Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, Nr. , S. 153 |
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Miscellen.
Miscellen.
Bessemer-Schiff.
Das Bessemer-Schiff, dessen Bau seit ungefähr zwei Jahren im Werke war, und
dessen Probefahrt mit so großem Interesse erwartet wurde, hat unlängst den
regelmäßigen Dienst zwischen Dover und Calais aufgenommen, ohne aber den gehegten
Erwartungen zu entsprechen.
Bekanntlich suchte der Erfinder, der durch seinen Stahlerzeugungsproceß in aller Welt
berühmte Henry Bessemer, die Schwankungen des den
Meereswogen ausgesetzten Schiffes dadurch zu paralysiren, daß er in der Mitte
desselben einen Salon aufhing, welcher durch hydraulische Druckcylinder stets in
horizontaler Lage erhalten wurde. Um dabei vollständige Stabilität zu erzielen,
hätte daher eine Compaßaufhängung dieses Schiffes im Schiffe durchgeführt werden
müssen; vorläufig jedoch begnügte man sich damit, den
„Bessemer-Salon“ nur um eine in der Längsrichtung
des Schiffes gelegte Achse drehbar zu machen, auf welcher der Salon in drei Zapfen
aufruhte, und durch seitlich angebrachte mächtige hydraulische Vorrichtungen derart
verdreht werden konnte, daß es dem Maschinisten, welcher den Wasserzufluß zu den
Cylindern regulirte, möglich ward, die mit dem Salon verbundene Libelle immer aufs
Einspielen zu bringen.
Bei einem ziemlich großen Modelle eines nach diesem Principe construirten Schiffes,
dessen schwingender Salon 10 bis 12 Menschen faßte, ward dieses Ziel vollständig
erreicht; denn während die Hülle des Schiffes, in dem der Salon aufgehängt war, den
heftigsten Schwankungen ausgesetzt wurde, gelang es dennoch, den Salon stets im
Gleichgewicht zu halten. Referent hatte selbst Gelegenheit, November 1872 dieses
interessante Modell in der Villa Bessemer's auf Denmark
Hill bei London zu besichtigen, erlaubte sich aber schon damals mit so vielen
Anderen den Zweifel zu theilen, ob beim unregelmäßigen Wellenschlag des Meeres eine
derartige Vorrichtung mit ihren kolossalen Dimensionen in gleicher Weise regulirbar
sein könnte.
Inzwischen wurde mit allem Aufwand von Geschicklichkeit und Genie durch die eigens
dazu gegründete Bessemer Steam Ship Company ein
Riesendampfer mit vier Schaufelrädern nach Angabe des berühmten Schiffconstructeurs
E. J. Reed gebaut und in diesem ein schwingender Salon von 22m Länge, 10m Breite, 6m Höhe eingesetzt und mit größtem Luxus
ausgestattet.
Anfangs Mai dieses Jahres endlich fand, nachdem mancherlei Hindernisse dazwischen
getreten waren, die erste Fahrt des neuen Schiffes von Dover nach Calais statt. Und
hier zeigte sich zunächst, daß das Schiff um 500mm größeren Tiefgang hatte, als die 3m,300, welche es nach der Berechnung haben sollte; in Folge dessen konnte
zunächst die angestrebte Schnelligkeit, welche die anderer Canaldampfer bedeutend
übertreffen sollte, nicht erreicht werden, und schließlich versagte das Hauptstück
des ganzen Mechanismus, der schwingende Salon, um dessen
willen das riesige Schiff gebaut worden war, vollkommen den Dienst, indem die
Regulirung bei den kurzen unregelmäßigen Wellen des Canals immer zu spät kam, so daß
bald die Regulirung ganz eingestellt und der schwingende Salon fest mit dem Schiffe
verbunden werden mußte.
Seit dieser Zeit haben wir nichts weiteres über den Bessemer-Salon erfahren,
und es ist anzunehmen, daß das Project des schwingenden Salons definitiv aufgegeben
worden ist; wir ersparen uns daher auch in eine nähere Beschreibung des ganzen
schwerfälligen Mechanismus einzugehen und verweisen auf die englischen Fachblätter,
welche seit vorigem Jahre zahlreiche illustrirte Beschreibungen aller Mechanismen
des Bessemer-Schiffes gebracht haben. (Vergl. speciell Engineer, Mai 1875 S. 324 ff., Engineer,
October 1874 S. 267, December 1874 S. 476, März 1875 S. 227 ff.; eine deutsche
Bearbeitung findet sich im Praktischen Maschinen-Constructeur, 1875 S. 196
ff.)
M.-M.
