Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, Nr. , S. 77 |
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Miscellen.
Miscellen.
Stevens-Schiene; von Ernest
Pontzen.
Die breitbasigen Eisenbahnschienen, welche nun am ganzen europäischen Continente die
Stuhlschienen nahezu verdrängt haben, werden bald
„amerikanische“, bald
„Vignoles-Schienen“ genannt. Während somit durch
letztere Bezeichnung der hervorragende englische Ingenieur Charles Vignoles, welchem das Verdienst gebührt, die Vorzüge der
breitbasigen Schiene erkannt und die Verwendung derselben gefördert zu haben, geehrt
wird, blieb der Name jenes amerikanischen Ingenieurs, der diese breitbasige Schiene
(flat footed rail) zuerst ersann und anwendete,
nahezu unbekannt. Einer dem Verf. von Ingenieur W. W. Evans
aus New-York zugekommenen diesbezüglichen Mittheilung sind einige historisch
interessante einschlägige Notizen entnommen.
Robert L. Stevens hieß der amerikanische Ingenieur, der im
J. 1830 zuerst eine von den jetzt so verbreiteten nicht wesentlich differirende
breitbasige Schiene zeichnete und sich wegen Ausführung derselben mit einem
englischen Walzwerke in Verbindung setzte. Die von Stevens in Entfernungen von 610 zu 610mm beabsichtigten Verbreiterungen des Fußes, behufs Verbesserung des
Auflagers auf den Querschwellen, boten zu große Schwierigkeiten bei der Erzeugung;
er ging davon ab, dem Schienenfuße ungleiche Breite zu geben. Im J. 1831 wurden die
ersten breitbasigen Schienen erzeugt, und im darauf folgenden Jahre, somit im J.
1832, fuhr man zuerst auf der Camden- und Amboy-Bahn
(New-Jersey) auf denselben.
Zwei eingesendete Schienenabschnitte, sowie die unzweifelhaften Angaben bezüglich des
Zeitpunktes der Herstellung solcher Schienen, und des Ingenieurs, der selbe
veranlaßte, berechtigen dazu, daß wir in der Folge die breitbasige Schiene nicht
mehr die „amerikanische“, sondern die „Stevens-Schiene“ nennen. (Nach der
Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architectenvereins, 1875 S.
173.)
Automatisches elektrisches Signal für Eisenbahnwärter an
Barrieren; von Tesse und Lartigue.
Die französische Nordbahn hat bei Maubeuge und Douai Niveau-Uebergänge, welche
so liegen, daß der Schlagwärter den kommenden Zug nicht so zeitig sehen oder hören
kann, daß ihm Zeit genug zum Schließen der Barriere bleibt. Die Nordbahngesellschaft
hat für diese Uebergänge automatische elektrische Signale angewendet, welche von
ihren Telegraphen-Controloren Tesse und Lartigue angegeben wurden.
In einer Entfernung von etwa 2km vom
Uebergange drücken die Spurkränze der Räder einen Hebel nieder, welcher eine
Batterie durch einen beim Schlagwärter befindlichen Wecker hindurch schließt und so
den Wecker ertönen läßt. Jener Hebel nimmt nämlich einen zweiten Hebel mit nieder,
welcher eine am unteren Ende eines Blasbalges befindliche, mit einer
Telegraphenleitung verbundene metallene Contactfeder auf deren zur Erde abgeleiteten
Contact auflegt, den Blasbalg aber zugleich aufzieht und mit Luft füllt. Während
daher jener erste Hebel sehr schnell niedergeht, kann er sich nur langsam wieder
heben, weil die Luft nicht so schnell aus dem Blasbalge wieder entweichen kann.
Deshalb bleibt die Batterie eine ziemlich lange Zeit durch den Contact geschlossen;
der eine Batteriepol ist nämlich durch die liegenden Elektromagnetspulen des Weckers
hindurch mit dessen aufrechtstehendem Ankerhebel verbunden, welcher sich in seiner
Ruhelage an eine Contactfeder f anlegt, von ihr aber
entfernt, sobald der Anker angezogen wird; diese Contactfeder f sitzt an einem Ständer, von welchem ein Draht zur Telegraphenleitung
geführt ist; der zweite Pol der Batterie ist zugleich mit der Erde und mit einem
zweiten Ständer verbunden, welcher einen kleinen horizontalliegenden Contacthebel
trägt, letzterer aber ruht auf einer isolirten Nase am Ankerhebel, so lange der
Anker nicht angezogen ist, schnappt dagegen, sobald der Anker angezogen wird, vom
Ankerhebel ab und legt sich mit einer Feder auf den unter dem Contacthebel
stehenden, die Contactfeder f tragenden Ständer auf.
