Titel: | A. de Hemptinne's neue Methode der Schwefelsäurefabrikation; von Friedr. Rode in Haspe. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 300 |
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A. de Hemptinne's neue Methode der
Schwefelsäurefabrikation; von Friedr.
Rode in Haspe.
Mit Abbildungen auf Taf.
VI [c.d/4].
Bode, über de Hemptinne's Schwefelsäurefabrikation.
Unter dem Titel „Nouveau Procédé de
Fabrication de l'Acide sulfurique par A. de Hemptinne“ (Bruxelles 1875, S. Mayolez)
ist als Separatabdruck aus dem Bulletin du Mussée de
l'industrie de
Belgique, kürzlich eine Broschüre erschienen, deren Inhalt ich unter
Beifügung einiger Anmerkungen wiedergebe.
Die neue Methode der Schwefelsäurefabrikation, um welche es sich also handelt und die
bereits in mehreren Ländern patentirt ist, behält das alte Princip bei, nämlich
Umwandlung der schwefligen Säure in Schwefelsäure durch Salpetersäure oder
Abkömmlinge derselben bei Gegenwart von Wasserdampf. Aber sie geht darauf hinaus,
die Menge des Bleikammerraumes zu vermindern, welche man nach der bisher üblichen
Fabrikationsmethode für eine bestimmte, in einer gewissen Zeit zu producirende
Säuremenge erforderlich hatte.
Bestrebungen in dieser Richtung sind keineswegs neu. Verstraet hat schon zu Anfang der sechziger Jahre ein Verfahren
vorgeschlagen und in Paris ausgeübt (1866 179 63. 1875
216 427), bei welchem Bleikammern gänzlich in Wegfall
gekommen sind, an deren Stelle mit Coakes, Thonscherben oder Quarzbrocken gefüllte
Colonnen aus Steinzeug traten. In England hat Ward ein Patent genommen, nach welchem
die Bleikammern, um ihre Leistung zu erhöhen, mit Stößen von Glastafeln oder
Glasröhren ausgesetzt werden sollten. Man vergleiche hierüber Smith: The Chemistry of Sulphuric Acid
Manufacture oder meine Uebersetzung dieser Schrift Capitel 7, welche
eigentlich dasselbe Ziel: vermehrte Production an Schwefelsäure auf ein gegebenes
Volum Kammerraum, anstrebt. Endlich sind auch, wie ich gelegentlich hörte, auf einer
norddeutschen Fabrik – in der Hoffnung die Productionsfähigkeit dadurch zu
erhöhen – die Bleikammern zum Theil mit Coaks ausgefüllt worden. Ich will
sogleich hinzusetzen, daß diese Fabrik zur Zeit wieder mit leeren Bleikammern, d.h.
ohne Coaksfüllung in denselben, arbeitet.
Ich werde, nach Beschreibung des neuen Verfahrens, auf die vorstehend erwähnten
Methoden, Vorschläge oder Versuche zurückkommen.
Die schweflige Säure wird in den Oefen A (Fig. 31 und 32) durch
Verbrennung von Schwefelkies erzeugt. Diese Oefen sind im Grundriß kreisförmig an
einander gestellt und zwar, um Mauerwerk zu sparen, die Wärme zusammenzuhalten und
gleichen Zug für die einzelnen Abtheilungen zu erzielen. Die freien Räume B, oben mit Gußplatten abgedeckt, dienen als
Staubkammern. In einem hohen gemauerten Schlot D steigen
die schwefligsauren Gase aufwärts und treten aus demselben durch einen geräumigen
horizontalen Canal C mit eiserner Verriegelung und
Verstrebung in die erste Bleikammer F. Die Decke des
Canals ist mit gewelltem Bleiblech belegt und kann mit Wasser gekühlt werden.
Die Hitze der Kiesbrenner wird möglichst ausgenützt, wie es nach Gay-Lussac geschah (?) und nach Glover geschieht. Ich bemerke hierzu, daß es bei dem
überwundenen Gay-Lussac'schen Denitrificateur, den man allerdings in gewisser
Beziehung einen Vorläufer des Gloverthurmes nennen kann, keineswegs auf Verwerthung
von Wärme, sondern lediglich auf das Verhalten der schwefligen Säure gegen nitrose
Schwefelsäure abgesehen war. Ich habe zwar derartige Denitrificateurs nicht mehr
gesehen; wenn ich jedoch nach den Beschreibungen, welche R. Wagner (chemische Technologie, 7. Aufl. S. 209 und 211) und Fr. Knapp (Lehrbuch, 3. Aufl. Bd. 1 S. 326 und 334) von dem
Apparate geben, urtheilen darf, so ist es durchaus unzulässig anzunehmen, daß mit
dem Gay-Lussac'schen Denitrificateur, welchen übrigens die beiden Genannten
in Varianten abbilden, auch eine Benützung von Wärme, die in diesem Falle nur in
Verstärkung von Schwefelsäure hätte bestehen können, beabsichtigt gewesen sei. Denn
nach Knapp strömt geradezu extra Wasserdampf in den
Apparat, was widersinnig wäre, wenn darin Säure verstärkt werden sollte, während bei
Wagner zwar keine besondere Dampfeinströmung
angegeben und erwähnt ist, wofür aber besonders beschrieben und bildlich dargestellt
wird, wie die heißen schwefligsauren Gase hinter dem Schwefelofen zur Abkühlung noch
einen mit Wasser gefüllten Canal durchziehen, bevor sie in den Denitrificateur
gehen. Die Gase dürften sich durch diese Procedur so stark mit Wasserdampf beladen,
daß der Effect fast derselbe ist, als wenn man direct einen Dampfstrahl in den
Apparat gibt. Ich glaube, daß die Mitanwendung des Wasserdampfes in diesen
Denitrificateurs die schwache Seite derselben war, und behaupte, daß die
gleichzeitige Anwendung von Wasserdampf und schwefliger Säure zur Zersetzung
nitroser Schwefelsäure eine überflüssige und für den Apparat schädliche Häufung der
Mittel war, welche Glover umgangen hat, indem er den
Wasserdampf aus dem Spiele ließ und sich auf schweflige Säure, diese aber möglichst
heiß, beschränkte.
