Titel: Neue directwirkende Wasserhaltungsmaschinen mit Expansion; von Georg Wellner, Ingenieur in Prag.
Fundstelle: Band 217, Jahrgang 1875, S. 268
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Neue directwirkende Wasserhaltungsmaschinen mit Expansion; von Georg Wellner, Ingenieur in Prag. Mit Abbildungen auf Taf. VI [b.c/1]. Wellner's neue directwirkende Wasserhaltungsmaschinen mit Expansion. Die meisten directwirkenden eincylindrigen Wasserhaltungsmaschinen ohne Rotationsbewegung arbeiten mit nahezu voller Füllung des Dampfcylinders; nur bei Anwendung großer bewegter Massen, resp. lebendiger Kräfte werden auch beträchtliche Expansionen erreicht und zwar dadurch, daß das Gestängegewicht mit anfänglichem Ueberdruck emporgeschleudert und die in den bewegten Massen in Form von Beschleunigung angesammelte Arbeitsgröße in der nachfolgenden Expansionsperiode ausgenützt wird; doch sind die auf diese Weise erzielten, wenn halbwegs erheblichen Expansionsgrade mit gefahrvoller Aufgangsgeschwindigkeit verbunden und deshalb für Neuconstructionen verworfen. Durch die Figur 4 soll für stehende, und durch Fig. 5 für liegende Anordnung des Cylinders dargethan werden, wie man mit Benützung der Winkelverhältnisse des Balancier oder des Kunstwinkels durch den Wechsel der Längen der Hebelarme von Kraft und Last auf einfache Weise 1/2 bis 1/3 Füllung im Arbeitscylinder zu erzielen und dabei fast gänzlich von der lebendigen Kraft der bewegten Gestängelast unabhängig zu bleiben im Stande ist. Die ausgezogenen Linien der Figuren 4 und 5 gelten für die unterste Lage des Gestänges, in welcher Volldruckdampf, unter (oder bei Figur 5 vor) den Kolben tretend, das Gestänge zu heben beginnt. Heißen wir die auf den Angriffspunkt a reducirte Last des Gestänges inclusive Reibungen Q den in den Angriffspunkt b reducirten Gesammtkolbendruck P, ferner L, l die Hebelarme und α den Ausschlagwinkel gegen die Horizontale, so gilt bei der gewählten Form und Lage des Balancier und Kunstwinkels für das ruhende Gleichgewicht beim Anheben (1)                     PL cos α = Ql und für den Schluß des Anhubes (die punktirten Linien) (2)                     PL = Ql cos α folglich P₂ = Pcos² α und für α = 45°, welcher Ausschlagwinkel ohne Schädigung der Solidität leicht erreichbar ist, cos² α = 0,5, also P₂ = P₁/2 d.h. die Dampfspannung im Cylinder am Schlusse des Gestängaufganges braucht hinsichtlich der statischen Momente nur die Hälfte der Anfangsspannung zu betragen, oder mit anderen Worten: Es würde halbe Füllung im Arbeitscylinder genügen. Da es sich jedoch nicht um einen Ruhezustand des Gestänges in der untersten und obersten Lage, sondern um den ganzen Verlauf der Aufwärtsbewegung, also um die eventuell nothwendige Größe der Massenbeschleunigung und Verzögerung handelt, müssen wir die Variabilität oder die Uebergangsverhältnisse der gegenseitigen Arbeitsleistungen einer Prüfung unterziehen, und dies ist in dem Diagramm seitlich vom Dampfcylinder in Fig. 4 in graphischer Weise veranschaulicht. OO¹ ist die atmosphärische Linie, und ihre Länge entspricht dem ganzen Kolbenhube. Die Ordinaten der Indicatorcurve DEG zeigen die Abnahme des Dampfdruckes, und zwar ist 4/10 Füllung im Cylinder gewählt: DE = 0,4 AB, BG = 0,4 AD. Die gesammte Arbeitsleistung