Titel: | Ueber die Zusammensetzung der Drainwässer; von Professor August Völcker. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 242 |
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Ueber die Zusammensetzung der Drainwässer; von
Professor August
Völcker.
Völcker, über die Zusammensetzung der Drainwässer.
Die bisherigen Untersuchungen, welche Way und andere Chemiker über die Drainwässer angestellt haben, haben
wichtige Aufschlüsse über die durch Drainwasser dem Kulturboden entführten
Nährstoffe ergeben. Zusammensetzung und physikalische Eigenschaften des Bodens, aus
welchem das Drainwasser stammt, haben, wie zu erwarten steht, einen directen Einfluß
auf die Zusammensetzung des Wassers, welches durch diesen Boden hindurchfließt.
Ebenso sind die Drainwasseranalysen von Interesse in Bezug auf den Einfluß, welchen
die Wasserzuflüsse für die Eigenschaften und Brauchbarkeit des Wassers zum Trinken
oder anderen häuslichen Zwecken besitzen. Man nimmt in der Regel an, daß die
Drainwässer aus stark gedüngten, oder in hohem Culturzustande befindlichen Feldern
sehr stark mit organischen Stoffen und Mineralsalzen verunreinigt sind, und daß sie
entweder direct gesundheitsschädlich, oder mindestens von einer Qualität sind,
welche ihre Anwendung zum Trinken nicht räthlich erscheinen läßt. Zur weiteren
Prüfung dieser Fragen hat der Verfasser seit längerer Zeit eine große Anzahl von
Drainwässern untersucht, hauptsächlich aber in Hinblick auf deren Brauchbarkeit für
den Hausgebrauch.
Der Verfasser hat u.a. 70 Proben von Drainwässern untersucht,
welche ihm von Lawes und Gilbert in Rothamsted zugestellt wurden und den dortigen Versuchsfeldern
entstammten, welche letztere 25 Jahre lang ununterbrochen Weizen getragen hatten. Da
die Düngung dieser Felder seit 25 Jahren genau controlirt worden war, so war die
Untersuchung dieser Proben von besonderem Interesse.
Die sämmtlichen Untersuchungen zerfallen in 5 Hauptabschnitte,
deren jeder die Analysen der Wasserproben behandelt, welche zu gleicher Zeit dem
Felde, resp. den Drains des Versuchsfeldes entnommen waren. Es fanden solche
Probenahmen aber, wie bemerkt, in der Zeit von 1866 bis Ende 1869 zu 5 verschiedenen
Zeitpunkten statt. Die Schlußfolgerungen, welche Verf. am Ende seiner Arbeit
zusammenstellt und welche die bei jeder einzelnen der 5 Versuchsreihen gewonnenen
Beobachtungen in einem Gesammtüberblick nochmals kurz zusammenfassen und die
hervorragendsten und besonders die praktisch wichtigen Punkte wiedergeben,
lauten:
1) Die im Regenwasser während des ganzen Jahres enthaltenen
Ammoniak- und Salpetersäuremengen sind zu geringfügig, als daß sie einen
irgend ausreichenden Ersatz für die stickstoffhaltigen Nährstoffe bieten könnten,
welche das üppige und lohnende Wachsthum des Weizens und anderer Getreidefrüchte
erfordert.
2) Wenn schon in dem Regenwasser die Ammoniakmenge klein ist, so
ist sie noch viel geringer in den 70 vom Verf. untersuchten Proben von Drainwasser.
Praktisch gesprochen, enthielten die Drainwässer nur schwache Spuren von
Ammoniak.
3) Dagegen enthielten alle Drainwässer viel mehr Salpetersäure,
als das Regenwasser zu irgend welcher Jahreszeit enthält.
4) Die Analysen der Drainwässer von verschiedenen Theilen
desselben Feldes, welche bezüglich ihrer Düngung verschieden behandelt worden waren,
liefern schlagende Beweise für die Fähigkeit des Bodens, die Zusammensetzung der
angewendeten Düngung zu verändern und eine Pflanzennahrung daraus zu bereiten,
welche weder so löslich ist, um die Pflanzen zu schädigen, noch so unlöslich, um
unwirksam zu bleiben.
5) Obgleich in den Drainwässern noch bestimmbare Mengen
Phosphorsäure und Kali gefunden wurden, so erleidet doch, vom Gesichtspunkte der
Praxis aus, das Land durch die Drainage keinen bestimmbaren Verlust an diesen
werthvollen mineralischen Pflanzennährstoffen.
6) Während Phosphorsäure und Kali, die werthvollsten Bestandtheile
des Bodens wie des Düngers, fast gänzlich vom Boden zurückgehalten werden, gehen
Kalk, Magnesia, Schwefelsäure, Chlor und lösliche Kieselsäure, d.h. also die minder
wichtigeren, weil häufigeren und verbreiteteren, Mineralstoffe in beträchtlichen
Mengen in die Drainwässer über.
7) Die Gesammtmenge von Nährsubstanz, welche dem Lande durch das
Drainwässer entzogen wird, ist größer auf starkgedüngten, als auf weniger gedüngten
Feldern.
