Titel: | Die Fortschritte in der künstlichen Erzeugung von Kälte und Eis; von Dr. Heinrich Meidinger, Professor in Carlsruhe. |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 231 |
Download: | XML |
Die Fortschritte in der künstlichen Erzeugung von
Kälte und Eis; von Dr. Heinrich
Meidinger, Professor in Carlsruhe.
(Schluß von S. 148 dieses Bandes.)
Meidinger, über die Fortschritte in der künstlichen Erzeugung von
Kälte und Eis.
III. Kälte durch Expansion.
Wird ein Gas zusammengedrückt, so setzt sich die aufgewendete mechanische Arbeit in
dessen Masse in Wärme um und erhöht die Temperatur. Werden gleiche Volume
verschiedener Gase von gleichem Anfangsdruck um einen gleichen Raumtheil comprimirt,
so erhöht das Gas von geringer Volumwärme seine Temperatur mehr als das von großer
Volumwärme und zwar in potenzirter Weise, da erstens seine Theile bei gleicher
Wärmeaufnahme schon eine höhere Temperatur annehmen, und da zweitens das wärmere Gas
größere Spannung besitzt, der Zusammendrückung somit größeren Widerstand
entgegensetzt, weshalb mehr Wärme entwickelt wird. Von gleicher Anfangstemperatur und
Pressung ausgehend um gleichen Raumtheil comprimirt, erlangen verschiedene Gase
nicht nur ungleiche Temperatur, sondern auch ungleichen Druck. In welcher Weise die
atmosphärische Luft von mittlerem Druck ihre Temperatur steigert, wenn sie bei einer
Anfangstemperatur von 20° comprimirt wird, ergibt sich aus der folgenden
Zusammenstellung:
Druck in Atmosphären:
1
2
3
4
Temperatur:
20
85
130
163.
Läßt man ein comprimirtes heißes Gas sich wieder ausdehnen und
zwar unter stets vollem Druck, so setzt sich die Wärme in äußere Arbeit um, es
findet Abkühlung in demselben Maße statt wie bei der Zusammendrückung
Temperatursteigerung. Wird ein comprimirtes heißes Gas abgekühlt und dann erst
expandirt, so erniedrigt sich seine Temperatur unter die anfängliche und es können
sehr tiefe Kältegrade erreicht werden. Beispielsweise gibt die Luft von 2, 3, 4at, auf 30° abgekühlt, bei der
Ausdehnung auf 1at die Temperaturen 25, 53,
70° unter Null. Es wird vorausgesetzt, daß die Luft wie der Dampf in einer
Maschine nach außen arbeitet; strömt sie in einen leeren Raum, so erleidet die
Temperatur der ganzen Masse keine Veränderung, indem die bei der anfänglichen
Expansion verloren gehende Wärme durch den Anprall der Theile an die Gefäßwandung
wieder erzeugt wird; schiebt die Luft einen geringeren Druck zurück als ihrer
eigenen Spannung entspricht, wenn sie z.B. in einem Gefäß stark verdichtet in die
äußere Atmosphäre ausströmt, so ist ihre Abkühlung minder stark als oben angegeben.
Auf diesen Grundsätzen beruht die Anwendung der Luft zur Kälteerzeugung und
Eisbereitung.
Principiell mit genauer Berücksichtigung der von der Luft durchlaufenen einzelnen
Stadien wäre eine Lufteismaschine folgendermaßen einzurichten. In einem besonderen
Cylinder findet Verdichtung der Luft statt bis zu einem gewissen Druck, dann wird
dieselbe unter dem erlangten Druck in den Kühlapparat gepreßt; indem sie hier ihren
Wärmeüberschuß abgibt, vermindert sie zugleich immer unter demselben Druck ihr
Volum, im Verhältniß von (273 + t)/(273 + T). Nunmehr gelangt sie in einen zweiten Cylinder, in
welchem die Expansion stattfindet; die Vorgänge folgen hier in umgekehrter Ordnung
wie im Compressionscylinder, die Wirkung entspricht genau derjenigen einer
Expansionsdampfmaschine. Hier wird also die Luft sehr kalt und beim Rückgang des
Kolbens wird sie in den Gefrierer gedrückt, in welchem die Eisbüchsen stehen.