Anstatt nun aber die schwefligsauren Gase mit der zu concentrirenden Säure in
Berührung zu bringen, was nach dem Verfasser den Zug stark beeinträchtigt,
Stillstände verursacht, die Säure verunreinigt und Verluste an Salpetergasen
herbeiführt, wird die Säure in einem besonderen Gefäß verstärkt. Man ist in dieser
Beziehung in Deutschland schon längst mit von unten erwärmten Bleipfannen zur
Benützung der Abhitze der Kiesöfen vorangegangen, und neu an dem Gefäße des
Verfassers ist nur die raffinirte Art und Weise, wie eine möglichst energische
Verdunstung des mit der Säure verbundenen Wassers angestrebt wird.
Der gemauerte Schlot D ist nämlich oben mit einer
überbleiten eisernen Platte bedeckt, welche eine Schale oder Pfanne E von Blei trägt. Vom Boden derselben ragen abwärts,
frei im Schlote hängend, hundert (gezogene) Bleirohre von 1m Länge und 10cm Durchmesser, die unten geschlossen, oben
offen und mit dem Pfannenboden verlöthet sind. In jedem Rohre hängt (nach Art der
Dampfrohre in den Field'schen Röhrenkesseln) ein zweites schwächeres Bleirohr,
dessen unten offenes Ende die weniger warme Säure bei 10cm Abstand vom Boden des weiteren Rohres
ausgibt. Durch die energische Bewegung der Flüssigkeit in den Rohren soll auch hier
der Absatz von Unreinigkeiten in den Röhren verhindert werden.
Der ganze Röhrenapparat hat eine Heizfläche von ungefähr 120qm.
Um die Circulation der Säure zu befördern, sind die engen Rohre an einem besonderen
Bleiblech mit umgebogenen Rändern angelöthet, und es ruht dieses Blech auf
säurefesten Stemm, mit denen der Boden der Schale E
belegt ist. Die Abbildung ist hier etwas undeutlich, und ich gebe daher in Fig. 33 eine
deutlichere Skizze von dieser Einrichtung.
Der Verfasser meint, daß ein Riß oder eine etwaige Undichtigkeit in den Löthungen,
welche die weiten Heizrohre mit dem Bleiblech verbinden, nicht von Belang ist, weil
es leicht sei, ein so schadhaftes Rohr zu opfern und die Oeffnung während des Ganges
mit einem Stöpsel zu schließen.
Dieser Stöpsel aber könnte nur von Blei oder Thonmasse sein – Holz und Gummi
werden in der heißen und starken Säure schnell verkohlt und aufgelöst. Wie
mangelhaft aber dergleichen Stöpsel schließen, sieht man an jedem Blei- oder
Thonhahn, die fast immer, auch im neuen Zustande rinnen. Auch glaube ich, daß es
schwierig ist, dergleichen undichte Stellen, wenn sie nicht sehr schlimm sind,
leicht und sofort zu erkennen, und endlich wird die Erkennung und der Verschluß
eines so leck gewordenen Rohres unter allen Umständen sehr erschwert sein, wenn die
Schale E geschlossen ist, wie dies der Verfasser für
einen bestimmten Fall in Vorschlag bringt.
Was die Unzuträglichkeiten betrifft, welche der Verfasser für den Fall anführt, daß
man die schweflige Säure mit der zu concentrirenden Säure in directe Berührung
bringt, und womit offenbar auf den Gloverthurm gezielt ist, so habe ich früher
selbst geglaubt, daß man durch Einschaltung dieses Thurmes beträchtliche Einbuße an
Zug erleiden würde. Ich habe aber dann gefunden, daß dies nur in sehr geringem Grade
der Fall ist, wie es denn auch Fabriken gibt, welche mit Gloverthurm versehene Bleikammern ohne
Schornstein, lediglich mit ins Freie mündender Pfeife, die auf dem
Gay-Lussac-Apparate befindlich, betreiben.
