Titel: | Ueber abnorme Salzgehalte in Zuckerrüben; von J. Weinzierl. |
Autor: | J. Weinzierl |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 337 |
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Ueber abnorme Salzgehalte in Zuckerrüben; von
J. Weinzierl.
Weinzierl, über abnorme Salzgehalte in Zuckerrüben.
Unter den vielen interessanten Erscheinungen, welche ich im Laufe zweier Campagnen
als technischer Dirigent einer Rübenzuckerfabrik in Italien zu beobachten
Gelegenheit hatte, war eine der auffallendsten der wiederholt auftretende hohe
Salzgehalt der erzielten Producte.
Im Winter des Jahres 1872 wurde mir von der landwirthschaftlichen Versuchsstation
Caserta, bei Neapel, eine Quantität Rüben, welche dort auf Veranlassung des
Ministeriums probeweise gezogen worden waren, unentgeltlich, nur unter der
Bedingung, die Menge des daraus erzielten Zuckers bekannt zu geben, angeboten.
Vorzugsweise um das junge Institut der italienischen Versuchsstationen und die
Interessen der Industrie zu fördern, nahm ich das Anerbieten an, obgleich mir der
Zuckergehalt der Rüben zu nur 6 Proc. im Durchschnitt angegeben wurde. Um dieselbe
Zeit war ich in der unangenehmen Lage, Rüben von wenig höherem Zuckergehalt
verarbeiten zu müssen, und erzielte daraus doch noch, wenn auch wenig, leidlich
weißen Zucker.
Die Gesammtmenge der mir zugesendeten Rüben betrug 6400k. Bei ihrer Ankunft in der Fabrik boten
dieselben eine Musterkarte der verschiedensten Sorten, aber in so abenteuerlichen
Auswüchsen, daß von einer genaueren Unterscheidung kaum die Rede sein konnte. Die
Köpfe waren durchschnittlich eben so groß, zuweilen noch größer als die Wurzel,
deren unteres Ende meist seitwärts oder nach oben gekrümmt war, wahrscheinlich in
Folge des in hartem Boden ausgeführten Verpflanzens. Der Umstand, daß zwischen Kopf
und Rübe kein nennenswerther Unterschied im Zuckergehalte bestand, und die an sich
kleine Rübenmenge veranlaßte mich vom Köpfen ganz abzusehen.
Vier der Reibe entnommene Breiproben (ohne Wasserzulauf) ergaben im Durchschnitt:
Spec. Gewicht des Saftes
In 100 Theilen Saft
1,0410
5,55 Proc. Zucker,
4,60 Proc. Nichtzucker.
Der mittels hydraulischen Pressen und Schrauben-Vorpressen gewonnene Saft
wurde nach doppelter Saturationsscheidung über 14 Proc. neue gut gewaschene
Knochenkohle filtrirt und dann, weil die Saftmenge für den Verdampfapparat zu klein
war, im Kochapparat zur Fadenprobe eingekocht. Schon beim Ablassen zeigte sich
feines Korn in der Masse. Ich erhielt ca. 3 Proc. vom Rübengewicht einer unangenehm
salzig, wenig süß schmeckenden Füllmasse.
Nach 12 Stunden wurde der erste Versuch gemacht, zu centrifugiren, der jedoch
vollständig mißlang, weil das Korn noch so fein war, daß es mit dem Syrup durch das
Sieb ging. Nach zehntägigem Stehen in geheiztem Raume wiederholte ich das Experiment
mit besserem Erfolge; der Syrup lief langsam ab und hinterließ in der Centrifuge
eine leimartig zusammenhängende Masse. Dieselbe, mit wenig Wasser aufgemaischt,
schien sich gut trocken zu schleudern, und ich gab nun versuchsweise eine kleine
Wasserdecke und etwas Dampf. Von 58l
Füllmasse blieben so nicht ganz 10k einer
grauweißen, feinkörnigen Krystallisation in der Centrifuge, die statt süß, bitter
kühlend schmeckte und, auf glühende Kohlen geworfen, lebhaft verpuffte. Aus einer
heißen Lösung des Salzes schossen bis zum nächsten Morgen schöne, 30 bis 40mm lange Säulen an, welche deutlich
Salpetersäure- und Kali-Reaction zeigten. Es blieb kein Zweifel, ich
hatte als erstes Product statt Zucker Kalisalpeter
erhalten.
