Titel: | Neues Feldspathvorkommen im Odenwald, nebst Bestimmung der Schmelzbarkeit und das dafür sich ergebende Gesetz; von Dr. Carl Bischof. |
Autor: | Carl Bischof [GND] |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 319 |
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Neues Feldspathvorkommen im Odenwald, nebst
Bestimmung der Schmelzbarkeit und das dafür sich ergebende Gesetz; von Dr. Carl Bischof.
Bischof, über ein neues Feldspathvorkommen im Odenwald nebst
Schmelzbarkeitsbestimmung.
Der im Gneiß als ein lagerförmiges Gangvorkommen auftretende Feldspath, welcher von
Dr. Mitscherlich in
Darmstadt aufgeschlossen wurde, bildet eine krystallinische Masse von
gelblich-graulich-weißer Färbung, mit Einsprengungen von Glimmer;
seltene von Mangangranat und etwas häufigere von kleinen Quarzkrystallen kommen vor.
Am Ausgehenden werden die Absonderungsflächen von einer leicht abzuwaschenden gelben
Lehmhaut überkleidet.
Das dem Feldspath eigenthümliche blätterige Gefüge, mit seiner Theilbarkeit nach zwei
auf einander beinahe senkrechten Richtungen, tritt deutlich hervor. Einige
Spaltungsflächen sind sehr fein gestreift, andere besitzen Perlmutterglanz.
Das Feldspathlager steht in großer Mächtigkeit und solcher Ausdehnung an, daß schon
der jetzige Aufschluß eine tägliche Förderung von mehreren hundert Centnern auf
Jahrzehnte hinaus mit Sicherheit gestattet.
Pyrometrische Bestimmung.
Aus vorliegenden Handstücken von ca. 1k
wurde eine Durchschnittsprobe sorgfältig dargestellt, welche ein weißes Pulver mit
leisem Stich ins Gelblich-graue gibt; daraus kleine Cylinderproben geformt
und dieselben heller Rothgluthitze ausgesetzt:
sind zu einem weißen, glasglänzenden Email erweicht und so weit,
daß die Cylinderform zur Kugel zusammengegangen. In dem Email schwimmen schwarze
Pünktchen. Der Bruch zeigt eine dichte, nicht glänzende Masse bis auf einzelne
rundblasige, glasglänzende Löcher.
Ist die Prüfungshitze geringer, so daß sich noch die Form der Proben vollständig
erhält, so ist bereits ein schmelzartiger Anflug zu bemerken.
Das Eintreten dieses früheren Schmelzes unterscheidet den vorstehenden Feldspath von
vier in derselben Weise untersuchten und analysirten Feldspathen aus Böhmen,
Norwegen, einem alten Vorkommen im Odenwalde und aus dem Spessart, und dürfte es
daher nicht uninteressant sein, eingehender den Grund dieses leichteren Schmelzens
und dessen Beziehung zur chemischen Zusammensetzung zu verfolgen. Nur der böhmische Feldspath
zeigt ähnliche Erscheinungen der größeren Schmelzbarkeit, doch nicht in so
hervorragendem Grade als der neue Odenwalder Feldspath, während die genannten
übrigen in dem geringeren Hitzgrade noch völlig ohne Schmelz sind. In dem
bezeichneten stärkeren Hitzgrade beginnt bei dem böhmischen Feldspath die Aenderung
der Form, die Kante des Cylinders ist abgerundet; wogegen die anderen, wenn auch
glasirt, noch völlig erhaltene Kanten zeigen.
Versetzt man den Feldspath mit Thon, z.B. mit gleicher Menge geschlämmten Zettlitzer
Kaolins, und glüht bis zur annähernden Platin-Schmelzhitze:
so ist die Cylinderprobe tropfenförmig sich ausbreitend
zusammengeflossen. In dem Email schwimmen schmutzig gefärbte Flitter. Dagegen
verhalten sich die erwähnten Feldspathe, ebenso versetzt und behandelt, entschieden, wenn auch nicht in so hervortretendem Grade,
schwerer schmelzbar.
Analytische Bestimmung.
In dem bei 100° getrockneten Durchschnittspulver wurden gefunden:
Kieselsäure
67,92
Thonerde
18,90
Eisenoxyd
1,28
Kalk
2,02
Magnesia
0,39
Kali
1,87
Natron
6,93
Glühverlust
0,61
–––––
99,92
Die daraus berechnete chemische Formel gibt das
Sauerstoffverhältniß der Alkalien und alkalischen Erden (= 1 gesetzt) gegenüber dem
der Thonerde nebst Eisenoxyd und der Kieselsäure = 1 : 3,19 : 12,75, d.h. das
Resultat ist ziemlich nahe übereinstimmend mit dem Normalverhältniß des berechneten
Doppelsilicates von
1 : 3 : 12 NaO, SiO₃ + Al₂O₃, 3
SiO₃.
Bemerkenswerth ist der Gehalt an Kalk sowie ein bedeutend vorwiegender Gehalt an
Natron und ein im Ganzen geringer an Alkalien.