Spiegeleisen der
New-Jersey-Zink-Compagnie.
Diese Gesellschaft hat, nach Mittheilung des Engineering and
Mining Journal, Mai 1875 S. 301, drei Oefen, welche im J. 1874 4070t Spiegeleisen nachstehender
Zusammensetzung producirten.
Eisen
83,250
83,22
Mangan
11,586
11,67
Phosphor
0,196
0,19
Silicium
0,367
0,99
Kohlenstoff
4,632
4,02
–––––––
––––––
100,031
100,09
Da der jährliche Verbrauch an Spiegeleisen in den Vereinigten Staaten 25000t beträgt, so decken allerdings diese drei
einzigen Oefen für Spiegeleisen den Bedarf nicht.
Bessemerstahl in Seraing; von Deby.
Das Bessemerroheisen, aus algierischen und spanischen Erzen dargestellt, enthält
durchschnittlich 2,25 Silicium, 4,50 Kohlenstoff, 0,04 Schwefel, 0,06 Phosphor, 3,75
Mangan und 89,4 Eisen. Auf 100 Roheisen gehen 110 Coaks, und 2/3 des Mangangehaltes
der Beschickung treten in das Roheisen bei 600° Windtemperatur. Ausbringen 49
Proc., Kalkzuschlag 23,5 Proc. Das Roheisen wird in eine Pfanne abgestochen und
dieses mittels Krahnes in den Converter gebracht, welcher nach 18 bis 22 Minuten
fertigen Stahl liefert. Etwa mitten in der Entkohlung fügt man 10 bis 25 Proc.
Schienenenden je nach dem Hitzgrade der Masse zu und zuletzt Spiegeleisen. Als
Kennzeichen für das Ende dienen Spectroskop, Schlackenbeschaffenheit und
Geschmeidigkeit der Körner von der Spießprobe (vergl. 1875 217 35 und 36). Citronengelbe Farbe der Schlacke entspricht Stahl mit 0,75
Proc. Kohlenstoff und mehr, Orangegelb 0,60, Hellbraun 0,45, Dunkelbraun 0,30,
Bläulichschwarz 0,15 Proc. Die Ingots werden aus der 10m weiten und nur 0m,9 tiefen Gießgrube unter den Hammer
gebracht. In 24 Stunden erfolgen per Grube 100t Ingots. Der directe Guß hat folgende Vortheile: Reduction der Abfälle,
Brennstoffersparung, geringerer Arbeitsaufwand, bessere Verarbeitbarkeit der
Producte, Erfolg eines zäheren Stahles. Die Ingots werden in Schienen verwandelt,
und zwar sind 36 Stunden Zeit erforderlich, um solche aus dem Erze zu erhalten.
(Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1875 S. 243.)
Zusammensetzung des Lagermetalles
„Dysiot“; von Uhlenhuth.
Das in neuerer Zeit durch die Firma Rompel und Comp. in Homburg v. d.h. in den Handel gebrachte
Lagermetall besteht (nach der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1875 S.
376) aus:
Kupfer
62,30
Proc.
Blei
17,75
„
Zinn
10,42
„
Zink
9,20
„
Eisen
Spuren
hat also nach den jetzigen Preisen einen Werth von 144 M. pro
100k, während die Fabrikanten 200 M.
sich bezahlen lassen. Die Legirung erwies sich schon bei der Betrachtung der
Bruchfläche mit bloßem Auge als nicht vollkommen homogen. Sie kann erhalten werden
durch Zusammenschmelzen von 62 Th. Kupfer, 18 Th. Blei, 10 Th. Zinn und 10 Th.
Zink.
Erzeugung von Hartwalzen; von Anton Turk, Gußmeister in Donavitz.
In allen Gießereien, welche nicht über Roheisen verfügen, das sich besonders zur
Fabrikation von Hartguß eignet, hat man bei Erzeugung von Hartwalzen vorzüglich mit der Schwierigkeit zu
kämpfen, daß dieselben, sobald sie eine entsprechend harte Kruste erhalten, beim Guß
leicht Längsrisse bekommen, wodurch sie unbrauchbar werden. Diese Längsrisse
entstehen dadurch, daß die rasch erstarrte und durch den Einfluß der Coquille
abgekühlte und dadurch abgeschreckte Kruste der Walze durch das im Kern der Walze
noch warme, oft noch flüssige Roheisen ausgedehnt und dadurch zerrissen wird.
Manchmal findet man diese Sprünge durch Roheisen wieder ausgefüllt. Dieses Zerreißen
könnte nicht stattfinden, wenn die Coquille nach dem Guß den gleichen Durchmesser
mit der erstarrenden Walze behielte.
