Titel: | Ueber die Verwendbarkeit des Broms in der Hydrometallurgie, der Probirkunst und der chemischen Technologie; von Rudolf Wagner. |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 329 |
Download: | XML |
Ueber die Verwendbarkeit des Broms in der
Hydrometallurgie, der Probirkunst und der chemischen Technologie; von Rudolf Wagner.
(Fortsetzung von S. 256 dieses
Bandes.)
Wagner, Verwendbarkeit des Broms in der chemischen
Technologie.
VII. In der Verarbeitung der Metalle kann das Brom
mannigfaltige Verwendung finden. Von den Fällen, die besonders hervorgehoben zu
werden verdienen, seien folgende angeführt.
1. Färben des Goldes. Die aus Bijouteriegold hergestellten
Gegenstände oder auch die nach dem gewöhnlichen Verfahren der Feuervergoldung
vergoldete Bronze zeigen nach dem Poliren häufig eine Farbe, welche von der des
Feingoldes wesentlich verschieden ist; sie erscheinen meist röthlich weiß oder blaß
gelb. Um diesen Legirungen nun die hochgelbe Farbe des Goldes zu ertheilen, pflegt
man sie durch Siedenlassen in einer Flüssigkeit, der sog. Goldfarbe, zu färben. Durch diese Manipulation, die man sogar vor einigen
Jahren noch bei der Herstellung der 20- und 10-Markstücke in den
deutschen Münzwerkstätten anwendete, von der ungerechtfertigten Ansicht ausgehend,
eine Goldmünze, wenn auch legirt, müsse das Ansehen einer Feingoldmünze haben, hat
es der Goldwaarenfabrikant und der Gürtler in der Hand, je nach der herrschenden
Mode oder auf besonderen Wunsch der Abnehmer durch zweckmäßige Abänderung seines
Färbeverfahrens die Oberfläche seiner Waare in feingoldgelber Farbe oder in
bronzeähnlicher oder endlich in mehr oder weniger messinggelber Farbe erscheinen zu
lassen. Aus der großen Anzahl von Vorschriften zur Herstellung der Goldfarbe läßt
sich das Princip leicht erkennen; die wesentlichen Bestandtheile sind stets ein
Alkalinitrat und Kochsalz, sowie ein sauer reagirendes Sulfat, wie Alaun und
Ferrisulfat, welches letztere aus dem Nitrat kleine Mengen von Schwefelsäure und aus
dem im Ueberschusse angewendeten Chlorür eine gewisse Menge Chlorwasserstoffsäure
frei machen soll, wodurch in Folge von Königswasserbildung etwas Chlor frei wird.
Das Chlor soll einen Theil des in der Legirung enthaltenen Kupfers und Silbers und
auch etwas Gold lösen und letzteres sodann als ein dünnes Häutchen Feingold auf der
Oberfläche der Legirung wieder absetzen.
Da es sich bei dem Goldfärben nur darum handelt, die Oberfläche des Metallobjectes
anzugreifen und diese goldreicher zu machen, so könnte man glauben, daß durch
genügend verdünntes Königswasser dasselbe Resultat in einfacherer Weise zu erzielen
sein würde. Die von mir früher unter Beiziehung von Praktikern aus der Nürnberger
Metallindustrie angestellten Versuche haben jedoch dargethan, daß dem nicht so ist.
Aus praktischen Gründen ist es nöthig, daß die dem Proceß der Goldfärbung
unterworfenen Gegenstände vollkommen rein aus der Farbe kommen und nicht erst mit
der Bürste behandelt, resp. gereinigt werden müssen. Bei Anwendung von Königswasser
anstatt der „Goldfarbe“ überzieht sich aber die Oberfläche mit
einer zwar sehr dünnen, aber fest anliegenden Schicht von Chlorsilber, die man kaum
auf mechanische Weise entfernen kann, ohne die Oberfläche zu verletzen. Die
Beseitigung des Chlorsilberüberzuges durch die gewöhnlichen Lösungsmittel des
Silberchlorids, durch Ammoniak und durch eine Lösung von unterschwefligsaurem
Natrium gab ganz unbefriedigende Resultate, wie ich glaube aus dem Grunde, weil der
Ueberzug ein Gemisch ist von Chlorsilber mit Kupferchlorür. Das in den auf
empirischem Wege gefundenen und bewährten Vorschriften zur Herstellung der Goldfarbe
stets im Ueberschusse sich findende Kochsalz hat daher eine Doppelfunction; es soll
nämlich nicht blos das zum Auflösen der Metalle erforderliche Chlor liefern, sondern
es hat auch noch die Aufgabe, in ähnlicher Weise wie bei der Silbergewinnung nach
dem Augustin'schen Verfahren der Wasserlaugerei, das auf der Oberfläche sich
absetzende Chlorsilber zu lösen.
Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß man in dem Brom ein vortreffliches Mittel
zu einer rationellen Goldfarbe besitzt, wenn man der wässerigen Lösung derselben ein
das Bromsilber (und das vielleicht gleichzeitig entstehende Kupferbromür)
auflösendes Bromür zusetzt. Nach den angestellten Versuchen sind hierzu Bromcalcium,
Brombarium und Brommagnesium besonders geeignet. Eine Lösung von 1g,0 Brom und 25g Bromcalcium (oder 30g Bromkalium) in 1l Wasser dürfte als Goldfarbe zu empfehlen
sein. Die zu färbenden Gegenstände läßt man 3 bis 5 Minuten unter fortwährendem
Bewegen in der Flüssigkeit verweilen und spült sie nach dem Herausnehmen in reinem
Wasser ab. Bei Legirungen von Gold und Silber ist ein Abspülen in einer Lösung von
unterschwefligsaurem Natrium, um die Vertiefungen der Oberfläche von vielleicht
zurückgebliebenen Spuren von Bromsilber zu befreien, rathsam.
Aus dem erschöpften Bade, in welchem sich Silber als Bromsilber-Bromcalcium
und Gold als Goldbromid findet, wird das Silber durch Verdünnen der Flüssigkeit mit
der zehnfachen Wassermenge in Form von Bromsilber und das Gold durch Zusatz von
Eisenvitriol gefällt, nachdem die letzten Spuren von freiem Brom durch schweflige
Säure beseitigt wurden.
2. Aetzen von Kupfer und Stahl. Durchblättert man die
neuesten Handbücher und Handwörterbücher der Technologie und die technischen
Journale, so findet man, daß es an Vorschriften zum Aetzen der Metalle, namentlich
Stahl und Kupfer, nicht fehlt. Es ist dabei nur zu bedauern, daß die meisten der
gegebenen Vorschriften ihren Zweck nur mangelhaft erfüllen, viele derselben sind
sogar geradezu unbrauchbar. Die modernen Gewerbemuseen und speciell das inmitten der
Metallindustrie stehende Nürnberger Museum haben es sich zur dankbaren Aufgabe
gemacht, die empirischen Recepte, die sich auf die Veränderung der Oberfläche der
Metallarbeiten beziehen, einer kritischen Sichtung zu unterwerfen. Es steht somit
sicher zu erwarten, daß auch von den vielen Vorschriften zum Metallätzen, welche,
einer ewigen Krankheit gleich, von Geschlecht zu Geschlecht in den Handbüchern sich
fortschleppen, nur eine geringe Anzahl sich über dem Wasser erhalten wird.
Bei meinen Arbeiten über Verwendung des Broms in den Metallgewerben habe ich
Bromlösungen und Bromverbindungen zum Aetzen der Metalle versucht. Beim Aetzen von
Stahl hat sich eine Lösung von 1 Th. Brom in 100 Th.
Wasser vortrefflich bewährt, obgleich in gewissen Fällen, wo Bromdämpfe vermieden
werden müssen, einer Quecksilberbromidlösung (1 : 30) der Vorzug zu geben ist.
Zum Aetzen von Kupfer möchte ich eine Lösung von Brom in
verdünnter Salzsäure empfehlen.
3. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß das Brom zum Bronziren
und Patiniren von Kupfer und gewissen Kupferlegirungen (namentlich
Phosphorbronze), zum Brüniren und Abbeizen von Eisenobjecten und zum
Schwarzfärben von Silber und Silberlegirungen mit
Vortheil wird angewendet werden können. Der durch Brom auf Silberarbeiten
hervorgerufene schwarze Ueberzug möchte zu kunstgewerblichen Zwecken besonders zu
berücksichtigen sein. Bei gravirten und guillochirten Flächen läßt sich durch Brom
ein nielloähnlicher Effect erzielen.
Durch eine wässerige Bromlösung läßt sich Weißblech moiriren; doch stand bei den
Versuchen, die ich im Kleinen anstellte, die Schönheit der Zeichnung der
Krystallflächen der mit Anwendung von Salpetersäure erzielten weit nach.