Das Vorkommen großer Mengen von Salpeter in der Rübe ist nicht neu. Ich erinnere
daran, daß vor mehreren Jahren Aehnliches, als in einer ungarischen Fabrik
beobachtet, auf der Versammlung des Vereins für die Rübenzucker-Industrie
mitgetheilt wurde. Obgleich ich nun kaum glaube, daß in Deutschland derartige
Zuckerrüben zur Verarbeitung kommen dürften, und obgleich, nach den neueren Arbeiten
über Melassebildung, die Furcht vor den krystallisirbaren Salzen im Safte
hoffentlich sehr reducirt wurde, möchte ich doch auf den Gegenstand, als mit der
Boden- und Düngerfrage innig zusammenhängend, aufmerksam machen.
Die AnalyseUeber die dabei befolgten Methoden sehe man meine frühere, denselben
Gegenstand betreffende Mittheilung in der Zeitschrift des Vereins für die
Rübenzucker-Industrie im deutschen Reiche, 1875 Bd. 25 S. 557. der erhaltenen Producte, soweit sie mit den bescheidenen Mitteln eines
kleinen Fabriklaboratoriums ausgeführt werden konnte, ergab folgendes Resultat:
1. Füllmasse aus den Rüben von
Caserta.
Rohrzucker
51,73 Proc.
Invertzucker
0,51 „
Wasser
11,66 „
Sand, Thon, Eisen etc.
0,32 „
Schwefelsaures Kali
0,83 „
Chlorkalium
3,57 „
Salpetersaures Kali
9,09 „
Zumeist an organische
Substanz
gebunden
KaliNatronKalk
1,91 „ 1,50 „ 0,08 „
Nicht näher bestimmte, meist
organische Substanzen
und Verlust
18,80 „
––––––––––
100,00 Proc.
Asche
löslicheunlöslichezusammen
14,81
Proc. 0,46 „–––––––––15,27
Proc.
2. Erstes Product aus den Rüben von
Caserta.
Rohrzucker
48,48 Proc.
Invertzucker
0,51 „
Wasser
1,60 „
Salpetersaures Kali
38,93 „
Chlorkalium
0,18 „
Nicht näher bestimmte Substanzen
und Verlust
10,30 „
–––––––––––
100,00 Proc.
Asche
lösliche .unlöslichezusammen
34,09
Proc 0,40 „–––––––––34,49
Proc.
Raffinationswerth nach Dr. Scheibler
43,66 Proc.
Schwefelsäure-Asche
37,97 „
Daraus berechnetes Rendement
– 141,88 „
Unter den Krystallisationsgefäßen, welche in der Fabrik von Castellaccio bei Anagni
das dritte Product der Campagne 1872 enthielten, fand sich beim Centrifugiren ein
Gefäß, in dessen Ecken sich schön ausgebildete Gruppen von Salpeterkrystallen
zeigten, aus denen durch Waschen mit wässerigem Alkohol das Salz ziemlich rein
erhalten werden konnte. Auch der geschleuderte Zucker aus diesem Kasten war gemengt
mit langen Salpeternadeln. Die diesem Nachproducte entsprechenden Rüben hatten im
Betriebe durch trübe Säfte und nassen Schlamm eine unangenehme Störung
hervorgebracht, und wurde mir schon damals versichert, daß dieselben im Hordenschlag
mit Schafmist gedüngt worden seien.
Die Zusammensetzung der durch freiwilliges Ablaufen vom Syrup befreiten
Krystallgruppen war folgende:
3. Drittes Product von Castellaccio.
Campagne 1872/73.
Rohrzucker
68,98 Proc.
Invertzucker
0,52 „
Wasser
5,52 „
Salpetersaures Kali
14,52 „
Chlorkalium
0,52 „
Nicht näher bestimmte Substanzen
und Verlust
9,94 „
––––––––––
100,00 Proc.
Asche
löslicheunlöslichezusammen
14,95
Proc. 1,00 „–––––––––15,95
Proc.
Raffinationswerth nach Dr. Scheibler
56,73 Proc.