Um dies möglichst zu erreichen und zu gleicher Zeit an Kosten für Herstellung der
Coquillen zu sparen, wendet Turk etwa 2cm dicke Coquillen an, welche von außen in
einer Entfernung von etwa 8 bis 10cm mit
einem Blechmantel umgeben sind, so daß sie durch einen starken Wasserstrahl, welcher
das Kühlwasser fortwährend erneuert, energisch gekühlt werden können. Der Zu-
und Abfluß des Kühlwassers ist regulirbar, so daß die Kühlung nach Bedürfniß
geregelt werden kann.
Die Coquille wird wie gewöhnlich angewärmt, die Form zusammengesetzt und auf die
gewöhnliche Weise gegossen. Gleichzeitig wird aber auch außerhalb der Coquille
Kühlwasser eingeleitet, welches so rasch erneuert wird, daß die Temperaturzunahme
desselben kaum einige Grade beträgt. Sobald die Walze so weit erkaltet, daß ein
Springen nicht mehr zu fürchten ist, wird das Kühlwasser abgelassen, die Coquille,
welche bis nun dicht an die Walze anschloß, dehnt sich durch Erwärmung aus und kann
nun leicht abgehoben werden. – Die Vortheile dieses patentirten Verfahrens
sind nach den bisherigen Erfahrungen folgende.
Die Anschaffungskosten der Coquillen betragen kaum 1/3 der gewöhnlich in Anwendung
stehenden; die Coquillen sind ungleich leichter und daher viel bequemer im Gebrauch.
Die Dauerhaftigkeit dieser Coquillen scheint wenigstens ebenso groß als die der
massiven Coquillen zu sein. Die Dicke der harten Schale an der Walze kann besser als
bisher und in beliebiger Stärke erzeugt werden. (Turk
liefert auf Bestellung Walzen mit einer 2 bis 5cm starken weißen und harten Schale.) Endlich ist der Procentsatz der
verunglückten Güsse gegenüber den gelungenen sehr klein.
Als Nachtheil dieser Methode könnte höchstens der während des Gusses einer größeren
Walze ziemlich bedeutende Verbrauch an Kühlwasser angeführt werden, weil dasselbe
nicht überall in genügender Menge zur Disposition stehen dürfte.
Turk erzeugt schon seit längerer Zeit nach dieser Methode
Walzen, deren Qualität von den Walzhütten sehr gelobt wird. (Oesterreichische
Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1875 S. 174.)
Elektromagnete mit röhrenförmigem Kerne.
Der Amerikaner Camacho ersetzt in den
Hufeisen-Elektromagneten die massiven Eisenkerne durch stielförmig mit
einander verbundene Eisenröhren. Er mußte so, ähnlich wie Jamin bei seinen Blätter-Magneten, die Wirkung der mittleren Theile
verstärken und kräftigere Magnete erhalten. Bei dem Probe-Elektromagnete
enthielt jeder Schenkel 4 concentrische Röhren; die 3 inneren hatten nur 2 Lagen
Kupferdraht, die äußerste dagegen 7. Der Draht hatte 600m Gesammtlänge, war 1mm,8 dick und wog 13k,500. Durch den Strom von 10 Bunsen'schen Elementen von 0m,25 Länge zog dieser Elektromagnet 713k aus 1mm,5 Entfernung an; seine Tragkraft soll 3000k betragen. Camacho hat besonders die Verwendung seiner Elektromagnete bei
elektro-magnetischen Maschinen im Auge und behauptet in Amerika eine solche
als Motor auf einer Pferdebahn benützt zu haben.
Ein anderer Amerikaner Stearns
Die Priorität der Erfindung nimmt übrigens Perrin
in Anspruch; vergl. Comptes rendus, Bd. 30 S.
1226.D. Ref. hat eine ähnliche Einrichtung (mit drei Röhren) angegeben, nur verbindet er
jedes Ende der Röhren durch eine eiserne Scheibe, während Camacho die Röhren frei läßt.
Wenn Camacho auch einen Elektromagnet hergestellt hat,
welcher bei gleichem Raum eine größere Anziehungskraft besitzt, so wird dies doch
auf Kosten des Zinkverbrauches in der Batterie geschehen, sein Elektromagnet also
vom ökonomischen Gesichtspunkte keine Vorzüge besitzen. Wie unsere Quelle durch
Zahlen belegt, welche sie einem Werkchen von Leroux entnimmt (Les machines magnéto-électriques
françaises et l'application de l'électricité à
l'éclairage: Paris 1868), ist die durch Oxydation des Zinkes in den
Batterien erzeugte Wärme und mechanische Leistung noch immer viel theurer als die
durch Verbrennen der Kohle erzeugte, ganz abgesehen davon, daß das Zink beim
Auflösen in Schwefelsäure 5 1/2mal weniger Wärme erzeugt, als bei seiner
unmittelbaren Verbindung mit dem Sauerstoffe der Luft. Das 15mal theuere Zink
liefert nämlich 14mal weniger Wärme als Kohle, seine Anwendung ist also 210mal
theurer.