Nachdem sie diesen Apparat durchströmt, gelangt sie von Neuem in den
Compressionscylinder, um
denselben Kreislauf zu wiederholen. Hier entspricht der Expansionscylinder dem
Verdunstungsbehälter bei den anderen Maschinen; als Unterschied ist noch
hervorzuheben, daß nur eine kleine Menge Luft im Kreislauf sich befindet, während
bei den anderen Systemen ein großer Vorrath des die Kälte vermittelnden Stoffes in
der Form von Flüssigkeit vorhanden ist. – Man sieht sofort, daß der Verlauf
der Umwandlungen genau der gleiche, nur in umgekehrter Reihenfolge ist, wie bei
einer calorischen Maschine, und es läßt sich daher auch die Berechnung der Leistung
beider mit Hilfe derselben Formeln durchführen. Der Verfasser hat eine solche
BerechnungBadische Gewerbezeitung 1869. ausgeführt; es ergibt sich daraus, daß wenn die Luft bei einer
Anfangstemperatur von 20° auf 3at
comprimirt und dann auf 30° abgekühlt wird, mit 1k Kohlen 5k Eis, wenn auf 2at, 6k Eis als theoretische Leistung erhalten wird. Ueberhaupt steht die
Leistung im umgekehrten Verhältniß der Verdichtung der Luft resp. der durch dieselbe
bewirkten Temperaturdifferenz. Andererseits müssen aber auch die Dimensionen der
Cylinder resp. die räumlichen Verhältnisse der Maschine für eine bestimmte Leistung
um so größer werden, je geringer die Verdichtung ist, welche angewendet werden soll,
wie sich übrigens sofort bei genauer Betrachtung der Vorgänge ergibt. (Je mehr die
Luft in demselben Cylinder zusammengedrückt wird, um so größer die Zahl der bei der
folgenden Expansion producirten negativen Wärmeeinheiten, um so kleiner aber auch
der Expansionscylinder; die aufzuwendende Arbeit entspricht der Differenz der beiden
Cylinder und wächst darum in stärkerem Grad wie die Temperaturdifferenz.) Die
effective Leistung in der ausgeführten Maschine dürfte vielleicht nur der Hälfte der
theoretischen gleich zu setzen sein.Bei der geringen Volumwärme der Luft müssen verhältnißmäßig große Mengen
derselben verwendet werden, weshalb die Cylinder und die Reibungswiderstände
sehr groß ausfallen. Es ergibt sich daraus, daß die Luftmaschine der Ammoniakmaschine in ihrer
Wirkung weit nachsteht. Die Gründe sind die ähnlichen, wie sie bereits bei dem
Vergleich der letzteren mit der Aethermaschine hervorgehoben wurden. Uebrigens läßt
sich der Nutzeffect der Luftmaschine erheblich steigern, wenn man, worauf wir später
nochmals zurückkommen werden, die Luft während der Comprimirung sofort abkühlt, so
daß sie sich nicht erhitzen kann; in diesem Fall wird der Aufwand für das
Zusammenpressen sehr vermindert. – Als Vorzug der Luftmaschine vor den
anderen Systemen ist geltend zu machen, daß keine riechenden oder brennbaren
Substanzen zur Verwendung kommen, und daß keine ökonomischen Verluste an theurem
Material eintreten können.
In der Literatur wird einer Luftmaschine zum ersten Male im J. 1863 Erwähnung
gethanUebrigens wurde in England bereits 1852 ein Patent an Nesmond von Bellac (Frankreich) auf eine Luft-Eismaschine
ertheilt. Dieselbe comprimirte Luft mittels einer Handluftpumpe in einem in
kaltem Kühlwasser stehenden kesselartigen Gefäß auf 20at. Nach der Abkühlung strömte die
Luft von hier in ein zweites Gefäß, worin sich die zu kühlenden Substanzen
oder das zu gefrierende Wasser befand, und von da in die Luft. Ein Mann
sollte in 8 Minuten die Luft in das Compressionsgefäß drücken und per Stunde
6 bis 10 Pfd. Eis gewinnen können. Der Apparat wirkt hiernach nur periodisch
und auch unökonomisch, wie die ganze Anordnung für bequeme Bedienung viel zu
wünschen übrig ließ. (1863 170 341). Dieselbe wurde im April 1862 in
England an A. C. Kirk, Bathgate, patentirt. Sie besteht
aus zwei stehenden Cylindern, die mit einer liegenden Luftpumpe verbunden sind;
letztere ist doppeltwirkend, und steht der vordere Theil mit dem einen Cylinder, der
hintere mit dem anderen Cylinder in dauernder Verbindung, ohne dazwischen
befindliches Verschlußmittel. Man hat somit zwei unabhängig von einander wirkende
Apparate, die im Uebrigen ganz gleichartig eingerichtet sind und functioniren. In
den stehenden Cylindern befinden sich eigenthümlich geformte Kolben, deren mittlerer
Theil mit dichter Drahtlage (Regenerator) ausgefüllt ist, so daß aber immer eine
Communication zwischen oben und unten vorhanden ist. Ferner sind an den Kolben nach
beiden Richtungen im Schnitt fingerartige, in Wirklichkeit concentrisch ringförmige
Ansätze angebracht, denen ähnliche Einstülpungen in den Cylinderdeckeln entsprechen,
so daß die Spitzen der einen in die Vertiefungen der anderen eindringen können. Die
Deckelansätze bilden Canäle, in denen oben wie unten Flüssigkeit circuliren kann,
und zwar unten Kühlwasser, welches die durch Verdichtung der Luft entwickelte Wärme
