Titel: | Wittmann's Messrad (Wegmesser); von Professor Dr. W. Tinter. |
Autor: | W. Tinter |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 475 |
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Wittmann's Messrad (Wegmesser); von Professor Dr. W. Tinter.
Mit Abbildungen auf S. 474.
Tinter, über Wittmann's Meßrad.
Der Apparat besteht aus dem eigentlichen Meßrade und dem Zählapparate. Das Rad R, aus Gußeisen (im Radkranze von entsprechendem
Querschnitte) hergestellt, hat einen bestimmten Halbmesser, bezieh. einen bestimmten
Umfang, und zwar bei der mittleren Gattung von 1m. Concentrisch mit dem Rade ist an den Speichen desselben der flache Ring
k angebracht, welcher in 40 Theile getheilt ist, so
daß es möglich ist, an dem Index J die Untertheilung
direct bis auf 25mm abzulesen, während man
durch Schätzung noch weiter kommen kann.
Mit dem Rade R ist centrisch die horizontale Achse A fest verbunden, welche einerseits in dem Theile B, andererseits in dem vorderen Bleche des Gehäuses G eingelagert ist. Die hölzerne Stange S, mit welcher das Rad gehalten oder geführt wird, ist
mit B verbunden. Das dünne Blech F, das in Folge der Wirkung der Feder f stets
an das Rad R gedrückt wird, befreit das Rad von den beim
Gebrauche sich etwa anklebenden Unreinigkeiten.
Das zum Zählen der Anzahl der abgewickelten Radumfänge bestimmte Zählwerk ist in dem
mit B verschraubten prismatischen Gehäuse G eingeschlossen. Die in diesem mit den Achsen a, b, c, d eingelagerten Zählrollen u, v, x, y tragen an ihrem Umfange gleichmäßig auf
einander folgend die Ziffern 0 bis 9. Die Enden der Achsen a,
b, c, d stützen sich auf die beiden an der rückwärtigen Wand des Gehäuses
G mit den Schrauben s₁ und s₂ befestigten Federn φ₁, und φ₂ (Fig. 3).
Durch entsprechenden Druck auf die Knöpfe g₁ bis
g₄, in welche die Achsen ausgehen, wird die
Federkraft überwunden die Zifferrollen werden um eine gewisse Größe zurückgeschoben,
wodurch selbe, da die bestandenen Eingriffe hierdurch gelöst werden, gedreht werden
können. Hört der Druck auf die Knöpfe g₁ bis g₄ auf, so werden durch die Federn φ₁, φ₂ die Achsen in ihre natürliche Lage von selbst zurückgeführt.
Auf den Achsen A, a, b, c ist je eine Scheibe σ₁ bis σ₄ mit einem Sprengzahne angebracht, mit welchem der
Eingriff in die Sternräder r₁ bis r₄, von denen jedes 10 Zähne von der in der Fig. 1 ersichtlichen Form hat, ermöglicht ist. Es geht
aus dieser Einrichtung hervor, daß bei einer vollen Umdrehung von R das Rad r₁ um einen
Zahn, also auch die Zifferrolle u um eine Ziffer
weitergedreht wird; bei 10 Umdrehungen von R dreht dann
der Sprengzahn von σ₂ das Rad r₂ um einen Zahn demnach die Zifferrolle v um eine Ziffer weiter etc. Auf der Zifferrolle u können mithin die einzelnen, auf v die Zehner, auf x die
Hunderte, auf y endlich die Tausende der vollen
Umdrehungen des Rades R gelesen werden.
Der obere Theil des Gehäuses G ist durch ein Blech p von der im Grundrisse durch punktirte Linien
angedeuteten Form geschlossen, so daß über jede Zifferrolle eine Oeffnung kommt,
welche nur eine Ziffer der betreffenden Rolle sichtbar läßt. Wie die Stellung der
Rollen in der Fig. 2 gedacht ist, würde man 4230
ablesen. (An den Meßrädern älterer Construction ist auch der Zählapparat für die
Theile einer Umdrehung in dem Gehäuse G angebracht; die
jetzige Einrichtung mit dem Ringe k ist entschieden
vorzuziehen.)
Vor dem Gebrauche des Meßrades werden die sämmtlichen Zifferrollen durch
Hineindrücken an dem Knopfe und nachheriges Drehen so gestellt, daß immer die Ziffer
Null in der Oeffnung von p sichtbar ist. (Durch das
Hineindrücken der Achsen der einzelnen Rollen wird nämlich der Sprengzahn außer
Verbindung mit dem ihm entsprechenden Sternrade gebracht.) Man beginnt dieses
Herstellen der Nulllesung bei vertical gehaltenem Stocke und der Lesung Null am
Index J an der ersten Rolle u und schreitet successive bis y vor. Vor dem
Gebrauche überzeugt man sich noch, ob auch der Eingriff eines jeden Sprengzahnes mit
dem bezüglichen Sternrade erzielt ist, was einfach dadurch erkannt wird, daß sich
keine Zifferrolle frei drehen lassen darf.
Nach Vollzug dieser Operation wird das Rad so aufgestellt, daß die horizontale Achse
lothrecht über den einen Endpunkt der zu messenden Entfernung kommt, und daß man den
Stock in die verticale Lage bringt, wo dann der Index J
die Lesung Null am Ringe k zeigen soll. Man fährt dann
die zu messende Strecke im gewöhnlichen Schritte gehend ab, bis man zum zweiten
Endpunkte gelangt, führt das Rad so weit, daß die horizontale Achse A wieder lothrecht über dem Endpunkte liegt, und hält
den Stock dann vertical. An dem Zählwerke wird die ganze Anzahl der Radumdrehungen,
an dem Index J wird der Theil einer Umdrehung
abgelesen.
Während der Fahrt empfiehlt es sich, den Stock geneigt zu halten.
An diese aus der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und
Architectenvereines, 1875 S. 45 entnommene Beschreibung des Wittmann'schen
Wegmessers fügt Prof. Tinter die Resultate der Versuche
zur Ermittlung der Genauigkeit der mit einem solchen Meßrade gemessenen Entfernungen
ausführlicher an, aus welchen sich ergibt, daß selbst unter den ungünstigsten
Verhältnissen die Längenbestimmung mittels des Meßrades eine gute Kettenmessung vollkommen zu
ersetzen vermag; unter halbwegs günstigen Umständen sind jedoch die Messungen mit
dem Meßrade viel genauer und nähern sich den Messungsresultaten mit Meßstangen. Eine
dem gewöhnlichen Gange des Menschen entsprechende Geschwindigkeit hat sich am
vortheilhaftesten erwiesen; in diesem Falle hat auch das Halten der Stange (ob
vertical, ob mehr oder weniger geneigt) keinen Einfluß auf das Meßungsresultat
gezeigt.
Das Zählwerk hat sich bei diesen Versuchen ganz gut bewährt.Wittmann liefert auch kleine Meßräder, sog. Curveometer, mit welchen krumme, wie immer
gewundene Linien auf Karten, Plänen, Zeichnungen etc. gemessen werden
können. Ref.