Am 1. März übergab Du Moncel der französischen Akademie in
Folge einer Mittheilung Jamin's über die Elektromagnete
von Camacho eine Note über ältere Versuche, welche er
über die Anziehungskraft von Elektromagneten mit röhrenförmigem Kern (eine einzige
Röhre) angestellt hatte. Bei den Elektromagneten, welche Du
Moncel mit einander verglich, war die Anziehungskraft bei hohlem Kern nur
2/3 so groß wie bei massivem Kern. Bei den Elektromagneten von Camacho mit mehreren concentrischen, mit Kupferdraht bewickelten Röhren
kann daher die Anziehung größer sein wie bei massivem Kern von gleicher Länge und
von demselben äußeren Durchmesser. Führte Du Moncel in
die 7cm lange und 2mm dicke Röhre von 14mm äußerem Durchmesser einen dieselbe genau
ausfüllenden Cylinder ein, so erhielt er nahezu dieselbe Anziehung wie bei massivem
Kern von derselben Länge und demselben äußeren Durchmesser. Schnitt er von dem
Cylinder eine Platte von 5mm Dicke ab und
schloß mit dieser wie mit einem Pfropfen die Röhre, so war die Anziehung nicht
geringer als bei massivem Kern. Der Unterschied in der Anziehung bei massivem und
hohlem Kern rührt also nur von der Größe der Polfläche her; gibt man dem hohlen die
nämliche Polfläche, durch jenen dünnen Pfropfen, so zeigt er dieselbe Anziehung. Als
Gegenversuch führte Du Moncel den Rest des Cylinders so
ein, daß er 5mm vom freien Ende der Röhre
abstand, und da war die Anziehung nicht größer wie bei hohlem Kern ohne
Pfropfen.
Man darf daraus noch nicht auf einen von der an den freien Enden eingesetzten
Bodenplatte herrührenden Vorzug der Elektromagnete von Stearns gegenüber denen von Camacho schließen,
weil Du Moncel's Versuche sich nur auf aus einer einzigen
Röhre bestehende Kerne erstreckten.
Als Du Moncel zur Vergrößerung der Polfläche am Ende der
Röhre anstatt des Pfropfens einen dieselbe von außen umgebenden Ring ansetzte,
verminderte sich die Anziehung etwas, und selbst mit gleichzeitig eingesetztem
Propfen erhielt er nicht eine so große Anziehung wie bei massivem Kern. Wenn also
bei mehreren Röhren die innerste im Verhältniß zur äußersten einen kleinen
Durchmesser hat, so wird bei ihr die Verminderung der Anziehung durch den äußeren
Ring die Vermehrung durch den inneren Propfen überwiegen, während bei der zweiten
Röhre von außen herein die Verminderung von der Vermehrung übertroffen werden wird.
(Nach der Revue industrielle, Januar 1875 S. 497 und
März 1875 S. 79.)
E–e.
Die Telegraphie als Unterrichtsgegenstand an polytechnischen
Schulen.
