Titel: | Japanischer Lack; von Dr. Wagner in Wien. |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 361 |
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Japanischer Lack; von Dr. Wagner in Wien.Nach einem im n.-ö. Gewerbevereine gehaltenen Vortrage, aus der Wochenschrift dieses
Vereins, 1875 S. 113 ff.D. Red.
Wagner, über japanischen Lack.
Die Erzeugnisse der japanischen Lackirkunst sind seit jeher von Kunstliebhabern wie
Technikern als die vollendetsten der Welt, als wahre Ideale der Lackirkunst
anerkannt worden, und stehen sie in der That in Bezug auf Güte des Materials wie
Ausführung so unerreicht da (vergl. 1873 210 159), daß
man sehr oft geneigt gewesen ist, an ein ganz außergewöhnliches Verfahren zu glauben
und auch wohl zu behaupten, die Kunst des Lackirens werde selbst in Japan als
Geheimniß behandelt und sei nur wenigen Eingeweihten bekannt. Dem ist nun durchaus
nicht so, und es hat für einen Fremden gar keine besonderen Schwierigkeiten, das
Verfahren beim Lackiren kennen zu lernen; nur die Gewinnung des rohen Lackes ist
weniger zugänglich, weil derselbe aus dem Inneren des Landes kommt und Fremde selten
Gelegenheit haben, die Lack producirenden Districte zu bereisen. Es ist mir vergönnt
gewesen, sowohl die Gewinnung des rohen Lackes wie auch das Verfahren beim Lackiren
zum größten Theil aus
eigener Anschauung kennen zu lernen und die an den verschiedensten Stellen gemachten
Angaben mit einander vergleichen zu können. Ich glaube daher, daß die nachfolgenden
Auseinandersetzungen als ziemlich verläßlich angesehen werden können.
Der japanische Lack ist nicht wie unsere Copallacke ein künstliches Gemisch von
Harzen, fetten Oelen und Terpentinöl, sondern ist im Wesentlichen ein bereits
fertiges Naturproduct, das nur einer gewissen mechanischen Verarbeitung bedarf, um
für die weitere Verwendung hergerichtet zu sein. Der Lack ist nichts anderes als der
Saft einer Sumach-Art (Rhus vernicifera) –
eines Baumes, welcher in der Form seiner Blätter und der Stellung der Zweige eine
auffallende Aehnlichkeit mit den auf der Wiener Ringstraße gepflanzten Ailanthus hat und bei oberflächlicher Betrachtung leicht
damit verwechselt werden könnte, nicht aber, wenn man die Blüthen und Früchte vor
Augen hat, welche durchaus verschieden sind.
Die Blüthen des Firnißbaumes sind aus kleinen weißen Blümchen zusammengesetzte
Rispen, ähnlich wie die Blüthen unserer Springen, nur weniger üppig; an Stelle jedes
einzelnen Blümchens bildet sich eine ziemlich harte, mit einer dünnen,
grünlich-gelben Haut bekleidete Beere von der Größe einer Zuckererbse. Das
Gewicht aller dieser kleinen Beeren knickt gewöhnlich den Stengel der Rispe, so daß
die Frucht alsdann traubenförmig herunterhängt. Sie ist fast identisch mit der
Frucht des Wachsbaumes (Rhus succedanea) und wird ebenso
wie die letztere zur Wachsbereitung benützt.
