Titel: | Ueber die Festigkeit der Phosphorbronze und über deren Anwendungen in der Industrie; von Ingenieur Alphons Polain. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 482 |
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Ueber die Festigkeit der Phosphorbronze und über
deren Anwendungen in der Industrie; von Ingenieur Alphons Polain.
Auszugsweise aus der Revue universelle, 1874 t. XXXV p.
595.
Polain, über die Festigkeit der Phosphorbronze und über deren
Anwendungen in der Industrie.
Am Schlusse einer früheren Abhandlung über die PhosphorbronzeIm Annuaire de l'Association des Ingénieurs
sortis de l'École de Liège, 1871 t. XIII p. 21. glaubte Polain die Ansicht aussprechen zu dürfen,
daß die neue Legirung in Folge ihrer merkwürdigen Eigenschaften eine hervorragende
Stellung sowohl in der Geschützgießerei, als auch in anderen Industriezweigen
einzunehmen berufen sei.
Die in Deutschland, namentlich in Preußen, sowie in Frankreich und Belgien von den
betreffenden Artilleriedirectionen ausgeführten Schießversuche, sowie die in
England, Italien und Oesterreich angestellten Prüfungen der Phosphorbronze auf ihre
Festigkeit liefern den Beweis, daß diese Legirung den von ihr gehegten Erwartungen
vollständig entsprochen hat. Der Verfasser unterwirft diese verschiedenen Proben und
Versuche einer eingehenden Besprechung, deren auszugsweise Mittheilung in diesem
Journal eine Stelle finden mag.
Schießversuche. Bei der im J. 1870 unter dem Commando der
belgischen Artillerie mit einem vierpfündigen, aus Phosphorbronze gegossenen und
einem aus gewöhnlicher Kanonenbronze bestehenden Geschütze von demselben Kaliber
ausgeführten ersten Versuchsreihe mußte das Schießen mit dem letztgedachten
Geschütze nach dem 49. Schusse, bei einer Ladung von 1k Pulver und einer Kugel, eingestellt
werden, da das Rohr vollständig dienstuntauglich geworden war. – Das
Phosphorbronzegeschütz zeigte nach derselben Anzahl von Schüssen keine merkliche
Fehler; nachdem das Rohr zum Kaliber eines Sechspfünders ausgebohrt war, hielt es
noch eine Reihe mit 5 Schüssen, mit der Ladung von 1k Pulver und zwei Kugeln, aus und zersprang
erst, als es mit 1k,5 Pulver und drei
Kugeln geladen worden war.
Die Art und Weise des Verhaltens dieser beiden Geschütze gab zu nachstehenden
Beobachtungen Anlaß. Zunächst zeigte sich, daß ihre Form für eine Schießprobe mit
Ueberladung eine sehr ungünstige war, daß die Rohrwandungen zu schwach waren, daß
der Boden der Seele mit einer nur schwach gekrümmten Fläche endete, anstatt
Halbkugelform zu haben, und daß das aus einer beträchtlichen Metallmasse bestehende
Bodenstück nothwendiger Weise Schwingungen hervorrufen und das Zerspringen
veranlassen mußte. Das Gesammtgewicht eines jeden dieser Geschütze war etwa 530k, das Bodenstück wog 165k und die Hinterwichtigkeit betrug 118k, während dieses Hintergewicht bei einem
mit seinem Verschlusse versehenen Gußstahlsechspfünder gewöhnlich nur 44k beträgt.
Was die unmittelbaren Ursachen der Explosion anlangt, so erklärte Oberst Maxwell, Director der Geschützgießerei zu Cossipore,
dieselben durch das Vorhandensein zweier tiefer Eindrücke an der Ansatzstelle der
Schildzapfen; dieser Umstand veranlaßte ihn zu der Annahme, daß das erste Geschoß
zersprang, und daß die zweite Kugel sich auf die Bruchstücke der ersten festkeilte,
dadurch aber das Zerspringen des Rohres verursachte. Auch ist zu bemerken, daß zu
den erwähnten Schießproben ein sehr brisantes (zertrümmernd wirkendes) Pulver
verwendet worden war.
Aus dem Ganzen dieser Schießproben ergibt sich, daß das aus Phosphorbronze bestehende
Geschützrohr ein längeres und kräftigeres Schießen aushielt, als das aus
reglementmäßiger Bronze gegossene, obgleich die zu dem ersteren verwendete Legirung
zu hart, somit zu spröde gewesen war.