Daß ein Bleikammersystem, welches durch Einschaltung eines Gloverthurmes ein Glied
mehr in der Kette der Apparate erhalten hat, Stillständen leichter ausgesetzt ist,
als ein solches ohne diesen Thurm, leuchtet ein. Auch haben einige deutsche Fabriken
in dieser Beziehung recht unangenehme Erfahrungen gemacht, obgleich sie in der
Absicht, sicher zu gehen, die zum Aussetzen des Thurmes nöthigen Steine sich von
England verschrieben hatten. Ist indessen der Thurm mit brauchbarem Material
sorgfältig ausgesetzt, so ist er ein sehr haltbarer Apparat. J. Glover sagt in den Chemical News, 1873 Nr. 696:
„Ich habe einen Thurm 5 Jahre lang gebraucht, ohne mit der Packung
Aenderungen vorzunehmen und nach 6 Jahren constanten Betriebes ist das Blei noch
in gutem Zustande.“ Auf den Guano Works Plaistow bei London wird
Säure von 64° B. in dem Gloverthurme erzeugt, und geht der Apparat daselbst
bereits gegen 2 Jahre. Uebrigens ist es nicht schwer, Einrichtungen zu treffen, daß
man den Thurm so ausschalten kann, daß weder Röstgase in denselben strömen, noch
Kammergase zurücktreten können.
Eine Verunreinigung der Säure im Gloverthurme möchte ich nicht in Abrede stellen,
auch wenn man sich zum Ausfüllen des Thurmes der Coaks enthält. Ich muß aber
hinzusetzen, daß je mehr die aus dem Gloverthurme resultirende Säure verunreinigt
ist – und hier steht ja selbstverständlich die Verunreinigung durch Eisen in
erster Reihe, welches durch Staub aus den Kiesöfen in die Säure getragen wurde,
– um desto reiner die in den Kammern resultirende Säure erhalten wird, so daß
der Gloverthurm die Rolle der bei manchen Fabrikanten beliebten Schmutzkammern
übernimmt. Soweit ich selbst bisher mit dem Gloverthurme gearbeitet habe, muß ich
bekennen, daß er zum Denitriren allen anderen Einrichtungen entschieden vorzuziehen
ist, auch wenn er nur den Bedarf des Gay-Lussac-Apparates an
verstärkter Schwefelsäure wieder ausgibt. Und da man nun den Thurm beliebig intensiv
betreiben, ihn näher oder weiter von den Kiesöfen aufstellen und mit heißeren oder
gekühlteren Gasen arbeiten lassen kann, so leuchtet ein, daß er auch für solche
concrete Fälle immer noch ein empfehlenswerther und brauchbarer Apparat bleibt, wo
man ein großes Interesse hat, möglichst eisenfreie Säure für den Verkauf disponibel
zu haben. In solchen Fällen wird einerseits der Gloverthurm von beträchtlich
längerer Dauer sein, weil er weniger heiße Gase erhält, und er wird wegen seiner
Ausfüllung besser wirken als die Schmutzkammern, welche bisher angewendet
wurden.
Endlich die Verluste an Salpetergasen betreffend, welche durch den Gloverthurm
entstehen sollen, so sagt man mir auf den Werken zu Oker am Harz, daß nach genauen
Ermittelungen an den 15 Bleikammersystemen, welche daselbst im Gange sind, sich nach
Einführung der Gloverthürme der Salpeteraufwand eher besser, als schlechter denn
vorher gestellt hat. Die Salpeterzersetzung findet daselbst in den Kilns statt, und
die Salpetergase passiren mit den Röstgasen insgesammt den Gloverthurm. Der Thurm,
mit welchem ich selbst arbeite, gehört zu einer neuen Kammer, und ich bin nicht im
Stande zu sagen, wie hier der Aufwand an Salpetersäure ohne Gloverthurm sein würde.
Ich kann aber soviel bestätigen, daß dieser Aufwand ein günstigerer ist, als ich es
unter den gegebenen Verhältnissen mit anderen Einrichtungen zum Denitriren gewöhnt
bin. Die Gase treten in diesen Thurm mit etwa 150°, aus demselben mit etwa
35°. Er steht zwar nahe an den Oefen; doch sind diese mit Bleipfannen
versehen, welche den Gasen vor ihrem Eintritte in den Thurm schon reichlich Wärme
entziehen.
Ich habe einige solche Messungen auch in Oker vorgenommen und fand bei einer
Lufttemperatur von 20° an zwei Thürmen:
A. 35° und 32° Temperatur der austretenden
Gase.
Die zugehörigen Kilns gingen mit schwefelarmem Erz. An drei anderen Thürmen fand
sich:
B. 45°, 50° und 49° Temperatur der
austretenden Gase.
Die zugeordneten Kilns gingen mit schwefelreichem Erz. Die Temperatur der in die
Thürme eintretenden Gase wurde mir ad A zu 250 bis
280° angegeben und ist ad B noch etwas höher, da
einmal eine Schmelzung des Bleies stattgefunden hat.
