Titel: | Richard's neue selbstthätige elektrische Ausrückvorrichtung für Webstühle beim Reissen von Kettenfäden. |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 402 |
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Richard's neue selbstthätige elektrische Ausrückvorrichtung für
Webstühle beim Reissen von Kettenfäden.
Nach Du Moncel's Berichte im Bulletin de la Société
d'Encouragement, October 1875 S. 541.
Mit Abbildungen auf Taf.
IX [d/3].
Richard's selbstthätige elektrische Ausrückvorrichtung für
Webstühle.
In einem früheren Berichte Du Moncel's (vgl. 1872 206 14) wurde der Wichtigkeit der von Richard in Paris (Quai Jemmeppes 110) gewählten Einrichtung der
elektrischen Ausrückung für Strumpfwirkerstühle hervorgehoben und am Schlusse eine
mehr theoretische Andeutung über die Anwendung dieser Ausrückung für Webstühle
gegeben. Seitdem ist es den rastlosen Bemühungen Richard's gelungen, eine einfachere, billigere und auf alle Arten von
Webstühlen anwendbare, erfahrungsgemäß sehr wirksame Anordnung aufzufinden, welche
die Richard ursprünglich von Alcan gestellte Aufgabe löst.
Eine der großen Schwierigkeiten, auf welche man bei der Anwendung elektrischer
Stromschließer oder Stromunterbrecher stößt, ist die Unzuverlässigkeit der durch die
Apparate hergestellten metallischen Berührungen; Staub und andere fremde Körper
legen sich zwischen die Metallstücke, welche sich berühren sollen, und verhindern
theils den Stromschluß vollständig, theils bieten sie dem Strom einen so großen
Widerstand, daß er viel zu schwach wird, um die von ihm erwarteten Wirkungen
hervorzubringen. Aus diesem Grunde waren bis jetzt die Bemühungen vergeblich, welche
bezweckten, die Elektricität bei Eisenbahnzügen theils zur Verhütung von Unfällen,
theils zur Herstellung der telegraphischen Verbindung der Zugenden zu benützen. In
den Webstühlen lösen sich in reichem Maße größere oder kleinere Fasern von den Fäden
ab, und deshalb konnten die elektrischen Warner mit einfachen Contacten, wie sie im
Princip von Achard erdacht und dann von Radiguet (vergl. 1870 195 304
und 480) u.a. angewendet wurden, keine günstigen Resultate liefern. Einen
erfolgreicheren Weg schlug Richard ein, indem er für
diesen Zweck Stromschließer aus Quecksilber anwendete und ihnen (die ja schon längst
anderwärts benützt worden sind) eine den hier vorliegenden Verhältnissen angemessene
Einrichtung zu geben wußte.
Damit beim Reißen eines Kettenfadens in irgend einem Webstuhle der Stuhl zum
Stillstehen gebracht wird, muß sofort ein elektrischer Contact hergestellt werden,
welcher die elektromagnetische Ausrückung in Thätigkeit setzt. Die Ausrückung kann
für alle Fäden ein und dieselbe sein, dagegen muß jeder Faden seinen eigenen
elektrischen Unterbrecher des Stromes erhalten und dieser muß durch eine die
Spannung des Fadens im Webstuhle nicht übersteigende mechanische Kraft in Thätigkeit
versetzt werden. Dazu hat nun Richard sich dafür
entschieden, quer über die Kettenfäden einen Holzstab anzubringen, welcher über
seine Länge zwei oder mehrere, bis zu einer gewissen Höhe mit Quecksilber gefüllte
trogförmige Rinnen enthält; rittlings über diese Rinnen (vgl. Fig. 25 und 28) setzte er
kleine eiserne Häkchen, deren jedes von einem Kettenfaden getragen wurde; so wurden
denn für gewöhnlich die Häkchen durch den gespannten Faden selbst aus dem
Quecksilber herausgehoben, beim Reißen eines Fadens aber senkte sich dessen Häkchen
in das Quecksilber ein und schloß den Strom durch den Elektromagnet der Ausrückung.
Das Gewicht der Häkchen reicht völlig aus, dieselben tief genug in das Quecksilber
einzutauchen, selbst wenn dasselbe mit einer Schicht Staub überdeckt ist. Eine
übrigens ganz gelungene Anwendung dieser Einrichtung hat gezeigt, daß sie für
gewisse Fäden noch nicht ausreichend war; auch fanden sich bei Baumwollfäden oder
anderen aus ungekämmtem Material gesponnenen Fäden nach einigen Tagen die Rinnen mit
einem so dichten Vließ überzogen, daß die Häkchen durch ihr eigenes Gewicht allein
nicht mehr in das Quecksilber eintauchen konnten. Dadurch sah sich Richard zu einer weiteren sinnreichen Abänderung der
Rinnen und der ganzen Anordnung gedrängt.
Er schloß nämlich die Rinnen luftdicht mit einem Deckel aus Holz oder anderem Stoff
und trennte die beiden verschiedenen, die Enden des Schließungskreises des Stromes
bildenden Rinnen durch eine entlang jenem Holzstabe laufende Scheidewand. Die
Häkchen bilden nicht mehr eine einfache, von dem Faden von oben nach unten getragene
Gabel (Fig.
28), sondern sie wurden ⊤-förmig gestaltet und von den Fäden von unten nach oben gedrückt,
mittels des Mittelstabes des T, welcher zu diesem Behufe
aus der Spalte zwischen den beiden Rinnen heraustritt (vergl. Fig. 25). So lange
demnach der Faden ganz ist, werden die Arme des ⊤
über dem Quecksilber gehalten, und nur beim Reißen des Fadens treten sie in das
Quecksilber ein. Dabei kann nur sehr feiner Staub in die Rinnen gelangen, Fasern
niemals.
Der Apparat kann eine beliebige Anzahl Rinnen neben einander erhalten. Bei
Scherrahmen werden deren zwei ausreichen. Bei Webstühlen braucht man mehrere;
erfahrungsgemäß kann ihre Zahl aber nie 10 übersteigen.
Alle für diesen elektrischen Stromschließer erforderliche Theile werden mittels
besonderer, sinnreich ausgedachter Werkzeuge hergestellt, deshalb natürlich leicht
gut, und auch daraus sieht man, daß die von Richard
gründlich studirte Frage nicht mehr im Zustande des Embryos ist.
Die nähere Anordnung der vorstehend beschriebenen Ausrückvorrichtung von Richard ist in Fig. 23 bis 28
dargestellt.
Fig. 23 zeigt
im Grundriß einen (wie erinnerlich quer über die Kettenfäden zu legenden) Holzstab
mit zwei Rinnen und offenem Deckel, Fig. 24 einen Holzstab
mit vier Rinnen und geschlossenem Deckel, dessen Querschnitt (die Rinnen mit
Quecksilber gefüllt) aus Fig. 25 zu entnehmen
ist.
Fig. 26 und
27 geben
zwei Ansichten eines Häkchens. In Fig. 28 ist ein Stab mit
acht Rinnen und solchen Häkchen, welche von den Kettenfäden herabhängen und unten in
Quecksilber tauchen, daher der (unterhalb der Kette einzulegende) Holzstab keinen
Deckel erhalten kann.