Da die Elemente zur Vergleichung nicht mehr vorhanden waren, so gab man diese
Versuchsreihe auf. Erst am 8. März 1871 wurden die Proben im Beisein mehrerer
Stabsofficiere und der HH. Montefiore-Levy und Dr. Künzel wieder
aufgenommen. Es waren zu denselben zwei Geschütze bestimmt. Das eine war aus
reglementmäßiger Bronze in der königlichen Geschützgießerei zu Lüttich in einer
Lehmform, das andere aus Phosphorbronze in der Hütte zu Val-Benoit in
eiserner Schale gegossen; das Metall des letzteren war weniger hart, als das zu dem
früher probirten Geschütze verwendete. Beide Rohre wurden voll gegossen; als Metall
war alte Geschützbronze genommen worden, welche zum Gusse des zweiten Stückes mit
einer hinlänglichen Menge der Phosphorlegirung versetzt wurde. Beide Rohre
erhielten, nachdem sie zum Kaliber eines Sechspfünders (9cm,55) ausgebohrt waren, Zündkerne von
Kupfer.
Nachdem mit jedem Geschütze bei einer Ladung von 0k,750 Pulver, einer 2k,900
schweren Kugel und einem Vorschlage 100 Schüsse abgegeben worden waren, wurden bei
beiden Rohren Fehler bemerkt; da dieselben aber nicht deutlich genug hervortraten,
so wurde, um rascher und mit geringeren Kosten zu einem Ergebnisse zu gelangen, die
Pulverladung für den noch auszuführenden Theil der Probe auf 1k herabgesetzt. Die Untersuchungen der
Rohre wurden nach 50, 100, 125 und 150 Schüssen wiederholt.
Die über dieselben geführten Tabellen geben in Bezug auf das Phosphorbronzegeschütz,
von 10 bis zu 150cm von der Mündungsfläche
ab, fast ausschließlich nur Nullen, und bis zu 165cm findet man, von 10cm von der Mündung an gerechnet, nur ein
einziges Anzeichen eines mehr als 0mm,1
betragenden Fehlers, wohingegen aus der auf das aus vorschriftsmäßiger Bronze
bestehende Geschütz bezüglichen Tabelle hervorgeht, daß die Rohrseele von Riefen
oder Schrammen durchzogen war, die bis zu 0mm,3 Tiefe erreichten. Ferner kommen in dieser Tabelle, von 10 bis zu
165cm von der Mündungsfläche ab, fast
gar keine Nullen vor, dagegen sehr zahlreiche Fehler von 0,2 und 0mm,3, siebzehn von 0mm,4 und zwei von 0mm,5 Tiefe. Nehmen wir das Mittel aus den
bei jeder Untersuchung gemachten Beobachtungen, von der Mündung ab bis zu 160cm Entfernung von derselben (die
Erweiterung nach hinten ist nämlich nicht Folge des Kugelstoßes, hat sonach mit der
Härte des Metalles nichts zu thun), d.h. addiren wir sämmtliche Ziffern der bei
jeder Untersuchung in horizontaler und verticaler Lage gefundenen Fehler und
dividiren wir die auf diese Weise erhaltene Summe durch 320, so erhalten wir als
mittlere Erweiterung in Hunderttausendsteln des Millimeter ausgedrückt:
Phosphor-Bronze
ReglementmäßigeBronze.
Nach 50 Schüssen
bei einer Pulverladung von 0k,750
468
6344
„ 100 „
„
„
„
„ „
1343
13531
„ 125 „
von denen 25 mit 1k
Pulver abgegeben wurden
2780
17375
„ 150 „
von denen 50 mit 1k
Pulver abgegeben wurden
11531
22875
Da diese Proben die größere Härte der Phosphorbronze genügend erwiesen, so schritt
man am 15. März zum Schießen mit Ueberladung.
Nach dem Abgeben von je fünf Schüssen mit den vorgeschriebenen Ladungen wurde eine
partielle Untersuchung des Kugellagers (vor, an und hinter demselben) vorgenommen;
diese Untersuchungen fielen zum Vortheile der Phosphorbronze aus. Bei der Ladung mit
1k,250 Pulver und zwei Kugeln zeigte sich an
der Außenfläche der Kammer beider Rohre eine wahrnehmbare Auftreibung, welche bei
der vorschriftsmäßigen Bronze etwas stärker hervortrat. Vom ersten mit dieser
letzten Ladung abgegebenen Schusse an zeigte das Bronzerohr eine schwache
Einfurchung des Metalles am oberen Theile hinter der Ladung und eine Ausschwitzung
in der Peripherie des Zündkernes. Nach dem zweiten Schusse traten diese
Erscheinungen stärker hervor, und der Zündkern war um ein Geringes hervorgetreten.
Beim dritten Schusse zersprang dieses Geschütz mit Explosion.
Die auf S. 486 befindliche Tabelle gibt die beobachteten Erweiterungen in den Kammern
der beiden Stücken in Zehntelmillimeter an.