Um nun zur Beschreibung des de Hemptinne'schen Apparates
zurückzukehren, so kann man die Schale E offen lassen,
wenn man lediglich die Säure concentriren will. Will man sie aber auch zugleich
denitriren, so muß die Schale bedeckt sein, wozu ein beweglicher hydraulischer
Verschluß in Vorschlag gebracht ist. Diese Denitrirung erfolgt, indem man aus der
ersten Bleikammer F schweflige Säure durch das Bleirohr
G in die bedeckte Schale E aspirirt. Das Rohr H geht von der Schale
nach der Bleikammer zurück, und ein Dampfblasrohr beim Eintritt in die Kammer
besorgt das Ansaugen der schwefligen Säure nach der Pfanne und die Rückkehr von da
in Gemeinschaft mit den ausgetriebenen Salpetergasen. Die schweflige Säure wird aus
der Bleikammer F genommen, um keinen Staub mit zu
aspiriren. Es kann zweifelhaft scheinen, ob durch dieses bloße Bestreichenlassen mit
schwefliger Säure eine genügende Denitrirung der Säure erfolgt. Und da hierbei nun
doch einmal eine
Berührung der schwefligsauren Gase mit der Schwefelsäure erfolgt, so würde bei
mangelhafter Denitrirung schließlich doch wohl eine Art Colonne, vielleicht mit
Quarzfüllung zwischen der Schale E und dem Reservoir N, welches die Schale speist, einzuschalten sein. Die
Kammersäure, gemengt mit der Nitrosen Schwefelsäure des
Gay-Lussac-Thurmes K, wird durch einen
Injector O und die Röhre O₁, in das Gefäß N geworfen. Der Abfluß
nach E findet durch das Rohr N₂ mit Hahn continuirlich statt; der Abfluß aus E erfolgt durch das Ueberlaufrohr L. Eine Kühlung erfolgt in der Schlange M, aus
welcher die Säure direct wieder über den Gay-Lussac-Thurm zur
Benützung in demselben steigt. Ist die Concentration nicht ausreichend, so wird sie
in den Pfannen I und J
beendet.
Man erkennt, daß nur ein einmaliges Heben der Säure stattfindet, während man bei
Anwendung des Gloverthurmes zweimal Säure zu heben hat. Hinsichtlich der Einrichtung
seines Gay-Lussac-Apparates verweist Verfasser auf Freycinet; Traité
d'assainissement industriel (Paris 1870) und bemerkt ferner, daß man mit
der Concentration in dem Röhrenapparat nicht über 61° B. gehen darf. Die F, in welchen sich die schweflige Säure schnell
(„rapidement“) in
Schwefelsäure umsetzt, sind von 5mm dickem
Blei hergestellt (56k,75 per 1qm) und ausgefüllt mit Bombonnes aus
säurefester Masse, die mit runden Löchern von 2cm Durchmesser versehen sind. Die Salpetersäure wird aus dem Glasgefäße
T durch einen Hahn zugeführt und tropft durch einen
Welter'schen Trichter ein. Das Gefäß T steht durch
Glasheber noch mit einigen anderen Gefäßen für Salpetersäure in Verbindung. Die 5200
Bombonnes, welche, damit etwa entstehende Scherben keine Verletzung des Bleies
herbeiführen können, auf einem Pflaster von säurefesten Steinen ruhen, ergeben eine
beträchtliche Condensationsoberfläche (7800qm).
Durch die gläsernen Reactionsräder R wird periodisch
Schwefelsäure über die Bombonnes gespritzt. Die Perioden werden durch die
Schaukeltröge S erzielt, welche die Säure aus dem Gefäße
N durch das Rohr N₃ erhalten. Mit Ausnahme des Dampfstrahles K₁ zwischen Gay-Lussac-Apparat und Kamin unterbleiben
alle sonst üblichen Wasserdampfeinströmungen, weil sie die wirksamen Salpetergase
theilweise unwirksam machen. Es wird hier genau nach dem Original referirt und
ausdrücklich bemerkt, daß erstens, der eben gethanen Behauptung entgegen, bereits
vom Verfasser selbst der Dampfstrahl im. Rohre H zum
Absaugen von Wasserdämpfen, schwefliger Säure und frei gemachten Salpetergasen aus
der Pfanne E angeführt ist, und daß zweitens, zwar nicht
im Texte erwähnt, aber
in dem Plane zwischen der ersten und zweiten Bleikammer noch ein Dampfrohr angegeben
wird, an welchem der ausströmende Dampf extra veranschaulicht ist. Ein ebensolches
Rohr zwischen der zweiten und dritten Kammer, welches im Texte ebenfalls nicht
erwähnt ist, auch keinen ausströmenden Dampf zeigt, scheint in gleicher Weise Dampf
zuführen zu sollen. Hat es diesen Zweck nicht, so ist das Vorhandensein dieses
Rohres überhaupt unverständlich.
Wenn es übrigens wahr ist, daß die Dampfeinströmungen Salpetergase
„zerstören“ – ich möchte nicht soweit gehen, sondern
bei dem Ueberschuß an Wasser höchstens eine partielle oder locale Bildung von
Salpetersäure annehmen, die ja aber immer wirksam bleibt, – so kann man die
Anwendung des qu. Dampfblasrohres im Rohre H zur
Evacuirung der aus der nitrosen Säure frei gemachten Salpetergase nur höchst
unglücklich nennen. Denn hier wird gerade der große Theil von diesen Gasen, welchen
der Gay-Lussac-Thurm wiedergewonnen hat, und das ist ja in den
allermeisten Fällen über die Hälfte, bis zu 2/3 und 3/4, dieser zerstörenden Wirkung
des Dampfes in einer ziemlich wirksamen Weise ausgesetzt.