Drückt ein Wagenrad den ersten Hebel nieder und bringt durch den zweiten und die an
diesem befindliche Contactvorrichtung die Telegraphenleitung in leitende Verbindung
mit der Erde, so ist der Stromkreis der Batterie geschlossen, der Anker des
Weckerelektromagnetes wird angezogen, der Ankerhebel gibt einen Schlag an die
Glocke, und der Contacthebel schnappt von der Nase des Ankerhebels ab, um sich mit
seiner Feder auf den die Contactfeder t tragenden
Ständer aufzulegen. Durch die Anziehung des Ankers ist der erste Stromkreis
unterbrochen, der Ankerhebel geht daher in die Ruhelage zurück und schließt in
dieser die Batterie auf einem neuen und kürzeren Wege unter Mitwirkung der Feder am
Contacthebel. Sollte daher auch inzwischen der vom Rade niedergedrückte Hebel wieder
emporgegangen und der dadurch hergestellte Contact wieder unterbrochen worden sein,
so wird der elektrische Wecker doch fortläuten, bis der Schlagwärter den
Contacthebel wieder auf der Nase des Ankerhebels fangt.
Der Hebel, auf welchen die Räder wirken, ist heftigen, plötzlichen Stößen ausgesetzt;
er muß daher mit besonderer Sorgfalt gelegt und befestigt werden, wenn das Ganze zuverlässig
arbeiten soll. Man kann ihn vielleicht besser durch einen Reibungscontact ersetzen,
wie er bei der automatischen Pfeife von Lartigue und Forest (vergl. 1874 313 356)
angewendet wird. (Nach den Annales
télégraphiques, Bd. 2 S. 124.)
E–e.
Amerikanische Hammerwalke.
Bei der Hammerwalke der „Patent Fulling Mill Company“ in
Middletown, N. Y. wird der Hammerkopf nicht durch Hebedaumen bewegt, sondern durch
Frictionsrollen, welche statt der Daumen auf der Hubwelle festgekeilt sind. Die
Frictionsrollen wirken auf Frictionssegmente, welche auf die Stirnfläche des
Hammerkopfes aufgeschraubt werden. Die Lager der Hubwelle sind durch Seitenstangen
mit der hochgelegenen Drehachse der Hammerstiele verbunden und lassen sich bei
eintretender Abnützung der Frictionsflächen nachrücken. Durch diese Anordnung soll
ein sanfterer Anhub der Hämmer und ein geräuschloser Betrieb erzielt werden. (Nach
dem Scientific American, Mai 1875 S. 320.)
Ueber xanthogensaures Kalium als Mittel gegen Phylloxera; von
Th. Zöller und E. A. Grete.
Dumas hat jüngsthin der Pariser Akademie die Mittheilung
gemacht, daß das Kaliumsulfocarbonat, dem Boden einverleibt, Schwefelwasserstoff und
Schwefelkohlenstoff entwickelt. Nach allen früheren Versuchen ist aber der
Schwefelkohlenstoff das einzig wirksame Mittel gegen die Phylloxera. Die in den
französischen Versuchen beobachtete große Wirksamkeit des Kaliumsulfocarbonates,
gegenüber dem fertigen Schwefelkohlenstoff, ist natürlich und auf die leichte
Verbreitbarkeit dieses so löslichen Salzes im Boden zurückzuführen, da hierdurch um
alle Bodentheilchen eine Atmosphäre von Schwefelkohlenstoff sich lagert.
Dem gleichzeitig auftretenden Schwefelwasserstoff mißt Dumas keine schädliche Wirkung für die Weinstöcke bei, obgleich zahlreiche
Versuche ergaben, daß dieses Gas häufig genug geradezu tödtlich auf die
Pflanzenwurzeln wirkt. Wahrscheinlich liegt der Grund, weshalb Dumas eine schädliche Beeinflussung nicht beobachtete, darin, daß der
Sauerstoff des Bodens den Schwefelwasserstoff ziemlich rasch zerstört.
Versuche, welche im chemischen Laboratorium der Hochschule für Bodencultur in Wien
von den Verfassern unternommen wurden, bestätigen das von Dumas ausgegebene Verhalten des Kaliumsulfocarbonates; allein sie führen
auch zur Kenntniß einer anderen Verbindung, welche im Boden gleichfalls den
phylloxeratödtenden Schwefelkohlenstoff ohne den für die Pflanze giftigen
Schwefelwasserstoff entwickelt.
Während außerdem das Kaliumsulfocarbonat schwierig darstellbar ist und in Folge
dessen sein Preis sich sehr hoch stellt, ist die von den Verf. in Anwendung
gebrachte Verbindung mit Leichtigkeit vollkommen rein und sehr billig zu erhalten.