Beide Bäume, Firnißbaum und Wachsbaum, sind einander überhaupt sehr ähnlich; nur sind
die Blätter bei jenem größer als bei diesem. Beide wachsen in Japan wild, werden
aber in den meisten Fällen sorgfältig cultivirt, gepflegt und gedüngt, wodurch ein
bedeutend größerer Ertrag erzielt wird. Sie sind mehr oder weniger über ganz Japan
verbreitet; indessen gibt es doch einige Provinzen, welche diesen Zweig der
Landwirthschaft besonders pflegen und sich durch Quantität wie Qualität ihrer
Erzeugnisse vor den übrigen auszeichnen. So liegen die Lack producirenden Districte
hauptsächlich in dem mittleren Dritttheile der großen Insel Nipon, zwischen 33 1/2
und 37 Grad nördlicher Breite, wie z.B. die Provinzen Etschizen, Schinano, Aidzu und
vor Allem der District Yoshino in der alten Provinz Yamato, auf der Halbinsel
östlich und südöstlich von Osaka. In Yoshino werden die Bäume im vierten oder
fünften Jahr ihres Alters, wo sie ungefähr Armsdicke erreicht haben, vollständig
abgezapft, so daß sie umgehauen werden müssen; in den nördlicheren Provinzen
dagegen, wo der Firnißbaum auch zugleich Wachs liefern soll, verfährt man mit mehr
Schonung, um die Bäume länger zu erhalten.
Was nun die Lackgewinnung in dem erwähnten District von
Yoshino betrifft, wo die Bäume speciell zu diesem Zwecke cultivirt werden, und
dessen Lacke einen besonders guten Ruf haben, so ist das Verfahren folgendes. Die
vier bis fünf Fahre alten Bäume werden während des ganzen Sommers von Juni bis
October angezapft; mittels eines doppelt gekrümmten Messers reißt der Lacksammler,
von unten anfangend, horizontale rillenförmige Vertiefungen in die Rinde des Baumes
in Zwischenräumen von etwa 30cm und
abwechselnd auf der einen und der anderen Seite des Stammes, indem diese Rillen nur
den halben Stamm umfassen. Die Spitze des Messers dient dazu, den Boden dieser etwa
6mm breiten Rillen tiefer einzuritzen,
um so die Poren bis auf den Stamm zu öffnen. Sofort quillt eine wasserklare
Flüssigkeit heraus, zu welcher sich, namentlich aus den Poren der Rinde, ein
schneeweißer Milchsaft mischt; dieser Baumsaft dunkelt aber sehr rasch an der Luft und wird immer
dicker, so daß er nicht von dem Stamme herunterfließt, sondern nur die Rille
ausfüllt, besonders da sich auch außen ziemlich bald eine dunkelbraune Haut bildet,
welche die darunter hervorquillende Flüssigkeit schützt und zusammenhält. Nach zwei
oder drei Tagen geht der Arbeiter wieder an den Baum, nimmt mit einem Spatel den
honigdicken Saft fort und streift denselben am Rande einer runden Büchse, welche er
am Gürtel trägt, ab. Unmittelbar über und unter den alten Einschnitten werden neue
gemacht, und dies wird während mehrerer Monate fortgesetzt, so daß Ende October der
ganze Baumstamm bis an die Zweige hinauf mit solchen rillenförmigen Einschnitten
bedeckt ist, welche an der Luft ganz schwarz geworden sind. Anfangs November werden
diese ganz erschöpften Stämme gefällt, die Zweige abgehauen, in Bündeln von etwa
61cm Länge eine Zeitlang ins Wasser
gestellt und dann ebenfalls durch schraubenförmige Einschnitte angezapft. Aller auf
diese Weise gewonnene Lack (urushi), welcher in diesem
gänzlich rohen unverarbeiteten Zustande auch ki-urushi, d.h. Baumlack genannt wird, bildet eine dicke,
schmutziggraue Flüssigkeit, welche an den Stellen, wo sie mit der Luft in Berührung
ist, sich mit einer dunkelbraunen Haut bekleidet.
Nach der Jahreszeit ist die Qualität dieses rohen Lackes verschieden und
unterscheiden die japanischen Producenten drei Hauptarten. Der bis Ende August
gewonnene Lack gilt als der beste und feinste und führt, so lange er in diesem rohen
Zustande ist, den Namen Haya- oder Hunnah-urushi, d.h. Früh- oder
Blüthenlack. Das Product der Monate September und October, weniger fein und
dünnflüssiger als das frühere, heißt Naka- oder
Ura-urushi, weil es zu den inneren und nicht
zu den äußeren, sichtbaren Stellen der lackirten Gegenstände, oder zu solchen
Flächen auf der Rückseite u.s.w. benützt wird, wobei nicht die größte Schönheit des
Lackes verlangt wird. Endlich wird der Lack aus den Zweigen, der zäheste, aber auch
härteste von allen, Seshime-urushi genannt (von
seshimeru – etwas fest und solid machen), der
hauptsächlich zur Grundirung der zu lackirenden Flächen wie der Lackmalereien
gebraucht wird.