aufnimmt, oben aber die zu kühlende Flüssigkeit. Der Apparat functionirt in
folgender Weise. Die Bewegung der Kolben der Luftpumpe und der stehenden Cylinder
erfolgt so, daß, wenn der eine Kolben inmitten seines Laufes ist, der andere gerade
am Ende desselben angekommen. Wenn der Kolben des einen stehenden Cylinders sich
oben befindet, so preßt die Luftpumpe Luft in denselben hinein bis zu 2at Druck; dabei entwickelt sich Wärme und
diese wird von dem Kühlwasser des unteren Cylinderdeckels aufgenommen. Dann geht der
Kolben des Cylinders abwärts und die comprimirte Luft bewegt sich durch den
Regenerator aus dem unteren in den oberen Cylindertheil. Nunmehr geht der
Luftpumpenkolben zurück, dadurch findet Ausdehnung der Luft und somit Abkühlung
statt. Die Kälte entwickelt sich in dem oberen Cylindertheil und wird auf die in den
Ringcanälen des Deckels befindliche Flüssigkeit übertragen. Die durch die Drahtlagen
nach der Luftpumpe ziehende kalte Luft gibt hier einen Theil ihrer Kälte ab, so daß, wenn bei dem
nächsten Spiel in Folge der Comprimirung noch warme Luft durch die Drahtlagen zieht,
dieselbe sich hier noch genügend abkühlen kann. Es wird somit immer dieselbe Menge
Luft verwendet, die je zwischen der einen Seite der Luftpumpe und einem Cylinder
circulirt. Durch den Mangel jeder Art Verschlüsse oder Ventile zeichnet sich der
Apparat durch eine gewisse constructive Einfachheit aus, die auch eine leichte
Unterhaltung bedingt. Die Luft muß hier immer trocken angewendet werden;
Ausscheidung von Schnee aus feuchter Luft würde den Gang der Kolben sowie den guten
Betrieb überhaupt erschweren. – Es wird angegeben, daß 1e in 24 Stunden 106k Eis gebe; bei der Aethermaschine habe man
110k,5 erhalten. Dies würde einer
Leistung von 2k Eis auf 1k Kohle entsprechen. In der Paraffinfabrik
von Young in Bathgate befand sich damals eine Maschine,
welche in 24 Stunden 2 Tonnen (2032k) Eis
lieferte. Die Nutzleistung ist etwas gering, die Kühlflächen an den Cylindern sind
ohne Zweifel nicht hinreichend groß, um Wärme und Kälte rasch und vollständig
aufzunehmen; es ließe sich überhaupt noch eine Reihe anderer theoretischer Bedenken
gegen die Anordnung geltend machen. Im J. 1864 hört man nochmals von dieser
Maschine; es wird angegeben, daß sie in der Paraffinfabrik von Young arbeite und mit einem Aufwand von 1 Tonne Kohle (zu 4 Shilling) 1
Tonne Eis fertige; auch hier wird hervorgehoben, daß der Effect dem der
Aethermaschine gleichkomme (1864 174 399). Dies würde nun
noch eine viel geringere Leistung sein. – Anfang des J. 1874 hielt Kirk in der Institution of Civil
Engineers in London einen längeren Vortrag über seine Maschine, an welchen
sich eine eingehende Discussion knüpfte. Die ganze Verhandlung ist im 37. Band der
Proceedings of the Institution abgedruckt und auch
als besondere Broschüre herausgegeben von dem Secretär J. Forest (bei W. Clowes and Sons in London erschienen) unter dem Titel: „On the mechanical production of cold“.
Aus den Verhandlungen geht hervor, daß die Kirk'sche Maschine wahrscheinlich nur in
einem größeren Exemplare ausgeführt wurde, sowie daß das Urtheil der englischen
Ingenieure über das Princip der Luftmaschinen im Allgemeinen bis jetzt nicht sehr
günstig ist. In England scheinen vorzugsweise Aethermaschinen in Anwendung zu
sein.
Im J. 1869 ist die Zeichnung und Beschreibung einer von Fr. Windhausen in Braunschweig (1870 195 115)
construirten Eismaschine bekannt geworden. Diese besitzt nur einen Cylinder mit
einem Kolben von dem Durchmesser der Hubhöhe. Auf der einen Seite des Kolbens findet
Compression, auf der anderen Expansion statt. Die comprimirte Luft wird durch einen Kühler mit
großer Oberfläche geleitet, der zugleich als Reservoir der verdichteten Luft dient.
Während auf der einen Seite des Kolbens die Luft comprimirt wird, findet auf der
anderen Seite Expansion statt. Beim Rückgang des Kolbens wird die kalte Luft in den
Eiskasten getrieben und aus demselben zugleich auf der anderen Kolbenseite die ihrer
Kälte beraubte Luft angesogen. Diejenige Hälfte des langen Cylinders, in welcher die
Compression stattfindet, ist von Kühlwasser umgeben, die andere Hälfte mit einem
schlechten Wärmeleiter belegt. Durch den breiten Kolben wird bewirkt, daß ein
Temperaturausgleich innerhalb des Cylinders selbst nicht eintreten kann. Hier bedarf
es einer besonderen äußeren Steuerung für die Zulassung und Absperrung der in die
Expansionsabtheilung eintretenden Luft. Soll die Luft nicht für Eisbereitung,
sondern zum Kühlen von Räumen verwendet werden, so wird die expandirte kalte Luft
unmittelbar in dieselben geblasen und äußere frische Luft in die
Compressionsabtheilung vom Kolben angesogen. Ueber die Nutzleistung der Maschine ist
nichts bekannt geworden.