Die fragliche Verbindung ist das xanthogensaure
Kalium.
Kommt dieses Salz in wässeriger Lösung mit dem Boden in Berührung, so tritt nach
einiger Zeit reiner Schwefelkohlenstoff auf. Rascher und intensiver geschieht dies,
wenn das Salz mit Boden gemischt und dann Superphosphat zugefügt wird. Die nach der
Befeuchtung beginnende Schwefelkohlenstoff-Entwickelung dauert je nach der
Menge des Salzes tagelang. Am zweckmäßigsten ist es daher, das Salz in Verbindung
mit Superphosphat anzuwenden, und zwar kann die Mischung von xanthogensaurem Kalium,
Erde und Superphosphat im trockenen Zustande ausgestreut oder viel besser
untergebracht werden.
Die atmosphärischen Niederschläge bewirken sodann die Umsetzung, wobei gleichzeitig
die Weinstöcke zu ihrer Kräftigung eine Kali- und Phosphorsäurequelle im
Boden finden. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 802).
Untersuchung von Biertrebern.
In ganz frischen, völlig abgetropften Biertrebern aus
einer Bayerisch-Bierbrauerei fand A. Müller:
Im frischen Zustande
Im lufttrockenen Zustande
Wasser
77,28
Proc.
9,60
Proc.
Protein
5,44
„
21,62
„
Fett
1,63
„
6,52
„
Stickstofffr. Extractst.
10,19
„
40,00
„
Cellulose
4,22
„
17,29
„
Asche
0,91
„
3,65
„
Sand
0,33
„
1,32
„
Die Trockensubstanz enthält 4 Proc. Reinasche, und letztere in 100 Theilen:
Kieselsäure.
Eisenoxyd.
Kalk.
Magnesia.
Manganoxyd.
27,2
2,1
16,8
11,4
1,5
Kali u. Spuren Natron.
Phosphorsäure.
2,1
38,9
Durch das Abfallen der Keime beim Malzprocesse und durch das Würzekochen sind mithin
der Gerste die leichter löslichen Stoffe entzogen worden.
Es enthält die Asche von Wiesengras im Durchschnitt (nach Wolff):
Kieselsäure.
Eisenoxyd.
Kalk.
Magnesia.
Alkalien.
Phosphorsäure.
27,0
1,3
16,7
6,3
30,0
8,0
Schwefelsäure u. Chlor.
10,7 Proc.
Dieselbe ist mithin bezüglich des Kieselsäure-, Eisen- und Kalkgehaltes
der Treberasche sehr ähnlich, enthält dagegen sehr viel mehr Alkalien und sehr viel
weniger Phosphorsäure, als diese. Dem Kalimangel der Treber würde man bei
Verfütterung derselben zweckmäßig durch eine Beigabe von Gras der Spüljauchen-Rieselwiesen
abhelfen. Es enthalten 100 Th. Trockensubstanz von Berliner Rieselwiesengras:
Kieselsäure.
Eisenoxyd.
Kalk.
Magnesia.
Natron.
Kali.
Phosphorsäure.
0,95
0,06
1,12
0,38
0,11
4,18
1,05
Chlor u. Schwefelsäure.
1,74
Eine Zugabe von 1 Th. Rieselgras-Trockensubstanz zu 2 Th.
Treber-Trockensubstanz würde den Kalimangel der letzteren ausgleichen. Um den
hohen Phosphorsäure- und Proteingehalt der Treber zu verwerthen, möchte
außerdem eine Zugabe von Stroh sich empfehlen.
Man könnte ferner die den Biertrebern fehlenden Salze in Form von schwefelsaurem Kali
und Chlorkalium zusetzen, und zwar etwa je 1 Proc. der wasserfreien, 0,2 Proc. der
nassen Trebern, oder 0,3 Proc. des trockenen Malzes. Endlich würden andere
kalireiche, phosphorsäure- und proteinarme Futtermittel, wie Runkelmelasse,
Futter- und Zuckerrüben, Kartoffeln u.a.m. als Zusatz sich eignen. Es
enthalten 100 Th. Trockensubstanz von
Heu.
Trebern.
Roggenstroh.
Melasse.
Kartoffeln.
Futterrunkeln.
Rohfaser
33,8
19,2
58,0
–
4,0
9,0
Stickstofffr. Extractst.
45,5
44,1
33,5
77,5
8,3
74,0
Fett
3,1
7,2
1,4
–
1,0
2,0
Protein
9,7
24,0
2,3
9,0
7,0
8,0
Phosphorsäure
0,48
1,56
0,25
0,06
0,65
0,54
Alkalien
1,8
0,08
1,02
8,18
2,37
4,50
(Biedermann's Centralblatt für
Agriculturchemie, 1875 S. 388.)