Bei den mit einem Sechspfünder (System Wahrendorf) aus
reglementmäßiger Bronze und einem aus Phosphorbronze gegossenen Geschütze von
demselben Kaliber (am 12. März 1871) ausgeführten Ueberladungsproben wurden
nachstehende Erweiterungen in der Kammer, in Zehntelmillimeter angegeben,
beobachtet. Ursprünglicher Durchmesser der Seele: 95mm,5, äußerer Durchmesser der Kammer:
217mm,5. Die von den Officieren der
königlichen Geschützgießerei erhobenen Zahlen repräsentiren die Maße der äußeren
Durchmesser des aus reglementmäßiger Bronze bestehenden Geschützrohres.
Entfernungvon derMündungsfläche.
Vorgeschriebene Dimensionen.
Gefundene Dimensionen.
Vertical.
Horizontal(seitlich.)
Vertical.
Horizontal(seitlich)
154cm
217,5
217,5
218,6
218,1
164
„
„
219,2
218,7
168
„
„
219,1
218,7
172
„
„
219,0
218,5
178
„
„
218,4
218,0
Ungeachtet des guten Zustandes, welchen das Phosphorbronzegeschütz zeigte, mußten die
Versuche abgebrochen werden, da jedes Element zur Vergleichung fehlte.
Bei den ersten Versuchen war das Phosphorbronzerohr bei einer Ladung von 1k,5 Pulver und drei Kugeln, welche ein
Einkeilen verursacht hatte, zersprungen; das andere aus reglementmäßiger Bronze
bestehende Geschütz zersprang bei den jetzt in Rede stehenden Schießproben bei der
schwächeren Ladung von 1k,250 Pulver und
einem Cylindergeschosse von drei Kugelschweren, welches bei seiner Gestalt ein
Festkeilen wohl nicht veranlassen konnte. –
Textabbildung Bd. 217, S. 486
Rohr aus reglementmäßiger Bronze;
Rohr aus Phosphorbronze; Entfernung von der Mündungsfläche; Nach 5 Schüssen mit
1k Pulver und zwei Kugeln; Nach 5
Schüssen m. 1k,25 Pulver und zwei
Kugeln; Nach 5 Schüssen m. 1k Pulver
und zwei Kugeln; cm; Vertical; Seitlich.; Bemerkungen; Reglementmäßige Bronze.
Nach dem ersten Schusse mit der Ladung von 1k,25 Pulver und zwei Kugeln zeigten sich am Laderaume an der
Außenfläche des aus reglementmäßiger Bronze bestehenden Rohres kleine Risse. Der
Zündkern desselben Rohres hatte sich beim ersten Schusse mit der Ladung von 1k,25 Pulver und einem Cylindergeschosse
von drei Kugelschweren etwas bewegt, indem er ungefähr 0mm,5 aus seinem Sitze hervorgetreten
war. Phosphorbronze. Nach drei Schüssen mit der Ladung von 1k,25 Pulver und einem Cylinderprojectil
von drei Kugelschweren machte sich ein Krümmungspfeil v. 2mm,4 bemerklich; Krümmungspfeil am
Aeußeren der Kammer; Aeußerer Durchmesser des Rohres an der Kammer
Verschiedene fremde Regierungen haben ebenfalls vergleichende Schießversuche mit
Geschützen aus gewöhnlicher Bronze und solchen aus Phosphorbronze ausführen lassen,
und überall sind diese Proben zu Gunsten der letzteren ausgefallen.
In Frankreich wurde eine vom Kriegsminister unter dem 27. Juli 1872 ernannte, aus elf
Mitgliedern (Artillerieofficieren) bestehende Commission beauftragt, entsprechend
den Vorschriften eines unter dem 24. Juni desselben Jahres von dem
Artillericomité aufgestellten Programms, vergleichende
Ueberladungsschießproben auszuführen mit einem gezogenen vierpfündigen Feldgeschütz,
aus gewöhnlicher Bronze gegossen, und einem Phosphorbronzegeschütze von demselben
Modelle, zu welchem Montefiore-Levy die
Phosphorlegirung lieferte.
Diese beiden Geschütze wurden am 31. Januar 1872 in der Kanonengießerei zu Bourges
gegossen. Der Guß und die weitere Bearbeitung des gewöhnlichen Bronzegeschützes
erfolgte nach den in der gedachten Anstalt üblichen Verfahrungsweisen; das
Phosphorbronzerohr wurde unter der Leitung von Montefiore-Levy selbst gegossen. Das zu diesem Rohre verwendete
Metall war dasselbe, wie das zum Gusse des reglementmäßigen Geschützes benützte; der
einzige Unterschied bestand in dem Zusatze der Phosphorlegirung.
Vor dem Beginne der Schießproben wurden die Rohre zunächst einer Untersuchung mittels
des Seelenspiegels (étoile mobile) unterworfen.