Bekanntlich hat die erst vor einigen Jahren errichtete Polytechnische Schule zu
Aachen den Anfang damit gemacht, die Telegraphie unter
die Zahl ihrer Unterrichtsgegenstände aufzunehmen. Die seit dem 1. Juli d. J. von
William Crookes, Mitglied der Royal Society, in London herausgegebene Wochenschrift „The Electrical News and Telegraphic Reporter“
äußert sich aus Anlaß des ihm zugegangenen Programms der Aachener Polytechnischen
Schule darüber folgendermaßen:
„Wir freuen uns, daß das Studium der Elektricität und der Anwendung
derselben zur Telegraphie nicht übersehen ist. Unter Prof. Wüllner wird ein wöchentlich vierstündiger Kursus in
Experimentalphysik abgehalten, welcher alle Zweige der Elektricitätslehre
umfaßt. Einen dreistündigen Cursus über die mathematischen Grundlagen der Physik
leitet ebenfalls Prof. Wüllner. Im Sommersemester
gibt Dr. Winkelmann einen
zweistündigen Cursus über die physikalischen Grundlagen der elektrischen
Telegraphie, während im Wintersemester unter dem Telegrapheninspector Wark ein zweistündiger Cursus über praktische
Telegraphie folgt. Letzterer bringt volle Unterweisung über die Anlage von
Telegraphenleitungen zu Land und zur See, über die verschiedenen Apparate, ihren
Gebrauch und ihre Vorzüge; zur Uebung für die Studirenden stehen Apparate und Linien zur
Verfügung. Interessant ist, daß das höchste zu zahlende Honorar für den ganzen
Kursus vom 11. October bis 31. Juli für die größte Zahl von Stunden in den
Lehrsälen oder Laboratorien nur 180 M. beträgt. Diese Wohlfeilheit ist aber
nicht durch mangelnde Güte erkauft, denn die Professoren sind Männer von
ausgezeichnetem Verdienste; auch sind alle Erfordernisse für das Studium,
Bibliothek, Apparate, Sammlungen, Modelle u.s.w. ausgezeichnet. Hat England nichts daraus zu lernen?“
Es dürfte nicht unangemessen sein, die letzte Frage auch an die übrigen technischen Hochschulen Deutschlands zu richten. Eine
planmäßige und gründliche theoretische Vorbildung dürfte unseren sich für den
höheren Telegraphendienst vorbereitenden Ingenieuren sicher sehr nützlich und
deshalb eine ihnen zur Erlangung einer solchen Ausbildung sich bietende günstige
Gelegenheit gewiß ganz willkommen sein. Ebenso würde aber auch den
Betriebsingenieuren unserer Eisenbahnen etwas mehr Vertrautheit mit der elektrischen
Telegraphie und im Besonderen mit dem elektrischen Signalwesen keineswegs
schaden.
J. Z–n.
Verfahren um Garne und Gewebe aus Baumwolle und Leinen ohne
Indigo blau zu färben.
Die Garne und GewebeDie Garne im Gewebe werden – nach dem bayerischen Patent (27. Januar 1873) von Ludwig
Wagner in Offenbach bei Landau – in bekannter
Weise 1 bis 1 1/2 Stunden mit Sodalösung (wie stark?) gekocht, sofort, ohne zu
waschen, mit verdünnter Salzsäure, 1/2l
(à 20°?) auf 25k Garn, abgesäuert, dann gewaschen und
getrocknet.
Als weitere Vorbereitung zum eigentlichen Färben folgt eine Traubenzuckerfabrikation
im Kleinen. Kartoffelstärke wird 6 Stunden mit verdünnter Schwefelsäure (auf 100k Stärke 1/2k Säure – zu wie viel Grad und wie
viel Wasser?) gekocht und nach dem Kochen mit Soda (auf 100k Stärke 1k Soda – calcinirte oder
krystallisirte?) neutralisirt, bis blaues Lackmuspapier nicht mehr geröthet wird.
Hierauf läßt man diese honigsüße, Traubenzucker enthaltende Flüssigkeit in einem
Gefäß absitzen und nimmt von ihr 3l, welche
folgendermaßen vertheilt werden.
In 1/2l kocht man 40g Weizenstärke und rührt noch warm hinein:
40g chlorsaures Kali. – Hinzu
kalt, im zweiten
1/2l aufgelöst 808 salzsaures Anilin, 13g schwefelsaures Anilin;
endlich in den übrigen 2l werden 40g Chlorkupfer und 13g Kupfervitriol gelöst und zum
Vorhergehenden gegeben.
Mit dieser in der angegebenen Concentration für Mittelblau passenden Beize behandelt
man die Gewebe und Garne, und läßt sie 1 Stunde lang bedeckt liegen, worauf sie in
den Oxydationsraum kommen bei 30° feuchter Wärme (wie viel Differenz am
Hygrometer?). Nach 4 bis 5 Stunden, während welcher Zeit die Garne öfters umgehängt
und umgeschlagen werden, sind dieselben ganz gleichmäßig oxydirt, worauf sie noch
weitere 2 Stunden an einen feuchten kühlen Ort gelegt werden.
Hierauf kommt das Garn oder das Gewebeoder die Gewebe in eine kalte leichte Kalklauge, auf 25k Garn 1k Kalk 1/4 Stunde lang,
worauf sich die blaue Farbe entwickelt; dann werden sie gewaschen und nach einander
in verdünnter kalter Salzsäure (wie stark?) lauwarme Sodalösung und zuletzt mit
einer Seifenlösung behandelt. (Nach dem bayerischen Industrie- und
Gewerbeblatt, 1875 S. 151.)