Im Sommer 1871 sah der Verfasser in Berlin eine von Windhausen neu ausgeführte und versuchsweise aufgestellte (für
New-Orleans bestimmte) mächtige Luftmaschine anderer Construction, mit
besonderem Compressions- und Expansionscylinder, genau nach dem Schema,
welches wir als das principiell richtigste unserer anfänglichen Untersuchung zu
Grunde gelegt haben; dieselbe lieferte Luft von – 40°, welche mit
reichlichen Schneeflocken erfüllt war. Da der Compressionscylinder stets frische
Luft schöpfte, so fand in dem Kühler eine Ausscheidung von hygroskopischem Wasser
statt, welches in dem verkleinerten Raum nicht mehr vollkommen dampfförmig bleiben
konnte. Die Luft zog, mit Wasser gesättigt, daher in den Expansionscylinder, und bei
der durch die Ausdehnung bewirkten Kälte mußte nothwendig der größere Theil des noch
vorhandenen Dampfes als Schnee ausgeschieden werden. Dieser Umstand wirkt sehr
störend auf den Gang der Maschine, da die Kolbenreibung sich durch den Schnee
beträchtlich vermehrt und sich die Abzugscanäle durch denselben leicht verstopfen;
auch wirkt die frei werdende latente Wärme der Temperaturerniedrigung etwas
entgegen, wenn schon die Summe der negativen Wärmeeinheiten dadurch nicht vermindert
werden kann. Als Kolbenschmiere wird sehr zweckmäßig Glycerin verwendet. Ueber
Meßversuche mit dieser Maschine zur Constatirung ihres Wirkungsgrades konnte
Verfasser nichts in Erfahrung bringen. – Seit Anfang des J. 1873 fertigen Nehrlich und Comp. in
Frankfurt a. M. die Windhausen'sche Maschine mit zwei Cylindern in einer einzigen
bedeutenden Größe an,
wohl mit besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse der Bierbrauerei. Dieselbe bedarf
einer Dampfmaschine von 40e und producirt
garantiemäßig per Stunde 2500cbm Luft von
einer Temperatur von 30 bis 50° unter Null. Nimmt man an, daß sich diese
Temperatur auf Anfangstemperaturen zwischen + 30° und + 10° bezögen,
so betrüge die Gesammttemperaturerniedrigung der Luft 60°, woraus sich die
Menge der producirten negativen Wärmeeinheiten = 50000 berechnet, entsprechend einem
Quantum von höchstens 400k Eis. (Im Falle
die Production des letzteren ins Auge gefaßt würde, wäre dasselbe Luftquantum im
Kreislauf zu verwenden.) Eine 40pferdige Dampfmaschine consumirt per Stunde 80k Kohlen, somit würde 1k Kohlen 5k Eis liefern, was als ungemein günstig
anzusehen wäre. – Eine derartige Luftmaschine einschließlich Motor kostete
(im J. 1873) 66000 M.
L. Mignot (1871 199 362) in
Paris construirte 1870 gleichfalls eine Luftmaschine mit besonderem
Compressions- und Expansionscylinder. Dieselbe unterscheidet sich von der
Windhausen'schen Maschine darin, daß sie mittels einer kleinen Pumpe Wasser in den
Compressionscylinder einspritzt, und daß die Luft im Kühler (Condensator) über
offenes Wasser streicht. Diese Anordnung ist ohne Zweifel vortheilhaft. Die Arbeit
zum Comprimiren wird sehr vermindert, wenn die Temperatur der Luft niedrig gehalten
wird. Das Wasser kann an sich in der Luft nicht schädlich wirken, da die comprimirte
gekühlte Luft ja ohnedies mit Wasser gesättigt ist. Es läßt sich sonach erwarten,
daß die Zusammendrückung der Luft mit geringerem Aufwand und ihre vollständige
Abkühlung mit einem kleineren Condensator gelingt. Weiteres über diese Maschine hat
man bis jetzt nicht vernommen. Die neueren Windhausen'schen Maschinen sind übrigens
auch mit Einspritzung versehen.
Die Luftmaschinen scheinen nach den seitherigen Erfahrungen sich mehr für die
unmittelbare Verwendung der kalten Luft, als für Concentrirung und Aufspeicherung
von Kälte in der Form von Eis zu eignen; hierin stehen sie an Leistungsfähigkeit den
Ammoniakmaschinen zu sehr nach. Namentlich dürften sie den Bierbrauereien zur
Abkühlung der Keller nützliche Dienste leisten. Motoren finden sich in den größeren
derartigen Etablissements immer vor, und lassen sich die Luftpumpen leicht damit in
Verbindung bringen. Das Einblasen kalter Luft in die Keller bringt außerdem noch den
besonderen Nutzen, daß die Keller durch die während der Comprimirung und Ausdehnung
ihrer Feuchtigkeit großentheils beraubte Luft sehr trocken gehalten werden und
keinen Schimmel ansetzen können. Die Kühlung mit Eis hält die Keller immer mit
Feuchtigkeit gesättigt und die Luft stagnirend. Die ganze Arbeit kann in den Brauereien auch mit
einem verhältnißmäßig geringen Aufwand ausgeführt werden, da man daselbst viel
Wärme, namentlich heißes Wasser bedarf, und sowohl der abgehende Dampf wie das durch
Kühlung der comprimirten Luft erhaltene warme Wasser nützlich verwendet werden kann.
