Titel: Ueber das Verhältniss zwischen Rost und Heizfläche bei Dampfkesseln.
Autor: C. Ludwik
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 284
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Ueber das Verhältniss zwischen Rost und Heizfläche bei Dampfkesseln. Mit Abbildungen auf Taf. VII [a/1]. Ueber das Verhältniss zwischen Rost und Heizfläche bei Dampfkesseln. Will man eine Dampfkesselanlage rationell anordnen, so muß man vorerst die Art des Kesselsystemes je nach der Verwendung, welche der erzeugte Dampf finden soll, und etwa nach dem zur Disposition stehenden Raume wählen. Dann muß nach dem von der Anlage zu liefernden Dampfquantum und nach dem gewöhnlich zur Verwendung kommenden Brennmateriale die Größe der Heizfläche und jene des Rostes bestimmt werden. Andere Methoden der Größenbestimmung führen leicht zu ganz irrigen Dimensionirungen. Betreffs der Heizfläche mögen folgende Beispiele dies zeigen. Die Praxis rechnet mit Vorliebe die Größe der Heizflächen nach Pferdestärken, und werden gewöhnlich 1,5 bis 2qm per 1e gerechnet. So heißt es in einem gerne benützten Taschen-Handbuch: „Man rechnet Heizfläche pro effective Pferdekraft für gewöhnliche Kessel 1,5 bis 2qm; für Kessel, bei denen Garantie auf geringen Kohlenverbrauch eingegangen ist, 2qm,5.“ und weiter: „1qm Heizfläche verdampft bei gewöhnlichen Kesseln 15 bis 20k pro Stunde.“ Letztere Angabe wollen wir gelten lassen, obwohl unsere Erfahrungen ergaben, daß man bei einer guten Kohle selbst bis 30k pro Quadratmeter und Stunde verdampfen und hierbei noch vollständig ökonomisch arbeiten kann – vorausgesetzt, daß die Kesselflächen nicht außergewöhnlich verunreinigt, und daß alle maßgebenden Verhältnisse der Anlage (Zugsquerschnitt, Intensität des Zuges u.a.m.) rationell gewählt sind. Diese Annahme liegt auch den weiters hier gemachten Angaben zu Grunde. Bestimmen wir nun die nothwendige Kesselheizfläche bei zwei Dampfmaschinen etwas extremer Größe nach dem Dampfverbrauch. Die eine Maschine übe bei 72m Kolbengeschwindigkeit, 5at Anfangsspannung und nahezu voller Füllung ohne Condensation 12e effectiv aus und benöthige etwa 460k Dampf pro Stunde.Nach Hrabak: Dampfmaschinenberechnung. Nimmt man eine Durchschnittsverdampfung von 18k für 1qm an, so resultirt 26qm Heizfläche. Die zweite Maschine habe bei 57m Kolbengeschwindigkeit, 5at Anfangsspannung und 0,1 Füllungsgrad mit Condensation 200e und benöthige etwa 2000k Dampf pro Stunde, was 111qm Heizfläche entspricht. Nach der Durchschnittsangabe von 18qm für 1e würde sich jedoch statt 26qm und 111qm ergeben 22qm und 360qm. Die Bestimmung der Rostflächengröße geschieht häufig auf eine noch weit unverläßlichere Art, als jene der Heizflächen. Es wird zumeist ein gewisses Verhältniß zwischen Rost- und Heizfläche als richtig angenommen und dieses oft ohne jede Berücksichtigung des Brennmateriales fixirt. Natürlich muß ein solches Verfahren zu total unrichtigen Dimensionirungen führen, deren geringster Nachtheil jener ist, daß man bei der Anschaffung des Kessels eine große Heizfläche, nahezu nutzlos, bezahlt. Das einzig Correcte ist, nach dem zu erzeugenden Dampfquantum und nach der Art des Brennmateriales die Größe der Rostfläche zu bestimmen. Wenn die früher erwähnte Maschine von 200° pro Stunde 2000k Dampf benöthigt, so muß die Rostgröße so gewählt werden, daß man mit dem gegebenen Brennmateriale auf diesem Roste hinreichende Wärme entwickelt, um pro Stunde 2000k Wasser in Dampf zu verwandeln. Ist das Brennmaterial eine gute, nicht aschenreiche Steinkohle, welche etwa das 7fache ihres Gewichtes verdampft, so kann pro Quadratmeter und Stunde bis 70k Kohle verbrannt werden. Der Rost müßte sonach 2000/7 × 70 = 4qm,08 Fläche erhalten. Würde jedoch ein Brennmaterial verwendet, welches nur das 4fache des Eigengewichtes