Schwefelsäure-Asche
18,08 „
Daraus berechnetes Rendement
– 21,94 „
Zum Schluß der Campagne 1873/74 endlich erhielt ich den Auftrag, Rüben zu
verarbeiten, welche versuchsweise im Tiber-Thale, bei Monterotondo, unweit
Rom, gebaut worden waren und von welchen ich im Voraus überzeugt war, ein ähnliches
Product wie das von Caserta zu erhalten, da die Analyse ergab:
In 100 Theilen Saft
9,0 Brix
4,82 Zucker
4,18 Nichtzucker.
Die Rüben hatten durch die große Dürre alle Blätter verloren, dieselben jedoch nach
einem starken Herbstregen wieder vollständig entwickelt. Abgesehen von einem sehr
starken Kopfe, sahen sie nicht schlecht aus.
Meine Vermuthung traf ein; denn auch hier erhielt ich nur eine salzig schmeckende,
hauptsächlich aus Salpeter, Chlorkalium und Zucker bestehende Krystallisation. Die
Resultate der Analyse sind folgende:
4. Füllmasse aus den Rüben von
Monterotondo.
Rohrzucker
56,66 Proc.
Invertzucker
2,09 „
Wasser
11,79 „
Sand, Thon, Eisen etc.
0,30 „
Schwefelsaures Kali
0,64 „
Chlorkalium
2,83 „
Salpetersaures Kali
4,48 „
Zumeist an organische
Substanz gebunden
KaliNatronKalk
1,57 „ 1,50 „ 0,51 „
Nicht näher bestimmte, meist
organische Substanzen und
Verlust
17,63 „
––––––––––
100,00 Proc.
Asche
löslicheunlöslichezusammen
12,03
Proc. 1,21 „––––––––––13,24
Proc.
5. Erstes Product aus den Rüben von
Monterotondo.
(Ohne Wasser- und Dampfdecke centrifugirt.)
Rohrzucker
77,25 Proc.
Invertzucker
1,31 „
Wasser
5,32 „
Salpetersaures Kali
6,03 „
Chlorkalium
0,74 „
Nicht näher bestimmte Substanzen
und Verlust
9,35 „
–––––––––––
100,00 Proc.
Asche
löslicheunlöslichezusammen
9,91
Proc. 0,13 „–––––––––10,04
Proc.
Raffinationswerth nach Dr. Scheibler
60,89
Proc.
Schwefelsäure-Asche
10,76 „
Daraus berechnetes Rendement
+ 22,14 „
Ueber die Kultur der Rüben, aus welchen die untersuchten Substanzen stammen, kamen
mir trotz aller Bemühungen nur sehr spärliche Notizen zu. Die Rüben von Caserta
waren, wie ich Nicola
Miraglia: Relazione intorno ai risultamenti della
coltivazione delle barbabietole zuccherine in Italia nel 1872 entnehme, in
fünf verschiedenen Parcellen mit „erdigen Aschen“ (Cenere terrose), durch Schwefelsäure aufgeschlossene
Knochen, Bohnen als Gründünger und Salmiak gedüngt worden. Der von der Firma Platz in Erfurt bezogene Same war bezeichnet:
„Weiße Schlesische“, „Imperial“,
„Disette d'Allemagne“,
„Vilmorin“, und „Magdeburger“
Rübe.
Es heißt in dem Bericht des Hrn. Miraglia weiter:
„Alle von der Versuchsstation Caserta gezogenen Varietäten gaben
Zuckermengen, welche mit Ausnahme eines einzigen Falles, 5 und 9
GewichtsprocenteSoll wahrscheinlich „5,9 Gewichtsprocente“
heißen.J. W. nicht überschritten. Sehr wahrscheinlich muß dieses ungünstige Resultat
dem Umstande zugeschrieben werden, daß die Versuche in einer für die Rüben zu
späten Zeit ausgeführt wurden.“
In Monterotondo waren die Rüben angeblich in ungedüngtem, im Frühjahre
tiefgepflügtem, mit Exstirpator und Egge bearbeitetem Boden gebaut, verzogen und
zweimal behackt worden. Wie schon erwähnt, hatten dieselben von der Dürre sehr
gelitten.