Wozu dient der Dampf in den Bleikammern, fragt der Verfasser und antwortet: Die Gase
zu mengen, die Kammerkrystalle aufzulösen, die Schwefelsäure zu verdünnen und (sehr
unvollkommene) Condensationswolken zu bilden, welche die Oberflächen des Bleies
ersetzen sollen. Denn in einem erwärmten und benetzten Glaskolben finden die
Reactionen ohne die Dazwischenkunft von Wasserdampf statt. Bei dem neuen System
stellt jedes Bombonne, durchbohrt und mit warmer Säure benetzt, eine arbeitende
Zelle vor, in welcher die Säure sich mit Nutzbarmachung der Oberflächen der Gefäße
bildet. Und auch die Salpetergase, welche in die Kammersäure übergehen, werden
wiedergewonnen und ohne Unterbrechung der schwefligen Säure und der Luft wieder zur
Benützung dargeboten.
Die meisten Praktiker werden, wie ich glaube, wohl nicht vollständig in der
angedeuteten Weise über die Aufgabe des Wasserdampfes in den Bleikammer denken. Wenn
man den Salpeter in den Röstöfen zersetzt und mit Gloverthurm arbeitet, so kommt ein
Gasgemisch in die Bleikammer, von welchem man zugeben wird, daß es ein völlig
homogenes Gemenge vorstellt. Aus diesem Gemenge fällt in allen Theilen Schwefelsäure
aus, indem Sauerstoff, schweflige Säure und Wasserdampf verschwinden; es findet
Diffusion statt, und außerdem bewegt sich das Gasvolum im Ganzen in Richtung des
Zuges vorwärts. Wie da eine Scheidung der einzelnen Bestandtheile anders als in der
beabsichtigten Weise
– nämlich so, daß zuletzt womöglich nur noch aller Stickstoff, etwas
Sauerstoff, Wasserdampf und die Salpetergase übrig sind – möglich, und warum
also eine erneute Mengung der Gase erforderlich sein soll, das vermag ich nicht
abzusehen. Will man möglichst gut ausbringen, d.h. die schweflige Säure
vollständigst condensiren, so muß gerade das Bestreben dahin gehen, die angegebene
Trennung der Kammergase zu unterstützen, und das sucht man in der Praxis vielfach
dadurch zu erzielen, daß man die Gase aus einer Kammer in die folgende überführt und
aus der letzten Kammer überhaupt abführt von denjenigen Stellen, von denen man
annimmt, daß sie besonders den mehr ausgebrauchten Kammergasen zum Aufenthalte
dienen. Die Meisten nehmen an, daß die Kammergase bei fortschreitendem Verschwinden
von Sauerstoff und schwefliger Säure leichter werden und sich in der Kammer nach
oben bewegen, und man legt deswegen die Abführungsrohre auch in dem oberen Theile
der Kammern an. Manche gehen sogar soweit, sie in der folgenden Bleikammer unten
wieder eintreten zu lassen – eine Anordnung, die unbequeme Rohrverbindungen
gibt und, wenn Vorstehendes seine Richtigkeit hat, darum überflüssig ist, weil die
Gase in Bezug auf die Kammer, in welche sie eintreten, doch die schwereren sind,
mithin von selbst zu Boden sinken und wiederum sich erheben in dem Maße, als
Sauerstoff und schweflige Säure ausfallen.
Aber auch wenn man mit Salpetersäure arbeitet, so erfolgt bei zweckmäßiger
Einrichtung der Cascade, deren Schalen möglichst über die ganze Kammerbreite
gehen-müssen, eine schnelle und gleichmäßige Vertheilung der Salpetergase,
und ich bin bisher, obgleich ich oft genug mit Salpetersäure und direct mit Salpeter
gearbeitet habe, nicht im Stande gewesen, einen Unterschied zwischen beiden Methoden
zu entdecken in Bezug auf die Beimischung der Salpetergase zu den übrigen
Kammergasen. In England soll man mit Vortheil sich bereits mehrfach an Stelle von
Wasserdampf des Wasserstaubes nach Sprengel's Vorschlag
bedienen. Namentlich soll bei dem Verfahren ein Ersparniß an Salpeter eintreten.
Wenn dies seine Richtigkeit hat – und es gibt ja Gründe, welche dies recht
gut erklären würden – so ist damit der Beweis gegeben, daß wenigstens zur
Mengung der Gase Wasserdampf nicht nöthig ist. Denn das als Staub in die Kammer
gebrachte Wasser nimmt einen sehr viel geringeren Raum ein als das nöthige
Aequivalent an Dampf und ist also bei dem geringen Volum auch viel weniger im
Stande, eine Mengung der Gase zu bewirken. Die Gründe aber, welche den
Minderverbrauch an Salpeter erklären, würden darin bestehen, daß das gesammte
Gasvolum bei Anwendung von Wasserstaub geringer bleibt, mithin die Gase mehr Zeit zur Condensation
behalten, was eben mit Salpeterersparniß gleichbedeutend ist. Auch dürfte die Kammer
bei Anwendung von staubförmigem Wasser kühler arbeiten, mithin geringere Ausdehnung
des Gasvolums stattfinden, also wiederum mehr Zeit zur Vollendung des Processes
gegeben sein, als wenn man mit Dampf arbeitet.
