Titel: | Ueber Fortschritte der Gasreinigung. |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 367 |
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Ueber Fortschritte der Gasreinigung.
Ueber Fortschritte der Gasreinigung.
Auf der kürzlich in Mainz abgehaltenen Versammlung der Gas- und
Wasserfachmänner Deutschlands wies Buhe (Journal für
Gasbeleuchtung etc., 1875 S. 484) darauf hin, daß die eigentliche Reinigung in
neuerer Zeit besonders durch englische Ingenieure Verbesserungen erfahren hat, die
jetzt schon als bewährt hingestellt werden können und deshalb einer näheren
Erwähnung werth erscheinen.
Das neue Verfahren bezweckt nicht nur, mehr
verunreinigende Bestandtheile als bisher aus dem Gase zu entfernen, sondern führt
dies auch in einer rationelleren, gewinnbringenderen Weise aus. Wir müssen uns
gestehen, daß, wenn wir bei dem jetzigen Reinigungsverfahren das Ammoniak noch in
den Reinigern in ganz bedeutenden Mengen(als Satz) antreffen, ferner im
Ammoniakwasser einfach kohlensaures Ammoniak und sogar
freies Ammoniak vorfinden, während wir noch freie Kohlensäure im Gase belassen, welche von dem
einfach kohlensauren und Aetz-Ammoniak gebunden werden könnte, daß wir nicht
gereinigt haben, wie wir es sollten.
Das Ammoniak, welches wir bis dahin durch seine Affinität
zum Wasser, welches die Kohlen selbst hergeben, und durch seine chemische Affinität
zu Kohlensäure, Schwefelwasserstoff, Salzsäure, Schwefelcyan fast allein aus dem Gase herauszuschaffen suchten und dies im Scrubber und
weiter dann durch die mechanische, filtrirende Wirkung der Reinigungsmasse in
gewissem Grade auch erreichten, wird in dem neuen englischen Verfahren schon im
ersten Stadium seines Auftretens mit allen Mitteln aus dem Gase zu entfernen
gesucht, so daß zu den eigentlichen trockenen Reinigern keine Spur Ammoniak mehr
hinkommt.
Man erzielt dies dadurch, daß man die Ausscheidung des bei der Destillation erzeugten
Wassers in dem Condensator resp. Kühler, und zwar durch dessen enge Röhren, worin
die Geschwindigkeit des Gasstromes natürlich eine größere als in weiten Röhren ist,
möglichst zu verhüten sucht und erst dies in dem danach angebrachten trockenen
Scrubber erfolgen läßt und dann oft schon hier, oder im weiteren Verlaufe, im
zweiten Scrubber, die Absorption durch eine wirksame Wäsche mit Ammoniakwasser und
der daraus folgenden Wäsche mit reinem Wasser unterstützt. Beide Wäschen geschehen
unter Anwendung der möglichst kleinsten Quantitäten Wasser, welches indeß in fein vertheiltester Weise mit dem Gasstrom gemischt
wird.
Die Apparate, welche hierzu construirt wurden, sind:
1) der Mann'sche Scubber, ein
scrubberähnliches, ca. 12m hohes Gesäß
mit vielen Hordenlagen, worauf sich Coaks befinden;
2) der Scrubber von Livesey, dessen
Füllung aus Latten, die gekreuzt und hochkantig im Scrubber aufgebaut sind,
besteht.
Beide Scrubber werden entweder durch einen Mechanismus mit Wasser benetzt, oder die
staubförmige Vertheilung durch Gegenspritzen des Wasserstrahles gegen eine Platte
bewirkt. Ein Strahl von 1 bis 1 1/2cm
Durchmesser gegen eine convexe Platte von 10cm bei ca.