Versuchen wir für die gefundene größere oder geringere Schmelzbarkeit einen Anhalt in
der chemischen Zusammensetzung zu gewinnen. Angenommen, daß das Gesetz von Richters der äquivalenten Vertretung der Flußmittel auch
hier gelte und sich daher absehen läßt von der analytischen Verschiedenheit, namentlich hinsichtlich
der Alkalien,Daß nicht etwa in dem verhältnißmäßig großen Natrongehalte ein entscheidender
Grund der leichteren Schmelzbarkeit zu suchen, dafür spricht die ziemlich
nahe, wenn auch geringere Leichtflüssigkeit des genannten böhmischen
Feldspathes mit einem umgekehrt weit größeren Kaligehalte. Uebrigens fällt
ja bei der Berechnung nach den Aequivalenten das Natron weit mehr ins
Gewicht, da es einen um die Hälfte größeren Werth als das Kali gibt. so finden sich gleichwie bei den Thonen dieselben Bestandtheile oder Gruppen
derselben: Kieselsäure, Thonerde und Flußmittel. Das Verhältniß aber der
Bestandtheile gegenüber den Thonen ist insofern ein wesentlich anderes, als hier
eine weit größere Flußmittel- und umgekehrt geringere Thonerdemenge vorhanden
ist. Wie wir früher gesehen haben, ist bei einem solchen überwiegenden
Flußmittelverhältniß – was sofort die überhaupt größere Schmelzbarkeit
erklärt – die Kieselsäure entscheidend, sei es bei
sehr leicht schmelzbaren Gemengen in erhöhender oder verzögernder oder bei weniger
leicht schmelzbaren Gemengen in vermindernder Weise.
Die größere KieselsäuremengeWie wir aus den Versuchen Richters wissen, nimmt
der Einfluß der Flußmittel auf die Schmelzbarkeit bedeutend zu mit dem
höheren Kieselsäuregehalt. bestimmt im vorliegenden Falle die noch vermehrte Schmelzbarkeit, und zwar
ist dafür maßgebend die Zahl, welche dieses Verhältniß
ausdrückt, resp. erhalten wird, wenn die Menge der Flußmittel wie die der Thonerde
gleich 1 gesetzt wird, oder die Schmelzbarkeit ist alsdann gleich dem Producte aus
den Sauerstoffmengen der Thonerde und Kieselsäure.
Die chemische AnalyseDer Gang der Analyse war im Allgemeinen der bei meinen Thonanalysen
angegebene (1870 196 438). Die Proben waren vor
der Analyse scharf getrocknet und gaben beim Glühen keinen Gewichtsverlust.
Alle erwiesen sich etwas manganhaltig, namentlich Nr. 1. Magnesia war nur in
geringen Spuren nachzuweisen. Eine Prüfung der Filtrate vom
Kaliumplatinchlorid, spectralanalytisch auf Lithion, gab durchweg ein
negatives Resultat. der oben genannten vier Feldspathe (alphabetisch nach den Fundstätten
geordnet) ergab:
Nr. I
Feldspath,
gleichmäßig reinweißer, aus Böhmen.
„ II
„
sehr gleichmäßig grauer, aus Norwegen.
„ III
„
ziemlich gleichmäßig fleischfarben, aus dem Odenwalds.
„ IV
„
rother, theils gefleckter, aus dem Spessart.
I
II
III
IV
Kieselsäure
65,64
64,44
64,40
64,26
Thonerde
18,04
18,75
18,91
17,79
Eisenoxyd
0,88
0,65
0,67
1,73
Kalk
0,31
0,27
0,24
0,23
Kali
10,65
13,82
13,76
14,44
Natron
4,49
2,40
2,17
1,77
–––––––––––––––––––––––––––
100,01
100,33
100,15
100,22
Berechnet man die chemische Formel wie oben, so erhält man:
Feldspath
I
1 : 2,84 : 11,45
„
II
1 : 2,93 : 11,29
„
III
1 : 3,04 : 11,57
„
IV
1 : 2,96 : 11,52
Die chemische Zusammensetzung für die vier Feldspathe – wie bei den Thonen berechnet – ergibt:
I
II
0,91 (AlO₃ 4,16 SiO₃) + RO
0,90 (AlO₃ 3,93 SiO₃) + RO
III
IV
0,93 (AlO₃ 3,90 SiO₃) + RO
0,80 (AlO₃ 4,13 SiO₃) + RO.
Thonerde wie Flußmittel = 1 gesetzt:
3,79
3,54
3,63
3,30.
Die Schmelzbarkeit verhält sich wie die vorstehenden Zahlen, indem sie mit der
größeren Zahl wächst und mit der kleineren sich vermindert. Aus der Analyse läßt
sich so der Grad der Schmelzbarkeit berechnen und das pyrometrische Resultat
controliren wie umgekehrt.
Für den neu aufgeschlossenen Feldspath ergibt sich so aus der Formel 0,95 (AlO₃ 4,11 SiO₃) + RO die Zahl
0,95 × 4,11 = 3,90
also die größte, d.h. der in Rede stehende ist der
leichtflüssigste unter sämmtlichen 5 betrachteten Feldspathen, was denn auch mit den
pyrometrischen Resultaten völlig zutrifft.
Zusammenfassung.
Das vorstehende, etwas eisenschüssige und ein wenig quarz- und glimmerhaltige
Mineral mit theils perlmutterartigem Glanze gehört zu den Natronfeldspathen, bei
denen ein Theil des Natrons durch Kalk ersetzt ist. Derselbe zeichnet sich aus durch
eine verhältnißmäßig entschieden größere Leichtflüssigkeit unter mehreren der grade
technisch bekanntesten Feldspathe, welches Resultat nicht blos die wiederholten und
mehrfach abgeänderten pyrometrischen Versuche ergeben, sondern auch die aus der
chemischen Zusammensetzung berechenbare Zahl, welche mit der relativ größeren
Kieselsäuremenge wächst.
Technisch ist eine solche größere Schmelzbarkeit für den Fabrikanten, welcher den
Feldspath als Fluß- oder Verkittungsmittel benützt, nicht bedeutungslos, da
eine geringere Schmelzhitze nothwendig einen entsprechend geringeren Aufwand von
Brennmaterial in sich schließt.
Wiesbaden, im Juni 1875.