Aus dem über die Ergebnisse derselben geführten Protokolle ergab sich, daß beide
Rohre trefflich gearbeitet, von vollkommen übereinstimmender Form und durchaus
„ganz“ waren.
Das specielle Ziel, welches Montefiore verfolgte und das
ihn bei der Wahl der Zusammensetzung der zu den Proben zu verwendenden
Phosphorbronze leitete, wird aus folgender Stelle eines an Oberstlieutenant und
Generalstabschef Carré, Vicepräsident der oben
erwähnten Commission, klar. Die Idee, welche bei der Auswahl dieser Legirung
maßgebend war, ist, der zu erzeugenden Bronze eine beträchtlich höhere Härte als die
der gewöhnlichen Bronze, sowie eine größere Festigkeit zu geben, doch nur in solchen
Verhältnissen, daß das Metall unter der Wirkung einer beträchtlich stärkeren
Kraftäußerung, als der normalen, aufgetrieben wird und zerreißt; mit einem Worte,
daß die zu erzielende Legirung sich wie Bronze verhält, d.h. daß es vorläufige Anzeichen von Mangel an Festigkeit wahrnehmen läßt,
nicht aber wie Stahl, bei welchem sich die Grenze der Widerstandsfähigkeit nur durch
das Zerspringen zu erkennen gibt.
Aus den ausgeführten Versuchen geht zur Evidenz hervor, daß die Phosphorbronze
bedeutende Vorzüge vor der gewöhnlichen Bronze bewiesen hat. Sie leistete sowohl bei
den Proben auf ihre Härte, als auch bei den Ueberladungsschießproben weit besser
Widerstand als diese, insofern das Phosphorbronzerohr ungeachtet der bei den
ersteren Proben entstandenen Risse bis zum 17. Schusse mit der Ladung von 1k,750 Pulver und einem Geschosse von 20k aushielt, während das gewöhnliche
Bronzerohr beim 12. Schusse mit der weit schwächeren Ladung von 1k,500 Pulver und einem 16k schweren Projectil zersprang.
Zweitens gab sich das Zerspringen des Phosphorbronzerohres in sehr hinreichender
Weise durch die erwähnten Risse im Voraus kund, ein Vorzug, welcher sich bei dem aus
reglementmäßigen Metall gegossenen Geschütze nicht fand; das letztere zersprang
vielmehr zum großen Erstaunen der anwesenden Sachverständigen, ohne Anzeichen eines
bevorstehenden Zerspringens wahrnehmen zu lassen. Auch darf nicht unberücksichtigt
bleiben, daß das Zerspringen des Phosphorbronzegeschützes aller Wahrscheinlichkeit
nach durch ein Festkeilen des Projectils in der Rohrseele verursacht worden war, wie
die Vorsitzenden der Commission bemerkten, übrigens eine Annahme, die im Zerreißen
des Geschosses zu vier Stücken einen Halt findet.
Unter diesen Verhältnissen ist man zu dem Schlusse berechtigt, daß die Phosphorbronze
den vom Erfinder dieser Legirung von vornherein gestellten Bedingungen vollkommen
entsprochen hat, indem dies Metall eine beträchtlich größere Härte als die
gewöhnliche Geschützbronze gezeigt hat, und die Austreibung und Zerreißung des
Metalles erst nach deutlich wahrnehmbaren Anzeichen davon und in Folge einer die
normale bedeutend übersteigenden Kraftäußerung erfolgte. –
Die in Preußen ausgeführten Versuche sind von noch überzeugenderer Art, wie die
nachstehenden Auszüge aus einem von den Directoren der Geschützgießerei zu Spandau
erstatteten Berichte darlegen werden.
Nachdem zahlreiche, in der gedachten Anstalt ausgeführte Versuche den Beweis
geliefert hatten, daß man durch Zusatz von Phosphor die Härte der Bronze vermehren
könne, ohne der Zähigkeit derselben Abbruch zu thun, wurde beschlossen, die
Phosphorbronze zum Geschützgusse zu verwenden, um die dem Kanonenmetalle anhaftenden
Fehler – nämlich ein starkes Verbleien der Züge, die Vergrößerung des inneren
Kammerdurchmessers, die Deformation des Bodens der Züge, die Einwirkung durch die
Löthrohrflamme etc. etc. – möglichst zu vermindern oder aufzuheben.