Eine seit Sommer 1873 in der Hildebrand'schen Brauerei in Pfungstadt bei Darmstadt
befindliche Luftmaschine hat recht befriedigende Resultate gegeben, nur sind
wiederholte Reparaturen an derselben nöthig gewesen. Auch in Mainz und in Dortmund
sind Windhausen'sche Luftmaschinen in Brauereien aufgestellt worden. –
Weiterhin scheint für Ventilationszwecke, um mit der Kühlung zugleich Lufterneuerung
zu verbinden, z.B. in Spitälern, in Versammlungsräumen, auf Dampfschiffen, das
Princip der Luftmaschine besonders geeignet; natürlich würde man sich hier mit
geringer Expansion und geringem Kältegrad begnügen, und würden demgemäß die
Betriebskosten verhältnißmäßig gering erscheinen. Wir dürfen der weiteren
Entwickelung dieses Gegenstandes mit Spannung entgegensehen.
Wir haben noch einer größeren theoretischen Untersuchung Erwähnung zu thun, welche
Linde
Linde, Bayerisches Industrie- und
Gewerbeblatt, Juli, November und December 1870. (Auszug 1871 199 361.) über „die Wärmeentziehung bei niedrigen Temperaturen durch
mechanische Mittel“ veröffentlicht hat. Das Hauptergebniß, zu welchem
derselbe rechnungsmäßig gelangt ist (das übrigens die aufmerksame physikalische
Betrachtung der Umwandlungen schon lehrt), besteht darin, daß für eine ökonomische
Leistung der Eismaschine die Temperatur des vermittelnden Körpers während der
Expansion nicht niedriger und während der Compression nicht höher als absolut
nothwendig gehalten werden dürfe. „Diese Bedingung ist seither von den
Technikern vielfach nicht erkannt und gewürdigt worden. Während häufig zur
Darlegung der Vortrefflichkeit einer Eismaschine gerühmt wird, sie arbeite mit
so und so niedrigen Temperaturen, sollte gerade das Umgekehrte geschehen; es
müßte nachgewiesen werden, daß sie Eis erzeuge, ohne daß der Proceß sehr weit
unter den Gefrierpunkt des Wassers greife. Denn jene Anpreisung ist nichts
Anderes als der sichere Nachweis dafür, daß die Maschine viel unnöthige Arbeit
consumirt. Allerdings können dadurch ihre Dimensionen kleiner und die
Anschaffungskosten geringer ausfallen, allein dieser Vortheil wird im
Allgemeinen gegen den Nachtheil vermehrter Betriebskosten
verschwinden.“
Linde weist durch die Rechnung nach, daß bei einer
theoretisch vollkommenen Maschine, die Eis von – 3° aus Wasser von +
10° fertigt, 1k Kohlen zur Erzeugung
von 100k Eis genügen müsse. Derselbe knüpft
an seine theoretische
Untersuchung noch eine Kritik der bis jetzt ausgeführten Eismaschinen. Alle
Constructeure solcher Maschinen sollten sich mit den hier entwickelten Grundsätzen
genau vertraut machen, die sie von dem Beschreiten falscher Bahnen zurückhalten
würden.
Theoretische Speculationen über Luftmaschinen hat auch 1873 J. Armengaud (1873 208 174) der französischen
Akademie vorgelegt; dieselben enthalten keine wesentlich neuen Gesichtspunkte. Armengaud betont namentlich die Wichtigkeit, die Luft
während der Compression durch Wasser zu kühlen. Die Schwierigkeit, dieses durch im
Augenblick der Compression eingespritztes Wasser zu besorgen, überwand er dadurch,
daß er in die eingesogene Luftmasse mittels des Giffard'schen Kolbens Wasser
einführte. Nach seinen Erfahrungen ist es am vortheilhaftesten, mit einem
Expansionsgrad = 2 zu arbeiten, und in diesem Falle ist die Arbeit für die erzeugte
Kälte nur halb so groß, wenn die Abkühlung während der Comprimirung, als wenn sie
nach der Comprimirung vor sich geht.
Beschaffenheit des künstlichen Eises. Das bei einer sehr
niedrigen Temperatur rasch gefertigte Eis ist ganz undurchsichtig milchig weiß. Aus
diesem gegenüber dem glasartig durchsichtigen Natureis so verschiedenen Aussehen hat
man die sonderbarsten Schlüsse gezogen über dessen Verhalten; bald sollte es
größere, bald geringere Dauer besitzen, bald mehr, bald weniger kühlen wie das
Natureis. Die Wahrheit ist, daß sich das Kunsteis von dem Natureis in keiner
Hinsicht unterscheidet, als durch sein Aussehen. Kommt dasselbe frisch aus der
Maschine, so ist es allerdings kälter wie ein Stück Eis aus dem Eiskeller und
schmilzt aus diesem Grunde etwas langsamer an der Luft. Gleich große Stücke Natureis
und Maschineneis von gleich niedriger Temperatur schmelzen aber unter ähnlichen
äußeren Bedingungen gleich langsam oder rasch und bewirken gleiche Abkühlung.