Ueber Bodenverhältnisse, Vorfrucht u.s.w. ist mir in beiden Fällen nichts bekannt
geworden. Dagegen erlaube ich mir, auf einen anderen Umstand aufmerksam zu machen,
welcher meiner Meinung nach bei den Rüben von Monterotondo, abgesehen von der durch
die üppige zweite Vegetation bedingten Zuckerverminderung, sehr viel zu der abnormen
Salzaufnahme beigetragen hat. Es ist dies der Same, von welchem die Rüben
stammten.
Ich machte in demselben Jahre in der Nähe der Fabrik von Castellaccio auf je 144qm einen kleinen Anbauversuch, um für die
Auswahl des Samens zu einer nächsten Campagne Anhaltspunkte zu gewinnen, weil ich
von der Ansicht ausging, daß für die besonderen klimatischen und Bodenverhältnisse
der geeignetste Same erst gefunden werden müsse.
Die Kerne waren in den Tagen vom 13. bis 17. März gelegt, die Rüben natürlich ganz
gleich behandelt und am 15. August und 30. October untersucht worden; sie hatten
durch Dürre und Blattnachwuchs um Ende September ebenfalls stark gelitten. Den unten
angewendeten Buchstaben entsprechen folgende Samensorten: V Italienischer, in Castellaccio gezogener; L
französischer (?); S belgischer (?); B deutscher, aus Magdeburg; J und E deutscher, aus der Gegend von Halle.
In Monterotondo waren die Rüben von dem mit L
bezeichneten Samen gezogen worden.
Am 15. August fand ich:
V
L
S
B
J
E
Brix
17,90
11,30
14,40
15,90
15,40
15,40 Proc.
Zucker
15,27
8,28
11,51
13,32
12,60
12,30 „
Nichtzucker
2,63
3,02
2,89
2,58
2,80
3,10 „
Quotient
85,3
73,3
79,9
83,8
81,8
79,3
„
Nichtzucker auf 100 Zucker
17,2
35,5
25,1
19,4
22,2
25,2
„
Am 30. October ergab sich:
V
L
S
B
J
E
Brix
7,10
8,70
10,60
12,80
14,10
13,70
Proc.
Zucker
2,50
4,12
6,16
9,28
10,46
8,28 „
Nichtzucker
4,60
4,58
4,44
3,52
3,64
5,42 „
Quotient
35,2
47,4
58,1
72,5
74,2
60,4
„
Nichtzucker auf 100 Zucker
184,0
111,2
72,1
37,9
34,8
65,4
„
Wie erinnerlich, zeigten die Rüben von Monterotondo:
Brix
9,0 Proc.
Zucker
4,82 „
Nichtzucker
4,18 „
Quotient
53,6 „
Nichtzucker auf 100 Zucker
86,7 „
also eine nur wenig bessere Zusammensetzung. Es ist
ersichtlich, daß auch hier die mit L bezeichnete
Varietät, abgesehen von der V, von welcher im October
nur noch wenige, sehr große Exemplare in der Nähe eines Wassergrabens standen, in
jeder Beziehung die schlechteste war.
Ein anderer sehr gewichtiger Grund für meine oben ausgesprochene Ansicht, daß der
Same eine Hauptrolle bei solchen Entartungen spiele, ist der, daß in der folgenden
Campagne 1874/75 auf demselben Boden bei Monterotondo, bei gleicher Kultur, aber von
anderem SamenWahrscheinlich von dem mit S bezeichneten. über 2000000k Rüben geerndtet
wurden, welche sich gut verarbeitet und Weißen Pilé gegeben haben sollen, bei
dessen Untersuchung ich fand:
Zucker
99,29 Proc.
Wasser
0,07 „
Nichtzucker
0,64 „
Rohzucker oder Füllmasse, in welcher man mit größerer Sicherheit die Abwesenheit oder
Anwesenheit salpetersaurer Salze hätte constatiren können, wurde mir von diesen
Rüben nicht zugeschickt.
Gewisse Rübenvarietäten nehmen also, wie es scheint, namentlich in ihren späteren
Wachsthumsperioden, große Mengen Salze aus dem Boden auf und werden dadurch für die
Zuckerfabrikation untauglich, während die besseren diese Eigenschaft nur in viel
geringerem Grade besitzen.