Was die umständliche Behandlung mit Kalk, Säure und Soda betrifft, so ließe sich
dieselbe wohl durch ein einfaches Sodabad ersetzen. Die Verdickung der Flotte mit
Traubenzucker und Stärke soll vermuthlich gegen das ungleiche Anfallen und
Entwickeln der Farbe gerichtet sein, ein Uebelstand, welcher allerdings einem
derartigen verschwächten Anilinschwarz gern anhaftet. Aber es gibt für eine Färberei
ein weit reinlicheres, glatteres und, wenn man richtig rechnet, sogar billigeres
Verfahren, sich Traubenzucker zu verschaffen, nämlich sich denselben einfach zu
kaufen. Nach unserer Ansicht sind solche Nebenfabrikationen in den Druckereien und
Färbereien als Allotria zu betrachten und deshalb zu vermeiden. Endlich ist noch
beizufügen, daß die Idee, wenn auch nicht nach diesem, so nach anderen Recepten, ein
verschwächtes Anilinschwarz als Unterlage für Indigoblau zu verwenden, nicht neu,
sondern theilweise schon in die Praxis übergegangen ist.
Kl.
Anwendung des künstlichen Alizarins in der
Türkischroth-Färberei; von Dr. P. Römer.
Die Oelbeizung des Baumwollgarnes wird bei nachheriger Anwendung des künstlichen
Alizarins zum Rothfärben bis jetzt durchaus in derselben Art vorgenommen wie beim
Färben mit Krapp oder Garancine; vielleicht läßt sich aber ein Oelzug sparen, was in
der Praxis auszuprobiren ist. Im weiteren Verlaufe des Beizens muß jetzt aber ein
etwas anderer Weg eingeschlagen werden als bei der Krappfärberei; während man
nämlich bei Anwendung des Krapps oder der Garancine der Oelbeize ein Gerbsäurebad
folgen ließ, wird bei Alizarin das geölbeizte Garn direct mit Thonerdebeize
versehen, und zwar ist es gut, eine möglichst neutrale Thonerdeverbindung
anzuwenden. Eine durch den Versuch gefundene vortheilhafte Beizflüssigkeit ist nun
folgende.
Auf je 50k krystallisirten Alaun nimmt man
15k krystallisirte Soda und mischt
unter fleißigem Umrühren in wässeriger Lösung, worauf man die klarbleibende
Flüssigkeit auf 5° B. einstellt. Mit dieser Beize wird das Garn wie
gebräuchlich behandelt. Die Baumwolle bleibt einen Tag in der Flüssigkeit und wird
alsdann auf das sorgfältigste gewaschen und abgerungen, wonach sie zur Farbflotte
tauglich ist. Diese besteht aus Alizarin und Tannin und zwar pro 50k Garn 1/2k Tannin. Wenn das Wasser der Farbflotte
nicht kalkhaltig ist, so muß man einen Kreidezusatz bis zu 100g pro 50k Garn machen. Bei der Operation des Ausfärbens ist zu beobachten, daß
dies sehr langsam und stetig vor sich gehe, weil sonst die Farbe unegal wird. Man
beginne mit ganz kaltem Bade, brauche zwei Stunden zum Anheizen und lasse
schließlich noch eine Stunde sieden. Das ausgefärbte Garn wird, ohne vorher avivirt
worden zu sein, direct rosirt mit Marseiller Seife und Orleans. Das Garn mit
Zinnsalz zu behandeln, ist nur bei Rosa erforderlich. (Reimann's Färberzeitung.)
Constitution des Chlorkalkes; von Dr. Stahlschmidt.
Verfasser hat nach vielfachen Versuchen die Ansicht gewonnen, daß der Chlorkalk sich
nach folgender Formel bildet:
3 CaH₂O₂ + 4Cl = 2CaHClO₂ + CaCl₂ +
2H₂O.
Derselbe ist danach ein Kalkhydrat, in welchem ein Atom Wasserstoff durch Chlor
vertreten ist. Kommt derselbe mit Wasser in Berührung, so zersetzt sich die
Verbindung CaHClO₂ in CaCl₂O₂ und CaH₂O₂
2CaHClO₂ = CaH₂O₂ +
CaCl₂O₂.
Dadurch erklärt sich auch einfach das Auftreten des
Kalkhydrates und ebenso die Thatsache, warum dieses scheinbar in dem Chlorkalke
befindliche freie Kalkhydrat durch fernere Einwirkung von Chlor nicht wieder in
Chlorkalk überzuführen ist. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S.
869.)
Ueber ein Reagens zur Unterscheidung der freien Kohlensäure im
Trinkwasser von der an Basen gebundenen; von Prof. Dr.
v. Pettenkofer.