Noch einige seltsame Vorschläge der Temperaturerniedrigung
müssen schließlich erwähnt werden. J. B. Toselli in Paris
(1872 205 28) läßt ein spiralfömig gewundenes Rohr in
einem Gefäß mit Wasser rotiren, aus dem es zugleich jedesmal eine gewisse Menge
schöpft und in ein daneben befindliches Gefäß überträgt, von wo es in einem
Schlangenrohr in das erste Gefäß wieder zurückläuft. Bei der Drehung benetzt sich
die Spirale an der ganzen Oberfläche; ein Ventilator bläst Luft auf dieselbe,
verdunstet das anhängende Wasser und erniedrigt dadurch die Temperatur des Rohres
und des darin befindlichen Wassers. Je nach der Witterung soll eine Abkühlung von
2,7° bis 18,3° erfolgen. In dem zweiten Gefäß, welches von dem kalten Wasser in einem
Schlangenrohr durchlaufen wird, befindet sich die zu kühlende Flüssigkeit, z.B.
Bierwürze, künstliches Mineralwasser. Der Erfolg hierbei kann nur ein geringer sein,
da er ganz von der Temperatur und dem nie fehlenden Feuchtigkeitsgehalt der Luft
abhängt. Die Naßkälte eines am Versuchsorte aufgestellten Psychrometers bestimmt
denselben mit ziemlicher Genauigkeit im Voraus.
Ballo (1874 211 344) in Pest
will Kälte dadurch erzeugen, daß er Luft mittels Babo's Mostpeitsche (d.h. sehr fein
vertheilt) durch Schwefelkohlenstoff treibt. Nur bietet ihm vorerst die Kondensation
resp. Wiedergewinnung der Substanz Schwierigkeit. Daran muß nun in Wirklichkeit das
ganze Project auch scheitern. Eine Wiedergewinnung des Schwefelkohlenstoffes auf
anderem Wege, als durch Verdichtung und Abkühlung der damit gesättigten Luft, in
Ermangelung geeigneter Lösungsmittel, ist unmöglich, und würde dies besondere
Schwierigkeiten machen und große Arbeitskraft erfordern; man gelangte dann auf das
Princip der Luftmaschine. Das Problem in dieser Richtung ist praktisch ganz
unlösbar.
Aufbewahrung des Eises.
Zur Vervollständigung unseres Berichtes über die Principien der künstlichen
Kälteerzeugung und die bis jetzt ausgeführten Apparate erübrigt es, noch einige
Worte anzuschließen über die Vorkehrungen, die Kälte in der concentrirten Form
des Eises zu conserviren. Es ist dies eine Frage von allergrößter praktischer
Bedeutung. Die Eismaschinen, so sehr sie eventuell noch vervollkommnet werden
mögen, um ihren Nutzeffect zu erhöhen, werden in den nördlichen Theilen unseres
gemäßigten Klimas, die sich in der Regel eines mäßig kalten Winters mit Frost
erfreuen, voraussichtlich doch nie eine hinreichende Verbreitung erlangen
können, um den Verbrauch auch nur annähernd zu decken; sie werden immer nur als
sehr schätzenswerthe Ersatzmittel dienen, um sich von den Launen der Jahreszeit
ganz unabhängig zu machen. Selbst in südlichen Gegenden, wo die Eismaschine das
einzige Mittel sein würde, um Eis zu erhalten, müßte dieselbe auf Vorrath
arbeiten und Lagerhäuser haben, da der Consum mit der Production nicht Hand in
Hand geht, sondern von der Witterung abhängt. Von den Quantitäten Eis, die
manche Gewerbe zu ihrem Betriebe erheischen, welche das Hauswesen consumirt an
solchen Orten, wo die Verwendung desselben bereits zum Bedürfniß ausgebildet
ist, hat man im Allgemeinen kaum einen Begriff. Im J. 1866 betrug die Menge des
in New-York und der Umgebung der Stadt verbrauchten Eises 250000 Tonnen (254015t d. s. 5 Ctr. auf den Kopf);
eingelagert waren jedoch 543000 Tonnen (551721t). Das in dem Geschäfte thätige
Capital betrug 2160000 Dollars. Der Detailpreis war für 5 bis 12k 4 Pf. pro 1k, für 1 bis 10 Ctr. nur 2 Pf., oder 1
M. pro Ctr. Im J. 1873 soll der Consum bis auf 600000 Tonnen gestiegen sein. In
Berlin hatte im J. 1871 eine Gesellschaft, die Norddeutschen Eiswerke, 600000
Ctr. Eis eingelagert, dasselbe wird in Wagen den Abonnenten zugefahren zu 77 Pf.
per Centner. Welche Mengen von Eis in der Bierbrauerei consumirt werden, davon
geben nachfolgende Daten Kenntniß, welche dem Verfasser im J. 1869 auf eine
Anfrage von der Dreher'schen Brauerei in
Klein-Schwechat bei Wien mitgetheilt wurden. Die Fabrik braute vom 1.