Auffallend ist es, daß in einem Falle die Abscheidung des Salpeters erst im dritten
Product erfolgte, während in dem entsprechenden ersten und zweiten Producte das
Vorkommen desselben nicht beobachtet wurde. Man kann diesen Umstand wohl durch die
größere Verdünnung der Salze in der zuckerreicheren Füllmasse erklären; ich
beabsichtige indessen doch, Versuche darüber anzustellen, ob etwa die in
eingekochten Nachproducten zuweilen auftretende Gährung bei alkalischer Reaction der
Massen zur Bildung von Salpetersäure aus stickstoffhaltigen Substanzen Anlaß geben
könnte.
Der Umstand, daß Rüben wie die angeführten auch in Italien zu den leicht zu
vermeidenden Ausnahmen gehören, überwand meine früheren Bedenken gegen die
rückhaltlose Veröffentlichung der vorstehenden Thatsachen.
Im Ganzen sind Boden und Klima, einige Gegenden ausgenommen, der Rübenkultur in
Italien nicht ungünstig. In der Campagne 1873/74 verarbeitete ich im regelmäßigen
Betriebe Rüben aus dem Sacco-Thale von folgender Zusammensetzung:
Campagne-Durchschnitt.
BesteRübe.
SchlechtesteRübe.
Brix
16,0
16,70
12,40 Proc.
Zucker
13,0
14,53
9,70 „
Nichtzucker
3,0
2,17
2,70 „
Quotient
81,3
87,0
78,2 „
Nichtzucker auf 100 Zucker
23,1
14,9
27,8 „
und erzielte daraus Pilé von 99,2 bis 99,6 Proc.
Polarisation und centrifugirten ungedeckten Rohzucker von der Zusammensetzung:
Zucker
95,10 Proc.
Wasser
1,93 „
Asche
1,06 „
Organischer
Nichtzucker
1,91 „
Raffinationswerth nach Dr. Scheibler 92 Proc.
Es sind dies Resultate, welche mit Rücksicht auf die mangelhafte Fabrikeinrichtung,
namentlich auf die sehr schwache Filtration, gewiß nicht zu Ungunsten der
italienischen Rüben sprechen.
Aus dem Klima erwachsen für die Fabrikation keinerlei Schwierigkeiten, welche nicht
durch umsichtige Leitung und mit bekannten Mitteln überwunden werden könnten. Die in
trockenen Jahrgängen auftretende holzige Beschaffenheit der Rübe dürfte die
Zuckerfabriken Italiens sehr bald zur Einführung der Diffusion anregen, und so wird
denn auch dort dieses Saftgewinnungsverfahren sich rasch das Feld erobern. Nur die
Conservirung größerer Rübenmengen muß noch eingehenden Studien unterworfen werden;
dagegen genießt man bei zweckmäßiger Zeiteintheilung den Vortheil, einen großen
Theil derselben frisch vom Felde weg verarbeiten zu können.
Die Brennmaterialpreise sind in Folge der sich mehrenden Erschließung reicher
Kohlen- und Lignitlager nicht hoch, Arbeitskräfte in vielen Gegenden sehr
billig und die Zuckerpreise recht günstig.
Die Zuckerfabrikation in Italien kann demnach als vollkommen lebensfähig und
gewinnbringend angesehen werden, sobald derselben ihre natürliche
landwirthschaftliche Grundlage gesichert und wenn die Verwaltung möglichst
vereinfacht und von sachverständigen, mit den Verhältnissen des Landes vertrauten
Personen geleitet wird. Der Mangel einer oder aller dieser Bedingungen ist Ursache,
daß die Mehrzahl der dortigen Fabriken nicht gedeiht.
Neuerdings ist die Bildung einer Gesellschaft von Besitzern ländlicher Güter zur
Beförderung des Rübenbaues in Italien angeregt, um für eine französische
Actiengesellschaft, welche den Bau mehrerer Zuckerfabriken beabsichtigt, die
Rübenlieferungen sicher zu stellen. Ein ähnliches Unternehmen von deutscher Seite
trüge gewiß sehr viel dazu bei, die Sympathien zwischen beiden Nationen zu erhöhen,
und würde zum Segen für Hunderte arbeitslustiger, in den elendesten Verhältnissen
lebender ländlicher Arbeiter. Der italienischen Regierung aber kann im Interesse des
Landes die energische Förderung und wirksame Unterstützung dieses wichtigen
Industriezweiges nicht dringend genug empfohlen werden.
Gr. Glogauer Zuckerfabrik, im October 1875.