25 bis 30cm Druckhöhe gibt nach Versuchen
in Dessau eine sehr gute entsprechende Wasservertheilung. Das Gas steigt in diesen
Scrubbern von unten nach oben, das Wasser von oben nach unten. Da das ablaufende
Ammoniakwasser, welches sich bei den richtigen Zuflußverhältnissen auf 15° B.
verstärken soll, immer noch eine ammoniakalische Atmosphäre im Gasstrom zurückläßt,
thut man gut, diese geringen Spuren von Ammoniak durch reines Wasser entweder in
einer Waschmaschine oder einem Scrubber wegzunehmen.
Die Verwendung der kleinen Quantität Waschwasser, deren außerordentlich feine
Vertheilung und die Erzeugung des starken Ammoniaks in dem hohen Scrubber sind als
neu zu bezeichnen.
Mit der Entfernung des Ammoniaks wird gleichzeitig eine sehr wichtige zweite
Operation ausgeführt, die Wegnahme der Kohlensäure aus dem Gase, und hierdurch
weiter bedingt ein fast eben so wichtiger anderer Vorgang, die Austreibung des
Schwefelwasserstoffes aus dem Ammoniakwasser. Die Aufnahme der Kohlensäure geschieht
hauptsächlich im unteren Theil des langen Scrubber, wo das Waschwasser schon stark
ammoniakhaltig geworden ist und hiermit in Verbindung auch die gleichzeitige
Austreibung des Schwefelwasserstoffes, der sich zum größten Theil wieder dem
Gasstrom frei und ungebunden beimischt und seinen Weg mit dem Gase den Reinigern zu
nimmt, um hier unter günstigen Verhältnissen wieder eine Verbindung mit dem
Eisenoxydhydrat einzugehen.
Man verbessert hierdurch die trockene Reinigung in ganz bedeutender Weise, da das
Eisenoxydhydrat nur auf den freien Schwefelwasserstoff, nicht auf das
Schwefelwasserstoff-Ammoniak in leichter, energischer Weise einwirkt. Das
Eisenoxyd muß unter diesen Umständen erst trennend auf das
Schwefelwasserstoff-Ammoniak wirken und kann nach diesem dann sich mit dem
Schweselwasserstoff verbinden. Uns weniger berührend, weil wir aus deutschen Kohlen
kein stark schwefelkohlenstoffhaltiges Gas produciren, erwähne ich nur noch, daß die
Engländer den ausgetriebenen Schwefelwasserstoff benützen, um sich damit
Schwefelcalcium resp. Schwefelammonium herzustellen und hiermit das Gas von
Schwefelkohlenstoff reinigen.
Bei manchen Gasen, wo der Ammoniakgehalt gering ist, oder umgekehrt die auftretende
Kohlensäure in großen Mengen vorhanden ist, genügt die oben beschriebene Methode der
Kohlensäureentfernung nicht; man ist darum genöthigt, entweder Kalk zu verwenden,
oder bedient sich des Hills'schen Verfahrens, was ebenfalls beides vor dem trockenen
Reiniger eingefügt wird. Hills benützt in rationeller
Weise das als Nebenproduct auftretende Ammoniakwasser zur Wegnahme der Kohlensäure,
indem er aus diesem sich ein rohes Aetzammoniak herstellt. Das Ammoniakwasser wird
zu diesem Zweck bis ca. 60° erhitzt und dadurch das Ammoniak, die
Kohlensäure, der Schwefelwasserstoff ausgetrieben. Den drei Gasen führt man einen
Wasserregen entgegen, welcher vorzugsweise nur Ammoniak absorbirt und Kohlensäure
und Schwefelwasserstoff entweichen läßt. Hat sich dieses so erhaltene Aetzammoniak
durch das Waschen im Scrubber wieder vollständig mit Kohlensäure und
Schwefelwasserstoff beladen, so wird es in der oben angedeuteten Weise wieder
regenerirt, um von Neuem verwendet zu werden. Hills' Verfahren soll sich, nach
seinen eigenen Angaben, hauptsächlich für größere Anstalten eignen und ist auch in
solchen mit Vortheil bereits angewendet worden.