Als wesentlichste Resultate der Schießproben ergab sich, daß das erste Geschütz die
ersten 49 Schüsse ohne sichtbare oder meßbare Veränderungen aushielt; nur war der
Boden der sechs oberen Züge um fast 0,01 Zoll abgeplattet; es muß aber bemerkt
werden, daß mit der Kammerlehre keine Verlängerung der Kammer ebensowenig
nachgewiesen werden
konnte, wie eine Ausweitung der Kammer oder eine Vergrößerung des äußeren
Kammerdurchmessers oder irgend eine Veränderung des cylindrischen und des conischen
Theiles. Der Verschluß und die hintere Fläche des Keilloches zeigten nicht die
geringste Deformation. Sämmtliche mit der Flamme und den Rückständen von der
Verbrennung des Pulvers in Berührung gewesenen Theile waren vollkommen glatt und
intact geblieben und hatten ihre Politur behalten; der Boden der Züge war vollkommen
scharfkantig; die Rohre waren ferner weit weniger verschleimt und verbleiet, wie
dies bei gewöhnlichen Bronzerohren der Fall zu sein pflegt, obschon zum Auswischen
nur Glycerin verwendet worden war. Durch Waschen mit Wasser ließ sich das Rohr bis
auf einen ganz geringen Rest von Blei sehr gut reinigen.
Selbst nach 134 Schüssen, von denen die letzten 10 im Verlaufe von vierzehn Minuten
abgegeben wurden, wodurch das Rohr sehr stark erhitzt ward, ließ sich nach dem
Erkalten und Reinigen des letzteren keine andere Veränderung nachweisen, als daß die
Kammerlehre um 0,25 Zoll tiefer in die Kammer eingeführt werden konnte als im
Anfange des Schießens, und daß der mittlere Theil der hinteren Fläche des Keilloches
um 0,01 Zoll aufgetrieben war.
Bei diesen Schießproben wurden ausschließlich Vollgeschosse von 16,7 Pfund
angewendet, während das Hohlgeschoß für die Geschütze von 9cm nur 13,77 Pfd. und der entsprechende Shrapnel 13,80 Pfd. wiegt.
Die Haltbarkeit des Metalles würde sich durch Abänderungen seiner Zusammensetzung und
des Verfahrens beim Gießen noch erhöhen lassen, und wir glauben uns daher zu der
Behauptung berechtigt, daß sich aus Phosphorbronze ohne jede Schwierigkeit Geschütze
von 9cm herstellen lassen, welche unter den
reglementmäßigen Verhältnissen des Dienstes keine Veränderungen der Dimensionen
unterworfen sind.
Schlußfolgerungen. – „1. Phosphorbronze
von der Zusammensetzung der zum Gießen der Probegeschütze verwendeten Legirung
ist ein Metall, welches die größte Beachtung
verdient.“
2. „Geringeres Verbleien, größere Härte und Elasticität;
Beständigkeit aller Maße bei gewöhnlichen Dimensionen und Ladungen; größere
Widerstandsfähigkeit gegen die nachtheiligen Wirkungen der Verbrennungsproducte
des Pulvers: dies sind unbestreitbar bedeutende Vorzüge der Phosphorbronze von
der bis jetzt zum Geschützgusse verwendeten gewöhnlichen Bronze.“
„3. Die zu den vorstehenden Versuchen benützte Phosphorbronze besitzt
einen solchen Grad von Zähigkeit, daß selbst beträchtliche Formentstellungen
entstehen können, ohne daß ein plötzliches Zerspringen des Geschützes zu
befürchten wäre.“
In Folge dieser Ergebnisse erhielt die königl.
Artillerie-Prüfungs-Commission vom Kriegsministerium den Befehl, die
Versuche mit den Phosphorbronzegeschützen weiter fortzuführen.
Festigkeitsproben. Die Ergebnisse der Untersuchungen,
welche an verschiedenen Orten, so namentlich von Kirkaldy
in London, von Uchatius in Wien und in der
Versuchsstation der königl. Gewerbe-Akademie zu Berlin, über die Festigkeit
der Phosphorbronze angestellt worden sind, wurden bereits früher (1873 209 186) mitgetheilt, weshalb wir dieselben hier füglich
übergehen können.
Industrielle Anwendungen der Phosphorbronze. Die
technischen Verwendungen der Phosphorbronze sind sehr zahlreich; der Verfasser führt
nur diejenigen an, welche das meiste Interesse darbieten.
Metallpatronen für Kriegswaffen. Eine Verwendung der
Phosphorbronze, welche sicherlich eine sehr bedeutende Entwickelung gewinnen wird,
ist die zur Anfertigung von Patronenhülsen. Zahlreiche Versuche sind ausgeführt
worden und haben die günstigsten Ergebnisse geliefert; deshalb wird dieser Frage von
Seiten mehrerer Artilleriecomités ununterbrochen Aufmerksamkeit
zugewendet.