Die Manipulationen, welche mit diesem rohen Lack vorgenommen werden, um denselben zur
Verwendung für das eigentliche Lackiren brauchbar zu machen, bestehen hauptsächlich
in Befreiung desselben von Holz- und Staubtheilen, welche beim Einsammeln
unvermeidlich sind, Umrühren, um ihn geschmeidiger zu machen oder auch ihm eine
dunkle Farbe zu verleihen, Vermischen mit farbigen Pulvern, und für gewisse Zwecke
Vermischen mit fetten Oelen. Die Staub- und Holztheilchen werden dadurch
entfernt, daß man den Lack durch ein sehr dünnes, poröses, aber außerordentlich
langfaseriges Papier quetscht, welches eigens zu diesem Zwecke bereitet wird und den
Namen Yoshino-kami führt, d.h. Papier von
Yoshino, wo es in besonderer Güte angefertigt wird, und wo es auch erfunden worden
sein mag.
Die farbigen Substanzen sind gelbe und grüne Pulver, z.B. Kupfergrün, auch wohl
Berliner Blau, Eisenroth und vor allen Dingen Zinnober. Es gibt nur gelbe, grüne,
braune, rothe und schwarze Lacke, neuerdings auch violette. Da beim Vermischen und
Umrühren der Lack mit der Luft in Berührung kommt und dann, wie bereits früher
erwähnt, sich dunkel färbt, so werden seine Farben dadurch beeinträchtigt und sind
nicht sehr rein und intensiv, mit Ausnahme des rothen Lackes, besonders wenn hierzu
der vorzügliche chinesische Zinnober bester Qualität verwendet wird.
Der berühmte, unvergleichlich schöne schwarze Lack verlangt ein besonderes Verfahren,
das auf den ersten Blick ganz fabelhaft erscheint. Es mag daher ausdrücklich bemerkt
werden, daß an sehr verschiedenen Orten und von verschiedenen Fachleuten eingezogene
Erkundigungen in der
Behauptung übereinstimmen, daß durchaus keine Beimischung von Kien- oder
Lampenruß stattfindet, und daß außer dem Umrühren an der Luft der Zusatz von Wasser,
welches eine Zeitlang über Eisenfeile gestanden hat, unbedingt nothwendig ist. Es
ist schon erwähnt worden, daß der japanische Lack an der Luft immer dunkel wird, und
zwar schon innerhalb einer Stunde, so daß er in dicken Schichten vollständig
schwarz, in dünneren dagegen gelbbraun, etwa wie Schellack durchscheinend ist. Um
schwarzen Lack zu bereiten, wird derselbe nun zwei Tage lang in großen hölzernen
Schalen an der Luft umgerührt; die höchste Intensität der Farbe und des Glanzes
erreicht er aber erst nach dem Zusatze einer Portion Wasser, welches einen Tag oder
länger über Eisenfeilspänen gestanden hat, und mit welchem der Lack noch mehrere
Stunden umgerührt wird, bis das überschüssige Wasser verdampft ist und er die
gehörige Consistenz erlangt hat. Im Sommer werden daher die Schalen im letzten
Stadium der Sonne zugeneigt, im Winter in der Nähe eines Kohlenbeckens aufgestellt.
So sonderbar dieses ganze Verfahren scheinen mag, so ist doch kein Grund, daran zu
zweifeln, daß es in der erwähnten Weise vor sich geht; denn wie gesagt, die Aussagen
der Japaner stimmen darin zu gut überein.
Was das Vermischen des rohen Lackes mit Oel betrifft, so geschieht dies ohne Erwärmen
und in einem Maßstabe, welcher von der späteren Verwendung des Lackes abhängt.