Man löst 1 Th. reine Rosolsäure in 500 Th. 80 proc. Weingeist, neutralisirt mit etwas
Aetzbarit bis zur beginnenden röthlichen Färbung, und setzt von dieser Lösung etwa
1/2cc auf ein Volum von 50cc Wasser zu. Enthält das Wasser freie
Kohlensäure, so ist die Flüssigkeit farblos oder gelblich; enthält es aber keine
freie Kohlensäure, sondern nur doppeltkohlensaure Salze, so wird die Flüssigkeit
roth. Gießt man zu einem durch Rosolsäure roth gewordenen Wasser etwas kohlensaures
Wasser, so entfärbt sich die Flüssigkeit. Dasselbe geschieht schon, wenn man mittels
eines Glasrohres durch ein so geröthetes Wasser ausathmet, in welchem Falle die in
der Athemluft enthaltene Kohlensäure entfärbend wirkt.
Wasser, welches freie Kohlensäure absorbirt enthält, bleibt also auf Zusatz der
Rosolsäure farblos und erträgt, bis es geröthet wird, einen um so größeren Zusatz
einer verdünnten Lösung eines Alkalis, z.B. von kohlensaurem Natron, je mehr es
freie Kohlensäure enthält. Wie weit sich darauf ein Verfahren zur quantitativen
Bestimmung der freien
Kohlensäure im Wasser gründen läßt, müssen weitere Versuche lehren. (Nach dem
Sitzungsberichte der math. phys. Classe der k. bayer. Akademie der Wissenschaften,
1875 Heft 1.)
Abscheidung der Phosphorsäure von Thonerde und Eisenoxydul;
von W. Flight.
Man kocht die nicht zu saure Lösung, in welcher sich Phosphorsäure, Eisenoxydul und
Thonerde befinden, 2 bis 3 Stunden laug mit unterschwefligsaurem Natron in
Ueberschuß; alle Thonerde und ein Theil der Phosphorsäure fallen nieder, während das
Eisen und die übrige Phosphorsäure in Lösung bleiben. Aus dieser Lösung wird das
Eisen mittels Schwefelammonium gefällt und in Oxyd übergeführt. Der die Thonerde und
einen Theil der Phosphorsäure enthaltende Niederschlag wird mit überschüssigem
Aetznatron und Chlorbarium behandelt; die Phosphorsäure fällt als Baritsalz nieder,
während die Thonerde in Lösung bleibt. Dem zum Waschen des Niederschlages dienenden
Wasser setzt man einige Tropfen Aetznatron zu; Wasser für sich würde das
Bariumphosphat zersetzen. Die Phosphorsäure wird in üblicher Weise bestimmt, nachdem
sie mittels Schwefelsäure freigemacht worden ist. (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1875 S. 764.)
Druckverfahren ohne Silbersalze.
Dr. H. Diamond veröffentlicht
folgendes Verfahren.
Lösung Nr. 1.
Salpetersaures Uranoxyd
14
Th.
Salpetersaures Kupferoxyd
2
„
Wasser
100
„
In diese Lösung taucht man (im dunkeln Zimmer) gutes gewöhnliches, am besten mit
Gelatine geleimtes Papier. Zwei Minuten genügen. Man läßt trocknen. Das Papier
bleibt lange brauchbar. Es ist ebenso empfindlich wie gesilbertes Albuminpapier. In
10 Minuten erhält man von einem gewöhnlichen Negativ einen guten Abdruck. Man
bemerkt darauf, wenn es aus dem Copirrahmen kommt, nur ein schwaches Bild. Man
entwickelt es durch Eintauchen in
Lösung Nr. 2.
Rothes Blutlaugensalz
1
Th.
Wasser
40
„
Das Bild erscheint in rothbrauner Farbe von saftigem Ton. Wenn die Belichtungszeit
richtig getroffen ist, sieht man das Bild in der Durchsicht eben so kräftig wie bei
reflectirtem Licht. Man wäscht, bis die weißen Partien klar geworden sind. Wenn man
das Papier nicht genügend vor Licht geschützt hat, ist es schwer die löslichen Salze
durch Auswaschen zu entfernen.
Durch andere Lösungen erhält man verschiedene Töne, z.B. durch Chlorplatin einen
warmschwarzen Ton. (Photographisches Archiv, 1875 S. 119.)
Kitten von Bernstein; von Ph. Rust.