Bereits im Jahre 1871 wurden in der Probiranstalt für Feuergewehre (Banc d'épreuves des armes à feu) in
Lüttich Versuche mit Hülsen aus Phosphorbronze unter der Aufsicht eines von der
Regierung abgeordneten Ingenieurs ausgeführt. Diese aus Phosphorbronze von
verschiedener, durch die Nummern 1, 1F, 2, 2F und 3 bezeichneter Zusammensetzung angefertigten
Hülsen zeigten eine bedeutende Haltbarkeit. Die größte Anzahl derselben hielt 40 bis
50 Schüsse aus, ohne daß sie merkliche Verschlechterung zeigte. Die Ladung bestand
aus 5g Jagdpulver und einer Paßkugel. Die
Nummern, welche die größte Haltbarkeit zeigten, sind 1F,
2F und 3. Eine kleine Anzahl von den probirten
Hülsen war aufgetrieben, aber keine einzige geplatzt, wie sich aus dem vom Vorstande
der gedachten Anstalt über die Versuche geführten Protokolle ergibt.
Abgesehen von der Dauerhaftigkeit sprechen noch andere Gründe für die Verwendung von
Phosphorbronze zur Patronenfabrikation. Kupferpatronen
versagen oft, wenn sie in geladenem Zustande einige Zeit aufbewahrt werden; das
Kupfer reißt und das Knallpräparat verdirbt. Diese Wirkung dürfte der Berührung der
Kohle des Pulvers mit dem Metalle der Hülse zuzuschreiben sein, insofern durch diese
Berührung ein galvanischer Strom erzeugt wird, welcher bei der geringsten
Feuchtigkeit den Salpeter zu Kali und Salpetersäure zersetzt, welche letztere die
Metallhülse angreift. Dasselbe ist mit Messing der Fall;
Kupfer ist noch etwas haltbarer als dieses aber doch weit weniger dauerhaft als Phosphorbronze, welche
nur oberflächlich angegriffen wird. Man kann sich von der Richtigkeit dieser
Behauptung überzeugen, wenn man Blechstreifen von den genannten drei Metallen in
verdünnte Salpetersäure legt. Allerdings wird das Kupfer der Phosphorbronze
angegriffen, ebenso das Zinn; allein dieses letztere wird zu Zinnsäure umgewandelt,
welche in Salpetersäure unlöslich ist und im Inneren der Hülse einen schützenden
Ueberzug bildet. In Belgien ist versuchtverursacht worden, die aus Messing angefertigten Patronenhülsen dadurch haltbarer zu
machen, daß man sie im Inneren mit Papier überzog, indessen ist dies nicht
hinreichend.
In Lüttich hat man auch eine große Anzahl von Revolvern verschiedener Systeme, sowie
Hinterladungsgewehre aus Phosphorbronze angefertigt, unter denen namentlich
Comblain-Karabiner, die bis auf die Schloßfedern und Stangen gänzlich aus
Bronze bestehen, sowie doppelläufige Lefaucheux-Jagdflinten anzuführen sind,
bei welchen nur das Rohr, die Federn und die Schloßstange aus Stahl hergestellt
sind. Die Benützung solcher aus Phosphorbronze angefertigter Waffen empfiehlt sich
besonders für heiße Länder, in denen das Eisen so rasch durch Oxydation zerstört
wird.
Windformen für Hohöfen. Seit 1869 beschäftigt sich
Hüttendirector Büttgenbach auf Neußer Eisenhütte (jetzt
zu Heerdt bei Düsseldorf) mit umfassenden Versuchen über die Verwendung erst von
gewöhnlicher Bronze und später von Phosphorbronze zur Anfertigung von Gebläseformen
für Hohöfen, und zwar in der Absicht, Mittel zur Verhütung der Bildung von
Schlacken-Ansätzen (Nasen) am Formmaule aufzufinden, welche letztere, wenn
die Formen zum Zwecke der Reinigung oder der Auswechselung herausgenommen werden
sollen, die Zerstörung eines Theils vom Gemäuer nöthig machen. Formen aus
gewöhnlicher Bronze brauchte er zur Reinigung nur alle sechs Monate herausnehmen zu
lassen. Da Phosphorbronze einen bedeutenden Grad von Dichtigkeit und Zähigkeit
besitzt, folglich den Temperaturveränderungen, sowie der Einwirkung der
Schmelzmassen kräftig widersteht, so haften die durch das Wasser gebildeten
Incrustationen an diesem Metalle nicht so fest wie an gewöhnlicher Bronze; überdies
– was noch wichtiger ist – oxydirt sich die erstere Legirung weit
langsamer als die letztere. Nach einjährigem Dienste wird eine solche aus
Phosphorbronze bestehende Wasserform durch Abreiben mit einem Lappen wieder ebenso
glänzend, als sie im Anfange war, und zeigt keine Spur von Incrustation.
