Titel: | Ein vereinfachtes Verfahren die Härte von Stahlsorten auf elektromagnetischem Wege zu vergleichen; von Dr. A. von Waltenhofen, Professor an der technischen Hochschule zu Prag. |
Autor: | Adalbert Waltenhofen [GND] |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 357 |
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Ein vereinfachtes Verfahren die Härte von
Stahlsorten auf elektromagnetischem Wege zu vergleichen; von Dr. A. von Waltenhofen, Professor an der technischen
Hochschule zu Prag.
Mit einer Abbildung.
Waltenhofen's Verfahren die Härte von Stahlsorten auf
elektromagnetischem Wege zu vergleichen.
Wenn man einen gehärteten Stahlstab durch eine Magnetisirungsspirale hindurch zieht,
bemerkt man in der Regel, daß die eine Hälfte des Stabes stärker von der Spirale
angezogen wird als die andere. Die Ursache dieser Erscheinung ist eine
Ungleichförmigkeit in der Härte des Stahlstabes. Der Versuch zeigt zugleich –
selbst in dieser primitiven Ausführung –, daß sich Unterschiede im Härtegrade
auf elektromagnetischem Wege erkennen lassen.
In der That gibt die vervollkommnete Anwendung dieses Principes, wie ich durch
eingehende UntersuchungenSitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. 48 und 62; Poggendorff's Annalen,
B. 121 und 141. (1863 170 201) dargethan habe, ein höchst
empfindliches Prüfungsmittel für die Härtegrade des Stahles an die Hand.
Die Beachtung, welche meinen diesbezüglichen Publicationen zwar nicht bei uns, wohl
aber in Amerika zu Theil geworden ist, von wo mir schon wiederholte Aufforderungen
zugegangen sind, mein Verfahren für praktische Zwecke entsprechend zu vereinfachen,
veranlaßt mich zu den nachstehenden Mittheilungen.
Textabbildung Bd. 217, S. 358
Um die Methode in einfachster Weise auszuführen, kann man folgendermaßen verfahren.
Die Stahlsorten, deren Härtegrade verglichen werden sollen, müssen in cylindrischen
Stäbchen s von genau gleicher Länge und gleichem
Gewichte (z.B. 10cm lang und 20g schwer) zur Verfügung stehen. Das zu
untersuchende Stäbchen wird mittels eines dünnen Kupferdrahtes oder einer mit einem
Drahtbügel versehenen Korkhülse k unterhalb der zur
rechten Hand befindlichen, kürzer gehängten Waageschale b einer hydrostatischen Waage AB vertical
aufgehängt und durch entsprechendes Tariren ins Gleichgewicht gesetzt. An die Stelle
des bei specifischen Gewichtsbestimmungen in Anwendung kommenden Wassergefäßes, wird
nun eine ungefähr 10cm hohe und 2cm weite Magnetisirungsspirale S gleichfalls vertical und zwar in der Weise
aufgestellt, daß das aufgehängte Stäbchen s zur Hälfte
in die Höhlung der Magnetisirungsspirale hineinreicht. Würde man nun ohne weitere
Vorkehrung einen elektrischen Strom durch die Magnetisirungsspirale gehen lassen, so
würde sofort das Eisenstäbchen plötzlich in die Magnetisirungsspirale ganz
hineingezogen werden und gleichzeitig eine mehr oder weniger heftige Erschütterung
des Waagebalkens stattfinden. Um dem vorzubeugen, hält man, bevor man die mit der
Magnetisirungsspirale verbundene Kette K schließt, mit zwei
Fingern der einen Hand das äquilibrirte Stäbchen in der Mitte fest, schließt sodann
erst mit der anderen Hand die Kette und legt hierauf Gegengewichte g in die linke Waageschale a, bis man wahrnimmt, daß dieselben der Kraft, mit welcher die Spirale das
Stäbchen in ihre Höhlung hineinzuziehen sucht, ungefähr das Gleichgewicht halten.
Nun läßt man das Stäbchen frei und setzt es möglichst genau ins Gleichgewicht, so
daß ein kleines Zulagegewicht hinreicht, das von der Spirale angezogene und zur
Hälfte in dieselbe hineinreichende Stäbchen ganz aus derselben herauszuziehen. Bei
diesem Ausgleichen der Spiralanziehung durch Gegengewicht muß man fortwährend darauf
sehen, daß die früher beschriebene Einstellung beibehalten wird, diejenige nämlich,
bei welcher der Waagebalken horizontal steht und die untere Hälfte des Stäbchens
innerhalb, die obere außerhalb der Spirale sich befindet.
Man wird es bei diesem Versuche nie dahin bringen, daß das von der Spirale angezogene
und durch Gegengewichte äquilibrirte Stäbchen frei in der Mitte der Spirale hängt;
es wird sich vielmehr immer an die innere Wand der Spirale anlegen, sobald ein Strom
durch die Spirale geht. Damit dadurch nicht eine zu starke Reibung verursacht wird,
welche das Verfahren unempfindlich und ungenau machen würde, muß in die Spirale ein
gläsernes oder inwendig glattes messingenes Rohr h von
gleicher Länge eingeschoben sein.
Als Kette dient zweckmäßig ein Bunsen'sches Element. Außerdem muß noch ein
Widerstandsapparat R als Stromregulator (Rheostat) und
eine der Stromstärke angemessen gewählte Bussole M (z.B.
eine Tangentenbussole oder ein in einfachster Form aus einem dicken Kupferdrahtbügel
und einer Magnetnadel hergestellter Stromprüfer) eingeschaltet werden, damit man den
Strom bei der ganzen Versuchsreihe constant erhalten und dies beobachten kann. Es
ist zweckmäßig, den Schließungskreis der Kette, wenn man vom Strome eben nicht
Gebrauch macht, zu unterbrechen, damit die Kette länger constant bleibt.
Bei meinen Versuchen bediente ich mich in der Regel einer Spirale von 144 Windungen
eines 3mm dicken (mit Wolle doppelt
übersponnenen) Kupferdrahtes. Die Spirale hat 6 Drahtlagen von je 24 Windungen und
ist 91mm hoch und 3cm weit.
Bei Anwendung eines Eisenstäbchens, welches nahezu die oben angegebenen Dimensionen
hatte, waren 87g nöthig, um die Anziehung
der Spirale zu überwinden; dagegen genügten bei Anwendung eines ebensolchen
gehärteten Stahlstäbchens 52g. Für nicht
gehärteten oder weniger harten Stahl ergeben sich Zahlen, welche zwischen den obigen
liegen.
Es ist zweckmäßig, jede Versuchsreihe mit der Untersuchung eines Normalstäbchens von
weichem Eisen zu beginnen und mit der dabei erhaltenen Zahl die Zahlen zu
vergleichen, welche sich für die gleichlangen und gleichschweren Probestäbchen aus
den zu prüfenden Stahlsorten ergeben.
Man erhält natürlich andere Zahlen bei einer anderen Stromstärke oder bei Anwendung
anderer Dimensionen der Spirale oder der Stäbchen; doch wird in jeder unter gleichen
Umständen durchgeführten Versuchsreihe dem härteren Stahle die geringere
Spiralanziehung entsprechen.
Ein bereits gebrauchtes und daher auch schon magnetisches Stahlstäbchen kann zu
anderen Vergleichungen nicht mehr verwendet werden, wenn man genaue Resultate
erhalten will; dagegen kann man ein eisernes Normalstäbchen immer wieder benützen,
wenn das Eisen sehr weich und daher der magnetische Rückstand verschwindend klein
ist.
Prag, im Juli 1875.