Solche Lacke, welche geschliffen werden sollen, vertragen natürlich nur eine geringe
Menge Oel, während andere, welche nur einmal aufgetragen werden und durch das bloße
Erhärten den nöthigen Glanz erlangen sollen, eine größere Menge – bis zu 1/5
Oel enthalten können; alle sehen schwarz aus, sind aber in dünnen Schichten gelb
durchscheinend. Das gewöhnlich beigemischte Oel stammt von einer besonderen Pflanze
(japanisch ye), deren botanischer Name Perilla ocimoides ist, und wird auch zum Anstrich der
Regenschirme, Regenmäntel, des wasserdichten Packpapieres und zum Anfertigen des
sogen. Lederpapieres gebraucht.
Die japanischen Händler unterscheiden eine nicht unbeträchtliche Anzahl verschiedener
Lacke, erstlich nach der Qualität und dann nach der Farbe und der Art der
Verwendung; die Namen beziehen sich meistens auf diese beiden letzteren
Umstände.
Bei näherer Beschreibung des eigentlichen Lackirverfahrens sollen die Namen der
wichtigsten Lackarten näher angegeben werden. Ehe wir aber hierzu übergehen, ist es
wichtig, zu erwähnen, daß das Arbeiten mit japanischen Lacken nicht ohne Gefahr ist.
Schon die bloße Ausdünstung, besonders des frischen Lackes, ruft bei manchen Leuten
sehr unangenehme Hautausschläge hervor, während Andere weniger empfindlich sind oder
sich daran gewöhnen. Jedenfalls ist immer, namentlich aber bei chemischen
Untersuchungen des Lackes, große Vorsicht erforderlich, und möchte als
Präventivmaßregel das Einreiben der Hände und des Gesichtes mit einem fetten Oele
angerathen sein; letzteres ist, im Falle man sich die Hände mit Lack beschmutzt hat,
sehr dringend zu empfehlen, weil das Oel den Lack aufweicht und aufnimmt und man
sich dann leicht mit Seife völlig reinwaschen kann.
Ich komme nun zum eigentlichen Verfahren beim Lackiren. Unmöglich kann man eine
genaue Beschreibung aller Methoden geben, da sie natürlich je nach der Art und dem
Werthe des Gegenstandes modificirt werden, und man anstatt des Lackes auch wohl für
einen Theil der Arbeit billigere Surrogate, wie Leim, braucht. Im Princip bleibt das
Verfahren aber ziemlich dasselbe, und es mag daher genügen, zu beschreiben, auf
welche Art die feinere Arbeit, z.B. die Lackirung eines Kastens oder ähnlichen
Gegenstandes mit dem besten schwarzen Lack, ausgeführt
wird.
Es handelt sich in erster Linie darum, die Spalten oder Löcher auszufüllen; es
geschieht dies mit zerzupfter Leinwand oder Baumwolle, welche mit
Seshime-Lack vermischt und fest in die Löcher eingestrichen wird. Dann wird
das ganze zu lackirende Stück mit einer Art Tüll, auch wohl mit dem oben erwähnten
sehr langhaarigen und feinen Yoshino-Papier überzogen, indem man dasselbe mit
Seshime-Lack aufklebt. Ganz besonders werden die Ecken und Kanten auf diese
Weise sorgfältig verwahrt, wodurch selbst die aus ganz dünnem Holze verfertigten
Schalen eine so große Festigkeit und Haltbarkeit gegen das Zerbrechen erlangen. Ist
nun der Gegenstand mit Zeug oder Papier überzogen und der Lack hart geworden, so
kommt die nächste aus gebranntem Thonpulver und Lack bestehende Schichte.