Getriebe und Lager für Walzwerke; Zahnräder; Transmissionswellen u.s.w. Unter den
Technikern, welche die Vortheile, die sich aus der Verwendung der Phosphorbronze bei der Construction von
Walzwerken, von heftigen und plötzlichen Erschütterungen ausgesetzten Stücken
überhaupt ziehen lassen, von vornherein richtig aufgefaßt haben, nennen wir V. Gillieaux, Hütteningenieur zu Charleroi, Blondiaux, Gerant der Hüttengesellschaft von
Thy-le-Châteaux, de Wendel,
Thorneycroft zu Wolverhampton, die Gesellschaft von Mariemont u.s.w. Die
von Gillieaux bei dreijähriger praktischer Erfahrung
gesammelten Beobachtungen sind im Lütticher „Bulletin du Musée de l'Industrie“ zusammengestellt.
(Vergl. 1874 211 322.)
Die bei Blech- und Universalwalzwerken in Form von großen Lagern und von
conischen und Stirn-Rädern verwendete Phosphorbronze hat sehr bedeutende
Vorzüge vor dem Gußeisen und der gewöhnlichen Bronze gezeigt. Die aus der letzteren
gegossenen Zahnräder hielten nur fünf Monate; die Haltbarkeit der aus Phosphorbronze
bestehenden dadagegen läßt sich auf neun Monate feststellen. Ganz vor Kurzem sind im
Val-Benoît zwei Getriebe aus Phosphorbronze von 1000k Schwere gegossen worden, die dazu
bestimmt sind, die im März 1873 an Gillieaux gelieferten
Räder zu ersetzen.
Blondiaux dehnte die Verwendung der Phosphorbronze noch
weiter aus und benützte sie mit Vortheil zur Construction der Wellen, welche die
Bewegung des Motors auf die Walzenstraße übertragen.
Achslager für Eisenbahnmateriale. Auf der
Grand-Central-Eisenbahn ausgeführte, von Urban geleitete Versuche haben den Beweis geliefert, daß die aus einer
unter dem Namen „Montefiore-Metall“ hergestellten
besonderen Art von Phosphorbronze gegossenen Büchsen der Abnützung einen fünfmal
größeren Widerstand leisten, als die aus gewöhnlicher Bronze mit 16 bis 18 Proc.
Zinngehalt angefertigten, ohne die Achse irgendwie anzugreifen. Mehrere bedeutende
belgische Industrielle und Eisenbahngesellschaften haben daher diese Legirung
eingeführt. Auch in Deutschland wird sie von zahlreichen Eisenbahnen benützt, u.a.
von der Direction der vom preußischen Staate betriebenen Bergisch-Märkischen
Bahn, auf welcher die Benützung der Phosphorbronze zu dem gedachten Zwecke
vorgeschrieben ist.
Hydraulische Pressen; Schiffsschrauben; Schiffsbeschläge u.s.w. Auch
zu allen Arten von Pumpen, besonders zur Construction von hydraulischen Pressen ist
die Phosphorbronze verwendbar. Merryweather in London hat
sie mit Vortheil zu zahlreichen Dampfmaschinen benützt; eine gleiche Benützung fand
sie von Seiten der Firma McKean und Comp. bei den von derselben gelieferten Maschinen zur Durchbohrung des St.
Gotthardt-Tunnels.
Zur Liderung von Dampfkolben ist diese Legirung in Folge ihrer Elasticität und der
sehr geringen Reibung, welche sie gegen Gußeisen ausübt, sehr gut geeignet. In
Vieille-Montagne wird sie zu diesem Zwecke schon seit lange verwendet. Aus
Phosphorbronze fabricirte Nägel und Bleche zum Schiffsbeschlag haben sehr gute
Ergebnisse geliefert, da das Metall den Angriffen des Seewassers weit besser
widersteht als das Kupfer. Eine in Blankenberghe ausgeführte Reihe von
vergleichenden Versuchen mit bestem englischen Kupfer und Phosphorbronze ergab für
das erstere einen durchschnittlichen Gewichtsverlust von 3,058, für letztere von
1,150 Proc.
Lüttich hat für Deutschland auch Propellerschrauben für Dampfschiffe, sowie
verschiedene Werkzeuge für englische Pulvermühlen geliefert, zu deren Anfertigung
Phosphorbronze benützt worden war.
Förderseile für Bergwerke und Telegraphendrähte. In der
Siemens'schen Kabelfabrik sind aus Phosphorbronze mehrere Grubenseile angefertigt
worden; drei derselben waren für England, eins war für das Haus Haniel und Huyssen in Ruhrort
bestimmt. Von den Gründen, welche diese Industriellen zur Benützung von
Phosphorbronze zur Anfertigung von Grubenseilen bestimmt, führen wir unter anderen
den außerordentlich hohen Grad von Zugfestigkeit an, welcher dieser Legirung eigen
ist und die Zugfestigkeit des Stahldrahtes weit übertrifft. Ferner ist zu beachten,
daß die Phosphorbronze gleich allen übrigen Kupferlegirungen in Folge wiederholter
Erschütterungen (Schwingungen) eine krystallinische Textur nicht annimmt, und daß
sie der auflösenden und ätzenden Einwirkung der Grubenwässer sehr gut widersteht.