verdampft, so ergibt sich die Rostgröße mit etwa 7qm 70qm , was sofort auf die Anwendung zweier Kessel hinweist. In der Praxis finden sich wiederholt Beispiele, daß das Verhältniß zwischen Rost und Heizfläche ein total ungenügendes ist, und kommt dies bei Kesseln mit größeren Heizflächen und Innenfeuerungen fast stets vor. Die Preisliste einer hervorragenden deutschen Maschinenfabrik führt unter anderen einen Röhrenkessel mit zwei innenliegenden Feuerungen an, welcher 125qm Heizfläche hat. Da der äußere Durchmesser des Kessels 2m,2 ist, können die Feuerrohre nicht über 0m,8 Durchmesser haben. Die Breite des Rostes ist also bestimmt, die Länge desselben durch die Möglichkeit des Beschickens auf 2m beschränkt. Die Totalrostfläche ist demnach auf 3qm,2. Nehmen wir wieder das obige gute Brennmaterial an, so kann auf diesem Roste 224k Kohle und mit diesem Kessel sonach 1568k Wasser verdampft werden. Hierzu genügen aber 87qm Heizfläche, und es sind sonach 38qm Heizfläche nahezu nutzlos. Eine bedeutende Zuckerfabrik Böhmens hat vor Kurzem erst große Cornwallkessel von 2m,2 Durchmesser mit zwei Feuerrohren von 0m,9 und einer Länge von 11m,5, welche noch mit einem Bouilleur von 0m,8 Durchmesser und der gleichen Länge von 11m,5 versehen waren, angeschafft. Die Heizfläche eines solchen Kessels ist 140qm, die Rostfläche kann in Folge der Innenfeuerung nur 3qm,6 sein. Wie irrationell diese Verhältnisse sind, geht aus dem früher Gesagten um so mehr hervor, als das beste Brennmaterial Böhmens etwa das 6fache seines Gewichtes verdampft. Eine Reconstruction, welche vor Kurzem in der Papierfabrik zu Deutsch-Landsberg an einer Dampfkesselanlage vorgenommen wurde, illustrirt recht deutlich den Einfluß des Verhältnisses zwischen Rost und Heizfläche. Genanntes Etablissement hat einen großen Cornwallkessel von 2m,05 Durchmesser und 10m,4 Länge mit zwei Feuerrohren von 0m,87 Durchmesser, der noch einen Bouilleur von 0m,8 Durchmesser und gleicher Länge von 10m, 4 unterlegt hat. Die Feuerung war in den Feuerrohren angebracht, und konnte der Rost nur 3qm,2 Fläche erhalten. Als Brennmaterial wird Wieser Würfel und Stückkohle verwendet – eine gute Braunkohle, welche beiläufig das 4fache ihres Gewichtes verdampft. Der Heizfläche nach hätte dieser Kessel für die dortigen Zwecke mehr als ausreichend sein müssen, aber die factische Verdampfung blieb weit hinter dem Bedarf zurück. Da wurde sine Reconstruction der Kesselanlage vorgenommen und hierbei die Innenfeuerung in eine Vorfeuerung umgewandelt. Dies ermöglichte, dem Roste die zur vollen Ausnützung der gegebenen Heizfläche nothwendige Größe zu geben. Es wurden zwei Roste (Patent Bolzano)Beschrieben in diesem Journal, 1871 202 246. 1872 205 5. 1873 209 12. 1874 213 372 und 466. von je 1m,1 Breite und 2m Länge, welche durch eine Zwischenmauer getrennt waren, derart angeordnet, wie es Fig. 1 und 2 veranschaulichen, und so eine Rostfläche von 4qm,4 geschaffen. Durch diese Umänderung des Rostes und der Einmauerung überhaupt wurde die Verdampffähigkeit des Kessels auf das Doppelte erhöht, ohne daß die ökonomische Ausnützung der Kohle beeinträchtigt worden wäre. So lange die Innenfeuerung functionirte, war die Leistungsfähigkeit des Kessels also nur eine solche, als hätte der Kessel etwa blos 80qm Heizfläche; der Ueberschuß von ca. 60qm war ohne Nutzen. Wahrhaft ökonomisch, bei möglichst großer Leistungsfähigkeit und Billigkeit der Anlage, kann nur ein Kessel sein, dessen Rostfläche und Heizfläche entsprechend der zu erzeugenden Dampfmenge und dem in Verwendung kommenden Brennmateriale richtig dimensionirt sind. Daß der Zweck, welchem der Dampf zu dienen hat, sowie der disponible Raum mit in Berücksichtigung zu ziehen ist, wurde gleich eingangs erwähnt. C. Ludwik.

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