Was nun die Regeneration der Reinigungsmasse (Eisenreinigungsmasse) betrifft, so ist
vor Allem als neu die Regenerirung derselben mittels des
Körting'schen Dampfstrahlgebläses in den Reinigungskästen selbst anzuführen.
Das sonstige Reinigungsverfahren hat wohl wenig Abänderungen und Verbesserungen
erfahren, obgleich es derselben recht bedürftig ist, vorzüglich, wenn im Winter der
Betrieb aufs Höchste angespannt werden muß.
Die theoretischen Erörterungen über Reinigung und Regenerirung ruhen ganz und haben
auch ihre großen Schwierigkeiten. Es ist deshalb von der Direction der Dessauer
Continental-Gasgesellschaft der Weg betreten worden, aus der Praxis selbst
Regeln für eine gute Regenerirung zu finden. Obgleich die Anstalten der Gesellschaft
im großen Ganzen sehr uniform arbeiten, so sind doch bei der Reinigung oft sehr
abweichende Resultate erzielt worden, deren Grund zum großen Theil in der
verschiedenen Behandlung der Reinigungsmasse gesucht werden mußte. Den Anstalten
wurde aufgegeben, über alle Einzelnheiten bei der Reinigung und Regenerirung genau
zu berichten, und habe ich aus der Zusammenstellung des eingelieferten Materiales
Folgendes gefunden.
Vorher bemerke ich noch, daß die sämmtlichen Anstalten seit 1866 mit künstlich, nach
Deike'scher Methode bereiteter Eisenmasse reinigen, vor diesem Zeitraum sich aber
der bekannten Laming'schen Masse bedienten. Die Deike'sche Methode wurde im Lauft der Zeit, fast
von der Hälfte der Anstalten, dahin abgeändert, daß die Renovirung und Regenerirung
der Masse durch stetes Zusetzen von Eisenspänen zu der eben gebrauchten und eben aus
dem Kasten ausgetragenen Masse, durch hierauf folgendes Brennen (sich erhitzen
lassen) in hohen Haufen und späteres Oxydiren bewirkt wurde. Diese Methode der
Regenerirung gab nicht so gute Resultate als die ursprüngliche Deike'sche Methode,
und stellte sich weiter im Vergleiche mit der Laming'schen Masse heraus, daß diese letztere in
Bezug auf ihren Eisengehalt noch einmal so gute Reinigungsresultate aufweist als die
Eisenmasse.
Dieser Umstand im Zusammenhange mit den besseren Reinigungsresultaten der Eisenmasse,
welche ganz nach Deike's Vorschrift hergestellt wird, berechtigen zu dem Schlusse,
daß in beiden eben erwähnten Massen der Laming'schen und der eigentlich Deike'schen
Masse eine vortheilhaftere Bildung des Eisenoxydhydrats eintritt, als in der
Reinigungsmasse, die abweichend von der Deike'schen Vorschrift hergestellt wurde,
und daß in der letzteren Eisenoxydhydrat in Verbindung mit dem Eisenoxydul auftritt,
in einer Form also, wo die Theorie und die Praxis bewiesen haben, daß deren
Reinigungsleistung nicht so gut sein kann.
In beiden ersteren Massen geht nämlich die Schwefelung und Oxydation des Eisens hinter einander und mehr getrennt von einander vor sich,
während diese beiden Processe bei der dritten Masse gleichzeitig verlaufen und zur
Folge eine Oxydoxydulbildung haben müssen.
Die Anwendung des letzten Verfahrens ist indessen deshalb nicht ganz zu verwerfen,
sogar häufig geboten, wenn man nämlich nicht den nöthigen Raum hat, sich genügend
Masse für den Winter herzustellen, oder wenn durch besondere Umstände die
Wirksamkeit der Masse mitten im Winter aufhört. In diesem Falle kann man mit
Vortheil zur letzten Methode greifen, um sich mit der Reinigung während des Winters
über Wasser zu halten.