Titel: | Reversirsteuerung für kleine Dampfmaschinen; von Ingenieur Théodore in Marseille. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 360 |
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Reversirsteuerung für kleine Dampfmaschinen; von Ingenieur Théodore in
Marseille.
Mit Abbildungen auf Taf.
VII [b/4].
Théodore's Reversirsteuerung.
Die Nachtheile, welche die gewöhnlich zu Umsteuerungen verwendeten
Coulissensteuerungen mit der schwierig herzustellenden Coulisse, den zahlreichen
Abnützungs- und Schmierflächen für kleine Dampfmaschinen praktisch
unanwendbar machen, sind so allgemein bekannt, daß eine nähere Erörterung hier nicht
am Platze erscheint. Daher verdient eine Umsteuerungsvorrichtung, welche die Vorzüge
der Coulissensteuerung gewährt, ohne deren complicirte Einrichtung zu besitzen,
gewiß alle Beachtung. Die hier vorliegende Construction von Théodore, Ingenieur der Fabrik Fraissinet in Marseille, bewirkt die Veränderung der Füllung, sowie
Umkehrung des Drehungssinnes der Maschine durch Verschiebung eines Excenters auf dem
quadratischen Theile der Maschinenwelle, so daß für die kleineren Füllungsgrade die
Excentricität vermindert und der Voreilungswinkel vergrößert wird – in
ähnlicher Weise, wie dies bei allen Coulissensteuerungen stattfindet. Aus den Figuren 1 bis
3 geht die
äußere Anordnung des Mechanismus klar hervor und bedarf nur weniger Worte zur
Erläuterung.
Das Excenter E umfaßt mit zwei Seiten genau den
quadratisch zugerichteten Theil der Maschinenwelle, kann jedoch nach der anderen
Richtung durch eine Schraube B, welche in ein
Muttergewinde in der Verlängerung A der Excenterscheibe
eingreift, verschoben werden. Diese Spindel B ist in der
aus Fig. 1 und
3
ersichtlichen Weise auf der Welle drehbar befestigt und trägt an ihrem unteren Ende
ein Kegelrad c, welches in ein conisches Rad C von größerem Durchmesser auf der Scheibe D eingreift. Letztere sitzt lose, durch einen Bundring
gehalten, auf dem cylindrischen Theile der Welle, wird aber für gewöhnlich mit dem
conischen Rade der Spindel B rotiren, als ob sie auf der
Welle befestigt wäre. Sobald jedoch die Scheibe D an der
Drehung verhindert wird, muß sich unter dem Einflusse der weiter rotirenden
Maschinenwelle die Spindel B drehen und verschiebt damit
die Excenterscheibe E. Auf diese Weise kann der
Maschinist, indem er den an der Scheibe D angedrehten
Ring mit der Hand erfaßt, den Füllungsgrad der Maschine verringern oder dieselbe
auch reversiren. Nur eine Erhöhung des Füllungsgrades, welche eine Beschleunigung
der Scheibe vor der Maschinenwelle erfordern würde, läßt sich nicht wohl während des
Ganges bewirken, und bedingt somit ein Anhalten der Maschine.
Im Uebrigen ist aber die hier beschriebene Einrichtung außerordentlich einfach und
sinnreich und bei kleineren Maschinen sehr wohl am Platze. Bei der vorliegenden
Construction ist die Schraube B doppelgängig mit 6mm Ganghöhe und genügt 1 1/4 Umdrehung der
Maschinenwelle zur vollkommenen Reversirung.
Unsere Quelle (Revue industrielle, Juni 1875 S. 220)
führt noch eine weitere Anwendung desselben Systems bei Anbringung der Steuerung
außerhalb des Lagers vor, welche sich noch einfacher gestaltet. Dieselbe ist in Fig. 4 bis 6 in drei
Ansichten dargestellt; der Excenterzapfen ist hier an einem Gleitstück H angebracht, das in einer schwalbenschwanzförmigen Nuth
am Ende der Welle auf und ab gleitet. Die übrige Anordnung ist gleich der oben
beschriebenen. Bei zweicylindrigen Maschinen genügt gleichfalls eine Scheibe zur
Reversirung, indem dieselbe dann auf beiden Seiten mit Zähnen versehen ist, während
jedes der beiden Excenter eine Schraube hat, von denen die eine rechts-, die
andere linksgängig geschnitten ist.
M-M.