8) Der Verlust an Nährsubstanz durch das Drainwasser ist größer
während der der Herbst- und Wintermonate, als während der Zeit des lebhaften
Pflanzenwachsthums.
9) Stickstoffhaltige organische Stoffe, welche dem Lande im
Stalldünger zugeführt worden, erleiden Zersetzung und werden allmälig aufgelöst,
zunächst in Ammoniakverbindungen, welche vom Boden eine gewisse Zeit zurückgehalten
werden und schließlich in salpetersaure Verbindungen übergehen. Der Stalldünger
bietet somit eine beständiger und allmäliger fließende Quelle der Stickstoffnahrung,
als der Natronsalpeter, welcher, sofern er nicht von der Frucht verbraucht wird, zu
welcher er in Anwendung kam, in ausgedehntem Maße durch die Drainirung verloren
geht.
10) Obwohl alle Böden die Fähigkeit besitzen, Ammoniaksalze zu
zerlegen und das Ammoniak derselben zu absorbiren und für einige Zeit
zurückzuhalten, so wird durch das absorbirte Ammoniak in porösen Böden sehr schnell
oxydirt; bei nassem Wetter geht daher ein beträchtlicher Theil des in Form von
Ammoniaksalzen dem Boden zugeführten Stickstoffes in Form von salpetersauren
Verbindungen in das Drainwasser über und geht so verloren.
11) Jede gesteigerte Anwendung von Stickstoff in Form von
Ammoniaksalzen hat einen gesteigerten Verlust von Stickstoff in Form von
Salpetersäure durch die Drainwässer im Gefolge.
12) Natronsalpeter wird sehr rasch durch den Regen aus dem Boden
weggeführt, da dieser weder für die Salpetersäure, noch für das Natron eine irgend
erhebliche Absorptionskraft besitzt. Dieser Verlust an Natronsalpeter kann bei
starker Anwendung desselben, z.B. als Kopfdüngung, sehr beträchtlich werden.
13) Das Drainwasser von den ungedüngten Theilen der
Versuchsweizenfelder, ebenso wie das von den gedüngten Parcellen, enthielt
bestimmbare Mengen von Stickstoff in Form von salpetersauren Salzen. Es findet somit
in jedem Falle ein Stickstoffverlust durch die Drainage statt, gleichviel ob
stickstoffhaltige Düngemittel, Ammoniaksalze, Natronsalpeter oder kein Dünger auf
dem Boden zur Anwendung kam.
14) Die Fruchtbarkeit des Bodens wird schneller vermindert durch
den Verlust an Stickstoff mittels der Drainage, als durch die auf gleiche Weise
erfolgende Entnahme derjenigen Mineralstoffe, welche zur Pflanzenernährung
dienen.
15) In dem Maße, als eine beträchtliche Menge des im Dünger
zugeführten Stickstoffes durch Drainage verloren geht, muß eine noch viel
stickstoffreichere Nahrung dem Boden gegeben werden, als auf Grund theoretischer
Erwägungen zur Production eines gegebenen höheren Ernteertrages nöthig sein
würde.
16) Salpetersaure Verbindungen finden sich unabänderlich zu allen
Zeiten des Jahres in der Bodenflüssigkeit, während hingegen Ammoniaksalze niemals in
irgend bestimmbarer Menge daselbst vorhanden sind. Es kann also hieraus geschlossen
werden, daß unsere Feldfrüchte hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich, aus
salpetersauren Verbindungen ihre stickstoffhaltigen organischen Substanzen
aufbauen.
17) Es ergibt sich aus den vorstehenden Sätzen, daß thierischer
Dünger frisch aus den Ställen oder Hürden, wie dies durch praktische Erfahrung
erprobt ist, am besten im Herbst oder im Winter seine Verwendung findet; der Dünger
hat dann Zeit zu verrotten, und werden die stickstoffhaltigen Bestandtheile
desselben nach und nach in salpetersaure Verbindungen umgewandelt werden, von
welchen letzteren alsdann im Frühjahr, wenn das Pflanzenwachsthum einen frischen
Trieb macht, eine genügende Menge bereit ist.
18) Ammoniaksalze und andere ammoniakalische Dünger sollten in der
Regel nicht im Herbst aufs Land gebracht werden; doch können sie zeitiger im
Frühjahr als der Natronsalpeter aufgebracht werden, mit geringerem Risico des
Auswaschens und der Wegführung durch das Drainwasser. Wahrscheinlich dürfte im
Allgemeinen Ende Februar oder Anfang März die beste Zeit zur Anwendung von
Ammoniakdüngemitteln sein.
19) Natronsalpeter sollte im späteren Frühjahr angewendet werden,
und im Allgemeinen dürfte Mitte oder Ende März als die beste Zeit erscheinen, zu
welcher in Durchschnittsjahren der Natronsalpeter als Kopfdüngung für Getreide
angewendet werden sollte. (Journal of the Royal Agricultural Society of England, 1874 p.
132 durch Biedermann's Centralblatt für Agriculturchemie, 1875 Bd. 1 S.
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