Da der Lack selbst etwas zähe und dickflüssig ist, so vermischt der Arbeiter, dessen
Werkzeuge nur aus einem kleinen glatten Arbeitsbrete und einem vorn ganz gerade
zugerichteten hölzernen Spatel bestehen, eine dem augenblicklichen Bedarf
entsprechende Menge Thonpulver mit ein wenig Wasser und verarbeitet das Ganze auf
seinem Brete zu einem gleichförmigen steifen Brei. Dann erst mischt er eine
entsprechende Menge Seshime-Lack hinzu und arbeitet die Masse wieder durch,
bis gar keine Klümpchen mehr erscheinen und die Mischung etwa die Consistenz eines
dicken Syrups hat. Sie wird nun mit dem Spatel auf die Fläche aufgestrichen, wobei
der Arbeiter fest aufdrückt, damit sie die Poren des Holzes gehörig ausfülle und die
Schicht nicht allzu dick werde.
Das Erhärten des Lackes – auch bei allen folgenden Schichten –
geschieht immer in einem dunklen und feuchten Raume. Jeder Lackirer hat in seiner
Werkstätte einen schrankähnlichen Verschluß, dessen innere Wände er vor dem
Hineinstellen der frisch lackirten Sachen mit einem in Wasser getauchten Lappen
gehörig naß macht. Abgesehen davon, daß er sie hierdurch vor Staub schützt, scheint
doch auch unzweifelhaft die Feuchtigkeit eine große Rolle beim Erhärten des Lackes
zu spielen. Die Japaner behaupten einstimmig, daß der Lack bei trockenem Wetter und
im Lichte nicht so rasch und gut erhärtet und keinen so hohen Glanz annimmt als in
einer dunklen und feuchten Atmosphäre. Ihre Vorsichtsmaßregeln in dieser Richtung
gehen sogar so weit, daß zur Anfertigung größerer Sachen, wie z.B. der prachtvollen
Palankins der Vornehmen, die Lackirer kleine unterirdische Ateliers anlegen und die
Wände mit Bretern bekleiden, um auf diese Weise die ganze Arbeit in einer
gleichmäßig feuchten Atmosphäre verrichten und so auch größere Flächen von überall
gleicher Härte und Beschaffenheit herstellen zu können. Welches auch der Einfluß der
Feuchtigkeit sein möge, gewiß ist, daß die eben geschilderte Praxis des
Hineinstellens der frisch lackirten Gegenstände in einen feuchten und dunklen Raum
ganz allgemein beobachtet wird. Guter Lack erhärtet bei diesem Verfahren in 24 bis
höchstens 48 Stunden.
Ist nun diese erste Schichte hart geworden, wobei sie eine dunkelgraue Farbe annimmt,
so wird sie mit einem weichen Stein abgeschliffen und nun eine zweite Schicht, aus
sehr feinem Tripel und Seshime-Lack gemischt, in derselben Weise wie die
erste aufgetragen. Ein- oder zweimaliges Ueberziehen mit dieser Mischung
genügt, um die Flächen wie mit einer grauen Emailschicht bedeckt erscheinen zu
lassen, welche letztere zuletzt mittels eines Stückes Holzkohle und Wasser noch ganz
glatt geschliffen wird.
Ist nun auf diese Weise ein glatter, äußerst harter und das ursprüngliche Material
vollständig verdeckender Grund hergestellt, so beginnt das Auftragen des reinen,
unvermischten Lackes. Da diese ersten Schichten nicht zu sehen sind, so benützt man
hierzu billigere Lacke, namentlich die, welche früher unter dem Namen Ura- und Nakourushi
erwähnt wurden, welche, dick aufgetragen, vollständig schwarz erscheinen.