Heben der Schwefelsäure. Die vom Boden der ersten Kammer
durch das Rohr O₂ entnommene Säure wird durch den
Injector O in das Gefäß N
gehoben. Der Injector ist nichtsaugend und besteht aus einer Bleilegirung, mit
Dampfdüse von Platin, deren Durchlaß so gewählt sein muß, daß die Kammersäure den
für die Reactionen passenden Grad erhält. Der in dem Injector condensirte Dampf
ersetzt somit den sonst in die Kammern direct gegebenen. Es würde leicht sein, hier
lauwarmes Wasser zuzusetzen, das durch ein Reactionsrad zuzuführen sein würde. Ein
seitliches Rohr O₃ mündet in die Kammer und saugt
schweflige Säure an, so daß die Denitrirung der Säure schon im Steigrohr O₁ beginnt. Diese Mischung gelangt also unter
günstigen Bedingungen in das Gefäß N, welches bedeckt
und im Inneren mit säurefesten Steinen, Basalt oder Glas ausgekleidet ist.
Die entbundenen und sonstigen Gase gehen durch das Bleirohr Q wieder in die Kammer zurück. Ein Glasschwimmer N₁, in einer Glocke eingeschlossen, zeigt den Stand der Flüssigkeit
im Gefäß N an, welches übrigens auch noch mit einem
Ueberlauf versehen werden kann.
Concentration der Schwefelsäure auf 66° B. Diese
Verstärkung wird mittels überhitzten Wasserdampfes bewirkt, welchen man in den Thurm
U einführt, nachdem er eine mit Asbest gefüllte
Büchse U₁ passirt hat. Dieser in Klinkern
cylindrisch ausgeführte Thurm enthält einen Pfeiler von 504 Kästchen aus Topfzeug,
über welche man die Säure rieseln läßt. Die Decke des Thurmes besteht aus einer
cylindrischen Schale V von Blei, mit gewölbtem Boden;
sie wird durch Säure aus dem Gefäße N gekühlt. Die
letztere geht durch einen Ueberlauf in die Pfanne I.
Unterhalb der Bleischale sammelt eine Rinne die condensirte schwache Säure, welche
durch einen Ueberlauf V₁ nach außerhalb abgeführt
wird.
Die hohlen Kästchen, welche den Pfeiler bilden, bestehen aus säurefester englischer
Thonmasse, haben jedes 15cm Seite und sind
mit 6 Löchern von 6cm Durchmesser
durchbohrt; sie sind sorgfältig geformt und gebrannt und müssen, wie es für die
Stabilität des Pfeilers nöthig ist, einen vollkommenen Würfel bilden.
Eines der Löcher, das an der unteren Seite, ist mit einem kurzen Rohransatz versehen,
welcher sich in die innere Höhlung verlängert. Hierdurch wird eine dünne Schicht
Flüssigkeit auf dem Boden einer jeden Büchse zurückgehalten und der Durchgang der am
Kopfe des Pfeilers aufgegebenen Säure verzögert. Der erwähnte Rohransatz verbindet
auch die einzelnen Theile des Pfeilers und verhindert sie zu rutschen. Statt der
Kästchen könnte man sich auch hohler durchlöcherter Kugeln aus Thonmasse bedienen,
welche man in eine Umhüllung von säurefesten Steinen einschließen würde, die weit
genug vom Mauerwerk des Thurmes U entfernt bleiben
müßten.
Die von den Pfannen I und J
durch den Schaukeltrog W kommende Säure wird nach einer
Filtration entweder durch ein kleines Reactionsrad oder durch eine Brause von Platin
vertheilt und rinnt über die Thon-Büchsen oder Kugeln. Der überhitzte
Wasserdampf wird in dem Gefäße x aus Gußeisen erzeugt,
welches mit Kupfer-Spänen und Kugeln ausgefüllt wird. Es wird von der
Feuerung des Dampfkessels P oder besonders geheizt. Am
Fuße des Pfeilers sammelt sich die concentrirte Säure in einer mit doppelten
Wandungen versehenen und innerlich mit eisernen Kugeln ausgefüllten Schale von Blei,
welche mit Wasser gekühlt wird, das zwischen den Kugeln circulirt.
Die concentrirte Säure gelangt durch ein Bleirohr nach dem Sammelgefäße Y; das Bleirohr ist behufs Kühlung mit Wasser mit einem
kupfernen Mantel umgeben. Der im Thurme U übrig
bleibende Dampf geht unter die Bleipfanne I und bewirkt
hier die Verstärkung der Säure auf 60° B. Die sauren Dämpfe dagegen, welche
sich noch nicht an dem Boden des Gefäßes V
niedergeschlagen haben, gehen durch eine Schicht von Eisenabfällen, welche auf einem
Roste aufgestürzt sind und von Zeit zu Zeit mit Wasser befeuchtet werden. Die
resultirenden Laugen von Eisensulfat sammeln sich in der Pfanne Z an, die übrig bleibenden Dämpfe und Gase gehen durch
einen unterirdischen Canal nach einem Schornstein.
A. de Hemptinne schließt resumirend: „Ich glaube
der Schwefelsäurefabrikation die folgenden Vervollkommnungen zugebracht zu
haben.