des Dampfes ist somit in der Fläche DEGBA dargestellt. Der Widerstand des Gestänges incl. Reibungen, reducirt auf die Kolbenstange, hat für irgend eine Phase des Anhubs analog den Gleichungen (1) und (2) die Form (3)                     P = Q (1/L) cos x/cos (αx) (wobei der Winkel x von Null bis α anwächst), und ist aus dieser Gleichung (3) in der Linie HFI des Diagrammes Figur 4 construirt. Die Fläche HFIBA gibt somit die auf Behebung des Widerstandes verbrauchte Arbeitsleistung. Da nun bei richtigem Verlauf des Anhebens die Endgeschwindigkeit gleich Null werden muß, ist die Fläche DEGBA gleich der Fläche HFIBA und deshalb auch die schraffirte Fläche DEFH = Fläche FIG. Diese schraffirten Flächen sind als Arbeitsleistungen aufzufassen, und zwar Fläche DEFH als Arbeitsansammlung durch Beschleunigung der bewegten Massen und Fläche FIG als Arbeitsabgabe während der Verzögerungsperiode. Die Maximalgeschwindigkeit wird in dem Punkte F erreicht. Dem skizzirten Falle liegen folgende Daten zu Grunde. Die Gestängelast 90000k, dieselbe auf den Hebelarm L reducirt 60000k, der Hub des Dampfkolbens 3m,75, der der Pumpe 2m,5, das Verhältniß L/l = 1,5, der Widerstand am Kolben in der tiefsten Lage 78000k = AH und in der höchsten Lage 39000k = BI. Der Dampfdruck auf den Kolben in der untersten Lage 80000k = AD, derselbe nach der Expansionsperiode in der obersten Lage = 32000k = BG. Dann beträgt die Arbeit FIG = DEFH, welche die bewegte Masse in sich aufnehmen muß, nach dem Diagramm 7140mk, und setzt man die erlaubte Maximalgeschwindigkeit des Plungers mit nur 1m fest, so benöthigt man eine lebendige Kraft von Mv₂/2g = 7140, also eine bewegte Masse M = 140100k. Es müßte somit die Gestängelast von 90000k nur noch um 50100k vermehrt werden, während bei normaler gewöhnlicher Anordnung, bei welcher die der ganzen Fläche KUG entsprechende Arbeitsgröße durch die Massenbewegung abgegeben werden muß, auch das Dreifache noch nicht genügen würde. Sehr vortheilhaft für den vorliegenden Zweck, geringere Massen zu benöthigen, erscheint die Verwendung der sogen. gemischten Expansion, bei welcher Dampf, mit höher gewähltem Anfangsdruck einströmend, mittels schmaler Eintrittsquerschnitte schon während der Füllungsperiode, also vor der Absperrung, an Spannung verliert, um dann erst in weiterer Spannungsabnahme der gewöhnlichen Expansionslinie zu folgen. Hierdurch schmiegt sich nämlich die Indicatorcurve noch näher an die Widerstandslinie, und man kann mit kleineren angehängten Massen weit höhere Expansionsgrade erzielen. – Die Wahl des größeren Hebelarmes L für den Dampfdruck und des kleineren 1 für das Pumpengestänge (siehe die Figuren) bezweckt die Verwendung eines kleineren Cylinderdurchmessers mit relativ größerem und rascherem Hub des Dampfkolbens, wogegen die Pumpengeschwindigkeit die erfahrungsmäßig zulässige Grenze nicht überschreiten soll. Auf die Gleichmäßigkeit der Niedergangsperiode haben die Hebelverhältnisse und ihre Veränderlichkeit nur verschwindend unwesentlichen Einfluß, denn das Ausgleichsventil ist geöffnet und die Gestängelast durch die emporgedrückte Wassersäule balancirt. (Berg- und hüttenmännisches Jahrbuch der Bergakademien zu Leoben, Przibram und Schemnitz, 1875 S. 282.)

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