Das Auftragen geschieht ebenfalls zuerst mit dem hölzernen Spatel, dann bedient sich
der Arbeiter zum gleichmäßigen Ausstreichen des Lackes eines flachen, steifen
Pinsels, der vorn wie ein Meißel zugeschärft ist, und dessen Haare so in den 16 bis
21cm langen Griff eingelassen sind, daß
man den Pinsel wie einen Bleistift frisch anschneiden kann, wenn er vorn abgenützt
ist. Jede dieser zwei oder drei reinen Lackschichten wird mit Holzkohle, deren
Hirnfläche zuerst auf einem Schleifsteine glatt gemacht ist, und Wasser sorgfältig
abgeschliffen, so daß die Oberfläche auch nicht die kleinste Fehlstelle zeigt. Nun
erst wird der allerbeste schwarze Lack (Ro-iro-urushi) in derselben Weise wie die vorhergehenden
Schichten aufgetragen und mittels einer sehr leichten Kohle (Ro-iro-szumi) auf das feinste geschliffen. Zuletzt kommt es
noch darauf an, der lackirten Fläche den unnachahmlichen schönen Glanz zu verleihen,
welcher die japanischen Lacksachen auszeichnet. Zu dem Ende wird die Fläche mit
einem in Seshime-Lack getauchten Baumwollballen ganz leicht überrieben, so
daß sie gewissermaßen mit einem bloßen Hauch von Lack überzogen ist. Sobald dieser
erhärtet ist, wird die Fläche mit sehr feinem Pulver von Hirschhorn oder calcinirten
Knochen sorgfältig polirt; diese Operation wird dreimal wiederholt, wobei der
Arbeiter nur die Finger und den Ballen der Hand zum Poliren gebraucht.
In dem Obigen haben wir das Verfahren für schwarz lackirte feine Gegenstände
geschildert.
Beim Aventurin-Lack (dem goldgesprenkelten) ist das
Grundirverfahren mit dem Thonpulver und Schmirgel dasselbe. Darüber kommt nun eine
Schichte Seshime-Lack ohne Beimischung, und so lange diese noch im frischen,
klebrigen Zustande ist, wird gehackte Goldfolie (bei billigen Sachen Zinnfolie)
darauf gesiebt. Das Metall haftet fest auf dem Lack; ist letzterer hart geworden, so
wird die Fläche mit einem Stein ein wenig abgerieben und nun mit einem Lack von sehr
feiner Qualität, welcher in dünnen Schichten gelb durchscheinend ist und den Namen
Nashi-dji-urushi führt (d.h.
birnenfarbig, weil die japanischen Birnen eine gelbliche Farbe haben), überzogen. Da
der Lack zähe ist, so ist die Schicht im Anfange gewöhnlich so dick, daß man das
Metallpulver gar nicht sieht. Durch Abschleifen mit Kohle kommt es dann nach
Belieben des Arbeiters mehr oder weniger zum Vorschein. Leichtes Ueberreiben mit
einem durchscheinenden Lack und wiederholtes Poliren mit dem erwähnten Pulver sind
auch hier angezeigt, um den nöthigen Glanz zu erzielen.
Da der Nashidji-Lack gelb durchscheint, so nimmt auch die Zinnfolie eine gelbe
Farbe an, und ungeübte Augen halten sie leicht für Gold. Zu bemerken ist, daß dieser
Aventurin-Lack im Anfange dunkler ist und nach und nach im Laufe einiger
Jahre immer heller und schöner wird. Das Schönwerden mit der Zeit ist überhaupt eine
Eigenthümlichkeit des japanischen Lackes.
Es ist kaum nöthig, zu bemerken, daß bei farbigen Lacken,
z.B. rothen, braunen u.s.w., die ersten Schichten wie oben aufgetragen werden, daß
man aber nachher farbige Lacke aufträgt, je nach Umständen mehrere Schichten, wobei
natürlich der beste Lack obenauf kommt.
Noch mag erwähnt werden, daß der japanische Lackirer, welcher auf seinem Arbeitsbrete
immer nur so viel Lack hält, als er zur Zeit gebraucht, und häufig die farbigen
Pulver erst kurz vor der Verwendung mit dem Lack vermischt, immer die Vorsicht
gebraucht, ihn durch das schon früher erwähnte langfaserige Papier zu quetschen, um
alle gröberen Theilchen zu entfernen. Im Falle der Lack, was bisweilen vorkommt, ein
wenig dick und zähe geworden ist, so daß er sich schwer auftragen läßt, kann diesem Uebelstande dadurch
abgeholfen werden, daß man einige Körnchen Kampher auf die zu verarbeitende Portion
Lack streut, dieselben mittels des hölzernen Spatels zerquetscht und gehörig mit dem
Lack durcharbeitet; dadurch wird er dünnflüssiger.
(Schluß folgt.)