1) Die Säureconcentration in Field'schen Röhren durch die Abhitze der
Kiesröstofen, sowie die Denitrirung der Kammersäure, gemengt mit der nitrosen
(Thurm-) Schwefelsäure unter solchen Umständen, daß eine Verunreinigung
durch Pyritstaub unmöglich ist.“
Was den Röhrenapparat anlangt, so ist derselbe meines Wissens neu, und wenn er nicht
zu häufigen Schäden ausgesetzt ist, in welcher Beziehung ich allerdings ein starkes
Mißtrauen gegen ihn hege, so würde ich seine Anwendung befürworten. Ob, wie Hr. de
Hemptinne erwartet, eine so lebhafte Circulation der
Säure in den Röhren eintritt, wie in den Röhren des Field'schen Kessels und etwaige
Incrustationen dadurch
weggeführt werden, das mochte ich bezweifeln. Bei dem wirklichen Field-Rohre
wirken zwei Ursachen zusammen, um die Wassercirculation sehr lebhaft zu machen:
einerseits die Differenz in den Temperaturen des Wassers im inneren und äußeren
Rohr, wonach in ersterem das weniger warme Wasser sinkt
und in letzterem entsprechend das wärmere Wasser steigt;
andererseits der Umstand, daß im äußeren Rohr lebhafte Dampfbildung stattfindet, die
Wassersäule mithin mit Dampfbläschen beladen und somit das Uebergewicht der Säule im
inneren Rohr neuerdings erhöht wird. Für Schwefelsäure ist dies in beiden
Beziehungen anders. Nämlich erstens findet hier im äußeren Rohr kein Kochen statt,
und zweitens wird die Differenz in den specifischen Gewichten, welche durch die
einseitige Erwärmung des äußeren Rohres erzielt wird, zum Theile dadurch wieder
paralysirt, daß die mehr erwärmte Säure thatsächlich Wasser verliert und stärker
wird, wodurch sich ein theilweiser Ausgleich in den specifischen Gewichten der Säure
im inneren und äußeren Rohr herstellen, d.h. aber: eine abgeschwächte Circulation
ergeben wird. Daß der Apparat eventuell ganz geschlossen und die Rohre so der
Controle entzogen sind, ist ein Nachtheil in der Anordnung, und in gleicher Weise
sieht man leicht, daß eine Auswechselung des Röhrenapparates gleichzeitig zur
Kaltlegung des ganzen Systems nöthigt. Was die gleichzeitige Denitrirung in dem
Gefäße des Röhrenapparates betrifft, so halte ich dieselbe für ein höchst gewagtes
Experiment. Denn die Fälle, daß diese Denitrirung mangelhaft ausfällt, sind
keineswegs ausgeschlossen (ich möchte sogar glauben, daß sie sehr leicht vorkommen).
Alsdann aber wird das Blei der Schale E energisch
angegriffen, und es ist schon erwähnt worden, daß ein wesentlicher Schaden an dieser
Stelle zur Einstellung des ganzen Betriebes zwingt.
2) „Die erste praktische Anwendung des folgenden Princips: daß die Bildung der Schwefelsäure vielmehr eine Frage der
Oberflächen als der Volume ist. Aus diesem Grunde habe ich meine
Kammern mit Bombonnes ausgefüllt, welche 7800qm Oberfläche geben und nur 26000 Franken kosten, während 7800qm Oberfläche an Blei von 3mm Stärke (das nach 12 Jahren abgenützt
ist) etwa 175000 Fr. kosten würden. Dadurch wird eine größere Menge Säure, diese
mit sehr wenig Bleisulfat beladen, mit Vortheil in einem kleinen Raume
producirt.“
Betreffs der Condensationsoberflächen sind Eingangs bereits frühere Versuche und
Vorschläge erwähnt. In einer deutschen Fabrik ist die Ausfüllung einer Bleikammer
mit Coaks wieder beseitigt. Eine poröse Coaksfüllung dürfte aber entschieden noch
viel reichlicher Oberfläche darbieten als die Thon-Bombonnes. Ob das englische Patent von
Ward in die Praxis eingeführt worden ist, kann ich
nicht sagen. Endlich kann ich berichten, daß auf den Harzer Communion-Werken
zu Oker der Vorschlag von H. A. Smith, den Kammern große
Condensationsoberflächen zu geben, sie also recht breit und lang, aber wenig hoch
anzulegen, praktisch im Großen probirt worden ist. Man verkürzte die Höhe der zu
einem Systeme gehörigen Bleikammern gelegentlich einer Reparatur, welche mit der
Decke vorzunehmen war, um 1m,25 (wenn ich
mich recht erinnere). Das Resultat war ein vollständiges Fiasco der
Oberflächentheorie. Denn es wurde weder Salpeter gespart, noch besser ausgebracht;
vielmehr mußte man, um den Salpetersatz, welchen man vor der Verminderung des
Kammerraumes her gewöhnt war, wieder zu erreichen, die Production an Säure
vermindern, und der so erhaltene Ausfall an producirter Säure gegen das ursprünglich
erhaltene Quantum war proportional dem Ausfall an Kammerraum gegen den vorher
gehabten. Auch aus Hasenclever's Bericht (1875 216 516) kann man ähnliches entnehmen, und wenn
gleichwohl nicht wenige Praktiker kleine Kammerquerschnitte den großen vorziehen und
besonders eine Mehrzahl von Bleikammern als von günstiger Wirkung hinstellen, so
möchte dies nicht auf der Oberflächenwirkung, sondern auf anderen Umständen beruhen,
über welche vielleicht ein anderes Mal zu reden sein wird.