Wenn nun auch die Anschaffungskosten derartiger Grubenseile für den ersten
Augenblick weit bedeutender sind, als die der gewöhnlichen Förderseile, so darf man
doch den Umstand nicht außer Augen lassen, daß ein Phosphorbronzeseil auch nach
längerer Benützung und Abnützung immer noch einen Metallwerth von mindestens zwei
Dritteln des ursprünglichen Werthes vom Rohmetalle behält.
In Amerika wird die Phosphorbronze auch zu Telegraphendrähten benützt. In Folge der
bedeutenden Zugfestigkeit des Metalles können die Telegraphenstangen in größerer
Entfernung von einander gesetzt werden, was für ausgedehnte Linien von Bedeutung
ist.
Schnallen für Pferdegeschirr. Durch Erlaß vom 30. Dec.
1872 haben die Mitglieder der belgischen Ausrüstungscommission für Bespannung etc.
die Erklärung abgegeben, daß in Folge der mit Phosphorbronze ausgeführten Versuche
für sämmtliches Schnallenwerk des ganzen Riemenzeuges und Geschirrs der belgischen
Cavallerie dieses Metall verwendet werden soll.
Platiniren der Phosphorbronze. Zunächst möge die
Bemerkung Platz finden, daß sich Phosphorbronze weit besser platiniren läßt, als
jedes andere Metall. Dieser für die in Rede stehenden Legirung günstige Umstand läßt
sich der Gegenwart des Phosphors zuschreiben, eines Körpers, der in seiner
Eigenschaft als Reductionsmittel den galvanischen Vorgang befördern würde.
Gleichviel, wie sich dies verhält, die verplatinirten Gegenstände sind sehr schön
und der Platinüberzug zeigt sich als sehr gleichmäßig.
Um Eisen zu platiniren, muß man dasselbe zunächst verkupfern, und doch läßt der
Platinüberzug in Hinsicht auf Haltbarkeit noch viel zu wünschen übrig. Platinirte
Phosphorbronze hat bereits zu verschiedenen Gegenständen Verwendung gefunden, z.B.
zu Revolvern, Scheren, Pincetten etc. für Laboratorien, zu Kunstobjecten u.s.w.
Wir geben nachstehend zwei Vorschriften zum Platiniren von Phosphorbronze. Nach der
ersten Methode erhält man zwar einen starken Platinniederschlag, allein die zu dem
Verfahren erforderliche Lösung verdirbt die Politur des zu platinirenden
Gegenstandes und macht ihn matt. Die zweite Methode rührt von dem früheren Director
des Hüttenwerkes Val-Benoît in Lüttich her und hat den großen Vorzug,
die Politur des Stückes nicht anzugreifen. Die einzige Vorsicht, welche man beim
Verplatiniren zu beobachten hat, besteht darin, die Oberfläche der Gegenstände von
jeder Spur von Fett auf das Sorgfältigste zu reinigen. Bei beiden Verfahren genügt
eine Batterie von zwei Bunsen'schen Elementen.
Erste Methode. – Man löst 10g Platin in Königswasser (aus 2 Th.
Chlorwasserstoffsäure und 1 Th. Salpetersäure bereitet), auf, dampft die Lösung bis
zur Syrupconsistenz ein, löst den Rückstand in 2l Wasser, fügt 150g
phosphorsaures Ammoniak hinzu, worauf ein gelber Niederschlag (von
Ammonium-Platin-Phosphat) entsteht und versetzt dann das Bad mit
500g phosphorsaurem Natrium, worauf es
alkalische Reaction zeigt. Man erhitzt die Flüssigkeit vorsichtig, ohne sie ins
Kochen kommen zu lassen (um die Ausfällung des Platins zu verhüten), bis sie sauer
reagirt und der entstandene Niederschlag sich wieder vollständig gelöst hat.
Zweite Methode. – Man löst 10g Platin in Königswasser, verdampft zur
Syrupconsistenz, löst in 2 bis 3l Wasser,
fügt 20g Aetzkali und 40g Oxalsäure hinzu und erhitzt die
Flüssigkeit 5 bis 6 Stunden lang auf 60° bis 80°. Die Lösung entfärbt
sich und wird unter Gasentwickelung hellgelb, indem das ausgeschiedene Platin und
Chlorkalium fast vollständig wieder in Lösung geht. Hierauf fügt man noch 70 bis
80g Kali oder so viel von diesem Oxyde
zu, daß die Flüssigkeit eine deutlich alkalische Reaction annimmt, worauf man sie
filtrirt und im kalten Zustande anwendet.
H. H.