Januar 1867 bis 1. Januar 1868: 483150 Wiener Eimer (273463hl) Bier und lagerte ein 28874219k Eis; im darauf folgenden Jahr
steigerten sich diese Zahlen auf 492499 Eimer (278754hl) Bier und 31531924k Eis. Im Allgemeinen wird also 1 W.
Ctr. Eis pro Eimer (56l,6) verbraucht.
Bei einer lang anhaltenden Kälte von zwei Monaten kann dieses Quantum mit einem
Aufwand von 7 kr. ö. W. (14 Pf.) pro Ctr. zugeführt werden; bei kurzer Dauer der
Kälte steigt derselbe auf 10 bis 12 kr., wozu noch 1 kr. für das Einwerfen in
die Gruben kommt. In milden Wintern wird das Eis zum Theil aus Steiermark
beschafft; da die Kälte im J. 1869 spät einfiel, so wurden dorther 26000 Ctr.
(1456031k) Eis bezogen, im Wagen
von 200 Zollcentner bis zur Brauerei zu 115 fl.
In den Brauereien wird das Eis noch allgemein in gemauerten Gruben eingelagert,
welche sich neben den Lagerkellern befinden und diese kalt halten. Bei Dreher in Schwechat haben die Lagerkeller eine Größe
von 113 Cubikklaftern (771cbm,05) zum
Einlagern von 3600 bis 3800 Eimern (2038 bis 2151hl) Bier; die daneben befindliche
Eisgrube hat 65 Cubikklafter (413cbm,52) mit einem Fassungsraum von 6510 Ctr. (368466k). Die Eisgruben sind mit dem Mangel
behaftet, daß sie bei kostspieliger Ausführung gleichwohl unsicher wirken. Kommt
das Grundwasser auf die Sohle, so ist das Eis einem raschen Schmelzen
unterworfen. Wo man das Eis für den Verkauf in großen Quantitäten einlagern
will, führt man deshalb nach dem Beispiel der Amerikaner besser oberirdische
Eishäuser aus, die im Wesentlichen aus Doppelwänden von Holz im Abstand von
mindestens 0m,3 bestehen, der
Zwischenraum mit einem schlechten Wärmeleiter, wie Sägemehl, Spreu, lockerer
Torf u.s.w. im trockenen Zustand ausgefüllt. So hatten die Norddeutschen
Eiswerke in Berlin im J. 1871 ein Eishaus von 180m Länge, 24m Breite und 10m Höhe für das Einlagern von 600000
Ctr. Eis. Solche Eishäuser sind billiger wie die unterirdischen Gruben, leichter zu bedienen
und conserviren das Eis besser, sofern die Schicht des schlechten Wärmeleiters
in der Umfassungswand dick genug ist. Der VerfasserBadische Gewerbezeitung, 1870/71 Nr. 5 und 6. hat sich in einem längeren Artikel näher über diesen Gegenstand
verbreitet. Jedes Jahr kann man in den Blättern von anempfohlenen Mitteln zum
Conserviren des Eises lesen. Keines derselben vermag irgend etwas principiell
Neues zu bieten; sie kommen alle darauf hinaus, einen Haufen Eis womöglich
zusammenfrieren zu lassen und dann mit einem schlechten Wärmeleiter, wie Stroh,
Moos u.s.w. zu umhüllen. Das ist im Süden von Deutschland nur ein ungenügendes
Mittel, hoch im Norden, besonders in Rußland mag es ausreichen; auch geht die
Umhüllung bald zu Grunde. Ein billiges und wirksames Eishaus im Kleinen kann bei
uns nicht anders gebaut werden, als indem man zwei cubische Kasten herstellt,
der innere nicht weniger als von 2m
Seite, der äußere mindestens 50cm davon
abstehend, und zwar nach allen sechs Richtungen. Der Zwischenraum darf durchaus
nicht hohl gelassen werden, sondern ist mit Spreu, Häcksel, auch trockener Lohe
u.s.w. dicht auszufüllen; eine einzige Thür von derselben Wanddicke vermittelt
den Zugang. Der Rechnung nach schmilzt in einem solchen gut ausgeführten Hause
während eines Jahres das Eis in kaum 15cm Dicke von der Wandfläche ab. Den Raum zwischen den Doppelwänden in
mehrere Abtheilungen zu trennen, die abwechselnd
leer bleiben und mit einem schlechten Wärmeleiter gefüllt werden, wie zuweilen
empfohlen wird, ist durchaus irrationell, kostspieliger und weniger wirksam wie
eine durchaus gefüllte breite Abtheilung, da
Luft, wenn auch an sich der schlechteste Wärmeleiter, doch, sobald sie sich in
einem Raume frei bewegen kann, in Folge der Temperaturdifferenz die Wärme von
einer wärmeren auf eine kältere Wandfläche ziemlich rasch überträgt. – Es
wird zuweilen empfohlen und auch praktisch versucht, eine schlechte Eisgrube
dadurch zu verbessern, daß man einige Säcke Salz auf das Eis wirft. Verfasser
hat nachgewiesen,Badische Gewerbezeitung, 1868 S. 74. daß dies ein sehr irrationelles Verfahren ist, indem es, wenn sich auch
für das Gefühl der Eindruck der Kälte steigert, doch nur außer dem Salzverbrauch
auch noch einen besonderen Aufwand an Eis verursacht, da in Folge der
eintretenden größeren Temperaturdifferenz der Zufluß von Wärme in die Grube
beschleunigt wird.