3) „Die Weglassung des Wasserdampfes, weil die Bombonnes, mit Säure von
passender Stärke benetzt, die Bildung der Säure von außen nach innen sehr
beschleunigen.“
Ich habe schon betreffs der Wasserdampfzuführung auf den Widerspruch in den Angaben
des Verfassers sowohl im Texte, wie in den Figuren aufmerksam gemacht. Ohne irgend
welchen Wasserdampf würden auch in den Bleikammern eitel Kammerkrystalle entstehen.
Welche Stärke die Kammersäure haben soll, ist zwar nicht gesagt; da sie aber im
Röhrenapparate auf höchstens 61° B. concentrirt werden soll, so würde sie in
der Kammer darunter zu halten sein.
Ich möchte mir an dieser Stelle die Bemerkung gestatten, daß die meisten von
denjenigen Schwefelsäurefabriken, welche mit Gloverthürmen arbeiten, ebenfalls in
der Lage sein dürften, die Kammersäure stärker, als bisher üblich war
(durchschnittlich 50° B.), fallen zu lassen. Wenn auch dabei schon
Salpetergase absorbirt würden, so wäre dies kein Verlust, weil dieselben im
Gloverthurme wieder entbunden würden, und man hätte nur lediglich ein größeres
eisernes Kapital von Salpetersäure im Betriebe stecken. Dagegen würde man aber
folgende Vortheile eintauschen; zunächst würde man nämlich weniger Wasserdampf zu
erzeugen nöthig haben,
sodann aber würde man das gesammte Quantum der Kammergase durch verminderte
Dampfzufuhr vermindern und hierdurch mithin im Stande sein, bei einem gegebenen
Kammerraume weniger Salpeter aufzuwenden, oder aber die Leistung an Schwefelsäure zu
erhöhen.
4) „Beschleunigung der Production. Da die fortwährend bewegten flüssigen
Stickstoffsauerstoffverbindungen großentheils nur auf säurefestes Material
wirken, so kann man viel stärkere Procentsätze Salpetersäure
anwenden.“
Hier gilt ebenfalls das unter 2 Angemerkte. Außerdem aber kommt die in vermehrtem
Grade angewendete Salpetersäure doch auch mit den Bleiwänden der Kammern in
Berührung.
5) „Die Anwendung des Injectors zum Heben, Erwärmen, Denitriren und
Erzeugen der richtigen Stärke der Säure, mit Hilfe von Wasserdampf und
schwefliger Säure.“
Wird das Steigrohr O₁ nicht häufig Schaden nehmen,
besonders unmittelbar über dem Injector?
6) „Endlich die Verstärkung auf 66° B. mittels überhitzten
Wasserdampfes.“
Dieser Apparat ist neu; wenn man ihn aus Büchsen von gutem Material aufbaut,
vielleicht sogar von Porzellan, so wird er auch ziemlich dauerhaft sein. Die
Bleikästen am Fuße des Pfeilers geben aber wegen öfteren Betriebsunterbrechungen zu
Bedenken Anlaß; sie sind nicht sichtbar und schlecht zu controliren, der ganze
Pfeiler nicht gut zugänglich. Auch diese Vorrichtung wird, ebenso wie die
Concentration auf 66° mit Hilfe einer Luftleere, kaum im Stande sein, die
Anwendung des Platinmetalles allgemein zu verdrängen.
Die Anwendung von überhitztem Wasserdampf zur Erzeugung von 66° Schwefelsäure
dürfte zwar ausführbar sein, mit welchen Kosten jedoch, muß ich dahin gestellt sein
lassen. Bekanntlich ist eine schwache Seite von dergleichen Apparaten zum Erhitzen
von Luft und Dampf diese, daß sie schwierig dicht zu halten sind. Nun ist aber der
neue Apparat zum Concentriren der Schwefelsäure auf 66° B. keineswegs ein
organischer Bestandtheil der neuen Methode der Schwefelsäurefabrikation, und man
würde durch die Verlegung des Dampfüberhitzungsapparates in die Dampfkesselfeuerung
den Betrieb der Kammern in lästiger Weise abhängig machen von dem Zustande des
Ueberhitzers, weil bei einer Reparatur des letzteren auch der Dampfkessel kalt zu
legen wäre. Und somit dürfte dann doch wohl nur übrig bleiben, daß der Ueberhitzer
in einem besonderen Ofen mit einer selbstständigen Feuerung angelegt wird. –
Ob das vorstehend
beschriebene Verfahren bereits in Ausübung ist, kann man aus dem Original der
Beschreibung nicht ersehen. Aus den mancherlei Entweder-Oder jedoch, welche
vom Verfasser statuirt werden, möchte ich schließen, daß die Sache bisher nur
Project ist. Ein praktischer, nicht zu klein angelegter Versuch wäre wünschenswerth,
wenn ich auch wenig Hoffnung habe, daß er günstig ausfallen wird.