Man bereitet sich eine Lösung von hartem Copal in reinem Aether, so daß diese Lösung
etwa die Consistenz des Rizinusöles besitzt. Mit dieser Lösung bestreicht man die
sorgfältig gereinigten Bruchflächen beiderseits, bringt sie dann passend auf
einander und sucht dieselben etwa durch Umbinden mit einem Faden, einer dünnen
Schnur oder irgend eine Pressung nach der entsprechenden Richtung einander möglichst
zu nähern und zu vereinigen.
Diese Operationen müssen, da der Aether sehr schnell verdunstet und alsdann der Kitt
unwirksam werden würde, möglichst rasch vorgenommen werden, und sind daher
selbstverständlich die etwa zum Zusammenpressen nöthigen Vorkehrungen schon vor dem
Auftragen der Copallösung zu treffen.
Der beim Kitten von Pfeifenmundstücken nach innen in die Bohrung austretende Kitt,
wodurch diese sonst verengt werden würde, muß sofort, d.h. so lange er noch weich
ist, vorsichtig entfernt werden, wozu man sich einer schlanken Feder bedienen
kann.
Nach einigen Tagen ist der Aether verdunstet und die Kittung haltbar. (Nach dem
bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1875 S. 127.)
Räucherpatronen zur Vertilgung von Feldmäusen; von Prof. Dr. J. Neßler.
Die im vorigen Jahrgang 1874 212 80 angeführten, von Prof.
Neßler zuerst angegebenen Räucherpatronen
(Mäuseräucherer, Mäusezünder) haben sich in der Praxis derart bewährt, daß eine
nähere Beschreibung der Darstellung derselben (nach dem Pharmaceutischen
Centralanzeiger) gerechtfertigt erscheint.
12 Th. Kalisalpeter werden in 24 Th. heißem Wasser gelöst, mit 30 Th. Sägemehl, dann
mit 7 Th. Steinkohlentheer gut gemischt, an der Luft getrocknet, mit Stärkekleister
(etwa 10 Proc Stärke, 90 Proc. Wasser) zu einer Masse angemacht, zu Stückchen von
1cm Dicke und 3cm Länge geformt, gut getrocknet und mit
geschmolzenem Schwefel bespritzt.
Bei guter Einrichtung lassen sich nun schnell und ohne sehr erhebliche Arbeitskosten
große Mengen solcher Zünder anfertigen.
Sowohl das Mischen des Pulvers als das Anmachen der Masse geschieht am besten in
einem Erdölfaß, durch welches der Längenachse nach ein starker eiserner Stab geht,
der außerhalb des Fasses auf einem Lager ruht und ermöglicht, daß man das Faß
mittels einer Kurbel um seine Längenachse drehen kann. Das Sägemehl wird nun auf dem
Boden oder in einem Trog mit der Salpeterlösung und dem Theer etwas gemischt, dann
durch ein geeignetes Thürchen in das Faß gefüllt, 10 bis 12 eiserne Kugeln von je
etwa 1/2k Gewicht hinzu gethan und einige
Zeit umgedreht. Die Mischung findet hier leicht und sehr gut statt. Nach kurzer Zeit
wird das Faß entleert und die Mischung zum Trocknen ausgebreitet. In gleicher Weise
findet auch die Mischung des Pulvers mit dem Kleister statt.
Das Formen der Stückchen kann von Hand geschehen. Viel rascher geht es aber in einer
oben und unten offenen Form von Blech, die 19cm lang, und 18 1/2cm breit, 1cm hoch und durch Blechwände der Länge nach
in 17 und der Breite nach in 6 Theile getheilt wirdDie Blechstreifen werden zusammengespannt, in entsprechender Entfernung zur
Hälfte eingesägt, dann zusammengesteckt und gelöthet.. Die Form besteht also aus 102 länglichen Vierecken und hat an dem
schmäleren äußeren Rand eine etwa 4cm
breite Handhabe. Auf einem Stück Eichenholz werden nun die Längs- und
Querstreifen der Form angezeichnet und dann mit einer etwas weit gestellten Säge
eingesägt, oder es werden entsprechende Stückchen Holz auf einer Platte angenagelt,
so daß auf derselben 102 Erhöhungen sind, welche in die Vierecke der Form passen.
Zur Ausführung wird die Form auf ein glattes Blech gelegt und mit der Masse unter
Eindrücken gefüllt; mit der Holzform wird die Masse noch verdichtet und dann
herausgedrückt, indem man die Blechform hebt. Ein irgend geübter Arbeiter kann so
mit Leichtigkeit in einer Stunde mehrere Tausend Stück Patronen machen.
Nach dem Trocknen werden die Stücke ausgebreitet und mittels eines Besens mit
geschmolzenem Schwefel bespritzt.