Die Aufbewahrung des Eises ist nun nicht nur im Großen von Wichtigkeit, um
dasselbe, nachdem es die kalte Jahreszeit geliefert, in der warmen dem Consum
übergeben zu können, sondern auch im Kleinen, im Haushalt, um mit
demselben die gewünschten Wirkungen zu erzielen. Die Speisen sollen kalt
gestellt und damit vor dem Verderben geschützt, das Eis soll auch direct zum
Kühlen benützt werden. Man wendet zu dem Zwecke geschlossene Kasten an, die man
Eisschränke nennt, oder Eiskisten, wenn sie allein zur Aufnahme des Eises
dienen. Die Theorie derselben ist von dem VerfasserBadische Gewerbezeitung, 1868 S. 65 und Jahrg. 1869 S. 11 und 16. eingehend entwickelt worden. Die Eisschränke stellen einen Schrank mit
doppelter Wandung dar, Zwischenraum mit Spreu oder Häcksel ausgefüllt, das
Innere mit Zinkblech sorgfältig ausgefüttert. Häufig ist der Abstand der
Doppelwände viel zu gering. Nach den Erfahrungen des Verfassers sollte man nicht
unter 10cm ganze Breite der Doppelwand
herabgehen, wenn man das Eis vor raschem Schmelzen schützen und eine möglichst
niedrige Temperatur (5° bei 20° äußerer Lufttemperatur) im Inneren
des Schrankes halten will. Auch ist es zweckmäßiger, statt wie in der Regel in
einer seitlichen Abtheilung bis zum Boden, das Eis in das ganze obere Drittel
des Behälters einzulegen, so daß die unteren zwei Drittel für die Speisen u.s.w.
bleiben; man richtet dann die ganze Deckelplatte zum Oeffnen ein. In diesem
Falle kann man das Eis stets leicht in Stücken herausnehmen, und wird der ganze
untere Raum gleichmäßig kalt erhalten, während bei seitlicher Füllung, wenn das
Eis bereis niedergeschmolzen ist, nur der untere Theil des Kastens bis zur Höhe
des Eises stark gekühlt wird. Was den Consum eines Eisschrankes anlangt, so kann
man annehmen, daß wenn derselbe stets gefüllt ist, bei einer mittleren Größe und
guten Ausführung für jeden Temperaturgrad Reaumur über Null in 24 Stunden 1
Pfund Eis schmilzt. Bringt man bei hoher Sommertemperatur nur wenige Pfund Eis
täglich in den Schrank, so kann natürlich nur so viel schmelzen, der Schrank
wird dann aber auch nicht in seine niedrigste Temperatur kommen und nach
Fortgang des Eises wird dieselbe sogar ziemlich hoch sich wieder erheben.
Nachtrag. Durch Zufall lernte der Verfasser in diesen
Tagen einen Techniker kennen, Namens Schwab aus
Wertheim, welcher den ersten Versuchen Harrison's bei
Herstellung seiner Aether-Eismaschine assistirte und dem Verfasser einige
weitere Notizen über diese Maschine geben konnte. Harrison ließ seine patentirte Maschine bei D. Siebe (nicht Dr., wie S. 53 irrig gedruckt
ist), einem gebornen Deutschen, welcher eine Maschinenfabrik in London hatte,
ausführen. Schwab befand sich damals als Werkführer
bei Siebe. Harrison mußte nach einigen Jahren nach
Australien zurückreisen und trat von da aus seine Patentrechte an Siebe ab. Der gegenwärtige Vertreter dieser Firma ist
ein Sohn des ursprünglichen Verfertigers der Aether-Eismaschine. Schwab besitzt seit 1868 eine Eisfabrik in Kurrachee
(Stadt in Hindostan mit 23000 Einwohnern). Er verwendet eine Siebe'sche
Aethermaschine für eine Production von 1500 Pfd. in 24 Stunden, deren
Kraftbedarf 10e beträgt. Die Maschine
(nebst Luftpumpe) macht 68 bis 70 Umdrehungen pro Minute. Der Druck im
Condensator beträgt ca. 1at. Tiefer
läßt sich der Druck des Aetherdampfes nicht bringen, da das Condensationswasser
in Indien die Temperatur von 25° bis 29° besitzt, während der
Aether bereits bei 34° unter 1at
siedet. Durch die eindringende Luft erhöht sich innerhalb 4 Stunden der Druck um
1/5at, und muß dann der Inhalt der
Apparate hinausgepumpt werden, um die Luft zu entfernen; dabei geht immer etwas
Aether verloren. Die Maschine läuft seit 1868, ohne daß erhebliche Reparaturen
stattgefunden hätten. Das Eis wird in Kurrachee im Kleinen wie im Großen zu 20
Pf. das Pfund verkauft; aufbewahrt wird dasselbe in Flanell (gewiß ganz
praktisch). Nach Schwab dürften in Indien gegenwärtig
an 30 Aethermaschinen von größeren und kleineren Dimensionen im Gebrauch
sein.
Carlsruhe, den 14. October 1875.