser, Alkohol und
Aether. Das trockene Product ist die sogenannte Glycolignose. Erdmann hat diese der Elementaranalyse unterworfen und Zahlen erhalten,
welche mit den seiner Theorie nach erforderlichen und den vom Verf. erhaltenen
ziemlich übereinstimmen.
Erdmann
Bente
berechnete
fand
fand
C
48,52
48,01
48,04
H
6,20
6,47
6,64
O
45,28
45,28
45,32
Eine gleiche Uebereinstimmung mit den von Erdmann
erhaltenen Resultaten fand Verf. nicht in Betreff der aus Glycolignose resultirten
Lignosemenge. Er arbeitete ganz nach Erdmann's Angabe,
indem er die Glycolignose mit verdünnter Salzsäure (1 Vol. Salzsäure 1,12 spec. Gew.
und 2 Vol. Wasser) genau eine Viertelstunde lang unter Ersatz des verdunsteten
Wassers kochte, hierauf mit Wasser, verdünnter warmer Ammoniakflüssigkeit, wieder
mit Wasser und schließlich mit Alkohol nach einander auf einem Filter auswusch. Der
Rückstand wurde dann bei 110° getrocket und wog stets mehr als bei Erdmann's Versuchen. Erdmann
fand durchschnittlich 60 bis 65 Proc. Rückstand, Verf. dagegen 70,025 Proc. im
Durchschnitt, während die von Erdmann für die Spaltung
des Tannenholzes aufgestellte Gleichung 56,33 Proc. Lignose fordert.
C₃₀H₄₆O₂₁ + 2 H₂O
=
2 C₆H₁₂O₆ +
C₁₈H₂₆O₁₁.
Glycolignose.
Traubenzucker
Lignose.
Auch enthielt der Spaltungsrückstand etwas mehr Kohlenstoff, als die Formel verlangt,
durchschnittlich 52,21 Proc., während die Theorie 51,67 Proc. erfordert. Außerdem
müßten sich aber 48,51 Proc. Traubenzucker bilden, während Verf. durchschnittlich
nur 25,01 Proc. erhielt.
Erdmann gibt an, daß er durch Schmelzen sowohl des
gereinigten Tannenholzes, als auch der sogenannten Lignose mit Kalihydrat, Ansäuern
der Schmelze mit Salzsäure und Ausschütteln mit Aether dem Brenzcatechin
nahestehende Körper, aus dem Tannenholz außerdem Essigsäure und Bernsteinsäure
erhalten habe. Verf. erhielt beim Schmelzen der sogenannten Lignose (2 Theile
Kalihydrat in wenig Wasser gelöst und 1 Theil Lignose) ebenfalls
brenzcatechinähnliche Körper, außerdem aber Bernsteinsäure und, wie zu erwarten, Oxalsäure. Verf. hat seine
Untersuchungen noch nicht beendigt, soviel dürfte indessen schon jetzt gewiß sein,
daß sich der aromatischen Reihe angehörige Körper neben
Traubenzucker und Cellulose außer den genannten organischen Säuren aus dem Holze erhalten
lassen.
Ob man aber trotzdem und trotz der durch die Elementaranalyse gefundenen, auf die
Glycolignose gut passenden Werthe das gereinigte Tannenholz als rein chemische
Verbindung auffassen und mit einem chemischen Namen belegen darf, wagt Verf. nicht
zu entscheiden. Bemerkenswerth ist noch, daß das nach Erdmann's Methode gereinigte Pappelholz genau
dieselbe Zusammensetzung hat wie das Tannenholz.